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Sie erreichten am 15. Juli 1511, daß die Vettern Schwerin die beiden Vettern Heinrich Hahn, Achim von der Osten und Heinrich Hahn's des Jüngeren. auf Pleet Knecht Dobelig nach einigen Wochen Gefängniß gegen Urfehde bis zum Austrag der Sache und Wiedereinfordern entließen. Die Sache war aber so bald noch nicht beendet 2c."

Bei einer anderen Scene willkürlicher Selbsthülfe treffen wir einen Herrn des Geschlechtes Bülow an der Spiße: die Scene steht nach einer Schrift im Güstrow'schen Stadtarchiv in der Geschlechtshistorie der Bülow*).

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Das Güstrow'sche Gliner Feld gränzt mit dem im Stift belegenen Dorfe Parum und zwar besonders an den dem Dorfe Parum zuständigen See und einen aus demselben nach dem Flusse Nabel rinnenden Bach. Die sen Bach zu befischen haben sich die Güstrower sowohl als die von Bülow privative angemaßt. Anno 1540 war Heinrich von Bülow, ein achtzigjähriger Mann, der zu Zibühl wohnte, davon und von Boldebuck und Parum Eigenthümer, seine Ehefrau war eine von Oldenburg. Am Tage Catharina, M. November 1540, da die Güstrow'schen Domherren des Morgens die Abgiften in Parum abfordern, befindet sich der alte Heinrich von Bülow mit den Frauen und zwei Söhnen allda und wie Jürgen von Bülow ein paar Güstrower in gedachtem Bach fischen sieht, eilt er dahin, schießt dem einen den Arm entzwei und nimmt den Fischkorb nebst den Kleidern, so die Leute abgelegt ha=

*) Neubrandenburg 1780, Urf. Buch S. 62.

ben, mit sich übern Bach nach Parum. Die That wurde aber in der Stadt bald ruchbar, und da Vater und Söhne sich in Parum mit den Domherrn bene thun, mithin bis zum Nachmittag daselbst verweilen, fallen mittlerweile Nachmittag anfangs auf zwanzig Männer, als Freunde des Geschossenen, mit allerhand Gewehren be waffnet aus, welchen eine Rotte von mehr als funfzig Menschen kurz darauf nachfolgt. Wie Jürgen von Oldenburg, der Frauen Bruder, den Vortrab von weitem erblickt, räth er an, mit der Beute nach Zibühl zu gehen, wozu der Alte nebst den Söhnen auch bereit sind, allein die Heldin Mutter schilt sie für seig, erinnert fie des Adelstandes, beruft alle Einwohner des Dorfes (Parum) zusammen, bewaffnet sie mit Mistgabeln, Spießen 2c. und beredet ihren Mann und Sohn anzurücken. Eine kleine Anecdote: Eine Bauersfrau, der dabei übel zu Muthe wird, redet ihr ein, die Güstrower möchten sich wehren und wenn mehr kämen sie übermannen. Die Amazonin antwortet: Dat di de Düwel im Buck fahre! (daß dir der Teufel in den Bauch fahre). Wag id minen Kerl, so kannst du dinen od wagen!"

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Der Alte, der mit einer Büchse, Spieß- und Schwert sich versehen, lagert sich nun mit seinen Bauern hinter einen Zaun, während, daß sein Sohn Jürgen und etliche Gehülfen zu Pferde auf der Wiese vorwärts herumflanquiren, um die Güstrower nach dem Zaune zum guten Empfang hinzuziehen. Der erste Trupp, der inmittelst durch Nachläufer verstärkt ist, rückt heran und wie er übern Bach kommt, schießt Jürgen einmal nach dem andern darauf, die Büchse versagt ihm aber und

so nimmt er die Flucht seitwärts, weil die Güstrower ihm die Flucht nach dem Zaun verwehrt haben müssen. An einem Berge wird er umringt, gebunden und gefangen nach Güstrow geschleppt. Ein anderer Theil stürmt während der Zeit den Zaun, hinter welchem der alte Heinrich etlichemal schießt und die Bauern mit gesammelten Steinen herauswerfen. Wie sie jedoch nahe genug zum Faustgemenge kommen, stößt der Alte einem Schusterknecht mit dem Spieß in die Brust, welcher ihn hinwieder durchspießet, wovon er jedoch nicht fällt, sondern mit dem Säbel noch einige verwundet, bis zuleßt Jemand ihm den Kopf durchspaltet. Der Prozeß ist von seinen Söhnen Heinrich und Jürgen bis nach 1574 fortgeführt worden 2c.“

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Einer der neuesten Geschichtsschreiber Mecklenburgs, der schwerin'sche Kammerherr, jezige Schloßhauptmann Carl von Lü ß o w, schreibt wörtlich: Die alten Sünden der Selbstrache, der bewaffneten Ritterfehden, der adeligen Wegelagerungen und Raubzüge, eben weil sie alt und reizend waren und der Sittenrohheit und verkehrten Ansicht des Zeitalters von Recht und Ehre ent= sprachen, dauerten nach wie vor fort: arglos zog der Landadel mit seinem Troß zu Gewaltthat und Raub aus, warf wehrlose Reisende nieder, schleppte seine Fehdegefangenen in unbekannte Verließe und schaltete mit empörendem Frevel über Freiheit und Gut seiner Mitbürger, denen nur schweres Lösegeld erstere wiedergab. Diese Landplage, die in unserem Vaterlande, seines zahlreichen, größtentheils unbemittelten und auf seiner Hufe wohnhaften Adels wegen, viel

leicht zu allen Zeiten sehr groß war, mochte unter Herzog Heinrich dem Friedfertigen, wo langjährige Kriege in den Nachbarländern, zahlreiche Durchzüge fremder Söldlinge und eigene von seinem Bruder Herzog Albrecht (dem tapfern Turnierer) zu seinen Eroberungsplänen gegen Dänemark und Schweden unternommene Rüstungen mit der daraus folgenden Verwilderung, ihr reichliche Nahrung verschafft hatten, wohl noch gesteigert sein*). Mancher rauflustige Landjunker, der bei den Kriegsfahrten nach den nordischen Reichen so we nig, wie Herzog Albrecht seine Rechnung gefunden hatte, durch mehrjährige Freibeuterei aber dem friedlichen Burgleben entwöhnt war, suchte fortan auf der nächsten Landstraße seine, wenn auch nicht ehrenvollere, doch sicherere Entschädigung, indem er zugleich auch der hoch

*) Christian der Böse von Dänemark, Schwager Kaiser Carl's V., war von seinem Oheim Friedrich I. damals entthront worden. Für die Hülfe, die Herzog Albrecht dem Kaiser mit großen Unkosten leistete, ward ihm nur sehr geringe Entschädigung zu Theil, aber das Haus Mecklenburg er: hielt für die große s. g.,,spanische" Schuldforderung, die 1548 auf eine halbe Million Florenen berechnet wurde, das Reichserb vorschneideramt, welches Albrecht's Sohn Johann Albrecht bei den Vermählungen der kaiserlichen Prinzessinnen Anna und Elisabeth mit den Königen von Spanien und Frankreich 1570 zu Prag und Speier ausübte und welches nach den Memoiren Lang's als Augenzeugen noch 1790 bei der Kaiserkrönung Leopold's II. ein Herzog von Mecklenburg höchst curioser Weise ausgeübt hat ,, mit einem langen Messer an die Thür des kaiserlichen Speisesaals im Römer postirt und ein weißes Handtuch sich vor die Brust gesteckt."

fahrenden Standesmeinung war, er dürfe persönliche Zwiste mit Seinesgleichen, wie sie die aufgeregte Zeit täglich veranlaßte, nicht anders, als unter Harnisch und Schwert, d. h. durch das Faustrecht ausmachen. So finden wir denn Männer der ehrenwerthesten Namen mit dieser ehrlosen Handthierung beschäftigt: Martin von Waldenfels (Offizier in dänischen Diensten) schleppte den Bischof von Lübeck, Balthasar Ranzau gefangen in seine Veste Gorlosen (an der Elde, bei Eldena, wo er 1547 starb); Volrath und Otto Lühe von Telkow, Curd von Uexel, Jaspar Bülow von Siemen und andere trieben offenen Straßenraub in der Rostocker Haide, von denen jedoch Ersterer (von den Rostocker Bürgern 1549) gefangen und überführt, seine Schandthat (in Rostock) mit dem Henkertode (nach den Reichsgeseßen) büßte und die Uebrigen Urfehde schwören mußten. Diese gefährliche Gesezlosigkeit veranlaßte die Landesherren zu verordnen, daß aller Orten die adeligen Räuber und Friedensbrecher mittelst Sturmläutens und Verfolgung gefangen und die Hehler und Berger derselben bestraft werden sollten." Noch der Nachfolger Heinrichs des Friedfertigen, des tapfern Turnierers Albrecht Sohn, Herzog Johann Albrecht I. der Gelehrte, erneuerte in Gemeinschaft mit den Markgrafen von Brandenburg und den Herzogen von Pommern den in ziemliche Verachtung gerathenen Landfriedensvertrag, um diesem in Mecklenburg länger als anderswo dauernden adeligen Unwesen zu steuern. Die Rauflust des mecklenburgischen Adels dauerte aber auch unter seiner Regierung noch fort. Wegen

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