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340 finibus in Lyciae longo dea fessa labore
sidereo siccata sitim collegit ab aestu,
uberaque ebiberant avidi lactantia nati.
forte lacum mediocris aquae prospexit in imis
vallibus; agrestes illic fruticosa legebant
345 vimina cum iuncis gratamque paludibus ulvam.
accessit positoque genu Titania terram

pressit, ut hauriret gelidos potura liquores. rustica turba vetat. dea sic adfata vetantes: "quid prohibetis aquis? usus communis aquarum est. 350 nec solem proprium natura nec aëra fecit nec tenues undas: ad publica munera veni. quae tamen ut detis, supplex peto. non ego nostros abluere hic artus lassataque membra parabam, sed relevare sitim. caret os umore loquentis, 355 et fauces arent, vixque est via vocis in illis. haustus aquae mihi nectar erit, vitamque fatebor accepisse simul; vitam dederitis in unda.

hi quoque vos moveant, qui nostro bracchia tendunt
parva sinu", et casu tendebant bracchia nati.

360 quem non blanda deae potuissent verba movere?
hi tamen orantem perstant prohibere minasque,
ni procul abscedat, conviciaque insuper addunt.
nec satis est, ipsos etiam pedibusque manuque
turbavere lacus imoque e gurgite mollem
365 huc illuc limum saltu movere maligno.
distulit ira sitim; neque enim iam filia Coei
supplicat indignis nec dicere sustinet ultra
verba minora dea tollensque ad sidera palmas
'aeternum stagno" dixit "vivatis in isto".

сс

πυρὸς μένος αιθομένοιο. In der hesiodischen Theogonie ist die dreiköpfige Chimaera eine Tochter des Typhaon und der Echidna (s. zu 5, 346 ff.). Xiuaioa hiefs eine Bergschlucht an dem lykischen Berge Kragos, und an diese Gegend war der auf vulkanische Naturerscheinungen deutende Mythus geknüpft, wie der Name Chimaera speziell auch an die noch jetzt beständig brennenden Gasausströmungen bei der Stadt Olympos.

341.sidereo aestu]wie 1,778: ignibus sidereis. collegit] wie 5, 446.

343. mediocris] von mäfsiger Gröfse.

349. communis] s. zu 1, 135.

351. publica munera] das, was allen als Gemeingut gegeben ist, wie Cic. Top. 32: cum de litoribus ageretur, quae omnia publica esse voltis; vgl. zu 2, 35.

352. nostros] meine.

357. dederitis] die Länge des i in den Endungen is (10, 560: forsitan audieris aliquam), imus, itis im Futurum exactum und Conjunctivus Perfecti ist ursprünglich.

366. filia Coei] s. 185.

370 eveniunt optata deae: iuvat esse sub undis

et modo tota cava submergere membra palude,
nunc proferre caput, summo modo gurgite nare,
saepe super ripam stagni consistere, saepe

in gelidos resilire lacus. sed nunc quoque turpes 375 litibus exercent linguas pulsoque pudore,

quamvis sint sub aqua, sub aqua maledicere temptant. vox quoque iam rauca est, inflataque colla tumescunt, ipsaque dilatant patulos convicia rictus;

terga caput tangunt, colla intercepta videntur, 380 spina viret, venter, pars maxima corporis, albet, limosoque novae saliunt in gurgite ranae'

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Sic ubi nescio quis Lycia de gente virorum rettulit exitium, satyri reminiscitur alter, quem Tritoniaca Latous harundine victum 385 adfecit poena. quid me mihi detrahis?' inquit; 'a piget, a non est clamabat 'tibia tanti.' clamanti cutis est summos direpta per artus, nec quicquam nisi vulnus erat; cruor undique manat, detectique patent nervi, trepidaeque sine ulla

390 pelle micant venae; salientia viscera possis et perlucentes numerare in pectore fibras.

370. iuvat] es freut die Bauern, die in Frösche verwandelt werden. 376. Dieser Vers ahmt spielend das Quaken der Frösche nach.

382-400. Apollo zieht dem Satyr Marsyas, der mit ihm Wettkampf im Flötenspiele gewagt hatte, die Haut ab. Aus den Thränen der ihn beweinenden Satyrn und Nymphen entsteht der Flufs Marsyas.

Der Flufs Marsyas ergiefst sich in den Maeander. Die Einwohner von Celaenae (Kɛλaival) in Grofsphrygien erzählten (nach Paus. 10, 30, 2), dafs der Flufs Marsyas, der durch ihre Stadt flofs, einst jener Flötenspieler gewesen sei, und so entsteht bei Hyginus Fab. 165 der Flufs aus dem Blute des Marsyas. Bei Xenoph. Anab. 1, 2, 8 hat der Flufs seinen Namen daher, weil Apollo die Haut des Marsyas in der Quellgrotte aufgehängt hatte. Die von Övid gegebene Form der Sage ist, weil der Flufs eben Mar

syas heifst, weniger passend und
vielleicht von ihm erfunden.
382 f. Lycia.. exitium]
tium Lyciorum virorum.

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exi

384. Mit Tritoniaca harundine ist die von der Minerva (Tritonia; s. zu 2, 783) erfundene Flöte bezeichnet. In den Fasten 6, 697 ff. erzählt Ovid (wie unter andern auch Apollodorus 1, 4, 2), dafs Minerva die von ihr erfundene Flöte wegwarf, weil das Blasen ihr Gesicht entstellte; Marsyas findet sie, und stolz auf das erlernte Spiel fordert er den Apollo zum Wettkampfe heraus.

385. quid me mihi detrahis] ähnlich wie 5, 546: sibi ablatus, aber noch spielender; vgl. 11, 621: excussit tandem sibi se.

386. non est tibia tanti] so viel gilt mir die Flöte nicht, dafs ich ihretwegen solche Pein leiden möchte, ich will auf sie verzichten, S. zu 2, 424.

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illum ruricolae, silvarum numina, fauni et satyri fratres et tum quoque carus Olympus et nymphae flerunt, et quisquis montibus illis 395 lanigerosque greges armentaque bucera pavit. fertilis inmaduit madefactaque terra caducas concepit lacrimas ac venis perbibit imis;

quas ubi fecit aquam, vacuas emisit in auras. inde petens rapidum ripis declivibus aequor 400 Marsya nomen habet, Phrygiae liquidissimus amnis. Talibus extemplo redit ad praesentia dictis

vulgus et exstinctum cum stirpe Amphiona luget. mater in invidia est. hanc tum quoque dicitur unus flesse Pelops umeroque, suas a pectore postquam 405 deduxit vestes, ebur ostendisse sinistro.

concolor hic umerus nascendi tempore dextro corporeusque fuit; manibus mox caesa paternis membra ferunt iunxisse deos; aliisque repertis, qui locus est juguli medius summique lacerti, 410 defuit. inpositum est non conparentis in usum partis ebur, factoque Pelops fuit integer illo.

393. tum quoque] selbst in solcher Qual. Ovid folgt der Sage, nach der Olympus ein Knabe war, den Marsyas im Flötenspiele unterwies. Nach andern hiefs des Marsyas Vater Olympus.

397. concepit] nahm in sich auf. 400. Marsya] lateinische Form für Marsyas, wie 7, 170: Aeeta; 14, 622: Proca. Über den syntaktischen Gebrauch des Nominativus s. zu 1, 169.

401-411. Pelops allein beweint seine Schwester Niobe. Ovid erfindet dies, um die Geschichte von der elfenbeinernen Schulter des Pelops anzubringen. Tantalus setzte den Göttern, um sie zu versuchen, seinen Sohn Pelops zerstückt als Speise vor (vgl. zu 4, 457 ff.). Die Götter erkannten den Frevel, fügten die Stücke zusammen und riefen den Pelops in das Leben zurück. Ein fehlendes Schulterstück (das Ceres, in Gram um Proserpina versunken, achtlos verzehrt hatte) ward durch Elfenbein ersetzt.

403. tum quoque] verträgt sich nach strenger Genauigkeit nicht mit flesse; denn vor dem geschehenen Unheile hatte Pelops keine Ursache, seine Schwester zu beweinen; aber dem Ausdrucke liegt der Gedanke zu Grunde 'auch jetzt noch, nachdem sie durch ihren frevelnden Stolz solches Verderben über die Ihrigen gebracht hatte, war sie dem Pelops teuer, so dafs er sie beweinte'.

404 f. suas.. vestes] in heftigem Schmerze streift Pelops das Gewand von der Brust und schlägt sie, wie man hinzudenken kann, da das Schlagen der Brust (planctus) Trauersitte

war.

408. aliis]: = ceteris. Ebenso 9, 13: alii, die andern. Dieser Gebrauch von alius in bestimmter Begrenzung kommt auch in der Prosa, bei Livius und andern, vor.

409. medius] mit Genetiven; s. zu 5, 409.

411. facto illo] nämlich ebore; 'und durch die Bereitung dieses

Finitimi proceres coëunt, urbesque propinquae
oravere suos ire ad solacia reges,

Argosque et Sparte Pelopeïadesque Mycenae
415 et nondum torvae Calydon invisa Dianae
Orchomenosque ferax et nobilis aere Corinthus
Messeneque ferox Patraeque humilesque Cleonae

Elfenbeines war Pelops heil und
ganz'.

412-674. An die Erfindung, dafs aus allen Gegenden Griechenlands Könige und Edle nach Theben gehen, um ihre Teilnahme zu bezeugen, und nur aus Athen niemand kommt, knüpft Ovid die Erzählung von Tereus, Prokne und Philomela (ähnlich wie 1, 568 ff. die Flufsgötter zum Penéus kommen, Inachus aber in seiner Höhle bleibt und um seine Tochter lo trauert, deren Geschichte dann erzählt wird). Der Thraker Tereus steht den Athenern gegen ihre Feinde bei und führt die Prokne, die Tochter des attischen Königs Pandion, als sein Weib nach Thrakien. Sie gebiert ihm den Itys. Nach fünf Jahren sehnt sich Prokne nach ihrer Schwester Philomela. Tereus begiebt sich nach Athen, um sie zu holen, und entbrennt dort in Leidenschaft für sie. Auf der Rückreise thut er ihr in einem Hirtengehöfte im Walde Gewalt an. Ihre Drohungen, die Schandthat zu offenbaren, setzen ihn in Zorn und Furcht; er schneidet ihr die Zunge aus, läfst sie bewacht zurück und giebt heimgekehrt vor, dafs sie gestorben sei. Sie webt in ein Gewand, das sie der Prokne sendet, Buchstaben, die ihre Geschichte erzählen. Prokne heuchelt bei einem Bacchusfeste bacchische Raserei, eilt in den Wald und befreit die Schwester. Darauf tötet sie ihren Sohn Itys und setzt ihn dem Tereus als Speise vor. Als er nach dem Itys fragt, bringt Philomela ihm das blutige Haupt. Mit dem Schwerte dringt er auf Prokne und Philomela ein. Die Metam. I 7. Aufl.

Fliehenden werden in Nachtigall und Schwalbe, Tereus in den Widehopf verwandelt. Die vielerzählte attische Sage hatte unter andern Sophokles in seiner Tragödie Tereus behandelt.

414. Pelopeiadesque _Mycenae] von Pelops stammte das Herrschergeschlecht von Mycenae in Argolis. Des Pelops Sohn war Atreus, König von Mycenae, dessen Söhne Agamemnon und Menelaos. Ovid nennt die Stadt mit einem Beinamen, den sie zur Zeit der geschilderten Begebenheiten noch nicht führen konnte, wie auch nobilis aere Corinthus und Messene ferox der Zeit vorgreift.

415. Die ätolische Stadt Calydon ward von dem Zorne der Diana getroffen, als der calydonische König Oeneus es unterlassen hatte, ihr zu opfern. Die Erzählung folgt 8, 270 ff.

416. Orchomenos] die arkadische Stadt, Ilias 2, 605 лolvunλos genannt. Auch wenn Ovid nicht der Meinung folgte, nach welcher das korinthische Erz durch zufällige Mischung verschiedener Metalle bei der Einäscherung von Korinth durch L. Mummius im Jahre Roms 608 (146 v. Chr.) entstanden war (und allerdings ist der Ruhm des korinthischen Erzes älter), so hebt er doch zum Lobe Korinths hervor, was von den mythischen Zeiten nicht gilt.

417. ferox] kühne Tapferkeit bewährten die Messenier in ihren Freiheitskriegen gegen die Lacedämonier im 8. und 7. Jahrh. vor Christus. Patrae] in Achaja. Cleonae] in Argolis; eine kleine

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et Nelea Pylos neque adhuc Pittheïa Troezen, quaeque urbes aliae bimari clauduntur ab Isthmo 420 exteriusque sitae bimari spectantur ab Isthmo. credere quis posset? solae cessastis Athenae. obstitit officio bellum, subvectaque ponto barbara Mopsopios terrebant agmina muros. Threicius Tereus haec auxiliaribus armis 425 fuderat et clarum vincendo nomen habebat. quem sibi Pandion opibusque virisque potentem et genus a magno ducentem forte Gradivo conubio Prognes iunxit. non pronuba Iuno,

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419 f. Und die andern südlich vom Isthmus (in der Peloponnesus, wie die vorher genannten) gelegenen Städte, so wie die des nördlichen Griechenlands.

Die korinthische Landenge verschliefst die Peloponnesus, ist ihr Schlofs und Riegel oder, wie wir mit anders gewendeter Vergleichung sagen, ihr Schlüssel. So sagt Velleius Paterculus 1, 3, 3: Corinthum, quae antea fuerat Ephyre, claustra Peloponnesi continentem. Cicero de lege agr. 2, 87: erat (Corinthus) posita in angustiis atque faucibus Graeciae sic ut terra claustra locorum teneret. bimari] vgl. 5, 407. 7, 405. 423. barbara] nach einer anderen Erzählung, der Apollodorus 3, 14, 8 folgt, waren die Athener mit dem thebischen Könige Labdakos in einen Krieg um die Landesgrenzen verwickelt. Diese Gestalt der Sage war für Ovid zur Anknüpfung dieser Begebenheiten an die Geschichte der thebischen Königin Niobe unbrauchbar; er folgt anderer Erzählung oder hat sich einen feindlichen Einfall eines ungriechischen, zur See herbeigekommenen Heeres erfunden. Mopsopios] s. zu 5, 661.

426. Pandion] Sohn des Erichthonios, König von Attika.

427. Gradivo] ein Beiname des Mars (zum Dienste des Mars Gradivus waren die salii bestellt; s. Livius 1, 20, 4). Die Ableitung des Wortes von gradior (gradivus der Schreitende) ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil 14, 820 und bei Vergilius (Aen. 3, 35. 10, 542) die erste Silbe lang ist. Dies scheint das Ursprüngliche und das Wort, wie schon einige alte Grammatiker annehmen, aus gravidivus zusammengezogen zu sein, also den gewaltigen, furchtbaren Gott zu bezeichnen. Sohn des Ares ist Tereus auch bei Apollodorus, und Thrakien ein Aufenthalt des Ares schon in der Odyssee 8, 361.

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428 ff. conubio] das Wort ist hier, wie zuweilen auch bei anderen Dichtern, durch Synizesis dreisilbig, = conubjo.-Prognes] die griechische Form des Namen ist Πρόκνη, das g eine Erweichung wie in cygnus neben cycnus und in Gnidus, Gnosus (s. zu 3, 208). non pronuba Iuno...] von einer Ehe, aus der Verderben hervorging, pflegen die Dichter zu sagen, sie sei nicht von den freundlichen Göttern der Ehe, sondern von feindlichen Gottheiten unter schlimmen Vorzeichen geweiht worden; vgl. Heroid. 2, 117: pronuba Tisiphone thalamis ululavit in illis, et cecinit maestum devia

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