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schen gebundenen Sprache feierte, machten den jungen König, der sich mit italienischen Gelehrten umgab, beliebt, besonders aber haben seine Bestrebungen für den Constanzerfrieden ihm alle Herzen erobert. Bekanntlich danerte diese Gunst nicht lange, obwohl durch seine Verwendung die Reichsstatthalterschaft über Mailand *) einem Eingebornen übertragen wurde.

In andern Reichslanden, Städten und Burgen in Lombardien und jenseits des Po sehen wir noch geraume Zeit deutsche Befehlshaber, s. g. Herzoge, wie die Lenzburger, die Urselinger und Marquard von Anwyl, der mit deutschen Knechten von Fano bis Ascoli und hinauf an den Appennin (Muratori ant: estens. I, 392) im Kreise wie ein Fürst waltete, obwohl einzelne Kirchen, Herren und Städte, selbst kleinere, große Freiheiten besaßen. Das war die Blüthezeit des fremden Dienstes, in dem wir unsere mächtigsten Herren in den Waldstätten und dem Aargau, die Grafen von Lenzburg, Marchgrafen nennen hören; unter ihrem Befehle standen Ritter, die Freiherren geworden, wie die von Gösgen, von Rüsegg u. A.; wie sollte man sich wundern, wenn arme Gotteshausleute, die höchstens etwa einem kleinen Kelnhofe vorstanden, sich von diesem Hofe zu nennen begannen und Ritter geworden, wie die von Resti, von Ugingen, von Ibach, von Sewen u. s. w.?

Als Heinrich der Hohenstauffe Sizilien mit reichen. Schäßen erobert hatte, warb er, um ein Zeichen der

*) Die früher Marquart von Krumbach und einer von Diez geführt. Annal. milan.

Dankbarkeit gegen den Papst zu geben, bei den geistli= chen Fürsten um Ritter und Sergeanten (Boehmer fontes III, 473), die er in seinem Solde in's heilige Land sandte. Auch unser Land und Gebirge, wo die Stauffen Kastvogteien und gute getreue Anhänger in Städten und Thälern genug besaßen, blieb sicher von dem in den obern Landen so allgemein eingeführten Solddienste nicht fern.

So friedlich an und für sich eine Kastvogtei Otto's, des Pfalzgrafen von Burgund und Bruders König Heinrich's von Sizilien, über die Abtei Engelberg oder die St. Fridolinsleute zu Glarus sich auf dem Pergament ausnimmt; ist dabei doch nicht zu vergessen, daß die Hofjünger ihrem Kastvogte Heerbann, wenigstens in gewissem Maße, schuldig waren und diese Länder der Gotteshäuser die bequemsten Werbbezirke der Hohenstauffen geworden, wie zahlreiche Ritterhäuser sowohl in Glarus als Unterwalden, wie die von Büron, von Buchs, von Waltersberg, von Winkelried, von Fuglisloh u. a. genannte uns zeigen. Wann der Pfalzgraf Otto, als jüngster der Söhne Kaiser Friedrich's I., mit der Kastvogtei in Glarus, wohl auch über die Regler zu Uri, als Reichslehen belehnt wurde, ist schwer zu sagen, da wir ihn ein einziges Mal 1196 (Tschudi I, 97) als Richter in einer Grenzstreitigkeit zwischen Uri und Glarus auftreten und gar selten in unserer Nähe walten sehen. Doch ist es wahrscheinlich, die Reichsvogtei und des Reiches Straße in Uri über den St. Gotthardsberg sei bis zum Tode des Pfalzgrafen, der den 13. Januar 1202 erfolgte, wie Wurstemberger gezeigt, in der Hand des Hohenstauffen gelegen, wenn er solche auch nicht

selbst besorgt haben mochte. Der nach und nach in Aufnahme gekommene St. Gotthardszoll war für den Stauffen, der sich nicht scheute, den Namen eines Grafen von Lenzburg zu führen, keine zu verachtende Sache. Nach dem Ableben des Pfalzgrafen Otto konnte König Phi- . lipp dies heimgefallene Reichslehen keinem jungen Hohenstauffen zuwenden, denn von den vielen Söhnen Kaiser Friedrich's I. hatte keiner männliche Nachkommenschaft, als der verstorbene Kaiser Heinrich, welchem Constanze in hohen Jahren einen Sohn, Friedrich Roger, geboren, der aber, noch ein Knäblein, in seinem Erbkönigreich Sizilien sich aufhielt. Ob, wann und an wen der in unsern obern Landen allgemein anerkannte stauffische König Philipp die Reichsvogtei Uri, mit der Geleit und Zoll auf der St. Gotthardsstraße wohl ohne Zweifel verbunden war, geliehen, sagt keine Urkunde, da solche Schwertlehen damals noch auf Fürstentagen mündlich ertheilt wurden.

Die im obern Reußthale später reich begüterten Freiherren von Rapperswyl, die als Inhaber der Kastvogtei Einsiedelns sich Vögte von Rapperswyl nannten und vielfach um König Philipp erscheinen (I. E. Kopp G. II, 340), namentlich Vogt Rudolf von Rapperswyl, der Vater des Grafen Rudolf und Heinrich's von Wandelberg, des Stifters von Wettingen, dürfte das heimgefallene Reichslehen der Vogtei in Uri nach 1202 empfangen haben. Er war ein treuer Anhänger der Stauffen, wir sehen ihn 1187 mit Herzog Berchtold IV. von Zäringen in Zürich, 1189 bei König Heinrich in Basel, dann auch in Italien, und er mag bis 1212 ge=

lebt haben. Der 1219 auftretende Vogt von Rapperswyl (Schaepflin A. d. I, 397) ist, obwohl sein Name auch Rudolf heißt, eher des alten Vogtes Sohn. Jedenfalls waren die Vögte von Rapperswyl, obwohl in Uri vielfach Grundherren, nicht da wohnend, und man könnte glauben, sie hätten dort einen Untervogt gehalten, der nach dem Ausspruche des Abtes von Ursberg, daß damals die Herren und Ritter in Alemannien oft Räuber waren *), sich Gewaltthätigkeiten erlaubt und die Erhebung Tell's veranlaßt.

Es ist zu bedenken, daß weder Pfalzgraf Otto, noch auch ein Rapperswyler je die Vogtei in Schwyz besaß und also nicht, wie die Sage uns berichtet, in dieser Zeit derselbe Untervogt in Uri und Schwyz walten konnte. Ob König Philipp das Reichslehen in Uri nicht weit eher dem ältern Grafen Rudolf von Habsburg, einem Fürsten und erprobten Anhänger des Stauffenhauses, als einem weniger mächtigen Rapperswyler zu ertheilen Gründe gefunden, ist schwer zu beurtheilen; jedenfalls aber bei dem heutigen Stande unserer Geschichtskunde zu bemerken, daß, so viel uns bekannt, Rudolf von Habsburg der Aeltere zwar, wie Böhmer bemerkt, nie bei König Otto, aber vor dem Jahre 1207 auch niemals bei König Philipp sichtbar wird.

Angenommen, König Philipp habe die Reichsvogtei in Uri schon 1202 dem Habsburger zugewendet, so wäre Graf Rudolf doch schon früher am Hofe des milden

*) „Barones et milites in Alemannia plerumque solent esse predones."

Königs Philipp zu suchen. Dagegen wollen wir nicht verschweigen, daß es sehr gegen die damalige Gewohnheit der erblichen Aufeinanderfolge in Reichslehen streitet, wenn wir annehmen, der alte Vogt Rudolf von Rapperswyl habe die Reichsvogtei in Uri nach 1202 erhalten, nicht aber sein Sohn, der spätere Graf Rudolf von Rapperswyl *).

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IV. Die Habsburger.

In dem weiten Thale der Reuß, dem s. g. Wagenthale, vorab auf dem linken Ufer dieses Stromes bis hinauf auf die Höhe des Lindenberges, folgen sich das ehemalige Amt Meienberg, Muri und Bremgarten, welche, wohl schon geraume Zeit ehe wir darüber schriftliche Nachweisungen besigen, eine ziemlich abgeschlossene Herrschaft bildeten, wie sie in solchem Umfange in unsern obern Landen selten sich nachweisen lassen. Weit tiefer unten im Aargau, um den Wülpelsberg hinab bis an die Stelle, wo noch im dritten Jahrhunderte unserer

*) Geschichte muß eine positive, überzeugende Grundlage haben; auch mit den scharfsinnigsten Voraussetzungen kömmt man in ein endloses Labyrinth; wir wollen lieber offen gestehen, vom Jahre 1202 bis auf Kaiser Friedrich's II. Zeiten bietet das unfruchtbare Gebiet der urnerschen Geschichte keinen haltbaren Leitfaden und wir finden uns gezwungen, einstweilen dies düstere Gebiet zu verlaffen und auf einen etwas helleren Pfad überzugehen, der uns in einer etwas spätern Zeit wieder auf diese Frage zurück in's Land Uri und Schwyz leiten wird.

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