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Herzog Johann Albrecht I. der Gelehrte
und seine vier Brüder.
1552-1576.

Ruppinscher Machtspruch von 1556 und Sternberger Landes-Reversa= lien von 1572. Schuldennoth der medlenburgischen Fürsten und Benuzung dieser Schuldennoth von Seiten des mecklenburgischen Adels: Abdrängung der drei Landklöfter Malchow, Dobbertin und Ribniß zur Versorgung der adeligen Fräulein. Der Adel erachtet sich nur insofern zum Gehorsam gegen den Landesherrn verpflichtet, „als diese danach wären." Der Unterthanen „Heil und Bestes" und der „Nothftall" der Herzoge. Personalien. Einfacher Hof- und Beamtenstaat. Ein nicht abeliger Ausländer Kanzler

Herzog Johann Albrecht I., zubenannt „der Gelehrte", war geboren 1525 und sicherte die Refor mation in Mecklenburg. Er hatte wieder Jahre lang mit seinen vier jüngeren Brüdern, namentlich mit Herzog Ulrich, wegen der Landestheilung Streitigkeiten. Der mecklenburgische Adel behauptete bei diesen Landestheilungen mit gehört werden zu müssen und zwar war er jeßt, wie er früher gegen die Theilung gewesen war, für dieselbe, insofern als er in seinem sehr egoistischen Intereffe jest das alte Princip festhielt: daß ein Herr allein nicht zur Regierung gelassen werden dürfe, sondern mehrere in Gemeinschaft das Land besißen müßten." Jm Jahre 1555 kam es dieserhalb zu Wismar, Herzog Jo hann Albrecht's I. Residenz, als er in der Fastenzeit eben Hochzeit hielt mit Anne Sophie, Tochter des ersten Herzogs Albrecht in Preußen, welcher alte, ehrwürdige Herr damals persönlich sich eingefunden hatte, zu dem Wismarischen Vertrage vom 11. März, dem sogenannten fürstbrüderlichen Vertrage zwischen Herzog Johann Albrecht I. und Herzog Ulrich: leßterer erhielt damals Güstrow abgetreten. Dieser wichtige

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Vertrag wurde abgeschlossen von den sechs dazumal zuerst so genannten, nachher so überaus einflußreichen „Landräthen“, bei Namen: Joachim Malzan, Curt Rohr, Hauptmann zur Priegniß, Dietrich Malzan zum Grubenhagen, Curt von der Lühe, Christoph Linstow*) und Christoph Hahn zu Basedow. Diese Herren brachten die geldbedürftigen Herzoge so zu sagen geradezu in ihre Abhängigkeit. Man siehet aus diesem Vergleich" schreibt Klüver**) mit unverkennbarer Ironie, ganz deutlich, daß die gegenwärtigen Landräthe zu Abfassung und Aufrichtung des Vergleichs gebraucht worden sind, gestalt auch aus dem Inhalt desselben sich ganz klärlich ergiebt, mit wie vieler Treue, Sorgfalt und patriotischem Eifer diese Herren ihr und ihrer Nachkommen eigenes, auch das Interesse ihrer Mitbrüder hierbei wahrgenommen, indem nicht nur in diesem Vergleich per indirectum, obgleich die Hauptsache nicht darauf ankam, dennoch so viele wichtige Vorrechte und Befugnisse den Herren Landräthen und Landständen beigelegt und zugestanden worden, dergleichen ihnen vorhin niemalen eingeräumet gewesen, sondern auch sogar die Her

*) Die Linstow kommen erst im vierzehnten Jahrhundert häufiger in den Urkunden vor, so „Hinric Lynft o we, Knappe" in einer Hahn'schen Urkunde bei Lisch, Gesch. · des Hauses Hahn II. Urkundenbuch S. 47..

**) Beschreibung des Herzogthums Mecklenburg, Hamburg 1734, Band III. S. 740 ff. Der Verfasser war von Geburt ein Mecklenburger und Rathmann zu Heiligenhafen in Holstein.

Kleine deutsche Höfe. I.

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ren Herzoge sich ihrer Discretion gänzlich überließen, daß es ins künftige von ihnen dependirte, ob und wels chen von denen Herren sie ihres Gehorsams allenfalls würdigen wollten? Was ein jeder Herr vor ErbschaftsStücke zu erwarten hätte? Auf welchen Fuß die künftige Regierung eingerichtet werden sollte? und was dergleichen mehr, wodurch denn dieselben auch billig sich bei ih. ren Nachkommen einen ganz unvergänglichen Ruhm zu Wege gebracht." Es heißt unter andern in diesem durch den sogenannten Ruppin'schen Machtspruch" vom 1. Aug. 1556 durch Kurfürst Joachim I von Brandenburg als Obmann bestätigten Vertrage: ,,Wo aber einer der Fürsten sich zur Villigkeit nicht weisen lassen wollte, soll der Landschaft frei ohne alle Verlegung ihrer Ehren nach und zugegeben sein, auf Erfordern des haltenden Fürsten dem nicht haltenden und verbrechenden Fürsten ihre Eide und Pflicht, auch Verwandniß aufzusagen und sich dem haltenden Fürsten allein verwandt zu machen und den nicht haltenden zu verlassen.“

Herzog Johann Albrecht I. war zu diesem schlimmen Vertrage von 1556, der dem Adel seines Landes einen ganz unvergänglichen Ruhm" und fast alle Gewalt gab, durch eine Schuld von fast einer halben Million Gulden, die auf den fürstlichen Domänen haftete, gedrängt worden, die Landstände hatten sie zu übernehmen versprochen. Wie sie sie übernahmen, darüber berichtet Klüver in folgender Weise: „Ob die von den Ständen auf fünf Jahre ausgeschriebene doppelte Landbede und Accise in den Städten vom Malze der Zeit

wirklich eingebracht und zu dem destinirten Zwecke vers wandt worden, stellet man an seinen Ort. Latomuš in der Chronik zum Jahre 1555 bezeugt indessen: „daß das im ersten Jahre aufgebrachte Geld der Ausschuß von der Ritterschaft, so täglich in großer Anzahl zusammengekommen in den Herbergen mit ihrem Gesinde und Pferden meistens verbanquetiret habe und dadurch demnach die neuen fast stetigen Verbitterungen den Fürsten zu größerem Unheil Anlaß und Ursache gegeben hätten.”

Wie anderwärts in Deutschland, hatten auch in Mecklenburg Fürst und Adel beim „Rappen" um die geiste lichen Güter sich wohl bedacht. Zu welchen Klagen in dieser Beziehung der Höf Anlaß gab, das beleuchtet Das vid Chyträus, ein gleichzeitiger Geschichtsschreiber Mecklenburgs, der öffentlich schrieb: „man müsse zu grøßem Schmerze und Verdrusse erfahren, wie, den landesherrlichen Verheißungen zuwider, die Einkünfte der eingezogenen geistlichen Stifter, nicht für Kirchen und Schulbedürfnisse angewiesen, sondern von den Raubvögeln bei Hofe"" verschlungen würden." Sechszehn Jahre nach dem Ruppin'schen Machtspruch, 1572, hatte der Hof wieder 400,000 Gulden Schulden. Auf dem offenen Landtage zu Güstrow 1572 übernahmen die mecklenburgischen Stände diese Schulden, sie äußerten damals aber schon ganz unverblümt: sie seien zum Gehorsam gegen den Landesherrn nur insofern verpflichtet, als diese danach wären, daß sie der Unterthanen Heil und Bestes suchten und beförderten." Es geschah damals, daß die Stände dem Hofe die drei Jungfrauenklöster Malchow, Dobbertin und das am äußersten Often von Mecklen

burg gelegene Ribniz abdrängten. Der Unterthanen Heil und Bestes" ward später insofern befördert, als in diesen drei Klöstern nicht nach dem Wortlaut des Assecurationsreverses vom 4. Juli 1572 die Jungfrauen „aller Stände“, sondern der Adel allein seine Fräulein hatte*).

Die Wahrheit war, daß bei Hofe sehr üble Finanzwirthschaft herrschte und manche Hofherren einer ganz übermäßigen Verschwendung sich überließen. Das ward einmal sehr komisch von dem berühmten Juristen Dr. Justus Jonas aus Wittenberg gerügt, dem Sohne des Busenfreundes Luther's, demselben, der nachher, in die Grumbach'schen Händel in Gotha verwickelt, auf kurs sächsische Requisition in Kopenhagen exequirt ward. Herzog Johann Albrecht I. bediente sich dieses Ju stus Jonas als Diplomaten bei seinen ziemlich weit verbreiteten auswärtigen Angelegenheiten, mußte ihn aber entlassen, weil ihm die vielen Reise- und Zehrgelder, das Jahrgehalt und das Staatskleid des Doctors zu hoch kamen. Justus Jonas fühlte sich darob nicht wenig gekränkt und behauptete: „nicht er mache die großen Kosten, sondern die ihm beigeordneten Leute, welche sich "Herr Oberster““ nennen ließen, einen Troß von Dienern und Hunden mit sich führten und überall, wo cs am theuersten sei, in Paris und andern Hauptstädten,

*) Die Worte im Eingang des Reverses lauten: „Nachdem Unsere liebe getreue Unterthanen aller Stände aus Zuneigung, Treue, Liebe gegen Uns und daß wir Ihnen die drei zugesagten Klöster eingeräumt, zu Ablösung Unserer Schulden zugefaget, 400,000 Gulben zu erlegen."

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