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Auch Prinz Heinrich war so ungehindert in Böhmen eingerückt. Als er sich bei Dresden mit den Sachsen am 7. Jul vereinigt '), täuschte er den Feind durch Scheinbewegung, drängte ihn von Schluckenau, Rumburg, Gabel zurück und nahm ein gutes Lager bei Nimburg. Loudon verließ die Posten von Außig und Dur, selbst die Befestigung und Magazine von Leutmeriß, welche General v. Platen in Eile nahm, der auch rasch bis Budin an der Eger vordrang und seine Avantgarde nach Welwarn, drei Meilen von Prag vorschob. Loudon suchte hinter der durch Felsen und Sümpfe sichern Iser bei Münchengräß und Jungbunzlau Schuß 2).

Man hatte sich in Wien geschmeichelt, Preußen rüste sich nur zum Schein. Die Botschaft aber, daß Friedrich vor Nachod stehe, brachte Theresiens Hof und Heer von dieser täuschenden Idee zurück. Es war ein Tag des Schreckens, sagt der österreichische Beteran; ich wage es nicht, die Sensazion zu schildern, welche die erste Nachricht von dem Einmarsch der Preußen in Böhmen, die selbst dem Kaiser unglaubbar vorkam, im Kaiserlich - Königlichen Hauptquartier gemacht hatte" "). Auch wäre es den Preußen in diesem Augenblicke leicht gewesen, mittelst verschiedener Scheinbewegungen die gauze Kette der kaiserlichen Posten in Unruh zu versehen und bei Hohenelbe, Arnau, oder oberhalb Königshof mit Übermacht hindurchzudringen, da Joseph seine Kräfte an der Elbe noch nicht gesammelt hatte. Friedrich aber unterhandelte aufs Neue, als er kaum das Lager in Welsdorf, den 8. Jul, bezogen und der Freiherr bei Thugut, welcher vorher in Konstantinopel gewesen, sich als Sekretär des russischen Gesandten Demetrius Prinzen v. Gallizin in Wien (den 17.) bei ihm meldete und unter dieser Hülle von Marie Therese Vergleichsvorschläge brachte ). Joseph eilte indess, zwischen Jaromirß und Schurz sich festzusehen und den ersten Schrecken loszuwerden, mit welchem auch Baron Breteuil

1) Die Hannoveraner, Braunschweiger, ze. Hessen waren eten in Nordame rika beschäftigt.

2) Oeuvres posth. T. 5. p. 244.

3) (v. Cogniazo) Geständnise eines Österreichischen Veterans. Thl. 4. Bres

lau 1791. S. 316, 320,

4) Oeuvres posth, T. 5. p. 245. 314. 316.

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durch seine Schilderung ganz Versailles in die äußerste Bestür. zung jagte 1).

Marie Theresie erinnerte sich der früheren Kriege, sie fürchtete einen langen Kampf und zitterte besonders für des Sohnes und für des Schwiegersohnes, des Herzogs Albert von Sachsen - Teschen Leben. Dies Alles trieb ihr mütterliches Herz zu diplomatischen Versuchen und - Friedrich sah den Antrag gern: „Herr v. Thugut, antwortet er ihr, den 17. Jul, hat einige Punkte entworfen 2), die einer Waffenruh zum Grunde liegen sollen. Ich habe einige Artikel beigefügt 2), über die wir aber theils schon einig waren und die anderntheils keine Schwierigkeiten finden werden. Bis Dero Antwort eintrifft, werde ich meine Schritte so berechnen, daß Ew. Majestät nichts für Dero Blut und für einen Kaiser zu fürchten haben, den ich liebe und hochschäße, obgleich wir in Bezug auf Deutschland's Angelegenheiten verschiedener Ansicht folgen“ 3).

Als der König dieses schrieb, war sein Feind gesammelt und geborgen. Dennoch ist Joseph, wie die Kaiserlichen schreiben, mit Thuguts Sendung eben nicht unzufrieden gewesen; nur besorgte er allzugroße Nachgiebigkeit seiner Mutter*). Die aber nußte klug die ruhige Haltung ihrer Heere, zog die Verhandlung hin und schickte ihren Friedensboten Thugut abermals, den 6. August, mit neuer Vollmacht in des Königs Lager, der nun den kaiserlichen Unterhändler an seine Minister Grafen Finckenstein und v. Herzberg *)

1) (v. Cogniazo) Geständnisse. Bd. 4. S. 321. 2) Oeuvres posth. T. 5. p. 319. 320.

3) Oeuvres posth. T. 5. p. 321.324.

4) v. Cogniazo berichtiget hier (a, a. D. Thl. 4. S. 325) die Stelle in den Oeuvres posth. T. 5. p. 249, wo Friedrich von des Kaisers Zorn über Thuguts Friedensgeschäft spricht.

5) Der Minister v. Herzberg beweist sich in dieser Baierschen Angelegen= heit wieder als eben so unermüdlichen, wie gründlichen Kenner der vaterländischen Geschichte in seinen mannigfachen Statsschriften; auch dankte ihm der König, nach dem folgenden Briefe, die für diese Angelegenheit erforderlichen Nachrichten:,, Au Ministre d'Etat et de Cabinet de Hertzberg. Je Vous sais un gré infini de l'extrait de la paix de Münster, que du memoire raisonné et historique sur les fiefs de Bohème dans le Haut - Palatinat. L'un et l'autre Me

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wies, welche schon den 24. Jul in Frankenstein angekommen waren und seit dem 13. August fünf Tage in Kloster Braunau fruchtlos unterhandelten '). Die Kaiserinn Königinn wollte aus Friedens. Liebe den Vertrag vom 3. Januar 1778 aufheben und alles in Befit Genommene wieder räumen, wenn Preußen bei eröffneter Erb. folge der Markgrafthümer Anspach und Baireuth dieselben einem nachgebornen Prinzen überlassen wolle.

Österreich mischt hier schlau die fränkischen Fürstenthümer ein und hatte doch vor Jahren schon dem Könige gerathen, sie beliebig zu vertauschen, weil der Hof zu Wien die preußische Nähe für Eger in Böhmen und das brandenburgische Übergewicht im fränki schen Kreise ungern sah 2). Thugut wiederholte Anfangs den Nath, die wahrscheinliche Erbschaft der Wiege Friedrichs gegen die Lausiße oder gegen Mecklenburg zu vertauschen 3). Also musste jezt der scheinbar uneigennüßige Antrag, welcher alle Opfer auf Preußens Seite schob, die Arbeiten der Minister unterbrechen. Um den Erfolg der Federn zu erwarten, hatten Friedrich's und seines Bruders Heinrich's Heer die schöne Zeit unthätig hingebracht. Der greise König wollte, auch Russlands und der Franzosen wegen *), keine drohende Waffenthat, wenn er durch den Ernst des Marsches seinem Einspruch folgereichen Nachdruck gab. Der Gegner aber, welcher zu dem Kriege herausgefordert, blieb hinter seiner unzugänglichen Brustwehr hochverschanzt und ließ sich in der unangreiflichen Stel. lung zur Entscheidung nicht heraus, zufrieden, durch Natur und Kunst geborgen hinter der Elbe von Königinngräß an über Schurz, Arnau und Hohenelbe hinaus bis ans Riesengebirge, und hinter der Jser von Jungbunzlau über Münchengräß, Turnau, Bredl und Semile, als feste Kette vor Prag und Wien zu liegen und den tie

fournit une nouvelle preuve très-agréable de Votre zèle dont Je Vous tiendrai toujours compte; et sur ce Je prie Dieu, qu'il Vous ait dans sa sainte et digne garde. Federic."

1) Pièces authentiques de la négociation de Braunau in den Oeuvres posth. T. 5. p. 335-354.

2) Oeuvres posth. T. 5. p. 300.

3) a. a. D. T. 5. p. 246. 297. 320, 328.

4) Oeuvres posth. T. 5. p. 234.

fern Einfall in das eigene Gebiet zu hindern. Selbst der kleine Krieg wurde auf beiden Seiten von Oben her so gemieden, daß Lorberen spärlich nur zu pflücken waren. Friedrich machte, statt kecken Angriffs (obgleich sein Heer in jeder Art das überwiegende war ')), den ganzen Sommer über, soweit er reichen konnte, aus dem kleinen Kriege eine große Fouragirung und sog das von den Bewohnern verlassene Land ungehindert gänzlich aus 3).

Diese harte Nothwendigkeit, welche die Kaiserlichen den Winter über von Schlesien und Sachsen entfernen sollte, brachte dem königlichen Heere selbst Verderben. So treu und cifrig auch der schlesische Minister v. Hoym den Mundvorrath besorgte 3), der Mangel an Lebensmitteln war sehr groß: Ruhren und Faulfieber brachen in beiden preußischen Armeen verderbend ein; der durch keine heilige Bande an Familie und Heerd geknüpfte geworbene und erkaufte Miethling lief scharenweis davon ) und der thatenlose Lagerwechsel lichtete die Regimenter mehr als blutige Schlachten.

Als Friedrich von Welsdorf aufgebrochen war, deckte er in neuen Posten Schlesien und Sachsen und die Kaiserlichen scheuten den Siebenundsechzigjährigen so, daß er immer unter ihren Augen, zu Burkersdorf (wo er 1745 zwischen Sohr und Staudenz gesïegt), zu Kezelsdorf, den Dreihäusern kühn das Lager nehmen und auch diese Gegenden rein verheeren durfte '). Endlich trat Prinz Heinrich aus dem Lager bei Nimes, den 10. und Friedrich selbst aus dem Lager bei Wildschüß den 14. September den Rückweg an, so meisterhaft, daß sie selbst in der feindlichen Armee deshalb bewun

1),,Il parut que les troupes prussiennes avoient de l'avantage sur leurs ennemis toutes les fois qu'elles pouvoient combattre en règle, et que les impériaux l'emportoient pour les ruses, les surprises et les stratagèmes qui sont proprement du ressort de la petite guerre. Oeuvres posth. T. 5. p. 290.

2) S. die drei Kabinetsordres aus dem Lager von Lauterwasser vom 6. Sept. 1778 an den Gen. v. d. Inf. v. Lauenhien.

3) Die Kab. - Ordres an v. Hoym im Urkundenbuch Thl. 4.

4) S. Kabinetsordres an Gen, v. Lauenhien vom 1. Sept., s. Oft. und 6. Nov. 1778 im 4. Urkundentheile.

5) Oeuvres posthumes T. 5. p. 256.

dert wurden '). Auch war diese ungekränkte Umkehr 2) in der That der größte preußische Triumph in diesem Kriege. Besonders zeichneten sich Möllendorff und der Prinz von Preußen aus. Dieser hatte, als der Rückzug anfing, seine Stellung auf St. Katharinenberg. Er verließ den Posten unter den ungünstigsten Verhält nissen, einsichtsvoll und mit entschiedener Entschlossenheit, lagerte sich auf den Höhen von Pilnikau und bewahrte sich den wohlerworbenen Ruhm, von welchem als Augenzeugen Graf Schmettau und der hocherfreute König selbst erzählen '). Den 21. September zeich nete sich die Brigade des Generalmajors v. Keller bei einem Arrieregardegefechte glänzend aus. Die Soldaten, vom Feinde rings umzingelt, hatten sich verschossen; doch hielten sie sich ehrenhaft und siegten ). Der König gab dem klugen Führer und allen Stabs. offizieren den Orden für's Verdienst, dem gemeinen Manne Geldgeschenke; dem General v. Keller auch das Lehen Liebenhausen.

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Mitte Oktober gingen die Preußen in Kantonnirungen; im November in Winterquartiere.

1) v. Cogniazo Thl. 4. S. 347. 34s.

2) Wiener Blätter sagten: sehr wichtige Statsgründe hätten den MarschallLacy gehindert, in dieser Lage etwas gegen die Preußen zu unternehmen; la Roche - Aymon Vie du Prince Henri. p. 201.

3),, Lorsque j'eus l'honneur de faire au Roi le rapport de l'execution de cette retraite, il prit une physiognomie d'intérêt et de plaisir, qui dénotoit une parfaite satisfaction. Il s'informa dans le plus grand détail, si le fen avoit été vif, si la marche s'étoit constamment soutenue, si l'ordre n'avoit point été troublé, enfin ce fut de toute la campagne le seul moment où le Roi témoigna du contentement, parcequ'il vit de ce coup d'essai, qui en étoit un de maître, ce qu'il y avoit à espérer de son successeur." Comte de Schmettau Mémoires raisonnées. Ce Prince se distingua à différentes reprises par sa vigilance et par ses bonnes dispositions." Oeuvres posth. T. 5. p. 253. —,,Mr. de Wurmser essaya à différentes reprises d'attaquer le poste du Prince de Prusse; toutes les fois qu'il attaqua, il fut repoussé, ce qui fut dû aux bonnes dispositions et à l'activité de ce Prince, conduite qui eût honoré tout autre militaire qui en auroit fait autant; a. a. D. p. 259. Den Orden p. le M. belam der Prinz von Preußen nicht; aber er wurde den 1. Jun 1779 zum Generallieutenant von der Infanterie befördert.

4) Oeuvres posth. T. 5. p. 260.

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