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Aureli. veniam peto pudenter,
ut, si quicquam animo tuo cupisti,
quod castum expeteres et integellum,
conserves puerum mihi pudice,

non dico a populo: nihil veremur
istos, qui in platea modo huc modo illuc
in re praetereunt sua occupati:
verum a te metuo tuoque pene
10 infesto pueris bonis malisque.

quem tu qua lubet, ut lubet, moveto
quantum vis, ubi erit foris paratum:
hunc unum excipio, ut puto, pudenter.
quodsi te mala mens furorque vecors

15. 2. pudentem 10. bonisque malisque

bekannt (vielleicht vor einer Reise? oder zog er zu Aurelius in Kost und Logis? vgl. c. 21). Er that es nur ungern und voll Argwohn; letzteren spricht dieses Gedicht aus, dessen Sprache die des Umgangs ist, bis sie in den Drohungen von v. 14 an sich verstärkt. Zeit: unbestimmbar.

me ac meos

1. Commendo tibi] nachgeahmt von Mart. 1, 52, 1. amores] meinen Liebling und damit indirekt mich selbst', so Ter. Phorm. 218: vobis commendo Phanium et vitam meam. Über amores bei C. vgl. zu 6, 16 und 38, 6.

2. veniam pudentem wäre ein harter Ausdruck. veniam petere (opp. veniam dare) ist bekanntlich 'eine Gnade, eine Gefälligkeit erbitten'; pudens wäre nun durch ὑπαλλαγὴ zu venia bezogen, während Aurelius selbst anständig (pudens) sein soll. Viel klarer aber ist Mählys Emendation pudenter bescheiden'; vgl. Cic. ad Att. 16, 15, 5 pudentissime hoc Cicero petierat. 3. si wenn jemals'. beachte den Pleonasmus.

3 f. man

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11. ut iubet

populo] hängt nicht von pudice,
im passiven Sinn = intactus, ab, wie
Plaut. Curc. 1, 1, 51: α me pu-
dica est, sondern von conserves.
a] 'vor'.

7. platea] ein seit Plautus für breitere Strafsen öfter gebrauchtes Lehnwort (πλατεία). modo huc modo illuc] s. zu 3, 9.

8. sua] zur Elision vgl. 4, 17. occupatus] heifst stets: völlig in Anspruch genommen; mit in c. abl. schon bei Ter. Hec. 4: in funambulo animum occuparat.

9. a te] ist, da es von metuo abhängt, logisch, aber nicht grammatisch der Gegensatz zu a populo. 10. bonis malisque] ob auf die Schönheit bezüglich oder auf den moralischen Wert? wahrscheinlich ist es ganz unbestimmt gemeint. Zum Versausgang vgl. 6, 15 boni malique.

11. qua lubet, ut lubet] wo du willst u. wie du willst'; vgl. 17, 22: qui sit, utrum sit an non sit. Theokr. 15, 44 πῶς καί ποκα TεQãσαι. Künstlich wäre das hdschl. ut iubet, sc. ille.

12. erit paratum] sc. aliquod scortum, entspricht dem praesto est' des Horaz sat. 1, 2, 117. foris] aufserhalb deines Hauses. Der Liebling aber sollte in des Aurelius Haus kommen.

13. pudenter] 'bescheiden', v. 2. 14. zu mala mens] vgl. 40, 1; zu vecors] 40, 4.

15

in tantam impulerit, sceleste, culpam, ut nostrum insidiis caput lacessas,

a, tum te miserum malique fati, quem attractis pedibus patente porta percurrent raphanique mugilesque!

16.

Pedicabo ego vos et irrumabo,
Aureli pathice et cinaede Furi,

16. nroru O 17. Ha tamen

15. sceleste] ist in der Lebhaftigkeit proleptisch gesetzt, während Aurelius erst zum Schurken werden kann.

16. nostrum caput] 'mich', durch Nachstellungen gegen den Geliebten; vgl. 116, 4 und 66, 40.

17. a] diese Interjektion hat C. nur im höheren Stil angewandt, wie er hier mit v. 14 anhebt (60, 5 a nimis fero corde! 61, 132 miser a miser; 64, 71 u. 178; 66, 85): es ist das Wort des lebhaften Pathos.

18. Androhung der für Ehebrecher bestimmten Strafe (ob ernst gemeint?), als welche die gapavidoors seit Aristoph. Nub. 1083 öfter erwähnt wird. Dafs aber patente porta (d. h. To лownτ) aufser Rettigen auch Fische (mugiles, Meeräschen?) eingestopft wurden, ist nur noch Juv. 10, 317 berichtet 'quosdam moechos et mugilis intrať, was vielleicht auf Catull beruht; vgl. aber die Scholien zu Hor. sat. 1, 2, 133. attractis pedibus] (vgl. das Citat in CIL 4, 1261, einer pompejanischen Inschrift) bedeutet mit straff angezogenen Fülsen', die nämlich nach links und rechts von 2 Dienern zu sich heran auseinander gerissen wurden, ut anus pateret. Priap. 52, 5: porta te faciet patentiorem.

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18. atractis O 16. 1. Dedicabo

Ohren und erregte seinen Zorn. Aber auch hier zeigt sich neben dem ehrlichen Zorn (denn zu solchem Tadel waren gerade diese beiden, besonders nach c. 15 u. 21 Aurelius, ganz unberechtigt) der derbe Humor, den C. gegen beide nie lassen kann. Catulls Rechtfertigungsversuch, welcher Dichter und Dichtung scheidet, fand später vielen Anklang (s. u.); wir wollen aber dagegen auch die schönen Worte des Aristophanes anführen (Ran. 1057 f.): ἀποκρύπτειν χρὴ τὸ πονηρὸν τόν γε ποιητήν, Καὶ μη παράγειν μηδὲ διδάσκειν· τοῖς μὲν γὰρ παιδαρίοισιν Ἔστι διδάσκαλος ὅστις φράζει, τοῖς ἡβῶσιν δὲ ποιηταί.

1. pedicare] (Orthographie nach Priap. 67), von podex (andere: paedicare von παιδικά), ist eigentlich cum puero rem habere (so 21, 4); irrumare, von ruma (Kehle), ist mentulam alicui fellandam praebere. Doch dienen, wie solche Worte in den meisten Sprachen, beide Worte auch als Fluch und stehen für: verhöhnen, geringschätzig behandeln. So 21, 8? 13. 28, 10. 37, 8. 74, 5; irrumator 10, 12; so auch hier nicht aber v. 14. Beide Worte finden sich speziell bei Catull, Calvus, Martial u. in den Priapeen.

2. bedeutet: die ihr am wenigsten zu sittlicher Entrüstung berechtigt seid. cinaedus (von xīvέw, trotzdem mit ) und pathicus (beide sind qui muliebria patiuntur, nur dafs ersterer selbst dazu anregt) stehen bei Cat. ohne Unterschied,

5

qui me ex versiculis meis putastis, quod sunt molliculi, parum pudicum. nam castum esse decet pium poetam ipsum, versiculos nihil necesse est, qui tum denique habent salem ac leporem, si sunt molliculi ac parum pudici et quod pruriat incitare possunt, 10 non dico pueris, sed his pilosis, qui duros nequeunt movere lumbos. vos, qui milia multa basiorum legistis, male me marem putatis? pedicabo ego vos et irrumabo.

3. mi (uosq3)

7. tn (tamen): öfter so statt tum 14. dedicabo

vgl. 57, 1-2; cinaedus bisw. allg. 'wollüstig' 25, 1; 29, 5; 10 oder im übertragenen Sinne: ausgelassen, frech' 10, 24.

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4. molliculus] weichlich, unmännlich', weil er in c. 5 und 7 sich mit den Küssen begnügt (s. v. 13); anders bei Plautus. parum pudicum] nicht allg. 'lasciv', sondern im speziellen Sinn des v. 13 so V. w. pathieus; vgl. über pudicus die Anm. zu 21, 12.

5. pium] weil Musenfreund; vgl. tantum impiorum 14, 7. Plinius sagt epp. 4, 14: scimus huius opusculi illam esse verissimam legem quam Catullus expressit Nam castum. . parum pudici'. Ovid. Trist. 2, 354: vita verecunda est, Musa iocosa mihi. Martial 1, 4, 8 Lasciva est nobis pagina, vita proba.

8. vgl. v. 4. Anm. zu 8, 8.

9. Martial 1, 35, 10 Lex haec carminibus data est iocosis, ne possint nisi pruriat iuvare'. quod pruriat: 'Lüsternheit'. pruritus kommt erst bei Plinius h. n. vor.

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crura pilis horrida (Mart. 2, 36, 5) und pilosae genae (Cic. Pis. 1).

11. duros] unempfindlich; lumbos (Lenden) steht euphemistisch.

nequeunt movere] ergo versibus incitandi sunt. Vergil sagt catal. 5, 21 nec te movere lumbulos in calthula.

12. milia multa basiorum legistis] nicht in c. 48, wie Westphal meint, der den jungen Iuventius in des Aurelius Haus (c. 15) wohnen läfst; sondern wie der Wortlaut deutlich zeigt, in c. 5, 10: dieses Lesbiagedicht war also schon bekannt. qui milia] vielleicht mit der Vulgata quod milia?

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13. male marem] cinaedum. Da der cinaedus muliebria patitur, kann er male mas heifsen; und da er durch vieles Küssen erregt (cinaedus clunibus eum basiisque distrivit Petron. 24, vgl. 21), konnte c. 5, 7 ff. den F. und A. wohl an einen cinaedus erinnern. Andere fassen es allg. als 'weichlich'.

16. scherzhaft: ich will euch zeigen, dafs ich kein cinaedus bin. Der Refrain eines kräftigen Anfanges im Schlufsvers (so noch c. 36. 52. 57) soll jenen dem Gedächtnisse fester einprägen. Ebenso Martial 2, 6. 41. 3, 20. 4, 64 und oft; vgl. c. 29.

17.

O Colonia, quae cupis ponte ludere longo et salire paratum habes, sed vereris inepta crura ponticuli assulis stantis in redivivis, ne supinus eat cavaque in palude recumbat: 5 sic tibi bonus ex tua pons libidine fiat,

in quo vel Salisubsili sacra suscipiantur:

17. 1. Oculo ina | ledere 3. ac sulcis tantis 4. canaq; 0 6. suscipiant

17. Ein Lokalscherz in priapeischem Metrum, bei einem Aufenthalte Catulls in seiner Heimat Verona gedichtet, wie c. 67. Er wünscht dem Städtchen Colonia die Erfüllung eines sehnlichen Wunsches, die Erbauung einer neuen Brücke, unter der Bedingung, dafs zuvor von der alten Brücke ein ungenannter schläfriger Alter, der sich nichts um seine nette junge Frau kümmert, zum allgemeinen Gaudium in den Morast geschleudert werde, wo er am tiefsten ist, um dort seine Schläfrigkeit zu verlieren. An den Spruch 'sexagenarii de ponte' ist in keiner Weise dabei zu denken. Die Frau sei Aufilena (c. 100. 110 f.), ist Westphals haltlose Vermutung. Das Gedicht ist ebenso schwungvoll wie elegant geschrieben, ähnlich wie c. 25 oder das jedoch künstlichere c. 63.

1. Colonia] man hielt Mantua, Comum, Cremona dafür; da aber der Name sicher als Eigenname (v. 7) anzusehen ist, wird die Vermutung des Alex. Guarinus das Richtige treffen, der das heutige Städtchen Cologna (einige Stunden östlich von Verona) dafür erklärte, dessen antiker Name allerdings sonst nicht überliefert ist. Denn, sagt er, 'Verona illuc iter habentibus paludes latissimae occurrunt, quae in loco quodam coarctantur, ubi ponte ligneo satis longo transitus patet, qui nunc pons Zerbanus vocatur.' ponte longo] der Brücke der Zukunft; jetzt hat Colonia nur einen ponticulus, v. 3. ludere und salire] Scherz und Tanz bei ländlichen Festen, welche natürlich (v. 6) mit Opfern u. andern Kultushandlungen, wie z. B. Processionen, verbunden

waren, bei denen aber auch die improvisierte Poesie gepflegt wurde (Hor. epp. 2, 1, 139 ff.).

2. salire paratum habes] 'sehr bereit bist zum Tanz auf der Brücke'; vgl. contemptum haberes 60, 5. cognitum habere 67, 31. (Beispiele von Plautus und Cato an bei Dräger, hist. Synt. 12, 294.) inepta crura] die untauglichen, nicht mehr haltenden Pfeiler des Brückleins.

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3. assulis] auf dünnen Spänen' übertreibt spöttisch; vgl. Paulus Festi p. 84 M. assulae ex ar· boribus dum caeduntur excussae. Plaut. Merc. 120. redivivis] 'aus einem abgerissenen Gebäude nochmals verwendet', ein technischer Ausdruck bei Vitruv u. Cic. Verr. 2, 1, 147 f., der die Geringschätzung hier noch vermehrt.

4. ne (beim Tanze) supinus eat] dafs die Brücke rückwärts hinab überschlage', ein vielleicht vulgärer, mit praeceps ire ziemlich analog gebildeter Ausdruck. cava] hier wie 95, 5: 'tief'.

5. sic] c. coni. des Wunsches bedeutet: 'so wahr wünsche ich dir dies, wie ich mir von dir folgendes wünsche': letzteres ist aber anakoluth in imperativischer Form ausgedrückt. Hor. c. 1, 3, 1 Sic te regat..reddas; ö. Nachahmung hat Mart. 7, 93, 8. ex tua libidine] nach deinem Wunsch.

6. Salisubsili ist vielleicht ἅπαξ λεγόμενον. Vermutlich war wie Gradivus auch Salius Subsilius (analog gebildet wie Anna Perenna) ursprünglich ein Beiname des Mars, den das Volk oder Catull in Salisubsilius verkürzte. Mars zu Ehren ziehen am 1. März die salischen

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munus hoc mihi maximi da, Colonia, risus.
quendam municipem meum de tuo volo ponte
ire praecipitem in lutum per caputque pedesque,
verum totius ut lacus putidaeque paludis
lividissima maximeque est profunda vorago.
insulsissimus est homo, nec sapit pueri instar
bimuli tremula patris dormientis in ulna.
cui cum sit viridissimo nupta flore puella,
et puella tenellulo delicatior haedo,
adservanda nigerrimis diligentius uvis,

8. quedam O, G? 10. pudiceq; paludes 15. ut puella | edo

Priester cum tripudiis solemnibus saltatuque (Liv. 1, 20, 4) durch die römische Stadt, deren Springtänze C. sowohl ihrer Berühmtheit wie ihrer erschütternden Heftigkeit wegen nennt; vgl. Preller, Röm. Mythol. 12, 347 ff. Von Saliern in Colonia ist natürlich keine Rede. Andere lesen Salisubsilis von den Springpriestern', während das hdsl. "Opfer des anstürmenden' Kriegsgottes vielleicht auch durch Pacuvius (?) pro imperio Salisubsulus si nostro excubet', welchen Vers Al. Guarinus anführt, unterstützt wird. Man beachte die Allitteration, auch in v. 1. 7. 8. 9. 10. 17. 18. 19. 22. 7. munus] Gastgeschenk. ximi risus] ist genitivus qualitatis, wie mali fati 15, 17. vgl. 63,39. 8. municipem meum] also einen Veroneser.

ma

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14. cui iocum

nicht des Wassers, sondern des Schlammes, wie v. 26.

12-22. Begründung des Wunsches.

12. insulsissimus] vgl. zu 10, 33. Man beachte die vielen Superlative u. sonstigen langen Wörter des Gedichtes, wie in c. 25 u. 63.

13. tremulus] ist bei C. Epitheton der Väter: 61, 51. 68, 142. Hier ist es, da man den Vater des bimulus nicht als Greis ansehen kann, für seinen Arm nicht glücklich gewählt. Oder bedeutet es schaukelnd'? vgl. auch Nemesianus 3, 30 Silenus tremulis quassat crepitacula palmis. ulna] (Ellenbogen, lévn) heifst seit C. in der poetischen Sprache: Arm. Auffallend steht patris, wo man matris erwarten möchte! Aber noch jetzt sieht man Männer in Italien sich häufig und gern der Mutterpflicht des Kindertragens unterziehen.

14. viridissimo flore] 'im grünsten Flor', ein sehr verständlicher, aber unkorrekter Vergleich.

15. et] und zwar': so Liv. 26, 13, 7: hostis, et Hannibal hostis. 'zarter als das zarteste Böcklein'. In delicatior liegt auch ein wenig von verwöhntem Übermut. Theokrit 11, 20: απαλωτέρα ἀρνός, μόσχω γαυροτέρα. Daher ändert Ovid nachahmend mit Recht so: tenero lascivior haedo (met. 13, 791). tenellulus steht bei Laevius fg. 4 M.

16. nigerrimis] schon ganz reif und darum so dunkel: da müs

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