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Während des Winters that unter den Österreichern Graf Wurmser sich verschiedentlich hervor. Den 18. Januar 1779 fiel er in die Grafschaft Glaß ein, überrumpelte Habelschwert, zerstörte das Blockhaus von Oberschwedelsdorf, schlug die aus der Festung Glaß herankommende Hülfe und machte über 1000 Mann, sammt dem Generalmajor Prinzen Adolph von Hessen-Philippsthal zu Kriegesgefangenen.

Wie der Feind sich in der Grafschaft Glatz behauptete; so rückte Generalmajor Graf v. Anhalt ') bis Braunau vor und behauptete sich hier eben so fest. Auch Generallieutenant v. Möllendorff, von Heinrich's Heer, drang über Einsiedel in Böhmen ein, schlug die Vorposten des Gränzkordons unter dem Feldmarschalllieutenant Grafen Kinsky, nahm Brix und machte einige hundert Manni Gefangene. Feldmarschalllieutenant Graf Olivier v. Wallis äscherte Neustadt in Oberschlesien, nach unfruchtbarem Bemühen, die Stadt einzunehmen, den 28. Februar zwecklos ein, zur Erinnerung an des gleiche Unglück, welches die Seinigen im fiebenjährigen Kriege über Zittau und über Herrenstadt schonungslos gebracht.

In den österreichischen Fürstenthümern Troppau und Jägerndorf blieb der Erbprinz von Braunschweig bis zum Frieden Meister.

Friedrich finden wir in Breslau unter den Gelehrten und unter Büchern mit der Wissenschaft 2), unter den Berichten aus der Monarchie als Landesvater und — während er sein Heer ergänzt und neugestaltet - mit den Diplomaten unterhandeln und die Politik Europens glücklich nußen. Die beiden großen Mächte zeigen sich ihm ferner zugethan. Frankreich vermittelt selbst zwischen Ruffland und dem Großsultan, damit Katharine freie Hand bekäme, für Preußen den versprochenen Beistand aufzustellen. Zunächst erklärte der Hof von St. Petersburg durch seine Minister in Wien und Regensburg: er bitte die Kaiserinn - Königinn, den Fürsten des Reichs eine völlige Genugthuung wegen ihrer Beschwerden und besonders wegen ihrer wohlbegründeten Klagen über den Einfall in

1) E. Beilage 10.

2) S. oben Bd. 3. S. 345. Wie die Schrift über die deutsche Literatur, so ist auch des Königs Schrift über die Vaterlandsliebe (f. oben Bd. 3. S. 561) eine Frucht der Muße in Breslau.

Baiern zu gewähren; sonst sähe sich die Kaiserinn von Russland nothgedrungen, ihre Verbindlichkeit gegen Seine Preußische Majestät zu erfüllen und für Dieselbe das bundesmäßige Hülfskorps abzusenden “1).

Dies war für den Wiener Hof ein Donnerschlag. Friedrich aber, der durch seine Kundschafter von allem wohl unterrichtet war, wünschte sehr sich mit demselben auszugleichen, wenn nur die Reichsverfassung unversehrt erhalten, Sachsen sammt Zweibrücken befriedigt und seine Rechte auf die fränkischen Fürstenthümer vor allem Zweifel bewahret würden. Er wusste, daß die Krone Frankreich wesentlich in dieser Sache mitbetheiligt war; darum sahe er ihre Vermit telung, auch als Bürgen des westphälischen Friedens gern, ohne dem schwachen Ministerium Ludwig's des 16. den Vortheil Preußens und Deutschlands allzu sicher hinzugeben. Er stellte dem Premierminister v. Maurepas eine Denkschrift zu, seine Friedensbedingungen zu begründen und erreichte seine Absicht auch so gut, daß Breteuil sie zu unterstüßen angewiesen wurde. Marie Theresie fügte sich. Und das kam sehr erwünscht, weil der andere Freund jezt im Augenblicke der Entscheidung Schwierigkeiten machte.

Fürst Repnin war zum Könige nach Breslau gekommen: er kündigte sich mehr als Bevollmächtigten, die deutschen Angelegenheiten zu entscheiden, denn als Führer eines Hülfsheeres an. Friedrich hatte seiner Verbündeten vorgeschlagen, ihre zugesagten 16,000 Mann im Frühjahr gegen das von Truppen fast ganz entblößte Galizien und Lodomirien zu richten, in Ungarn einzubrechen und hier, wie in Kroazien, im Bannat von Temeswar und in Siebenbürgen die griechischen Katholiken zu bewaffnen. Repnin verwarf das und forderte dagegen für das Hülfskorps jährlich zwei Millionen; auch 500,000 Thaler als Beistand zu dem Türkenkriege, den Russland gar nicht führte 2). Diese Schwierigkeiten hatten ihren guten Grund in einem Briefe Marie Theresiens an die Kaiserinn

Flassan a. a. D. p. 211.

1) Oeuvres posth. T. 5. p. 266; 2) Die im Frieden von 1774 bedungene Unabhängigkeit der Krim und der kleinen Tatarei von der Pforte führte bald zu neuen Händeln zwischen den Türken und Russen; beigelegt durch die Convention explicatoire vom 1. März 1779, wodurch der Sultan auf Russlands Begehren den Chan Sahin Ghirai anerkennt.

Katharine, in welchem sie derselben eigenhändig, ihre Achtung, ihre Freundschaft, ihr Vertrauen und Ergebenheit voll Schmeichelei beweisen wollte;" sie stellte ihr Benehmen gegen Baiern und gegen Friedrich möglichst günstig dar und schloss: „daß, ohne alle andere Rücksicht, als die Freude, Ihro Kaiserlichen Majestät Wünschen nachzukommen, sie ihr allein die Wahl der Versöhnungsmittel überlasse, welche sie im Verein mit Sr. Allerchristlichsten Majestät für die billigsten, oder zur Herstellung des Friedens tauglichsten erachten würde, überzeugt, daß sie ihr Heil und ihre Würde in keine bessere Hände legen könne“ 1).

Da aber Frankreich schon entschlossen war; so sehnte man sich auch in Petersburg nach dem Frieden, der alle Schwierigkeiten hob und von jeglicher Verbindlichkeit erlöste. Nur einen Nachtheil brachten die Vermittler: Friedrich konnte bei ihrem Drange zur Versöhnung nicht nach Wünschen für Sachsen und für Zweibrück wirken, indem er auch dem Russischen Hofe sein Ultimatum beifällig übergab. Nun fügte man sich in Wien. Breteuil meldete, daß Marie Therese ungeduldig Waffenstillstand wünsche. Der König, welcher diese Botschaft den 4. März in Silberberg empfing, stellte die Feindseligkeiten für Böhmen schon den 7., für Oberschlesien und Mähren den 8., für Sachsen und für Böhmen den 10. ein und legte die zusammengedrängten, von Seuchen geplagten Truppen in geräumigere Quartiere; ging nach Breslau, mit Repnin sich zu besprechen und ernannte den Baron v. Niedesel zu seinem bevollmäch. tigten Minister bei dem Friedenswerke in Teschen, wo sich auch Anton Graf v. Törring Seefeld für Kurpfalz, Graf v. Zinzendorf für Sachsen, v. Hofenfels für Zweibrück, Graf Johann Philipp v. Cobenzl für Österreich (den 10. März) versammelten; Fürst v. Repnin und Baron v. Breteuil vertraten die beiden vermittelnden Mächte. Marie Theresie wollte aufrichtig das Kriegesdrangsal enden; Kaiser Joseph fühlte sich durch diesen Ausgang schwer gekränkt. Er reizte Kurpfalz nochmals auf zu Hindernissen. Dann erhoben wieder Sachsen und Zweibrück Gegenrede. Aber Preußen beschwich tigte, mit Hülfe der Vermittler, die Ungenügsamkeit der Verbünde

1) Coge Geschichte des Hauses Österreich. Deutsch von Dippold und Wagner. Bd. 4. Leipzig 1817. S. 393.

ten; und als zuleht Kurpfalz zu ungebührlich trößte, da ließ sich der französische Minister in München drohend aus. In dieser Lage bewegten sich die Diplomaten zu Teschen und an den Höfen schon fünf Wochen in unfruchtbarem Mühen; als den 20. April zu Wien die Nachricht von dem Frieden zwischen Türken und Russen aus Konstantinopel eintraf. Da legte sich der Ungestüm des Kaisers Joseph; Graf Cobenzl und der kurpfälzische Gesandte bekamen nach. giebigere Vollmachten und am 62. Geburtstage der Kaiserinn - Königinn, den 13. Mai, wurde der Friede zu Teschen abgeschlossen und gezeichnet '); auch in Berlin den 22., in Wien den 24. kund gemacht. Den 27. Mai schon kehrte der König nach Berlin zurück, ging den 30. nach Charlottenburg und traf den 2. Jun in Potsdam wieder ein, die alten landesväterlichen Sorgen fortzuseßen. Er hatte schon im Februar von Silberberg an le Catt geschrieben: „dieser Krieg2) und dieser Friede seien nichts als Jämmerlichkeiten

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1) Den Teschener Frieden sammt allen dazu gehörigen Urkunden findet man in de Hertzberg Recueil. T. 2. 1789. p. 267-291. Joh. Jac. Mofer Der Teschnische Friedensschluss vom J. 1779, mit Anmerkungen, Frankf. a. M. 1779. 4. - Friedensdenkmünze: Hauptseite: Friedrichs II. Büste auf einem Postamente; daran die Worte: Fridericus Borussorum Rex Justus Armipotens. Rechts daneben die Gerechtigkeit mit erhobenem Schwerte; links Bellona, welche mit dem Schwerte auf die Karte von Baiern zeigt. Kehrseite: Bellona hat die Waffen abgelegt und bekränzt ihren Helm mit dem Laube eines 5lbaums. Umschrift: Oliva Lauro Potior. Abschnitt: Litib. di

remt. Pace Teschen D. XIII. Mai MDCCLXXIX.

2) Die Literatur des baierschen Krieges ist sehr reich. Außer den Werken des Königs (Oeuvres posth. T. 5. p. 219 - 290) und des dsterreichischen Veterans heben wir noch heraus 1) Fréd. Guil. Charles Comte de Schmettau Mémoires raisonnées sur la Campagne de 1778 en Bohème par l'Armée prussienne aux Ordres du Roi etc. Berlin 1789. 4. (Diese gegen den König eingenommene, aber doch wichtige Schrift, ist gleichzeitig auch in deutscher Überschung erschienen. Der Verfasser war Brigade - Major in der Armee des Königs). 2) Joseph de Fallois Journal de l'armee prussienne et saxonne aux ordres du Prince Henri de Prusse pendant la Campagne de 1778; wieder abgedruckt in des Verf. Traité de la Castrametation. Dessau 1782. 3) Militärische Geschichte des Prinzen Friedrich August von Braunschw. - Lün. Öls 1797. 4. mit vielen Planen. Der ganze erste Theil dieses Prachtwerks umfasst den baierschen Krieg. 4) (v. Seidl)

(des misères), das Werk eines erschöpften Greises, ohne Kraft und Schwung gewesen; er habe sich oft die Verse von Boileau vorgesagt:

Malheureux! laisse en paix ton cheval vieillissant,
De peur que tout à coup essoufflé, sans haleine,
Il ne laisse en tombant son maître sur l'arêne" 1).

So bescheiden sieht der König diesen, ohne Belagerung und Schlachten durchgeführten Krieg zum Besten Deutschlands an: Die Geschichte urtheilt anders und verherrlichet die uneigennüßig, für Recht und Freiheit dargebrachten Millionen des haushälterischen Landesvaters, der, zur Ehre seiner Krone und seines Volkes, troß seines,, trägen Alters “2), zum vierten Male Heeresmühen und Lagersorgen gern ertrug, und beim Sturm des Rückzugs Seelenruhe

Versuch einer militärischen Geschichte des baierschen Erbfolge- Kriegs. Königsberg 1781. 3 Thlc. S.; wozu der Prinz von Waldeck anonym ,,Kleine Berichtigungen zc." Frankf. u. Leivz. 1784. 222 S. 8. ge= schrieben. 5) Hauptm. v. Schels hat in der dßterr. Zeitschrift 1811. Stück 10-12, nach den Originalakten, den baierschen Krieg beschrie= ben. 6) Des Prinzen v. Ligne Journal de la guerre de sept mois ou de Bavière en 1778 findet man in des Verf. Mélanges militaires ́ ́ (T. 17) welche 1795-1805 in 19 Bånden erschienen sind und auch die Feldzüge 1757-1762 umfassen. Pr. v. Ligne stand 1778 in Loudon's Armee. 7) Gegen die unwürdige Schrift des v. Bourscheid (Der erste Feldzug im vierten preußischen Kriege. Wien 1779) hat v. Cog= niazo seinen Freimüthigen Beitrag zur Geschichte des österreichischen Militärdienstes. Frankfurt und Leipzig 1780 geschrieben (Durch einen Druckfehler heißt das Druckjahr auf dieser v. Cogniazoschen Schrift auf dem Titel 1770, statt 1780). Vergl. Militärwochenblatt. Berlin 1824. Nr. 397, und Allgemeine deutsche Bibliothek. Bd. 36. 37. 39. 40.

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1) Supplément aux Oeuvres posth. T. 3. p. 49.

2) Brief an d'Alembert vom 15. Sept. 1772. An Denselben:,, Quelque pesant que ce fardeau de la guerre soit pour ma vieillesse, je le porterai gaiement, pourvu que par mes travaux je consolide la paix et la tranquillité de l'Allemagne pour l'avenir. Il faut opposer une digue aux principes tyranniques d'un gouvernement arbitraire, et réfréner une ambition démésurée qui ne connoît de borne que celle d'une force assez puissante pour l'arrêter." Oeuvres posth. T. 12. p. 36.

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