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gierung geführt: sie war lang und sehr unruhig, von den heftigsten Stürmen von Innen und von Außen bewegt, sie dauerte über fünfzig Jahre und von ihr datirt der erste Grund zu der auf den höchsten Grad gediehenen Verbitterung zwischen Landesherrn und Ständen, welche über hundert Jahre bis zum Erbvergleich 1755 gedauert und Mecklenburg sprichwörtlich zum,,Streitländlein“ gemacht hat. Diese höchste Verbitterung kam durch einen. Kanzler Herzog Adolf Friedrich's I., der wo möglich noch ein schlimmerer Hißkopf wie sein Herr war, und wie dieser im Alter von einem unüberwindlichen Eigensinn und einer Rechthaberei besessen wurde, die bis auf Wortgezänk ging. Der Name dieses Mannes hatte schon einen fatalen Klang und er ist auch für Mecklenburg traurig fatal geworden: er hieß Johann Cothmann und war ein Westphälinger, er stammte aus Lemgo, sein Bruder, Dr. Ernst Cothmann, ein ausgezeichneter Rechtsprofessor zu Rostock und Kanzler zu Güstrow, hatte ihn in die fürstlichen Dienste gebracht. Johann Cothmann ward nach dem Tode seines Bruders erst Kanzler Johann Albrecht's II. zu Güstrow, mit dem Adolf Friedrich I. in fortwährenden Streitigkeiten lebte; als ihn Johann Albrecht II. seines Dienstes entließ, be stallte ihn Adolf Friedrich I. bei sich zum Kanzler, er erhielt diesen Posten 1634, in dem Jahre, wo Wallenstein ermordet wurde. Wallenstein hatte einmal diesen Cothmann, als er seine Herren im Erile begleitete und er von ihnen zu Wallenstein um vorzubitten geschickt ward, auf eine fulminante Weise in seinem gewöhnlichen langschweifigen und langweiligen Vor

trag unterbrochen mit den Worten: „Hört Ihr's! Ich will euch mit Wenigem antworten: Kaiserliche Majestät hat mich hierhergeschicht wider Dero Rebellen und diese zu. verfolgen, nicht aber, um Intercessionen zu ertheilen. Kommt Ihr noch einmal mit einer solchen Ambassade wieder, so lasse ich Euch den Kopf vor die Füße legen!" Als der niedergedonnerte Cothmann hin. wiederum zu seiner Entschuldigung sein oratorisches Talent entfalten wollte, fiel ihm Wallenstein mit Ungestüm in's Wort: „Hört Ihr's! Ihr habt damit Euren Bescheid!",,Im Jahre 1651, bei Gelegenheit der Erzählung eines Streits über die Contribution, sagt der alte ehrliche Propst Frand*), kam es das erstemal, daß die Stände auf die Gedanken geriethen, wenn sie bei Hofe nicht Recht erhielten, daß sie an den Kaiser appelliren wollten, welches damals der Kanzler, der ohne Zweifel Alles erfahren, wohl wenig geachtet; aber seine Rachbegierde, da er den Ständen gram war, weil sie ihn mit in die Contribution ziehen und ihm die Appellations Sporteln nicht länger gönnen wollen, hat unsäglichen Schaden nach sich gezogen, indem seine Amtsnachfolger so viel weniger die vorgefundenen Fußtapfen verlassen wollen, je mehr sie gedachten, den Fürsten durch Unterdrückung des Adels zu schmeicheln, womit aber dem fürstlichen Hause mehr Schaden als durch den dreißigjährigen Krieg geschehen ist. Nachdem der Teich, an welchem noch sonst auf Landtagen durch Abrichtung einiger Beschwerden war gebessert worden, einmal durchgebrochen; so hat er nicht

*) Altes u. neues Mecklenburg 14, 43, 71.

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wieder können gestopft werden, sondern ist dergestalt ausgerissen, daß er endlich das fruchttragende Land überschwemmt und einige Koppeln des Hofes mit weggespült hat."

habet

Dieser ominöse Cothmann

nomen et omen überlebte seinen Herren noch drei Jahre, er

war mit ihm ganz gleichen Alters.

Jhrerseits griff die Ritter- und Landschaft damals schon so weit um sich, daß sie Zusammenkünfte außerhalb der Landtage veranstaltete. Sie gründete diese Befugniß auf den im Jahre 1620 zusammengetretenen Großen Ausschuß. Ursprünglich war dieser aber nur zur Einhebung der Contribution bestimmt worden: er blieb, weil an dieser Contribution ganzer vierzig Jahre, bis 1660 gezahlt wurde. Ein Rescript Adolf Friedrich's I., aus Sternberg 1. September 1655 erlassen, verbot den Ständen solche Zusammenkünfte zu seiner nicht geringen Verkleinerung" zu halten und sich „, des den Deputirten zum Land - Kasten einzig und allein zu den Contributions Sachen von ihm vergönnten Siegels zu gebrauchen."

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Drei Jahre nach Erlaß dieses Rescripts starb Her= zog Adolf Friedrich I. 1658, 70 Jahre alt. Ein hiziger Kopf, von hohem Sinne und heftigen Gemüthsbewegungen. Ein Eiserer sowohl in der Religion, als in Beobachtung seiner Landeshoheit, folgte lieber seinem eigenen, als der Landstände Rathe, worüber er zwar ins Gedränge, aber auch wieder herauskam. Er war unermüdet in Ausführung seiner Entwürfe. Sein Kanzler Johann C othmann war ihm sehr lieb, welcher

mit seinem Eigensinn manches Mißtrauen zwischen Haupt und Gliedern anrichtete; er versprach immer gute resolutiones", um eine Landsteuer zu erlangen, aber diese erfolgten nur sparsam. Mit seinem einzigen Bruder lebte Herzog Adolf Friedrich in mancherlei Mißhelligkeit, dessen Wittwe er auch schmerzlich betrübte, erzog aber doch ihren Sohn, den Prinzen Gustav Adolf, sehr wohl und half ihm zeitig zur Regierung. Wie er denn überhaupt redliche Absichten hatte, wobei er weniger unglücklich gewesen sein würde, wenn er ein besseres Vertrauen zu seinen Landräthen gehabt hätte *)".

Durch zwei Gemahlinnen, jene Anna Maria von Ostfriesland, die die Hunde aus ihrem Sarge zu Doberan auffraßen und eine Prinzessin von Braunschweig-Danneberg, hatte Adolf Friedrich den reichen Ehesegen von neunzehn Kindern erhalten, elf Söhnen, darunter sich auch der Stifter der jüngeren Linie Strelit, Adolf Friedrich II. befand und acht Töchtern, von denen nur zwei sich in die Häuser Sachsen und Würtemberg vermählten, zwei wurden Aebtissinnen des evangelischen Stifts Gandersheim im Harz, noch zwei lebten in dem für die mecklenburgischen Prinzessinnen bestimmten Kloster Rhüne, ohnfern Büßow.

Unter diesem Herrn lebte der größte Theolog, den Mecklenburg jemals hervorgebracht hat, der Dr. Heinrich Müller. Er war der Sohn eines vornehmen Kaufmanns zu Rostock, eines vom Collegium der Sechzehn Männer daselbst: den Freunden der alten luthe

*) Worte des Prepstes Franck 14, 121 ff..

rischen Literatur sind seine „Erquickstunden“ wohlbekannt, er steht nicht bloß der Zeit, sondern auch dem geistigen Hauche nach zwischen Arndt und Spener und vermit telt diese beiden. Ein Mann ohne allen theologischen Stolz und von wahrhaft erquicklichem geistlichen Wesen, getreu seinem Wahlspruch: „, als die Traurigen, aber allezeit fröhlich. “ Er heirathete mit zweiundzwanzig Jahren die einzige Tochter des Kaufmanns Sibrandt, mit vierundzwanzig Jahren war er Professor der Theologie zu Rostock, mit neunundzwanzig Jahren Doctor und wiederholt dann Rector der Universität. Er starb, nachdem er in größtem Segen die kleine Lebenszeit, die ihm zugemessen war, verbracht, an Erschöpfung, weil er zuviel studirt, als Superintendent zu Rostock 1675, erst vierundvierzig Jahre alt. Könige, Fürsten, Grafen und andere vornehme und berühmte Leute correspondirten mit ihm; zu seinen Gönnern und Freunden zählte er den gelehrten Herzog Anton Ulrich von Braunschweig und den ebenso gelehrten Stammvater der Grafen von Kielmannsegge, den holsteiner Kanzler Johann Adolf Kielmann auf Satrop, der mit ihm gleichzeitig 1676 starb; auch die Prinzessin Sophie Agnes von Mecklenburg, eine von denen, die in Kloster Rühne lebten, brauchte ihn als ihren theologischen Vertrauten. Er war europäisch berühmt: noch kurz vor seinem Tode gelangte ein Brief aus Mallaga an ihn, worin er um einen Gewissensrath gebeten wurde.

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