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Kammerherr und Kammerdirector Friedrich von Flotow auf Penzin, Friedrichswalde und Wildkuhl. Im Jahre 1844, also vor dem Sturmjahr, gab ein neuster Adels-,,Phantast" Flotow, der sächsische Finanzdirector Gustav, der zur russischen Gouvernementszeit sein Glück im Domainenfach in Sachsen zu machen verstanden hatte, ,,Beiträge zur Geschichte der Familie" in Folio heraus, ächt mecklenburgisch hausbacken und trocken, denn es findet sich in der ganzen Familie, wenigstens so viel davon mitgetheilt wird, nicht eine Persönlichkeit, die sich über das ganz Alltägliche erhoben hat und dazu ist dieser sehr dünne Foliant noch ächt sächsisch „aktenmäßig destillirt” — solche Arbeiten zeugen nur von der Eitelkeit verkommener Adelsherren, ihren alten Stammbaum der Welt sehen zu lassen, wenn er auch ganz leer ist, die Eitelkeit,,,mit einem Blicke seine ganze Familie, seine in,,,,alle Län: der"" (!) zerstreuten Verwandten übersehen zu können“. Welche Kriegergedanken in diesem Adelsautor pochen, da: von zeugen die ersten Worte des Vorworts, wo dieser moderne Ritter, der in der Finanz parvenirte, es zweifelhaft lassend, ob er sich selbst à la pointe de l'épée stellt, oder ob nach seinem Hirne die bewaffnete Macht, Bajonette, für alten Adel, Ahnen, persönlichen Werth einschreiten sollen, schreibt: „Obgleich eine Schrift, wie die vorliegende, welche nur für die Mitglieder der Familie, nicht für das Publikum bestimmt ist, einer Rechts fertigung nicht bedarf (die im entgegengeseßten Falle, bei dem jest herrschenden Zeitgeist, der dem Fortbestehen alles Historischen und namentlich dem Adel so abhold ist, vielleicht eine gewaffnete sein müßte)“ u. s. w. u. s. w.

16. Bide Bieregge.

Dieses nicht gerade sehr alte, erst seit dem vierzehnten Jahrhundert häufig in Urkunden vorkommende Geschlecht ist wahrscheinlich aus der Finanz zu Glück und Ehre parvenirt. 1350 tommt als Zeuge vor „Grübe Beregge, Knappe" in dem Bürgschaftsbrief von einundsechszig mecklenburgischen Edelleuten wegen Bezah= Lung der Grafschaft Schwerin*). Ein Otto Veregge, Kammermeister" erscheint darauf in einer Urkunde von 1425 **); er war,,treuer Rath" der Herzogin Wittwe Catharine von Mecklenburg, Mutter Heinrich's des Fetten, welcher ganz Mecklenburg nach dem Aussterben der Fürsten von Werle (herrührend von einem Enkel Primislav's) wieder vereinigte und der Großvater Albrecht's des Friedfertigen war: jedenfalls hat dieser Kammermeister den Hauptgrund zum Flor der Familie gelegt, welche dieser Flor nicht abhielt, noch unterweilen vom Stegreife zu leben: Reimar Vieregge trieb im Jahre 1504 troß des publicirten ewigen Landfrieden noch Wegelagerei mit dem ,,bunten“ Hahn zu Pleez gegen die Kaufleute Güstrows. Und einer, der zu Levekendorf saß, gehörte zu den Herren, die auf den Landtagen 1735 und 1736 sich mit Stöcken, Karbatschen und Pistolen einfanden. Ein Zweig von diesem händellustigen Geschlecht hatte bereits in der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts an den katholischen bairischen Hof sich gewandt, indem ein würdiger Paul, der sich

*) In der Geschlechtshistoire der von Bülow Urkundenbuch S. 24.

**) Bei Masch Gesch, des Häuses Karstorff S. 87.

wahrscheinlich convertirte, in Baiern Kriegsdienste nahm, sich mit einer Fräulein von Schellenberg vermählte und als Landvoigt zu Höchstedt starb; andere Sprößlinge dieses Geschlechts wanderten auch aus und, machten Fortune zu Kopenhagen und Berlin im LiebesStaats- und Hofdienste. Dieses Geschlecht hat die Chre erlebt, im Auslande aus verschiedenen Titeln einmal baronisirt und dreimal gegraft zu werden: zuerst erfolgte eine Baronisirung 1692 in der Person eines wackern,,Kämmerers und Tranchirmeisters" am bairischen und cölnischen Hofe, weil dieser wackere erste Baron Wolf Heinrich Vieregg, wie im Diplom steht, „sich mit seinem sehr künstlichen Tranchiren aller Orten beliebt gemacht"; zum zweitenmale erfolgt eine Grafung in der Person einer Viereggin, einer neuen Helena, Tochter des Baron Bieregg, preußischen Gesandten in Kopenhagen, welche ,,die zweite Frau" wurde König Friedrich's IV. von Dänemark, den die Dänen den Guten nennen, dem aber die alte Herzogin von Orleans die Prädicate ,,albern und häßlich" ertheilte; zum zweitenmal ward das Haus 1790, als Kurpfalzbaiern als Reichsvicar um vierzehnhundert leichte Gulden massenweise grafte, in der Person eines Oberstallmeisters gegraft; endlich die dritte Grafung genoß die Hof- und Staatsdame von Vieregg auf Lossow bei Frankfurt, Tochter des Cbermundschenken am Hofe Friedrich Wilhelm's II. von Preußen, Gemahls der Gräfin Ingenheim, gebornen von Voß, deren Großvater, der in der Finanz parvenirte Vieregg unter dem zweiten König von Preußen, erst

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Gesandter in Paris, dann Minister bei dem 1723 neu gestifteten General Directorium gewesen war, in dessen eigenhändiger Instruction ihm der gestrenge Friedrich Wilhelm I. das monitum zugehen ließ: Geheimer Rath von Vieregg soll sich meritirt machen, nicht zu viel à l'hombre spielen, diligent und prompt sein, nicht so langsam und faul, wie er bisher gewesen." Dieser bei den Berliner Damen, mit denen er Karte spielte, sehr beliebte Vieregg starb als Vorsitzender des General-Directoriums unter dem großen Friedrich 1758*).

17. Eggert von Quizow, von dem Ges schlecht, das in den Marken zu den Haupt- Oppositions: Leuten gehörte.

18. Bernhard Rohr, ebenfalls von einem Geschlechte der Marken, das noch im sechszehnten Jahrhundert daselbst, wie die Quizow, reichbegütert war: Curt Rohr, Hauptmann zu Priegniß, war einer der sechs „Landräthe“, die zum erstenmal unter diesem Namen beim Wismarischen Vertrage von 1555 vorkommen.

19. Achim von der Lühe.

Schon in einer Urkunde vom 28. Juni 1240 für das Kloster Sonnenkamp erscheinen unter den Zeugen sechs des Geschlechts als ,, milites Christi", Schwertritter: ,,Reinardus de Lu, Olricus de Lu, Johannes, Heidenricus, Hermannus und Heinricus de Lu" **). Die Lühe gehörten zu den

*) S. preußische Hofgeschichte 2, 268. Es ist an dieser Stelle zu berichtigen, daß nicht vier Grafungen erfolgt find, sondern eine Baronistrung und drei Grafungen.

**) Bei Lisch Mecklenb. Urk. II. S. 23.

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sächsischen Familien, die in der deutschen Grafschaft Schwerin eingekommen waren. Im Sühnebrief der Hahne, Bülowe und Behr mit der Stadt Stralsund vom 22. Juni 1339*) tommen Hermann und Claus von der Lu von Koltzo we" als Zugelober, Bürgen vor, was ihre Vermöglichkeit nachweist. Auch dieses Geschlecht parirte dem Landfrieden nicht: gleichzeitig als Achim von der Lühe die Union 1523 unterschrieb, trieben Volrath und Otto Lühe von Tolkow noch Straßenraub in der Rostocker Haide; Volrath aber ward 1549 von den Rostockern als Straßenräuber nach den Reichsgeseßen gehangen. Ein anderer Achim oder Joachim von der Lühe war 1588 Obrist und Hofmarschall; Barthold von der Lühe unterschrieb 1632 bei Stiftung des Engeren Ausschusses der Ritterschaft und Hans Heinrich von der Lühe war zur Zeit der Wallenstein'schen Herrschaft in der einflußreichsten Stellung, als dessen Kammerpräsident. Das Geschlecht fiel aber damals, weil einer aus ihm diese Stellung bei dem Eindringling eingenommen hatte, eine Zeitlang bei Hofe in Ungnade. Zu Anfang des acht= zehnten Jahrhunderts machte sich der Oberlanddrost Jo achim Friedrich von der Lühe auf Panzow einen berühmten Namen, indem er es war, der den Plan Zaar Peter's des Großen verhinderte, sich Wismars, wie Ludwig XIV. Straßburg's zu bemächtigen: ich komme auf diesen berühmten glücklichen Coup unten zurück. Ein halbes Jahrhundert später machte sich aber ein anderer

*) Bei Lisch Urk. d. Eeschlichts Malzan. II. 32.

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