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um Geld zusammenzubringen: so trieb er 3. B., als ihm später die kaiserliche Commission die Cameralia nahm, die Spiritualia aber ließ, wie dies auch in der Pfalz geschehen ist *), Simonie: er ließ die Aemter der Geistlichen an die Meistbietenden verstei gern: manche Pfarrsollicitanten zahlten 1000 und mehr Thaler und man spottete, diese Prediger könnten ihre Zuhörer mit Recht „Theuer erkaufte Seelen" nennen **). Umsonst protestirten die Stände, aber dieser kleine Fürst wollte durchaus die Rolle des russischen Ezaaren, des Siegers von Pultawa, in seinem kleinen Lande spielen. Da der kleine Autokrat seinem Adel gegenüber zu schwach war, mußten die Soldaten des großen Autokraten ihm zu Hülfe kommen: dieser mecklenburgische Landesvater bewaffnete russische Horden gegen seine Unterthanen.

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Die russische Kriegsmacht, berichtet der Propst Frand als Augen- und Ohrenzeuge, welche nach Deutschland gegangen war, stand schon im Begriff, aus Pommern nach Mecklenburg einzurücken, um sich mit den nor dischen Alliirten vor Wismar zu conjungiren, vermuthlich in der Absicht, durch Eroberung dieser wichtigen Festung einen sichern Fuß in Mecklenburg zu bekommen und also stets bereit zu sein den Herzog von Mecklenburg, wenn es nöthig thäte, zu unterstüßen. Da es denn freilich wohl möglich gewesen wäre, durch Beihülfe eines so mäch

*) Baierische Hofgeschichte, Band 24, S. 142. **) Franc, 18, 299. Kirchengeschichte, S. 195.

Wiggers mecklenburgische

tigen Bundesgenossen den Entwurf von der LandesDefension zu Stande bringen und gegen die Benachbarten geltend zu machen. Aber man merkte diesen Anschlag und ward deswegen der Oberlanddrost Joachim. Friedrich von der Lühe zu Panzow durch den schwedischen Vicegouverneur zu Wismar, Generalmajor Schulz veranlaßt, mit den Belagerern die Uebergabe solcher Festung zu verabreden, bevor noch die Russen heranrückten. Denn hernach würde es nicht mehr möglich gewesen sein, sie von der Mitbesignehmung dieses so wichtigen Hafens abzuhalten. Es ward also den 19. April 1716 capitulirt und den 23. Wismar mit dänischen, preußischen und hannöverischen Truppen, von jedem zwei Bataillons, beseßt.

Der Herzog aber nahm solches dem von der Lühe sehr übel und dem Czaar schmerzte die Hintertreibung seines Anschlags nicht wenig. Er ließ auch seine Truppen in Medlenburg zur gro ßen Beschwerde des Landes bleiben, obgleich der nordische Krieg sich mit dieser Eroberung von Wismar geendiget hatte."

Gleichzeitig mit der Erscheinung der Russen fielen. jene oben erwähnten Gewalthätigkeiten des Herzogs vor gegen Bürgermeister, Rathmannen und Hundertmänner der guten Stadt Rostock. Sie sind oben nur ganz beiläufig und schwach angedeutet worden, müssen aber etwas näher versinnlicht werden, damit das Angesicht dieses merkwürs digen mecklenburgischen Landesvaters jezt näher rücke und noch deutlicher und individueller sich darstelle. Diese Darstellung wird um so mehr interessiren, wenn das noch dazu ins Gedächtniß genommen wird, daß gerade damals,

als die blaue Stube in Rostock geheizt wurde, Serenissimus die Hochzeit mit des Czaaren Niece vorbereitete, die 1716 in Danzig vollzogen wurde. Es ward aber von dem' Landesvater noch ganz anders eingeheizt als in der blauen Stube. Die Bosheit war erfinderisch, mit der dieser,, kleene Fürst" und seine niederträchtigen Helfershelfer zu Werke gingen: deshalb sei ein allerdings mit holländischer Genauigkeit in der Ausführung gemaltes Genrebild dieses mecklenburgischen Coup d'état erlaubt, ich gebe es nach der naiven Erzählung des alten redlichen Propstes Frand.

Jest,

,,Es ist eine Schande, daß allezeit Alles aufs Geld auskommt,“ hatte einst die alte Herzogin von Orleans über Bernstorff, den Hauptfeind Carl Leo= pold's,,,die Seele der Seelen" der mecklenburgischen Ritterschaft geschrieben, aber es war der allgemeine Weltgeist damals in Europa. Carl Leopold vor allen Dingen brauchte Geld und Geld und wieder Geld: sein Leben hat damit geendet, daß er von seiner Ehrengeist= lichkeit Almosencollecten für sich anstellen ließ. wo er Hochzeitsgedanken hatte, und zwar russische Hochzeitsgedanken, gab er seinen Helfershelfern carte blanche. Die Gelegenheit zum Zant mit Rostock ward so recht vom Zaune gebrochen. Es hieß, nachdem die Besazung mit einigen hundert Mann Soldaten verstärkt worden war, die Stadt sollte ihr Contributions - Contingent nach der fürstlichen Kriegskasse entrichten. Sie erwies mit Quittung, daß sie es bereits an den Landkasten abge= führt habe, das half ihr nichts. Die fürstlichen Bedienten nahmen, um sich angeblich selbst zur Contribution zu

verhelfen, die Rostockische,,Accise-Bude" ein. Sie ver trieben die städtischen Einnehmer, seßten fürstliche hinein, nicht etwa nur so lange, als bis sie von den eingegangenen Geldern das Contributionsquantum erhoben, son: dern ferner.

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Die Stadt klagte darauf beim Kaiser. Unterm 20. December 1714 erging ein mandatum cassatorium et restitutorium zu ihren Gunsten. Es half, wie so viele Mandate des großen Potentaten, des römischen Kaisers, am fernen Strande der Ostsee nichts, denn nach den verschleppenden Prozeßformen jener Zeit ward die restitutio in integrum dagegen implorirt. Der redliche Kanzler Johann von Klein- derselbe, der vom ersten König von Preußen hatte baronisirt werden sollen, wegen glücklichen Abschlusses seiner leßten Heirath mit der Prinzessin von Grabow, die so unglücklich ablief, denn die Prinzessin ward trübfinnig und alterirte den König, der sie einmal als weiße Frau ansah, zum Tode derselbe Johann von Klein, ein geborner Rostocker, wollte bei diesem Handel, bei dem er voraussah, daß er seine Vaterstadt ruiniren werde, seine Hände nicht im Spiel haben. Der Geheime Raths-Präsident, Reichshofrath von Peckum, sah sich daher nach einem andern bürgerlichen Factotum um, das den Handel treiben sollte, und fand dasselbe in dem Professor Dr. Schöpfer, einem hartgefottenen Rechtspracticus. Es ward der Anschlag gemacht, den Rostockern einen Criminalprozeß wegen der Accise an den Hals zu hängen. Das ward damit durchgebracht, daß der Stadt aufgebürdet wurde, sie habe eine Vermehrung der Accise ohne fürstliche Con

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cession sich erlaubt und das sei eine Verlegung der landesherrlichen Hoheit. Die alte Concession fand sich im städtischen Archiv zu Rostock nicht, über die neue, die die Vermehrung zuließ, fand sich nur ein Rathhaus-Protokoll vom 17. Februar 1674, wo es hieß: „Es ist dem Collegio der Sechszehner part gegeben, wegen der fürstlichen Rescripts von Schwerin, die Concession des augmenti accisae betreffend." Der leztverstorbene Herzog Friedrich Wilhelm hatte noch vor zwei Jahren der Stadt diese neue Concession der Accise auf zehn Jahre ertheilt:,, es scheint wohl“, sagt Frand*), „,als wenn bei Suchung dieser Concession, da man die vormalige aufweisen müssen, jene (die alte Concession) aus Fahrlässigkeit abhanden gekommen sei, indem man gemeinet, man brauche der alten nicht mehr, da man eine neue habe."

,,Indeß reiste der Director Schöpfer selbst nach den vier Universitäten Helmstädt, Halle, Wittenberg und Erfurt und brachte von dort juristische Responsa mit: daß die Unterlassung der Concession; ein crimen laesae majestatis zu nennen und wider den jeßigen ganzen Rath per inquisitionem wohl criminaliter zu verfahren

wäre."

„Hierauf wurden gleich nach des Directors Zurückkunft den 12. Februar 1715 des Abends die drei Bürgermeister Stever, Tielke und Beselin nebst den beiden Rathsherrn Voß und Müller durch fürstliche Soldaten in Arrest genommen und derselben Schriften

*) 17, 32.

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