Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

der vormalige Lehrer der Rechte zu Rostock und Kiel Schöpfer *) nebst dem Leibarzt Schaper **) in den Geheimen Rath aufgenommen, die sich denn ohne Einrede nach seinem Willen richten mußten. Darauf ließ er sofort Bürgermeister und Rath nebst den vornehmsten Bürgern der Stadt Rostock auf dem Rathhause einziehen und gefänglich nach Schwerin und Büßow führen, weil fie fich seinem Willen nicht zustimmig bezeigt hatten ***). Bei dem Adel wurden anstatt der sonst gewöhnlichen 120,000 Thaler bewilligten Landsteuer 200,000 Thaler

bis 1704 Geheimer Nath gewesen. „Eine giftige Natter. Er war in Dänemark einer unumschränkten Regierung ans geworden und führte sich daher in Mecklenburg als eine unvorsichtige Amme auf, die das Kind erdrückt, das sie fäugen foll." Worte Franck's 17, 3. 166.

*) Johann Joachim, bürgerliches Factotum Pets fum's, seit 1715 Director der Justizkanzlei und seit 1716 Geheimer Nath.

**) Johann Ernst, ein Pommer, aus Cüftrin. Die Ritter- und Landschaft verbat sich noch 1735 ein paar als Hofgerichts - Affeffor und Secretair des Namens Schaper und Schöpfer Vorgeschlagene, weil sie dem Lande noch aus den vorigen Zeiten fürchterlich wären."

***) Er sperrte achtzig Mitglieder vom Rostocker Nathe und den Hundertmännern, die ihm nicht willfährig waren, in der blauen Stube des Nathhauses ein und ließ so einheizen, daß der Ofen zersprang; mehrere mußten bes finnungslos in ihre Häuser weggetragen werden. Der Arrest dauerte sieben Wochen. Gezwungen mußten Magistrat und Hundertmänner ihre Privilegien aufgeben. Schöpfer war der Schöpfer diefer Qualen der armen Rostocker Rathmannen: er debütirte mit diesem Stück im herzoglichen Dienste.

ausgeschrieben und mit der schwersten Execution einge= trieben, dagegen die Geheimen Räthe von Plessen in Dänemark und von Bernstorff in Hannover wirkten, daß die aus Dänemark 1716 zurückgekommenen und daselbst übel hausenden Russen*) im August**) mißvergnügt abziehen mußten. Von diesen abziehenden Völfern hatte er indessen 3000 Mann als seine Garde übernommen, mit denen er die Sache gegen den Adel fehr heftig trieb.“ 2c. 2c.

Der eben genannte Oberhofmarschall und Geheime Rath Johann Dietrich Freiherr von Eichholz stammte aus einem schlesischen Geschlechte, dessen Stammhaus auf der Stätte steht, wo ein Mecklenburger den höchsten Ruhm eingeerntet hat, der Stätte von Wahlstatt. Er war früher Gesandter in Wien und Katholik, wahrscheinlich Convertit, denn Kaiser Leopold I. verlieh ihm 1701 ein Baronendiplom. Eichholz ver vollständigt das Charakterbild seines im höchsten Grade ,,wunderlichen Herrn" durch die in Folgendem enthaltenen Auslassungen, die neuerlich von dem schwerinischen Archivar Lisch veröffentlicht worden sind ***).

Eichholz war lange Zeit Factotum des Herzogs

*) Der Czaar war selbst bei ihnen.
**) 1717.

***),,Graf Heinrich XXIV. Reuß zu Köftriß und Herzog Carl Leopold von Mecklenburg-Schwerin. Ein urkundlicher Beitrag zur Kirchengeschichte Mecklenburgs zur Feier der hohen Vermählung des Großherzogs Friedrich Franz mit Auguste Reuß- Köstriz." Schwerin 1849. 4. G. 34.

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]

und wurde von ihm nach Wien geschickt, um wegen sei, ner Conversion zu unterhandeln. Während dieser Unterhandlung unterhandelte der wunderliche Herzog aber auch mit dem frommen protestantischen Grafen Heinrich XXIV. Reuß Köstriß und mit dem redlichen Franke in Halle. Der Herzog, läßt sich Eichholz aus, simulirt vor allem eine gleißnerische Gottesfurcht: selten kommt man zu ihm, daß er nicht auf den Knieen vor einem Stuhl liegt und in den Betstunden ist er auch ungemein andächtig; ich bin einmal über ihn ganz hingestolpert, da ich ihn in seiner Andacht vertieft gefunden. Er machte sich allezeit tausend Scrupeln und änderte sein Vorhaben, das im geheimen Rath bes schlossen, über alles Vermuthen. Ja, wenn er öfters selbst wohl begriff, daß die vornehmende That unbillig und ungerecht wäre, so ließ er dennoch das Werk desz wegen nicht anstehen, unter dem Vorwand: „man müßte Alles versuchen.“ Und wenn er Leute, die er nöthig hatte, aufs Aeußerste beleidigte, so sagte er: es wär ihm besser, denn er hätte sein Herz nunmehro erleichtert, ja es wäre, als wenn zwei Geister, ein guter und ein böser bei ihm wohnten (wovon aber der leztere sich immer mehr und öfter bei ihm merken ließ als der erstere). Alte Schulden müßte man nicht bezahlen und neue alt werden lassen.' Auf der Reise zankte er öfters mit denen Postillons um einen Gulden Trinkgeld, als ob all sein Hab und Gut darauf ginge; wenn er aber ein vermeintes dessin wollte ausführen, so schenkte er allezeit tausend Ducaten weg." Den Streit mit der Ritterschaft und dem Kaiser und die russische Heirath betreffend, bemerkt noch Eichholz: „Er

habe gerathen, lieber gemach zu thun und S. Kaiserl. Maj. assistence zu imploriren, als alles mit übereiltem unzeitigem Eifer zu treiben und zu verderben. Der Herzog habe aber geantwortet:,, er käme allezeit mit dem kaiserlichen Hofe aufgezogen, da möchte er nichts mehr von hören. Der Czaar, der jeßo in. so großer Achtbarkeit stände, der müßte ihm helfen. Er hätte schon lange in Moskau Correspondence und da sollte er andere Dinge sehen. Er wollte des Czaaren Niecen eine heirathen und da wäre er hernach im Stand, allen-leges. vorzuschreiben. Sein Absehen gehe auf die Herzogin von Curland, welche ihm ein braves Herzogthum könnte zubringen.“

Herzog Carl Leopold war einer der starrsinnigsten und unruhigsten Fürsten seiner Zeit, ungefähr das im achtzehnten Jahrhundert, was Carl von Braunschweig im neunzehnten war. Das Auftreten Carl's XII. im nordischen Kriege, bei welchem Carl Leopold während der polnischen Campagne geraume Zeit gelebt hatte, der Aufenthalt Wrangel's in dem benachbarten Wismar machten die stärksten Eindrücke auf ihn, sie verdrehten ihm geradehin den Kopf. Er wollte gar zu gern eine Rolle spielen. Wie sein bizarrer Oheim Christian Louis, der Convertit, sich westlich einen Rückhalt am Lilienhofe zu machen gesucht hatte, suchte er sich einen östlich zu verschaffen, am Hofe des Czaaren an der Newa. Er hatte sich, wie erwähnt, schon nach zweijähriger Ehe, 1710 von seiner Gemahlin, der Schwester des Prinzen von Oranien, scheiden lassen, dann, wie auch so eben erwähnt, zuerst im Jahre 1714 in Hoffnung

auf die Hand einer Erzherzogin und mit dieser Hand auf das Gouvernement der Niederlande oder Neapels durch den katholischen Geheimen Rath von Eichholz „Aussicht“ nach Wien gegeben: „daß er eine Regung in sich befände, der katholischen Religion recht nachzudenken.“ Diese Regung ward, als die Hoffnung auf die Niederlande und Neapel als ,,ungereimte Prätension" sich erwies, sofort aufgehalten durch noch eine und andere dubia, zu deren Nachdenkung er noch Zeit gebrauche.“ Nachdem der Herzog im Jahre 1716 die russische Prinzessin Anna Catharina Iwanowna, die Bruderstochter Peter's des Großen geheirathet hatte, steifte er sich auf diese vornehme Verbindung, um seiner Ritter: Landschaft mit der ächten, landesobrigkeitlichen fürstlichen Macht zu imponiren. Der nordische Krieg tobte, noch, Herzog Carl Leopold unterhielt eine stehende Armee von nicht weniger, als zuleht 14,000 Mann *). Zur Unterhaltung dieser stehenden Armee forderte er außerordentlich erhöhte Contributionen. Da der Adel sich sperrte und 1714 ein ihn schüßendes kaiserliches Rescript auswirkte, versuchte der Herzog 1715, um den Rittern auf der empfindlichsten Seite beizukommen, sogar die Aufhebung der Leibeigenschaft. Da er ein Herr war, der zeitweilig sich sehr um theologische Dinge und einen rechtschaffenen Gottesdienst interessirte, bald aber wieder, und das geschah häufiger, bis zur Indifferenz gleichgültig war, bediente er sich der abscheulichsten Mittel und Wege,

[ocr errors]

*) Aepinus, Propst zu Brüß, Gesch. v. Mecklenburg 1791-99, Thl. 3, S. 100.

« ZurückWeiter »