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DIE

GEDICHTE DES CATULLUS.

HERAUSGEGEBEN UND ERKLÄRT

VON

ALEXANDER RIESE.

LEIPZIG,

DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.

1884.

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Vorwort.

Für die Auslegung des Catullus schien es dem Unterzeichneten, da er diese erste deutsche erklärende Ausgabe des Dichters unternahm, die nächste Aufgabe zu sein, die bisher ausgesprochenen Ansichten, soweit sie das Verständnis. wirklich fördern, anzuführen, sie aber wegzulassen, soweit sie diesen Zweck nicht erfüllen. Dafs er hierbei weder nach der Seite des Zuviel noch nach der des Zuwenig je von dem richtigen Wege abgewichen sei, mufs er eher wünschen, als dafs er es glauben dürfte. Einer Forderung jedoch glaubt er genügt zu haben: er ist mit Wissen keiner Schwierigkeit aus dem Wege gegangen, und der Leser wird sich nirgends wie in manchem Kommentare einfach im Stiche gelassen sehen. Die Urheber aller einzelnen Ansichten zu nennen, was nur da geschah wo es zweckmäfsig schien, konnte an anderen Stellen aus verschiedenen Gründen unterbleiben, und so hat der Herausgeber auch das von ihm aufgestellte Neue nicht überall als solches kenntlich gemacht. Denn seine Pflicht war, sich bündig zu fassen, und der Kenner wird nicht selten an einer meist kurz begründenden Andeutung die Stellung dieser Ausgabe zu kontroversen Fragen wahrnehmen können. Eine andere Pflicht suchte ich zu erfüllen, indem ich Unsicheres, ja Unwifsbares nicht für sicher ausgab. Am meisten würde ich mich freuen, wenn es mir gelungen sein sollte, den naturwahrsten Dichter der römischen Welt einfach und natürlich, in den künstlicheren Dichtungen aber stilgemäfs zu verstehen und zu erklären. Auf die Intention und Anlage der Gedichte musste ich daher oft genauer eingehen, und ich hoffe, dafs meine Bemühung z. B. bei dem 64. und besonders bei dem 68. Gedicht nicht ohne Erfolg war. Mein Streben ging dahin, nichts zu erkünsteln, aber auch nicht (was leider oft geschieht) eine an ihrem Orte richtige Wahrnehmung schematisch und äufserlich übertreibend auch anderen widerstrebenden Stellen aufzuzwängen. Denn die Dichtung wird wie jede geistige Thätigkeit von Gesetz und Freiheit, von Konsequenz und Stimmung beherrscht; und wohl dem, der imstande wäre, beides überall und vollständig nachzuempfinden.

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