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an der Ostsee, das reichste Kloster des Landes, das Pribislaus im 3. 1170 gestiftet hat und das jest zu den großherzoglichen Domainen gehört, mit wahr= haft fürstlichen Schenkungen begnadigt: er gebahrte sich überall in den Briefen, die er über diese Schenkungen ausstellte, gleich Wilhelm dem Eroberer von England, als vollkommener Eigenthümer des Landes, das er mit seinen Rittern und Bogenschüßen sich erobert habe.*) Als der große Welfe von seinem großen Feinde, dem Hohenstaufen Friedrich Barbarossa, in des Reiches Acht erklärt ward, stellte er dem Pribislaus sein Land Mecklenburg zurück; nur in der Grafschaft Schwerin blieb als Landesherr ein Graf deutscher Abkunft, von dem sächsischen Geschlechte der von Hagen. Deffen Stamm erlosch im Laufe des 14ten Jahre hunderts und nun kam auch diese deutsche Grafschaft Schwerin wieder an die slavischen Fürsten zu ihrem Fürstenthum, das sie bisher besessen hatten und das „Fürstenthum Wenden" genannt wurde. Mit der Christianisirung erfolgte auch die Germanisirung des ganzen Landes, doch erhielten sich hin und wieder noch Wenden und noch gegenwärtig unterscheidet man deutlich in eini

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In terra Sclavorum Transalbina tres episcopatus construximus, allodiis et reditibus mensae nostrae dotavimus, insuper ea, quam gladio et arcu nostro conquisivimus, hereditate ampliavimus." Dotationsurkunde für Schwerin vom 5. September 1171. Wie in England betrachteten sich auch die mecklenburgischen Landesherrn auf Grund dieser Eroberung als Erbherrn und Obereigenthümer des ge= sammten Grundes und Bodens.

gen Aemtern im Südwesten *) wendische Bewohner mit schwarzem Haar und gelber Haut und in andern Aemtern**) Germanen mit rothblondem Haar, weißer Haut und schöner kräftiger Natur ***).

Damals, als der geächtete Löwe dem Pribislaus sein Land zurückgab, ward dieser im J. 1170 von Barbarossa zum Reichsfürstent gemacht; der Sohn des Pribislaus, Borwin I. hatte Mathilde, die Tochter des Löwen zur Gemahlin: aus dieser Ehe des Slavenfürsten B or win I. mit der Welfin Mathilde stammen alle noch heut zu Tage lebenden Fürsten von Mecklenburg.

Bei dieser mecklenburgischen Fürstenfamilie ist neben einer nicht zu leugnenden Gutmüthigkeit eine gewisse altsla vische Wildheit zu allen Zeiten nicht zu verkennen gewesen. Schon im J. 1291 kommen in dieser Familie Vatermörder vort), drei Jahrhunderte später 1592 stellte dieselbe einen Selbst mörder. ++) Adolf Friedrich, der

*) In den Domanialämtern Neustadt, Grabow, Eldena und zum Theil auch Lübthen.

**) In Dömiş, Lübz, besonders in dem ritterschaftlichen Amte Lübz, das bis an die Südwestseite des Malchiner Sees reicht.

***) Boll, Geschichte Mecklenburgs, Vorrede S. IV. †) Heinrich und Nicolaus, Fürsten von Werle-Güstrow, erschlugen bei Saale unweit Damgarten ihren Vater, Heinrich, der der Urenkel Borwin's I. und der Welfin Mathilde war, auf der Jagd.

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††) Herzog Johann IV., der Großneffe des Friedfertigen", welcher die Reformation einführte, erequirte sich im Bette neben seiner Gemahlin:,,Einige. meinen, er Habe den Schnitt an seinem Geburtsgliede gethan.“ Klüver.

Stifter der Linie Schwerin, der Erulant im dreißigjähri gen Kriege, wurde an der Wittwe seines Bruders zum Prinzenräuber. Sein Sohn Christian Louis, der Convertit, der Gemahl der schönen Montmorency, die den Ahnherrn der Bernstorffe vom Hofe zu Paris, von wo aus damals Mecklenburg regiert wurde, vertrieb, beging so extravagante Schritte, daß er, wie die Herzogin von Orleans von ihm schreibt,,, ganz Frankreich über sich lachen machte." Der allerschlimmste Landesvater aber, welchen Mecklenburg gehabt hat, war Carl Leopold, der Gemahl der Nichte des Zaaren. Peter, ein Herr, der die Russen ins Land rief, um sein Glück bei seinen Rittern zu bessern und der es so arg trieb, wie wir es im 19ten Jahrhundert noch einmal an einem entarteten Welfen, dem vertriebenen Herzog Carl von Braunschweig kennen gelernt haben.. Noch der erste Großherzog Friedrich Franz war ein. wilder Herr, er starb auch an einer wilden Krankheit *), aber er war genial.

Wie dieses Fürstengeschlecht wild war, waren auch. seine Adelsgeschlechter wild. Bei den Bülow's kommt z. B. noch im 16ten Jahrhundert e in Brudermörder vor, bei den Flotow's gar einer noch im 18ten Jahrhundert. Ein paar wilde Hahn erschlugen noch in der lezten Hälfte des 16ten Jahrhunderts jeder einen Menschen in der Trunkenheit und ein noch wilderer Kamp cz schleuderte bei einem der in Mecklenburg bis zur Zeit des dreißigjähri=

*) Derselben, an der Herodes, Sylla, Philipp II. und Ludwig XV. gestorben sein sollen.

gen Kriegs sehr häufig noch trotz des proclamirten Landfriedens vorkommenden Landfriedensbrüche ein Kind von der Mutter Busen in's Feuer: das Geschlecht trägt zum Angedenken an diese Unthat noch heut zu Tage eine schwarze Feder auf dem Wappenhelme. Ein wilder Volrath von der Lühe ward 1549 von den Rostockern als Straßenräuber gefangen und ein ganz wilder von der Lühe auf Mulsow sprach noch zur Zeit des Abschlusses des Coder der Erbweisheit, des Erbvergleichs von 1755, vom Zumfensterhinauswerfen der Leute, welche dem Adel nicht pariren wollten.

Im J. 1348 hatte Kaiser Carl IV. von Luxen= burg, derselbe Kaiser, der Deutschland die goldene Bulle gab, in seiner Hauptstadt Prag Mecklenburg zum Her= zogthum erhoben und zwar geschah das anderthalb hundert Jahre früher, als das jezige kleinste deutsche Königreich Würtemberg zum Herzogthum erhoben wurde. Carl IV. legte damals, 1348, auch den dritten Bestandtheil des mecklenburgischen Ländercomplexes noch zu: die Herrschaft Stargard, auch eine deutsche Herrschaft, wie Schwerin, die Jahrhunderte lang zwischen Brandenburg und Mecklenburg streitig gewesen war. Auf dieser alten Ländereintheilung Mecklenburgs in die drei Kreise, den mecklenburgischen Kreis oder die Grafschaft Schwerin stenthum Wenden

den wendischen Kreis, das Fürund in den stargard'schen Kreis beruht noch heut zu Tage die ganze Landesverfassung Mecklenburgs, die in dem 16ten Jahrhundert sich consolidirte, wo der mecklenburgische Kreis, die Grafschaft Schwerin, der kleinere westliche Theil des Fürstenthums

Wenden und ein kleiner Theil des Fürstenthums Rostock, namentlich das Amt Doberan von der Linie Schwerin besessen wurde, der größere östliche Theil des Fürstenthums Wenden aber, die Herrschaft Rostock und der stargard'sche Kreis, von der Linie Güstrow.

Damals, als diese mecklenburgische Verfassung sich consolidirte, führte das Haus Mecklenburg im Reichs: fürstenrathe am deutschen Reichstage vier Stimmen, we: gen der beiden Herzogthümer Schwerin und Gü: strow und wegen der beiden secularisirten Stifter Schwerin, das der Linie Schwerin, und Raßeburg, das der Linie Güstrow zugewiesen war. Hof und Land hatten die Reformation angenommen und bekannten sich, wie Sachsen, Würtemberg und Hessen-Darmstadt, zur lutherischen Confession und zwar zum schärfsten Ausdruck derselben: die sächsische Concordienformel ward 1580 unterschrieben.

Das Land, ein zwar kleines, aber reiches, gejeg netes Kornland, mit ausgedehnten Forsten und Domainen, ansehnlichen Handelsstädten, worunter Rostock und Wismar, alte Hansestädte, an der Küste der Ostsee hervorragen, und einer zahlreichen auf Hunderten von Va fallenhöfen fißenden theils slavischen, theils deutschen Ritz terschaft, erlitt allerdings in den großen Kriegen der drei lezten Jahrhunderte, in dem dreißigjährigen, dem nordischen und dem siebenjährigen Kriege von Außen her schwere Noth und Drangsal, erholte sich aber doch immer wieder bald durch seine reichen Hülfsquellen; weit schwe rer drückten die inneren Verhältnisse. Man hätte meinen sollen, daß das reiche Land von Alters her auch einen

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