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angesprochen und Futter verlangt, auch dessen Vieh zar Winterung auf Stiftshöfen eingestellt und für Schmelzöfen aus den Stiftswaldungen Holz erlaubt habe. Selbst in der Fischerei und beim Brückenzolle scheinen die Rechte des Klosters gekränkt worden zu sein.

Auch hier gehen die Klagen nicht persönlich gegen den Grafen, sondern gegen dessen Diener; um wie viel cher mochten sich in der Verwaltung einer entlegenen Vogtei Mißbräuche bei einem Untervogte einschleichen?

Im Jahre 1226 finden wir den Grafen Rudolf als Herrn seines Hofes zu Sarnen; er gelobt auf ein Lehen der Kirche Beromünsters, das einem seiner Leute zufallen könnte, keinen Anspruch zu machen, woraus wir entnehmen, daß dieser Lehensmann dem Grafen als Eigenthum angehörte; es sind vier Bürger Lucerns als Zeugen genannt, was uns annehmen läßt, dieser Ort habe sich bereits als Stadt ausgebildet.

Weniger zum Vortheile Graf Rudolf's von Habsburg und zu dessen Ruhme nimmt sich eine zu Winterthur im Jahre 1231 vor sich gehende Verhandlung aus, bei welcher der Graf durch päpstliche Richter gezwungen wird, seinen alten Ansprüchen auf den Pfarrsaß der Kirche Leuggern zu entsagen. Wenn der Graf dem edlen Orden der St. Johannis-Ritter gegenüber eine solche Zähigkeit in Behauptung eines Kirchensages zu zeigen sich erlaubte, wie viel eher mag er sich in Vertheidigung wirklicher oder vermeintlicher Rechte seinen Vogtleuten gegenüber übernommen haben!

Dieser Rechtsstreit um die Kirche Leuggern und die dazu gehörigen Wiesen, den Herrgott II, 238 uns mit

theilt, ist mit den übrigen wenigen Dokumenten über den Grafen sehr im Widerspruche, so daß wir ihn, ohne Erklärung der Zeit, gänzlich unbegreiflich finden müßten.

Wie die Vogteien, so sah man in Graf Rudolf's von Habsburg Tagen auch die Kirchensäge als eine Einnahmsquelle einer Herrschaft an.

Fremde Sitten und Bedürfnisse, größerer Aufwand schlich sich mit dem dreizehnten Jahrhunderte auch in unsern obern Landen bei dem höhern und niedern Adel allgemein ein. Kreuzzüge und Turniere, Hoflager und Fehden, Hochzeiten mit früher nie gekanntem Aufwande, Dingtage und Lebensertheilungen, mit fürstlichem Prunke gefeiert, erforderten Summen, zu deren Bestreitung die alten einfachen Steuern nicht ausreichten; man griff das her zu allen nur denkbaren Einkommensquellen, und so gab man den Kirchen wohlfeile Verweser und behielt die Einkünfte der Stiftungen zu Handen der Herrschaft. Damals schon wußte man zu berechnen, was eine Kirche ,,über den Pfaffen" zu tragen vermochte, und fand oft 6 bis 10, bis 40 und mehr Mark im Jahre. Daß mit dieser Wirthschaft dem Wohle der Seelsorge so wenig gedient war, als mit der Justiz mancher Untervögte, die nur ihren Vortheil im Auge hatten, wird Niemand läugnen, daher auch Niemand es den Urnern übel nehmen, wenn sie in Italien gelernt, daß eine eigene Verwaltung als Reichsland der Vogtei eines Grafen vorzuziehen sei.

Der Bau einer Burg, wie die Trümmer und die Sage uns erzählen, der Burg auf einem Hügel bei Steeg, welche vor Erbauung Attinghusens und Silinens zum Geleite über den St. Gotthardsberg dienen mochte, wel

cher das mißtrauende Volk den Namen Twing-Uri beilegte, indem es befürchtete, die Reichsvogtei des um den See der Waldstätte so reich begüterten Grafen möchte sich auch über Twing und Bann in Uri erweitern, war an und für sich schon mit bedeutenden Ausgaben verbunden.

Obgenannte Besorgnisse waren für die Urner nicht ohne Grund. Graf Rudolf von Habsburg hatte als Kastvogt Murbachs Lucern, den Marktplag, den Lagerplag des St. Gotthardspasses, zu einer mit Thoren und Mauern umgürteten Stadt erhoben, wohl auch die Burg Tannenberg auf der Musegg, vielleicht selbst den Wasserthurm gebaut *). Zu Meggenhorn im See stand eine alte Burg, mit welcher das Haus zu Stans, welches auf Roßberg stand, so wie Schauensee und Merlinschachen die Burg so in Verbindung standen, daß man mit Feuerzeichen, ja selbst mit einem Horne sich Hilfe anrufen konnte. In Schwyz, d. h. auf dem Inselchen zu Lowerts, stand eine feste Burg, deren Hauptthurm 8 Fuß starke Mauern aus gewaltigen Quaderblöcken, wie die 78 Fuß lange und 35 Fuß breite Mauer des Nebenbaues noch zeigt. Der Hauptthurm der Burg zu Schwyz im Lowerzsee mißt auf seiner Westseite 35 Fuß, auf der südlichen und nördlichen Seite 331⁄2 Fuß, hatte also eine für unsere obern Lande, wie das Ganze dieser Wehrburg, ungewöhnliche Stärke. Wurde bei Steeg eine neue Burg, die den Gotthardspaß beherrschte, vollendet und bemannt, so war Uri von allen Seiten mit Habsburgs Vesten

*) Geschichtsfreund XVI, Taf. 2 von Herrn Ing. X. Schwyzer.

umgeben, welche seine Verbindungen nach Mailand und Como, wie nach Bündten und Wallis, nach Zürich über Art, nach dem obern Theile Unterwaldens und in's Haslithal, so wie nach Küßnach und Lucern beherrschten.

In Uri war in der Hohenstauffenzeit nicht blos die Aebtissin von Zürich reich begütert, sondern auch Edelleute hatten da Reichslehen und wohl auch Eigen, z. B. die Vögte von Rapperswyl. Ein Theil dieses Grundbesiges kam (1227) an Wettingen. Andere Güter besaßen die Grafen von Homberg. Auch Habsburgs Diener, die Schenken von Habsburg, welche schon bei Graf Rudolf dem Alten urkundlich genannt werden, wurden in Uri begütert, wie viele Andere. Es wäre also dem Grafen, selbst gegen den Willen der Urner, nicht unmöglich ge= wesen, in seine Burg am Steeg eine Besaßung zu legen.

Die f. g. Bethe war eine Steuer, welche der Herr eines Landes in damaliger Zeit bei Vermählung seiner Kinder, Kreuzzügen und andern derartigen Gelegenheiten zu erheben pflegte; Uri, ein steiniges Ländchen, in welchem durch Vergabung an den steuerfreien Orden von Zysterz ein gut Stück Land der Gemeinde Steuern entzogen war, mußte um so eher besorgen, wenn seine Reichsvogtei in der Hand Graf Rudolf's von Habsburg bleibe, durch Steuern bedrängt zu werden, da, wie die Sage erzählt, der Untervogt sich übermüthig und gewalt= thätig benahm. Die Urner, welche, so viel uns bekannt, die Befreiung von ihrer gräflichen Oberherrschaft durch den königlichen Freiheitsbrief zu erwirken vermochten, klagten, laut den mündlichen Ueberlieferungen, nicht über den Grafen, sondern über dessen Vogt; die Vögte und

Amtleute, die der Graf zu Uri und Schwyz, zweifelsohne auch zu Unterwalden sezte, suchten neue Rechte und Fünde, wenn die sagenhafte Chronik, die 252 Jahre später erst abgefaßt wurde, uns die Wahrheit sagt. Dieselbe Klage finden wir von der hohen Frau, der Aebtissin von Seckingen, gegen ihren Kastvogt erhoben, da die Schiedsrichter die Nugungen der Kastvogtei auf die Stufe zurückführen, wie sie vor 1172 durch die Grafen von Lenzburg-Baden geübt wurde. Wären die Klagen der Urner durch ein Gericht des Königs oder ein Schiedsgericht verhandelt worden, so würden wir solche aus Aften würdigen können, dies ist leider nicht der Fall. Selbst die sagenreiche Chronik unsers Ruß meldet blos, der Landvogt (ohne Name) habe den Tell nach Schwyz in das Schloß im Sce führen wollen, was natürlich folgern läßt, die neue Burg zu Steeg sei noch nicht vollendet und eingerichtet gewesen.

Im Jahre 1217 sehen wir den Grafen mit den Schwyzern, als deren anerkannter Richter, und neben ihm Ulrich Kesseler, einen Urner, der mitten unter den Schwyzern auftritt, und deßhalb unserer Meinung nach ihr Vogt sein dürfte. Ob aber Graf Rudolf in obgenanntem Jahre die Vogtei über Uri schon besaß, ist eine andere Frage, die schwer zu bejahen sein dürfte, wenn man bedenkt, daß die Urner, nicht lange nachdem sie unter einen weltlichen Herrn kamen, ihre Immunitätsrechte werden geltend gemacht haben. Auch ist es nicht anders denkbar, als daß Graf Rudolf bald nachdem er diese Reichsvogtei empfing, angefangen, cine Burg zu bauen. Diese Gründe laffen uns schwer eine andere Zeit für

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