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neuem Mecklenburg" enthaltenen naiven Erzählung *). Sie betrifft einen mecklenburgischen Prinzenraub und fiel vor zwischen dem einen der beiden von Wallenstein vertriebenen Brüder, der Erulanten in Sachsen, Lübeck und Dänemark, zwischen dem Stifter der noch heut zu Tage blühenden Linie Schwerin, dem Herzoge Adolf Friedrich I, lutherischen Bekenntnisses und der Wittwe seines 1636, also fünf Jahre nach der glückhaften Restitution in ihre Herrschaften gestorbenen Bruders, Herzog Johann Albrecht's II., Stifters der heut zu Tage nicht mehr blühenden Linie Güstrow, der durch seine zweite Gemahlin, eine Hessen-Cassel'sche Prinzessin, zum reformirten Bekenntnisse sich gewandt hatte, und dessen dritte Gemahlin dieses Bekenntnisses auch war: diese Dame hieß Eleonore Marie von Anhalt - Bernburg, und war die heroische Tochter und Schwester der beiden berühmten Christiane von Anhalt, die in der Prager Schlacht gegen Tilly gefangen wurden. Der Prinz Eleonoren Marien's, der Güstrow erben sollte, der einzige Prinz des Hauses Güstrow, war erst drei Jahre alt, er hieß wie der Schwedenkönig Gustav Adolf. Die Scene ist in Güstrow.

„Als am 30. Juni 1636 das Leichenbegängniß des verstorbenen Herzogs Hans Albrecht (II.) zu Güstrow geschah, so waren zugegen die Abgesandten des Kurfürsten Georg Wilhelm von Brandenburg, des Markgrafen Sigismund von Brandenburg,

*) Buch 13, Seite 1 ff.

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des Herzogs August von Braunschweig-Lüneburg *), des Fürsten Ludwig von Anhalt **). Diese gaben sich alle Mühe, die Frau Wittwe Eleonore Marie mit dem Herzog Adolf Friedrich zu vergleichen. Aber der Herzog wollte ihr anders nichts einräumen, als daß sie möchte mit dabei sein, wenn heute oder morgen Rechnung von des Güstrow'schen Landes Einkünften abzulegen. Zu Güstrow waren auch die drei reformirten Prediger, Agricola aus Schlesien, Appel aus der Pfalz und Schnabel aus Hessen; diesen ward nun nicht weiter der öffentliche Gottesdienst gestattet, indem Herzog Adolf Friedrich die Schloßkirche zuschließen und die reformirte Schule aufheben ließ. Doch behielt die fürstliche Wittwe ihren Gottesdienst auf dem Schloß, in ihrem Gemache, wohin aber kein benachbarter vom Adel oder andrer Reformirter kommen durfte.

Die fürstliche Wittwe meldete sich den 21. Sep= tember bei Kaiser Ferdinand II. und beschwerte sich sehr, daß das Testament ihres Gemahls nicht beobachtet würde und daß Herzog Adolf Friedrich sie nach Strelitz (das war ihr Leibgeding) weisen wolle, woselbst, als an einem offenen Orte, sie bei gegenwärtigen Kriegsläuften keine Sicherheit für die Anfälle der übel gefitteten Soldaten hätte. Es drohe auch Herzog Adolf Friedrich, ihren einzigen Sohn von ihrem Schooß

*) Gemahls einer Tochter Hans Albrecht's II. aus erster Ehe mit einer Cousine von Mecklenburg.

**) Dheims Eleonoren Marien's, Ahnherren des Hauses Cöthen.

und Herzen zu nehmen und nach seinem Gutdünken*) zu erziehen.

Am 16. October 1636 schickte der Herzog Adolf Friedrich an die fürstliche Wittwe alle Landräthe, deren damals sieben waren. Diese gaben sich vier Tage lang Mühe genug, sie zu bereden, daß sie wollte nach Strelit ziehen und den Prinzen Gustav Adolf bei dessen Vater - Bruder zurück lassen: es möchte sonst dahin kommen, daß der Herzog ihr Küch' und Keller verschlösse. Aber die Frau Wittwe blieb beständig dabei: sie frage nichts nach Einkünften, sondern forge allein für ihren Sohn. Der König Christian IV. von Dänemark und der Herzog Friedrich von Holstein wollten diese Sache vermitteln, aber es war Alles umsonst.

Den 29. December 1636 ließ Herzog Adolf Friedrich dem (Güstrow'schen) Kanzler Deichmann sagen, sich von Güstrow wegzumachen und mit der fürstlichen Frau Wittwe nicht weiter zu sprechen. Den 5. Januar 1637 ließen die Landräthe der Frau Wittwe hinterbringen, daß Herzog Adolf Friedrich ihr, auf Bitte des Königs von Dänemark, den Prinzen lassen wollte bis ins fünfte Jahr, wenn sie nur schriftlich versicherte, ihn alsdann sofort zu überliefern. Aber auch hierein wollte sie nicht willigen. Worauf den 13. Januar ihren Hofpredigern verboten ward, ferner im Vorgemach Gottesdienst zu halten; auch drang der Herzog abermals stark auf den Prinzen und daß die fürstliche Frau Mutter sich nach Strelig begeben sollte. Er suchte

*) Lutherisch.

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den Prinzen mit Behendigkeit zu erlangen und ließ deßwegen die Frau Mutter, wenn er in Güstrow war, öfters zu Gaste bitten, aber diese merkte wohl warum. Ließ sich immer entschuldigen, weil sie nicht Willens wäre, im Trauerjahr aus ihrem Zimmer zu gehen. Dieses Zimmer hielt sie, bis auf eine Thür für ihre Bedienten, allezeit fest verschlossen, inwendig verriegelt und mit vorgeseßten Tischen fest verwahrt. Der Herzog wollte aber dennoch

endlich zum Zweck.

Er ging also den 17. Januar, um zwei Uhr Nachs mittags, mit allen seinen Räthen nach dem Vorgemach der fürstlichen Wittwe. Hier traf er, vor der unverriegelten Thür, die mecklenburgische Prinzessin Christine Margarethe*) und die anhaltische Sophie Margarethe**). Diese baten ihn aufs liebreichste und beweglichste, nicht ins Gemach einzudringen, vor welchem sie sich hingestellt hatten, da indessen der Prinz, mit seiner jüngsten Schwester ***) bei der Mutter darinnen waren. Der Herzog wollte die Prinzessinnen nicht mit Ungestüm von ihrem Posten vertreiben, welchen sie mit so freund

*) Die zweite noch unverheirathete von der ersten Ges mahlin Hans Albrecht's, der Prinzessin von Mecklenburg, geborene Stieftochter Eleonoren Mariens, da: mals einundzwanzig Jahre alt, die nachher Adolf Friedrich's Sohn Christian Louis heirathete, den Convertiten, der sie verstieß.

**) Die leibliche Tochter Eleonoren Mariens, das mals etwas über acht Jahre alt.

***) Louise, noch nicht zwei Jahre alt und zwölfjährig 1648 gestorben.

licher Bitte zu behaupten suchten, ließ also einen Kleinschmied kommen, welcher eine von den verriegelten Thü ren eröffnen mußte. Durch dieselbe ging der Hofmeister und Obrist Friedrich von Ihlefeld *), der Assessor Jochim Nesse und der Secretarius Simon Gabriel hinein, räumten von der andern Thür das Vorgesezte weg, schoben den Riegel zurück und machten das Schloß auf.

Der Herzog trat also mit den Uebrigen hinein. Die Frau Wittwe saß auf einem Bette und hatte den Prinzen Gustav Adolf auf dem Schooße. Der Herzog ging zu ihr hinan und sagte:,,Euer Liebden habe ich öfters bitten lassen, mich in meiner angetretenen Vormundschaft nicht zu stören, aber es hat nichts gefruchtet, ich halte mich also befugt, mein Recht zu gebrauchen. Bitte aber nochmals Euer Liebden wollen mir Ihren Sohn zur Erziehung überlassen: ich will an ihm thun, als ich wünsche, daß Gott wolle an meiner Seele thun." Die fürstliche Wittwe antwortete: „Wenn mit Bitten etwas auszurichten wäre, so hab' ich bishero vielfältig gebeten; aber es ist Alles umsonst gewesen. Das zärtliche Mutterherz leidet nicht meinen Sohn freiwillig zu übergeben." Der Herzog faßte darauf den Prinzen an. Aber der Prinz hängte sich mit beiden Armen um der Mutter Hals und fing bitterlich an zu weinen und zu schreien. Die Mutter rief Gott und die Welt zu Zeugen, wie ihr ge

*) Ihlefeld, eine alte mecklenburgische Familie, bes nannt von dem Stammhause Ihlefeld im Amte Stargard, mit zwei Streitärten im Wappen, was auf ihre alte Streitbarkeit deutet.

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