Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Statt der Vorrede zu den kleinen deutschen Höfen gebe ich die nachstehenden Aphorismen:

1.

Unsere Zerrissenheit.

„Wir sind an die Zerrissenheit Deutschlands so gewöhnt, daß sie uns gar nicht mehr auffällt;

,,kurzathmiger Held und Rhetor"; ein geborner Züricher, der in dem Buche seine eigne Geschichte vorführt; er lebt gegenwäre tig noch Studien halber in Berlin, wird aber mit Nächstem in seine Heimath zurückgehen, wo er voraussichtlich eine hervorragende Stelle in den Geschäften seines Staats einmal einnehmen wird, denn dieser vortreffliche Poet ist auch ein kerngesunder, profund gescheiter politischer Kopf, und ein durchaus unabhängiger, fester, im edelsten Sinne des Worts einfacher Charakter, ein Mann ganz anderen Schlages als der jezt sein Landsmann gewordene Erdemagog Herwegh, der dereinst „auf der Zinne der Partei“ stand, derselbe Mann, der sich schließlich auf die schönsten Cavalierwege verlegt und nach langen Herumtreibereien mit galanten französischen und russischen Weibern, während die eigne verblendete Frau, be kanntlich eine reiche Berlinerin, der für den Cavalier - Gemahl gemachten Schulden wegen in Niza fest saß, sich in Zürich etablirt hat, wo er noch das unwürdigste Leben eines Seigneur fainéant, nach wie vor von Schwiegervaters Gelde lebend, fortseßt und wo selbstverständlich Männer von ernster und fester Gesinnung ihn vermeiden. Hic niger est, hunc tu Romane caveto! Was würde aus Deutschland gewor den sein, wenn solche Genies der Partei an die Spize gekommen wären, wohin sie, Waffen tragend, strebten. In Herrn Keller's Buche weht ein ganz anderer, friedlicher, aber frischer, neuer, gesunder, durchaus Maaß haltender, befferer Geist - darum eben empfehle ich das Buch den guten Mecklenburgern.

ja wir überreden uns selbst und lassen uns überreden, daß sie ein Gut sei, welches den Deutschen erb- und eigenthümlich zusteht, damit doch in der Welt ein Muster sei von allseitig weltbürgerlicher und dennoch individueller Volksausbildung. Aber die solches uns predigen, wissen nicht was sie reden: sie rathen uns zu köstlicher Fresko - Malerei Holzwänden“ u. s. w.

auf

[ocr errors]

Denn aller dauernden Cultur Grundlage und Bedingniß ist innere Stärke und Festigkeit".

„Wollen wir die Lächerlichkeit unserer Zerrissenheit in ihrer wahren Gestalt erblicken, so theilen wir nur einmal Frankreich, wie wir getheilt sind. Legen wir unten am Meere, von der Schelde an, über die Mündungen der Seine, Loire, Garonne hin, ein Preußen; jedoch so, daß ihm, damit es sein Meer nicht ganz habe, auf den Landzungen von Brest ein Dänemark störend im Rücken liege und daß die Hansestädte Rouen und Nantes seine Ströme sperren. Legen wir oben auf dem Hochlande, von wo Rhein, Seine, Loire und Rhone nach allen Himmelsgegenden abfallen, einen Kaiserstaat an, der auf vier Stühlen size, und richten wir ihm, damit er ja kein Meer habe, im untern Rhonegebiet, noch überdies eine ewig feindliche Corsaren-Colonie an. Legen wir ferner zwischen den genannten zwei Großstaaten, 5 oder 10 oder 20 kleine Souverainitäten, die sämmtlich gern größer werden möch=

[ocr errors]

ten, und damit sie es können, das Recht haben, mit dem Auslande Schuß und Trußbündnisse zu schließen. Erklären wir endlich Bordeaux, Toulouse, Lyon, Paris und Or leans für freie Reichsstädte, die ihr eignes Wesen und Unwesen für sich zu treiben befugt find, so haben wir ungefähr ein Bild von unserm armen Deutschland, und vermuthlich Stoff zum Lachen oder zum Weinen genug."

,,Noch sind die Deutschen kein Volk, sondern nur ein Aggregat von Volksstämmen unsre fleis nen deutschen Staaten, Baden, Baiern, Würtemberg, Sachsen u. s. w. find sämmtlich nur Binnenstaaten ohne Meer, nur Volksstämme und provisorische Staaten, die bei der Deutschheit zu Lehn gehn."

Carl Müller's (gest. 1847 als Geheimer Hofrath beim statistischen Amt in Berlin) Leben und kleine Schriften, herausgegeben von Varnhagen. Berlin. 1847. S. 418 ff.

༡.

[ocr errors]

Die Hermaphroditen-Staaten.

Ils ne sont proprement que des Hermafrodites de Souverains et de Particuliers: ils ne jouent le rôle de grands seigneurs qu'avec leurs domestiques: ce qu'on pourroit leur conseiller de meilleur, seroit, me semble, de diminuer en quelque chose l'opinion infinie, qu'ils ont de leur grandeur, de la veneration ex

trême, qu'ils ont pour leur ancienne et illustre race et du zéle inviolable, qu'ils ont pour leurs armoiries. Les personnes sensées disent, qu'ils feroient mieux de ne figurer dans le monde, que comme des Seigneurs, qui sont bien à leur aise.“ Frederic le Grand, Antimacchiavel.

"

3.

Der preußische Staat.

Den preußischen Staat halte ich für den einzigen, welcher dem Despotismus in Deutschland und einer deutschen Universal - Monarchie entgegen zu arbeiten im Stande ist und aus dem Menschenrecht und wahre Aufklärung ausgehen fönnte."

von Hippel Selbstbiographie. Gotha 1801. S. 157.

4.

Die russische Stuterei in den kleinen deutschen Staaten.

„Das habe ich freilich nicht gewußt, daß Ew. Majestät aus Deutschland eine russische Stuterei zu machen beabsichtigen.“

Freiherr von Stein auf dem Wiener Congresse (nach den Memciren des Generals von Wolzogen).

"

5.

Stein's Wunsch für Deutschland.

Gott befreie Deutschland bald von seinen jeßigen, aus seiner Vielköpfigkeit entstehenden Lei

den. Die deutschen Fürsten sollten doch bedenken, daß Deutschlands Unabhängigkeit gegen Rußland und Frankreich hauptsächlich auf den moralischen und materiellen Kräften Preußens ruht und die läppische und verderbliche Opposition gegen dasselbe aufgeben." Freiherr von Stein im J. 1828.

6.

„Wir leben und wollen nicht gedruckt sein.“ „Endlich seynd ein- und andere, welche nicht nur denken, sondern auch sagen: Was geht den unser Hof an? Wir leben und wollen nicht gedruckt sein.“

Friedrich Carl von Moser, deutsches Hofrecht, Vorbericht.

Zu diesen sechs Aphorismen, die die kleinen deutschen Höfe angehen, füge ich noch zwei andere, welche den Adel in Deutschland betreffen: es sind Zeugnisse des Adels gegen den Adel und ich führe sie an, theils um meine Verehrung gegen die Familien zu bezeigen, die, indem sie noch nach 1848 solche Zeugnisse veröffentlichen, das „Noblesse oblige" anerkennen, theils um die qualificirte Calumnie zu widerlegen, als ob ich keinen Unterschied zu mas chen verstehe zwischen Adelsdünkel und Adelstroß und auf wahrhaft adeliger Gesinnung basirter Adelswürde und Adelsehre.

7.

In den 1853 erschienenen Regesten des Ge= schlechts Salza, dem der berühmte Heermeister

« ZurückWeiter »