Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Petschaft bedruckte Meldung und Erklärung annehmen würden." Am Schlusse der Aufgebote an die „Einhaber des Gutes" hieß es:,,der Herzog sei niemals Willens gewesen Seiner unterthänigsten Ritter- und Landschaft bei getreuer und gehorsamer Verhaltung einige mit Recht behauptliche Privilegia und Jura zu verkürzen.“

Den Bauern und den Städten, so wie allen übrigen Beamten, Hauptleuten, Forst, Zoll- und anderen Bedienten 2c. ward kund gethan, daß der Herzog Willens sei:,,den widerwärtigen Unternehmungen mit Defensions, Schuß- und Rettungsmitteln, ohne den allergeringsten Zeitverlust, denen Natur, Gött- und Menschlichen, auch allgemeinen Reichs Rechten gemäß zu begegnen, zu steuern und Einhalt zu thun," deshalb ward befohlen:,,sogleich diesen Aufgebot in der Furcht und Kraft Gottes zu befolgen, Wehr und Rüstung, was sie zur Hand hätten, zu ergreifen und solle alle Mannschaft von achtzehn bis sechzig Jahren sich nach diejenige Derter hinbegeben, welche ihnen die fürstlichen Befehlhabere und Gevollmächtigte kund machen würden."

Dieses Aufgebot,,in der Furcht und Kraft Gottes“ wirkte allerdings wie ein elektrischer Schlag, es traf auf den empfänglichsten Boden.

18,000 Bauern erhoben sich für den Herzog. Ein rührendes Erempel der deutschen Gutmüthigkeit, der unaustilgbaren Pietät für den Landesherrn, so schlimm auch dieser war der Adel war noch schlimmer! Diese Gutmüthigkeit und Pietät zeigte sich an der Ostsee, wie

[ocr errors]

an den Alpen: wie in Baiern sich die Bauern für ihren Max Emanuel erhoben, den im spanischen Erbfolgekriege fast sein ganzer Adel verließ und Oestreich zufiel, wie sie in der Sendlinger Mordnacht 1705 und später zu Tausenden sich für den Herrn erhoben, der, wie die Herzogin von Orleans schreibt, später als er res stituirt worden war, nicht einmal dessen froh war, sondern „alle Tage das Luderleben regrettirte, so er in Paris geführt hatte" ganz so war es 1733 in Mecklenburg. Die Bauern erhoben sich für den auf Antrag seines Adels von Oestreich suspendirten Landesherrn. Die mecklenburgische Ritterschaft, die immer mehr Geld zu dem Leben nach der Pariser Weise brauchte, welche alle deutsche Edelleute damals annahmen mit Ausnahme der brandenburgischen, denen der große Kurfürst das Reisen ins Ausland geradezu verbot, *) diese Ritterschaft hatte angefangen sich ganz rücksichtslos ihrem Egoismus zu überlassen. Sie hatte sich unter dem Schuße der kaiserlichen Commission von allen Abgaben und

*) Siehe preußische Hofgeschichte Band 1 Seite 143 ff., wo auch Seite 145-153 und Band 2 Seite 85 f. die Zeugnisse der Herzogin von Orleans über „das Pariser Luderleben“ angeführt stehen. Siehe auch die Personalien des ersten mecklenburgischen Reichsgrafen Bassewiß, der ,,die verschiedenen Eigenschaften der Völker in der Liebe zu erkennen suchte." Die mecklenburgischen Nitter, „die stattlichen Vierundzwanzigender der deutschen Aristokratie," wie man sie genannt hat, waren sicherlich nicht die am wenigsten brünstigen Hirsche, die dem Venusberge zu Paris ge= naht find.

Kleine deutsche Höfe. I.

21

Steuern vollends ganz zu befreien und sie den Städten aufzubürden gesucht; in Gemeinschaft mit den Bauern mußten die Städte auch die Einquartirungslast der Executionstruppen tragen. Die Bürger traten daher zu den

"

Bauern. Diese ergriffen mit dem Rufe: Vivat unser Carl Leopold, den Edelmann will'n wie todtschla= gen!" zu den Waffen, sie zogen mit Heugabeln bewaffnet, die Bürger, zum Theil unter Führung ihrer Bürgermeister, mit Schießgewehren, Schüßenfahnen und Trommeln, nach Schwerin. Was merkwürdig scheint, daß die Geistlichkeit so entschieden für Carl Leopold war, findet seinen guten Grund darin, daß derselbe die Spiritualia im Lande noch hatte, nur die Cameralia hatte die kaiserliche Commission: die Chren Geistlichkeit flehte denn auch bestens von den Kanzeln herab um Gottes Beistand für das Aufgebot, fie reichte den reichte den zum Aufgebot Ausziehenden Abendmahl und sprach den Furchtsamen

sogar das Muth ein.

Die Ritterschaft und der Engere Ausschuß floh wieder aus dem Lande nach dem schwedischen Wismar: als ein besonderes Erempel der Mäßigung muß erwähnt werden, daß die Bauern, ,,die ihnen zwar wenig Segen mit auf den Weg wünschen," sich an Niemand vergriffen, wozu freilich die Furcht ehr stark beigewirkt haben mag: die Hannoveraner standen noch im Lande, 8000 rückten neuerdings zur Verstärkung ins Land ein.

Die Frucht des Aufgebots war klein, wiewohl die Unruhe und die Furcht groß war, den Herzog - Commissar ver trieb sie auch aus Rostock nach Pommern, wo er vier

Wochen zu Barth blieb. Die Gährung währte nicht länger, schon am 26. September gab der Herzog Commissar einen Generalpardon, die Rädelsführer ausge nommen, aus Barth.

Die

Den Bauern war es, weil es zwischen der Ernteund Saatzeit war, gerade ganz recht gewesen, mitzugehen. Bedenklicher schon waren die vermöglicheren Bürger. In Schwerin, berichtet der alte Frand*), ward den 13. September, obgleich es Sonntag war, die Trommel gerührt, da denn die Bürgerschaft auf dem Markte zusammentam. Es ward ihnen vorgetragen, daß sie, sammt 150 Mann von der Garnison morgen früh hinausgehen und die hannöverische Postirung vertreiben sollten. Bürger waren bereit, solche ordre zu vollstrecken, falls die vielen Advocaten, Notarien und andere sonst Eximirte, wollten mitgehen. Der Herzog ließ diesen solches vorstellen, die es aber verbaten; doch wollten sie in Abwesenheit der Bürger und Garnison die Wachen auf dem Schlosse und auf den Stadtwällen übernehmen. Als man folgenden Morgens recognosciren ließ, so war die Postirung, um nicht ins Gedränge zu kommen, von innen und von außen von selbst weggegangen.“ Der Erlaffer des Aufgebots, der Duodezdespot, rückte nicht mit ins Feld aus, wie der große Zaar that. ,,Am 14. September versammelte sich die schwerinische Bürgerschaft abermals und zwar auf dem Plaz zwischen dem Schloß und der Stadt, der alte Garten genannt. Der Herzog welcher vormals in Polen gesehen, wie die Schweden und

*) 18, 81.

1

Russen noch Piquenire unter ihren Soldaten gebraucht, hatte die Menge von Piquen in der Löwiz hauen und zu Schwerin beschlagen lassen. Hiermit sollten die versehen werden, welche unter den Bauerknechten kein ander Gewehr, als etwa eine Mistgabel mitbringen würden. Der Herzog ließ auch jezo einige davon den Bürgern reichen. Aber einer unter ihnen sagte, daß es der Herzog hörte: was er damit anfangen sollte?" Der Herzog, welcher wegen der vielen Unruhe ungewöhnlich blaß aussah, entfärbte sich hierüber noch mehr, sagte aber weiter nichts, als: mit dem gleichen Gewehre sind vielfältig die größten Schlachten gewonnen worden.“ Für die Bauern gab es wieder, stellenweise wenigstens, die schönsten Prügel: ein Verwalter Engelde im Amte Doberan ward von den Hannoveranern gezwungen, zusammt seinem Haufen mit Kindertrommeln und Kinderflöten seinen Einzug in Rostock zu halten; der Pastor Lüders von Neu- Buckow, der seine Gemeinde angefrischt, ward vor die Rostocker Hauptwache, er selbst einen Spieß, der Muficant seines Orts eine spielende Geige in der Hand, gefahren, und dort zu Tode geprügelt. Dergleichen läp= pische und tyrannische Begegnung, schreibt Franc, da man mit Gefangenen, wie die Kinder mit den Vögeln umging, doch gar nicht von der hannöverischen Regierung gebilligt ward." Der Generalmajor Tilly, der Commandant en chef Carl Leopold's, der Generaladjutant Reyser, ein Dußend Offiziere, ein halbes Hundert Reiter mußten sich im Löwizer Holze ergeben, eine Anzahl Bauern ward gefangen genommen und nach Razeburg geführt, wo es ihnen nur schlecht erging, ihre Unter

« ZurückWeiter »