Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

dung, kraft beren die Bauern für bloße Colonisten erflärt wurden: sie sollten gezwungen sein, auf Begehren der Grundherrn die ihnen eingeräumten Aecker wieder abzutreten, selbst wenn sie sie seit undenklichen Zeiten besessen *)."

Wie anderwärts traten auch in Mecklenburg die Prädicanten sehr bald als kleine lutherische Päpste auf, es gab reichlich geistlichen Zank und Zwietracht. Wie wenig dazu gehörte als Kezer zu gelten, bitter verfolgt und beziehentlich abgesezt zu werden, beweist das Beispiel des Erasmus Alberus, der, nachdem er schon fechsmal dieses Schicksal erfahren, es auch noch ein siebentesmal als Superintendent in Neu- Brandenburg er fuhr, mo er 1553 starb; beweist das Beispiel des Beristerus, der als Superintendent in Wismar 1571 bestellt, aber abgesezt wurde, weil er gegen den in Wahrheit niederträchtigen Gebrauch geschrieben hatte, daß die Communicanten gleich nach dem Genuß des Abendmahls eine Bezahlung dafür auf,, Gottes Tisch" legen sollten **). Mit welchem Gift und mit welcher Galle der berüchtigte Tilemann Heshusius den Magistrat in Rostock, die ihm ,,von Gott gefeßte Obrigkeit", übergoß, erweist sich aus seiner Antwort auf den offenen Brief, den der Rath erließ, nachdem er ihn abgesett hatte. Heshusius hatte gegen die althergebrachte, vorzüglich bei den Vornehmeren beliebte Sitte geeifert, Hochzeiten an Sonntagen zu veranstalten, weil dadurch fünfhundert, ja mit

*) Franck a. a. Q. XII. 38, 43, 51.
**) Franck a. a. D. X. 251.

unter tausend Menschen von Predigt und Abendmahl_abgehalten würden; der Rath dagegen behauptete, damit greife Heshusius in der Obrigkeit Amt und wolle den Ehestand, den Christus geheiligt, zu einem gottlosen Dinge machen, nur allein um den jüdisch - pharisäischen Sabbathsdienst, den Christus abgethan, wieder in Schwang zu bringen. Der hochwürdige Heshusius nennt seine Bürgermeister,, Verrückte, Besessene, verdammte Eselstöpfe ". Der Streit, welcher vier Jahre bis 1561 dauerte, endigte mit der Niederlage der ,, Eselstöpfe "*). Mit welchem „sanftmüthigen Geiste “ die Prediger von der Kanzel herab sich zu Leibe gingen, als die Streitigkeiten über die Concordienformel 1578 ausbrachen, bezeugen die Ausdrücke zweier Rostocker Prädicanten, welche alle Anhänger jener Formel,,Judasse, Mamelucken, Wetterhähne, Fickfacker, Flattergeister, Kleisterer und Schmierer“ titulirten, obgleich es nicht weniger als über achttausend Ehrwürdige und Hochwürdige waren, die diese Formel unterschrieben hatten und obgleich die Landesfürsten selbst sich dazu bekannten **).

"

Auch die Fürsten, Heinrich IV., obgleich er der Friedfertige" hieß, und sein Bruder Albrecht hatten, namentlich wegen der Landestheilung, weitläuftige Streit= händel. Das ward Veranlassung, daß der mecklenburgische Adel, welcher diese Theilung damals nicht wollte, zuerst zu einem geschlossenen Corps sich constituirte durch die sogenannte Union, geschlossen zu Rostock 1. August

*) J. Wigger's Schweriner Jahrbücher XIX. S. 65 ff. **) I. Wigger's mecklenburg. Kirchengesch. S. 171.

1523. Die Urkunde dieser Union besagt, daß die Landstände Mecklenburgs fortan ein einiges und unzertrennbares Corpus bilden und dieses fest zusammenbleiben und halten solle, so viel auch die Landesherren das Land unter fich theilen möchten. Unterschrieben ward diese Union, welche noch heut zu Tage Geltung hat, von fünf Ges vollmächtigten der Prälaten, die es damals noch gab und die erst unter der folgenden Regierung in Wegfall kas men*), von dreiundzwanzig Gevollmächtigten der Ritters schaft und von den Räthen der Städte Rostock, Wismar, Neubrandenburg, Güstrow, Parchim und Schwerin. Ich lasse hier die Namen der dreiundzwanzig Gevollmächtigten der Ritterschaft folgen und gebe zus gleich bei dieser Gelegenheit einen Anfang des Familiendetails der mecklenburgischen Ritterschaft:

1. Claus Lüzom.

Die Lüzow's sind eine von den eingebornen Familien notorisch wendischen Ursprungs und haben sich bis auf die neueste Zeit im mecklenburgischen Hofund Staatsdienste erhalten: ein noch lebender Ludwig von Lüßow auf Boddin war der Vertraute des Großherzogs Paul Friedrich, erhielt sich noch beim Sturmjahr 1848 und unter ihm kam die neue demokratische Verfassung zu Stande, die sein Nachfolger, der jeßige Premier in Schwerin, abschaffte; ein Carl von Lüßow, Schloßhauptmann, ist gegenwärtig noch Chef des HofbauDepartements: dieser Herr ist zugleich einer der neusten

*) In dem Ausschreiben Herzog Heinrich's zur einfas chen Landbede d. d. Schwerin 1550 Dienstag nach dem achten Tag drei Könige kommt der Prälatenstand zum leßtenmale vor.

Geschichtsschreiber Mecklenburgs und zwar ein liberaler, gar nicht in die alten Adelsvorurtheile eingehegter; seine drei Bände mecklenburgische Geschichte gehen aber leider

Seit

wie dies bei so vielen Geschichten deutscher Angestell= ter, sowohl Hofherren, als Civildiener, der Fall ist, nur bis zum dreißigjährigen Kriege, bis zum Ende der Herr= schaft Wallenstein's 1632, nicht in die verfängliche Neuzeit hinein. Zu den ältesten Geschlechtern Mecklenburgs gehören die Lüßow's nicht; in Urkunden habe ich fie erst seit der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts und zwar da sehr selten getroffen; ich bin nicht einmal ganz sicher, ob der ,,Hartwicus de Lutzekowe, Miles", welcher als Zeuge in einer Urkunde vom 14. April 1266 im Privilegienbuche der Stadt Wismar erscheint, dem Geschlechte angehört, da dieses sich später regelmäßig immer Lußow oder Luzaw schreibt. dem Anfang des vierzehnten Jahrhunderts erscheinen sie fehr häufig in Urkunden. Ein Ritter Wipert von Bütow brachte das Geschlecht empor: es erscheint dieser Wipertus de Lutzowe, miles“ zuerst als Zeuge in einer Schenkungsurkunde Fürst Heinrich's des Löwen von Mecklenburg, eines Urenkels des großen Löwen vom Haufe der Welfen, ausgestellt zu Sternberg 28. Juni 1312. Im Jahre 1318 erscheint er als Marschall des Herzogs und nach des Herzogs Tode 1329 wurde er mit noch zwölf anderen Rittern und einem Knappen einer der vierzehn Vormünder der jungen Herzoge. Er erhielt in diesem Posten bedeutende Macht und bedeutendes Gut: er war reich possessionirt, er besaß Stadt und Land Grabow im Fürsten

thum Wenden an der Elbe, ohnfern Ludwigsluft. Drei Söhne dieses Ritters Wipert, des Gründers des Glücks dieses Geschlechts, haben drei Häuser gestiftet: die Häuser Drei-Lüßow und Brizier und die Wipert - Linie, aus der wieder die Häuser Eichof, Goldenbow, Berlin und noch vier andere hervorgingen. Von Mecklenburg verbreiteten sich diese Häuser in andere Länder: die Branche Drei - Lüßow kam nach Böhmen, die Branche Prizier nach Preußen, die Wipert-Linie zum Theil nach Dänemark und Schweden. In Mecklenburg erhielten sich die Lüßow's im Besit ihres durch Wipert, den Stammvater erlangten großen Guts bis Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts. In einer Urkunde des Herzogs von Mecklenburg - Rostock von 1362 *) erscheint wieder Luder Lubaw" als unser Mars schalt" und noch später Wypert Lugowe, Marschalt" in zwei Urkunden von 1428 und 1436**). Mit der Voigtei Eickhof, die sie noch besigen und worauf das Erbmarschallamt fundirt ward, wurden sie aber erst 1590 belehnt. Wie Clas (Claus) Lüßow an der Spiße der Herren steht, die die Union von 1523 unterschrieben, so steht Henning Lüßow, zum Eickhof, Erbmarschall, an der Spiße der Herren, die die Stiftungsurkunde des Großen Ausschusses der Ritterschaft zu Gü strow im Jahre 1620 unterzeichneten und ein Hart: wig Lüßow war gleichzeitig 1612 Hofmarschall. August Barthold de Lüßow auf Eickhof hat das meck

*) S. Masch Geschichte des Hausès Karstorff.
**) S. Masch a. a. D. S. 127 u. 128.

« ZurückWeiter »