Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Landesökonomie noch sehr zurück war, jährlich 300,000 Thaler einbrächten. Aber der Zustand der Finanzen des Hofes war auch von Alters her in Mecklenburg der übelste und die Landstände bewiesen die größten Widerhaarigkeiten, den Landesherren aus ihren Verlegenheiten zu helfen. Die Versuchung für diese lag daher sehr nahe, darnach zu trachten, sich größere Macht, ja Unumschränktheit in ihrem Lande zu verschaffen, um freiere Hand mit der Besteuerung zu erhalten.

Bereits unter Herzog Friedrich Wilhelm bes gann mit erneuerter Stärke der alte Streit der Landesherren in Mecklenburg über den Umfang der landesfürstlichen Rechte mit ihrer Ritter- und Landschaft. Dieser Streit machte so vielen Lärmen, beide Theile stießen sich so hart gegen einander, daß man in ganz Deutschland das Ländchen, das gleichsam symbolisch einen Büffelkopf" als Wappen führte *), nur das Streitländlein" zu nennen pflegte. Zum heftigsten Ausbruch kam dieser Streit unter Friedrich Wilhelm's Bruder und Nachfolger Carl Leopold.

"

[ocr errors]

Carl Leopold, der vierte Herzog in der Reihe der Herzoge von der Linie Schwerin, ist der notabelste derselben geworden, einer der notabelsten von denen, „die danach waren.“ Er war geboren 1678 und als er 1713 zur Succession kam, fünfunddreißig Jahre alt. Er war, wie das Buch von Hennings ihn be

*) Das Wappen des Fürstenthums Werle. Früher, noch 1231, war das Wappen ein Greif, wie Pommern einen führte.

schreibt, „ein ansehnlicher und geschickter Herr, der die Wissenschaften liebte, sie aber allezeit nach seinem Kopfe einrichten und auslegen wollte, ein großer Liebhaber natürlicher Geheimnisse, dadurch er auf ein eifriges Suchen des sogenannten Steins der Weisen verfiel und sich bes reden ließ, daß gewisse Geister darüber die Herrschaft hätten. So lange er als Prinz lebte, und ihm die Hände gebunden waren, ließ er viel Gutes von sich hoffen; nachdem er aber freie Hände bekommen, äußerte er viel böse Neigungen. Er war von Natur hart, eifrig, eigensinnig und konnte keinen Widerspruch leiden; absonderlich war er ein Freund von geringen Leuten beiderlei Geschlechts, mit denen er vertraulich umging und sie zu großen Ehrenstellen erhob, wie dieses viele Beispiele bewiesen haben. In seiner Kleidung und Wesen suchte er größtentheils dem König Carl XII. nachzuahmen, jedoch in jener mit mehreren Kosten; das Uebrige nahm er aus einem Buche seines Archivs, darin seine älteren Vorfahren gemalt zu finden. Weil nun dieselben große Schwerter getragen, so führte er der= gleichen in einem breiten ledernen Gehenke: er bemühte sich auch überhaupt „martialisch auszusehen," weshalb er sich eine Zeitlang einen Stußbart wachsen. ließ. Wie No. 1713 sein Fürstenthum der Durchzug *) traf und Ao. 1715 man ihn im dänischen Lager anhielt, daß er die Thore der Stadt Rostock mußte öffnen lassen, fiel dieses ihm unerträglich **y. Wie aber diesem Uebel

*) Der Dänen, Sachsen, Russen, Preußen, Schweden. **) Er hatte wieder in Rostock seine Residenz gleich bei 16 Kleine deutsche Höfe. I.

nicht anders als durch ordentliche Kriegsverfassung zu begegnen war, hinderte ihn die Ritterschaft daran, welche sich zu feiner gewissen Anlage verstehen wollte, darüber er deswegen gegen den Adel einen unversöhnlichen Haß stellte, und dieses zu den lange gedauerten verdrießlichen Folgen Gelegenheit gab.

"In der Liebe war er nicht weniger, wie in Staatssachen wunderlich. Anfangs fiel seine Wahl auf eine nassauische Prinzessin, da er den zwei erwachsenen die jüngste, welche zärtlich und kaum mannbar war, deswegen vorzog, weil sie durch Reichung eines Tellers Confects ihn gleichsam bezaubert hatte, die er sich auch bald darauf antrauen ließ *). Da aber diese seinen Begierden nicht genug thun konnte, wurde er ihrer müde**) und wählte zum ehelichen Gebrauch seines Voigts zu Doberan Töchter, mit deren ältester er die drei Fräulein

Antritt der Regierung genommen und sie mit Gewalt zur Festung gemacht: er nahm ihr das Besaßungsrecht, die dreißig Stadtsoldaten entließ er. Der Magistrat und die Hundertmänner wurden in Arrest gebracht. 1715 famen Dänen, dann Russen in die Stadt. 1719 nahm die Stadt Hannoveraner als Besagung ein.

*) Sophie Hedwig von Nassau-Dick, vermählt zu Leuwarden 1708, achtzehn Jahre alt, Schwester des Prinzen von Oranien.

**) Schon am Morgen nach der Vermählung bemerkten die Hofleute ein Mißvergnügen beim Herzog. Als die Vermählte von einer Verwandtin gefragt ward, antwortete fie zweideutig:,,Je suis Frisonne, j'ai la tête trop dure." Die Che dauerte nur zwei Jahre. Franck, altes und neues Mecklenburg 16, 264.

von Mecklenburg" zeugte. Dabei nahm er sich bei andern Frauenzimmern alle beliebige Freiheiten, welches die Gemahlin dahin brachte, daß sie einen eidlichen Schein ausstellte, wie sie zum Ehestand untüchtig wäre, warauf denn die Ehescheidung erfolgte. Hierauf wollte er sich bald mit einer Josephinischen (kaiserlichen) Prinzessin, bald mit der schwedischen Prinzessin, nachherigen Königin*), bald mit einer dänischen Prinzessin vermählen. Wegen der kaiserlichen Prinzessin stellte er sich geneigt, die katholische Religion anzunehmen. Es hielt sich des= halb der Prälat von Göttweih **) aus Oestreich unter dem Namen eines Grafen von Wolfstein und nachher der Weihbischof und Dompropst von Hildesheim Baron von Twickel mit einem Jesuiten eine Zeitlang in Schwerin auf, um ihn mehr zu gewinnen, die aber wegen der vielen Vorbehaltungen und sonderbaren Auslegungen der Schrift nichts ausrichteten. Endlich ward ihm des Czaars Peter's I. Bruders Tochter Anna Catharina zu Theil, mit welcher er 1716 zu Danzig Beilager hielt, die aber wegen übler Begegnung und weil sie, wie man sagte, das Chebett und Kleider mit des enthaupteten Geheimen Raths Wolfrath Wittwe theilen müssen, von ihm schied und wieder nach Rußland ging, auch daselbst 1733 das Zeitliche gesegnet.

,,Der sogenannte Kammerherr Flegge, welcher her

*) Ulrike Eleonore, Schwester Carl's XII., die nachher den hessischen Prinzen Friedrich heirathete, der König von Schweden wurde.

**) Der berühmte Bessel.

nach flüchten mußte, brachte dem Herzog einstmals bei, es wären noch in Holland viele reiche und mächtige Anabaptisten und Schwärmer, die vormals ein Königreich in Münster stiften wollen, welche unter sich die Tradition hätten, daß ihnen ein Licht in der Lehre und ungemessenen Freiheit in Mecklenburg aufgehen würde, welches er sich nicht mißfallen soll haben lassen. Sein Hauptsaß in der Religion war die Wiedergeburt, davon er glaubte, daß, wer in Gott wiedergeboren wäre, nicht fündige und weil der Tod der Sünden Sold, einfolg lich nicht sterbe oder wenigstens nicht verwese. Wie nun fein Geheimer Rath Schröder, als er mit ihm ausritt, vom: Pferde fiel*) und den Hals brach, der seiner Meinung nach wiedergeboren war, wollte er dessen Verwesung nicht glauben, bis das Gesicht und der Geruch ihn dessen überführten.

,,Der Freiherr von Eichholz **), als Oberhofmarschall und Geheimer Rath, der dem Hause dreißig Jahre lang große Dienste geleistet und der Hofkanzler von Klein***) wollten zu des Herzogs gefährlichem Vorhaben nicht rathen, sondern nahmen lieber ihren Abschied. Statt deren wurde der Reichshofrath von Petkum †),

*) 1731.

**) Johann Dietrich, ein Katholik, der schon 1712 als Gesandter Friedrich Wilhelm's in Wien fungirte.

***) Seine Personalien sind im Hofstaat Friedrich Wilhelm's aufgeführt.

†) Edzard Adolf, Präsident des Geheimen Raths, seit 1713 von Carl Leopold angestellt, er war früher in Streliß

« ZurückWeiter »