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Jahre lang in diesem Gefängniß und verlor zulezt den Kopf. Ich komme auf diese Execution zurück und wende mich jest wieder zu dem Herzog nach dem Horizont Paris.

Es war im Horizonte Paris, wo Herzog Chris stian von Mecklenburg eine ganze Reihe von außerordentlichen Schritten that, die ganz Europa in Erstaunen seßten. Der erste Schritt war der, die Scheidung von seiner Cousine, der Prinzessin von Güstrow zu erlangen. Er hatte zwar gegen dieselbe schon im Jahre 1659 den Desertionsprozeß vor einem eigens in Schwerin niedergeseßten Gerichte anstellen lassen, bestehend aus sechs Weltlichen, drei Geheimen Räthen, dem Kammerdirector Valentin Lüßow, noch einem Kammerrath und dem Hofmarschall Wackerbarth, und drei Geistlichen, den Superintendenten von Schwerin, Razeburg und Parchim, aber die Scheidung war noch nicht erfolgt, die Gemahlin hatte sich an den Reichshofrath gewandt, der ein Commissorium auf den großen Kurfürsten von Brandenburg, den Herzog von Wolfen= büttel, der Herzogin Schwager, und den Herzog von Celle gestellt hatte. Um nun von der unbequemen Gemahlin loszukommen, that Herzog Christian den außerordentlichen Schritt, sich als Protestant an den Papst zu wenden, an Papst Alexander VII. Chigi, denselben, unter dem die Königin Christine von Schweden nach Rom tam, um im Palast Corsini zu wohnen. Am 6. August 1663 schied Alexander VII. Herzog Christian wegen zu naher Verwandtschaft. Der Cardinal Barberini als päpstlicher Commissar

verkündigte den Spruch. Darauf that Herzog Christian einen noch außerordentlicheren Schritt und zwar densel ben, den er dereinst in der großen Geldbedrängniß aus Desperation thun zu müssen gedroht und weshalb er die Landstände wegen Aergerniß verantwortlich gemacht hatte er trat am 29. October zur katholischen Religion. Und darauf that er einen nicht weniger außer ordentlichen Schritt: er, ein deutscher Reichsfürst, schloß am 18. December 1663 mit dem über Alles verehrten. Louis XIV. einen Tractat ab, kraft dessen der König. von Frankreich als Garant des westphälischen Fries dens ihn bei alle dem zu schüßen zusagte, was ihm aus diesem Frieden zukommen müßte, der Herzog dagegen dem König, wenn derselbe Werbungen in Deutschland anstellen lassen würde, zusagte, diesen für den König geworbenen Völkern den Durchmarsch und sicheren Aufenthalt,,,passage et retraite", in Mecklenburg zu verwilligen. In dieser letteren Zusage war, auf den Nothfall wenigstens, und wenigstens verstand es so Ludwig XIV., die Einräumung der Festung Dömiß (der südlichst gelege= nen Stadt in Mecklenburg) einbegriffen; dieses Dömiz brachte später den Convertiten in die fatalsten Weitläuftigkeiten und schließlich nach Vincennes.

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Hauptabsicht des Herzogs bei diesem Tractat mit Ludwig XIV. war, die Kosten zur Landes Defension ins Künftige willkürlich seinen Landständen auflegen zu können. Es hieß im Artikel 8 des westphälischen Friedens: daß die Reichsfürsten sollten bei der Ausübung ihres Territorial- oder landesherrlichen Rechts und bei ihren Regalien" geschützt werden: gegen die Bestim

mungen dieses Friedens sollten auch keine Privilegien gelten. Garnisonen zu halten, ward behauptet, gehöre zu den Regalien, folglich könnten die Landstände ihre Privilegien gegen die Garnisonskosten nicht anführen. Diese,,Regalien" wurden nun der Talismann, an die fich die mecklenburgischen Fürsten, insbesondere nach Christian Louis noch Carl Leopold anklammerte, um mit ihnen eine willkürliche Herrschaft in Mecklenburg einzuführen. Der 1668 vom Herzog beim Reichshofrath angestellte Prozeß wegen der Garnisonskosten zu Dömit währte dreißig Jahre, bis 1698, ehe ein Endurtel tam. Im Jahre 1670 ward unterm 29. October ein sogenanntes Reichsgutachten der Reichsstände erlassen, des Jn= halts:,,daß die Unterthanen alles, was und so oft es begehrt würde, gehorsamlich und unweigerlich darzugeben schuldig und alle entgegenstehenden Verträge null und nichtig sein sollten." Diesem Reichsgutachten, welches deutlich das Streben der deutschen Reichsfürsten bezeich nete, das Besteuerungsrecht ins. Unbestimmte zu erweitern, widersprach aber wieder eine Resolution Kaiser Leo: pold's I. vom 12. Februar 1671, die dahin im Wefentlichen lautete:,,daß Kaiserl. Maj. sich genöthigt sähen, einen Jeden bei dem, wozu er berechtigt und wie es bisher gehalten worden, in alle Wege verbleiben zu lass sen." Die Fürsten hielten seitdem sich an das Reichsgutachten, die Landstände an die kaiserliche Resolution. Das Endurtel, das in der Dömizer Garnison - Sache unter dem Nachfolger 1698 kam, lautete aber dennoch gegen die Landstände, für den Herzog.

Von jenen oben aufgeführten drei außerordentlichen

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Schritten Christian's war, wie gesagt, der dritte, der Tractat mit Frankreich, der außerordentlichste, indem er noch den Nebenzweck verfolgte, gegen den westphälischen Friedensschluß, auf den unbeerbten Todesfall Christian's

und er hatte keine Kinder Güstrow um das Erbrecht zu bringen; Güstrow sezte sich deshalb auch durch einen andern Tractat mit Schweden, den es 1666 abschloß, in Schußverfassung.

Nächst jenen drei außerordentlichen Schritten that Herzog Christian noch einige andere, die auch viel von sich reden machten. Zuerst heirathete er jeßt, nachdem er geschieden war, eine französische Dame. Die Erwählte war eine geborne Montmorency, Elisabeth Angelique, Wittwe Herzog Caspar's Coligny von Chatillon, eine Schwester des berühmten, verschlagenen, und bei Ludwig XIV. hochbetrauten Herzogs und Marschalls von Luxembourg. Von Kaiser Leo= pold I. ward unterm 8. Januar 1664 die Erklärung erwirkt, daß die Kinder successionsfähig sein sollten. Da gegen protestirten Christian's Brüder, weil der Papst eine von der evangelischen Kirche geschlossene Ehe nicht habe scheiden können. Dem Lande ward übrigens eine Religionsversicherung auf dem Landtage zu Rostock am 5. November 1667 ertheilt.

Bereits bei der Firmelung hatte Herzog Christian den Namen des französischen Königs angenommen: in den von Paris nach Mecklenburg erlassenen landesfürstlichen Befehlen nannte er sich nun nicht nur mit dem neuen Namen Louis, sondern er schrieb sich auch: ,,Chevalier des ordres du Roi très chre

tien." Er hing um sein mecklenburgisches Fürstenschild den heiligen Geist- und den Michaelsorden: das Wappenschild hatte die Devise:,,Non est mortale quod opto." Er trachtete aber doch nach etwas Jrdischem: er that es eben bei den 1663 am 18. December mit Ludwig XIV. abgeschlossenen Tractate, worin er, indem er sein Hers zogthum förmlich in französischen Schuß gab, die unumschränkte Gewalt zu begründen im Auge hatte.

Christian Louis kehrte nach seiner Conversion und neuen Heirath erst im Jahre 1668 nach Mecklenburg zurück: am 15. December war er in Büßow mit einem Schwarm französischer Cavaliere. Das Land, das seit über hundert Jahren keinen katholischen Gottesdienst gehabt hatte, sah diesen jezt wieder, der Herzog ließ für sich und seinen katholischen Hofstaat die Schloßkirche zu Schwerin zu einer katholischen Kapelle herrichten und durch seinen Hofkaplan die Messe lesen. Kraft seines landesherrlichen Episcopalrechts ernannte er sogar nach einander zwei katholische Bischöfe für Schwerin, zuerst Caspar van der Heerstraten, dann Theodor van Bucht, beides Belgier: diese Bischofe tamen aber nicht in das Land, weil sie in Folge der hierüber mit dem päpstlichen Stuhle entstandenen Differenzen auf das Bisthum resignirten.

Die französische Gemahlin des Herzogs rächte die deutsche, der gestrenge Principion von Mecklenburg gerieth in die schmählichste Abhängigkeit, auf den Willen der Gebieterin mußte er nach kurzem Aufenthalt in Meck lenburg schon im August 1670 nach Paris zurückkehren und hier bleiben. Nach dem Zeugniß der Herzogin

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