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Vorwort.

Dem 1867/68 erschienenen ersten Bande der Deutschen Reichstagsakten hätte längst der zweite folgen sollen. Die persönlichen Verhältnisse des Herausgebers, so sehr ihn die nachsichtige Aufnahme jenes Anfangs ermuthigen mußte, haben demselben nicht gestattet rascher vorwärts zu kommen. Die im Frühjahr 1872 erfolgte Uebersiedlung von Tübingen nach Straßburg hat neue Verpflichtungen und Arbeiten gebracht. Doch kann die bisherige Verzögerung dem Unternehmen selbst als Ganzem nicht schaden, und es wird sich die scheinbar verlorene Zeit durch das raschere Aufeinanderfolgen der nächsten Bände einbringen lassen. Während die Periode Wenzels und Ruprechts im Druck erscheint, schreitet die Bearbeitung Sigmunds so regelmäßig fort, daß sie sich in der Ausgabe unmittelbar anschließen kann. Und zugleich wird für Friderich III so vorausgesorgt, daß die Edition seiner Reichstage, wenn erst Sigmund erschienen ist, nicht auf sich wird warten lassen. Ich wenigstens bin wegen des geordneten und künftig auch beschleunigten Fortgangs des Gesammtwerkes außer Sorge.

I. Bearbeitung des vorliegenden Bandes.

Da in der Leitung des Unternehmens der Deutschen Reichstagsakten, welche in der Hand H. v. Sybel's liegt, keine Veränderung eingetreten ist, so kann in dieser Hinsicht auf Band 1 p. L und LI verwiesen werden. Auch was die verschiedenen Mitarbeiter betrifft, welche außer dem Unterzeichneten bei diesem zweiten Bande betheiligt sind, so ist ihr und sein Verhältnis zu der Sache im wesentlichen dasselbe wie beim ersten Bande, und kann ich mich in dieser Hinsicht ebenfalls auf das Vorwort zu letzterem p. LII beziehen. Ich widerhole daher hier nur die Namen Menzel Kerler Schäffler Sickel Kriegk. Durch Kerler sind außer den von ihm zum Theil ganz selbständig gelieferten Nürnberger auch die dießmal hinzugetretenen Augsburger Stadtrechnungen1 bearbeitet. Die Korrektur des Drucks hat der seit einiger Zeit in Straßburg eingetretene Mitarbeiter Dr. Friedrich Ebrard aus Erlangen besorgt; von ebendemselben wurde auch das Alfabetische Register der Orts- und PersonenNamen verfasst. Seit dem Erscheinen des ersten Bandes ist der Verlag der Deutschen Reichstagsakten von der Literarisch-artistischen Anstalt der J. G. Cotta'schen Buchhandlung an Rudolf Oldenbourg in München übergegangen, welcher es durch sein uneigennütziges Verfahren möglich gemacht hat die Drucklegung hier am Orte selbst in bequemster Weise zu bewerkstelligen. Die Druckerei von Berger-Levrault et Cie in Straßburg, welche während des Drucks dieses Bandes an R. Schultz und Cie übergieng, übernahm die schwierige Aufgabe, und hat sich durch die sorgfältige Vorkorrektur und durch die schöne Ausführung ein wesentliches Verdienst um diesen Band erworben. Trotz dem gegenüber vom ersten Band

1 Die Jahrgänge von 1876. 77. 78. 79 werden in einem künftigen Supplementband nachgetragen werden, soweit sie in Betracht kommen.

Deutsche Reichstags-Akten II.

I

Auswahl

des Stoffs.

eingetretenen Wechsel der Officin ist es gelungen, den zweiten so herzustellen, daß dessen typisches Aussehen ihn als den richtigen Bruder von jenem erscheinen lässt. Hat dabei die genannte Druckerei ein nichts weniger als gewinnreiches Geschäft gemacht, so ist um so mehr zu wünschen, daß dieser Erweis ihrer Leistungsfähigkeit ihr den Eintritt in die Gebiete der Deutschen Wissenschaft glücklich inaugurieren möge.

Ich hatte früher die Absicht, die zweite Hälfte der Regierung K. Wenzels ganz in dem zweiten Bande unterzubringen. Dieß hat sich aber als unthunlich erwiesen, der Stoff wurde zu groß, ich wollte lieber dem von andrer Seite geäußerten Wunsche2 folgen und mit der Ausscheidung des einmal gesammelten Materials nicht zu streng verfahren. Es wird nicht Vieles sein, was man wegwünschen möchte; vielleicht am ersten die Stadtrechnungen wird man kürzer wünschen, Manchem werden sie auch so willkommen sein. In den ersten Bänden, wo nur wenig Akten da sind, ist es eben überhaupt schwer Reichstagsakten herauszugeben, und es wird immer eine gewisse Willkür in der Auswahl des Stoffes herschen, der herangezogen werden soll um das eigentliche Akten-Material zu ersetzen. Manches von minderer Bedeutung erscheint hier schon wegen dieser Ersatzbestimmung, und weil es zum erstenmal hier vorkommt, noch in vollem Text, wie Geleite Herberggesuche und andre Briefe; es wird die Zeit kommen, wo dergleichen3, wenn es sich nur widerholt und sonst bedeutenderer Stoff zufließt, meist nur in abgekürzter Form zu geben ist. Die Sorge würde unbegründet sein, als ob immer in gleicher Ausführlichkeit vollständiger Mittheilung auch alles minder Wichtigen, das zunächst seine Bedeutung vorzugsweise durch die genannten Umstände gewinnt, fortgefahren werden sollte. Später wird die Schwierigkeit vielmehr darin bestehen, die nur zu ausgibige Ernte auch wirklich unter Dach und Fach zu bringen, und manche Weitschweifigkeit wird auch da nicht weggeworfen werden können, sofern sie eben zur Sache gehört, manches aber auch gekürzt werden dürfen. Es scheint mir fast, als ob dieser vorliegende zweite Band, durch Hegung manches minder Wichtigen und dann auch insbesondre durch die Beschränkung auf die Jahre 1388—1397, an Interesse wol etwas hinter dem ersten zurückstünde. Aber indem der Rest der Regierungszeit Wenzels, im wesentlichen also die Thronveränderung, einem eigenen dritten Bande vorbehalten wurde, wird wenigstens der zweite dem Umfang nach handlicher und konnte rascher zum Drucke gelangen, und indem man nun im dritten Band alles auf diese Umwälzung bezügliche beisammen finden wird, ergibt sich ein erhöhtes Interesse für diesen, und es entsteht eine in sich gleichartige Masse ähnlich wie schon Obrecht mit weit geringeren Mitteln einen ganzen Band Acta depositionis komponierte*.

Zurichtung Die Zurichtung des Materials ist im wesentlichen bei dem vorliegenden Bande dieselbe des Stoffs. wie bisher. Von den freundlichen Erinnerungen, für die ich im Namen der Sache meinen besten Dank sage, habe ich soviel wie möglich Gebrauch gemacht. - Bei der Abfassung der Ueberschriften der einzelnen Stücke und bei der Interpunktion hoffe ich dießmal recht

'Daher nun der Hinweisung Hegel's in St. Chr. 8, 496 nt. 1, daß nemlich in RTA. Band 2 Klarheit gebracht werde über die Folge der Verhandlungen und Tage vor der Absetzung K. Wenzels, erst mit dem dritten Bande vollständig entsprochen werden kann. Doch war ich auch bei der Bearbeitung des vorliegenden Bandes mehrfach genöthigt auf die Chronisten kritisch einzugehen, und so hebe ich der Bequemlichkeit halber hier eine Anzahl von Stellen hervor, wo diese Quellen behandelt sind. Königshofen : 16, 39 ff. 130, 18 ff. 141, 34 ff. 419, 26 ff. (wo die Stelle Königshofens vorkommt, zu der die Hegel'sche Hinweisung gemacht wurde; auch 422, 25 ff.). Ulman Stromer: 4, 32 ff. Die anonyme Augsburger Chronik und Burkard Zink : 378, 13 ff. Dietrich von Niem: 419, 11 ff. und 25 ff. 421, 18 ff. und 35 ff. 424, 15 ff. 2 Im Literar. Centralbl. 1870 col. 90.

3 Im Einverständnis mit dem Rathe Revue critique 1869 nr. 39 p. 203.

4 Ulrich Obrecht's Apparatus juris publici et historiae Germanicae (acta depositionis Wenceslai et electionis Ruperti regum Romanorum), Argentorati 1696, 108 p. in 4. Neue Ausgabe von Jo. Chn. Fischer, Francof. et Lips.

1754 in 4.

Gött. gel. Anz. 1869 Stück 4 pag. 148-150, Recension.
Ibid. p. 151.

vorsichtig gewesen zu sein.-Vielleicht kann künftig einmal eine sparsamere Anwendung der
Kursive1 bei Auflösung von Abkürzungen eintreten. Doch ist bei den deutschen Texten, die
in unserer Sammlung vorwiegen, die Sache eine wesentlich andere als bei lateinischen. Haben
die letzteren ihre sichere Schreibart, so wechselt die letztere in jenen nicht nur unter den
Stücken selbst sondern auch innerhalb des einzelnen Stücks, so daß man nicht selten in
Verlegenheit geräth welche Buchstaben zu setzen sind wenn man auch das Wort sicher hat.
Da hilft dann die Kursive dem Unschlüssigen zum Schluss, und der Sprachforscher, dem auf
die Schreibung etwas ankommt, ist für die Vorsicht vielleicht hie und da dankbar. Uebrigens
werden kursive Buchstaben bei den Textbearbeitungen auch dann seltener vorkommen, wenn die
aus Vermuthung gegebenen Ergänzungsstellen verstümmelter Stücke statt dessen durch eckige
Klammern bezeichnet werden. Diese können auch dann eintreten, wenn in einem Stücke
öftere Zusätze aus nur Einer anderen Textüberlieferung einzuschieben sind und man die
störende fortwährende Verweisung auf letztere vermeiden will, bei deren Beschreibung aber
das eingeschlagene Verfahren anzukündigen ist. Diese fortwährende Verweisung kann jedoch
nicht entbehrt werden, wenn die Zusätze mehreren verschiednen Textüberlieferungen ange-
hören, und wird überhaupt für die meisten Fälle den eckigen Klammern oder der Kursive
vorzuziehen sein; jedenfalls ist es überflüssig die Einschiebung neben der Verweisung auch
durch Kursive oder eckige Klammern zu kennzeichnen, worin ich also einer gemachten
Erinnerung Recht gebe3. Die Notierungszeichen im Text stehn dießmal wol fast immer,
wie gewünscht wurde3, nicht erst nach der Interpunktion, wenn sie mit einer solchen
zusammentreffen, sondern bei dem Worte, zu dem sie gehören ; wenigstens ist bei der Korrektur
alle Aufmerksamkeit darauf verwendet worden. Wenn ich früher bei Stücken, welche aus
Kopialbüchern oder sonstigen alten Abschriften genommen sind, die dort stehenden Ueber-
schriften auch im Abdruck unmittelbar vor dem Text und in derselben Schrift wie diesen
mitgetheilt habe, so wird man jetzt finden, daß diese Dinge wo möglich in die Quellen-
beschreibungen verwiesen worden sind, wie gewünscht wurde, außer in Fällen wie nr. 46.
52. 53. 57. 91. 97. 227, wo die Ueberschrift zum Stücke gehört; auch in hr. 58 konnte die
Ueberschrift bleiben. Im ersten Band sind die Excerpte Wenckers aus dem Straßburger
Stadtarchivmaterial, die den verlornen vollständigen Text einer Urkunde oder eines Briefs
ersetzen müssen, im gleichen Druck widergegeben wie die vollständigen sonstigen Texte.
Wenn nun inzwischen verlangt worden ist, es solle, wie ich bei meinen eignen Regesten
gethan, bei solchen Aktenstücken, die nicht in ursprünglicher Fassung vorhanden sind, schon
durch den Druck kenntlich gemacht werden, daß, was mitgetheilt wird, nur ein Auszug sei,
so ist diesem Verlangen mit nr. 214 und 231 entsprochen worden. Dagegen schienen mir die
aus Wenckers Excerpten entlehnten nr. 143. 232. 246 in ihrer Fassung vollständig genug,
um in den gleichen Lettern wie die übrigen Texte erscheinen zu dürfen.

-

-

3

Habe ich mich so in einer Anzahl von Desiderien gern überzeugen lassen, so vermochte
ich es in Betreff anderer doch nicht mich von dem bisherigen Verfahren zu trennen. Wie es
die Natur einer so weitaussehenden Edition mit sich bringt, ist es natürlich jetzt schwer,
Vorarbeiten, die für künftig bereits nach der bisherigen Methode angestellt sind, wider
abzuändern. Auch nochmalige Erwägung führte dazu, dem nicht grundlos angenommenen
Gebrauch den Vorzug zu geben. Zudem hätte es sich fast von selbst verboten, neue Wege
auch dann einzuschlagen, wenn sie an sich vermeidbar waren und etwa dem zweiten Band
ein andres Aussehen als dem ersten gegeben hätten. Ich erörtere diese Dinge, einmal um mich

2 lbid. 151.

3 Ibid. 151.

4 Ibid. 152 f.

'Ibid. 150 f.
Die beiden handschriftlichen Bände Excerpta Wenckeri sind seit dem Erscheinen unsres ersten Bandes mit
der Seminarbibliothek, der sie einverleibt waren und die sich mit der Straßburger Stadtbibliothek in Einem Gebäude
befand, verbrannt.

Gött. gel. Anz. l. c. pag. 153.

wegen meiner Beharrlichkeit zu rechtfertigen, und dann weil es wünschenswerth ist solche

Editionsgrundsätze überhaupt weiter erörtert zu sehen. - Die Zulassung großer Anfangs-

buchstaben1 war einmal durch den Brauch des ersten Bandes in gewisse Grenzen eingeschlossen,

die ich kaum mehr erweitern durfte, obschon neuerdings auch Wattenbach' sich für eine

häufigere Anwendung derselben ausgesprochen hat. — Die durchgreifende Anwendung des

Zahlzeichens, wo die Gesammtzahl in der alten Vorlage nur theilweise durch Ziffern ausge-

drückt war, also 1370 sexto durch einfaches 1376 zu geben3, widerstrebte meinem Gefühl

für die Unantastbarkeit der Texte, vielleicht mit Unrecht, aber man wird sich doch unschwer

dieser mittelalterlichen Gewohnheit fügen. Den Apostroph in den deutschen Texten da

nicht mehr anzuwenden, wo er doch das Verständnis wesentlich erleichtert, habe ich mich

nicht überwinden können, wie z. B. bei wer', wer' es, namentlich in Satzanfängen, wo die

Gedankenrichtung des Lesers vonvornherein sicher in die Konstruktion geleitet und somit das

Begreifen beschleunigt wird, wenn er gleich zum Beginn einer oft langen und schwerfälligen

Periode weiß ob dieselbe mit wer = qui oder mit were = si esset eingeführt ist, z. B. wer

auch uns und den, die über den lantfrid und pûntnůzz gesatzt sind, dheinen schaden tut

und wer' auch uns und den, die über den lantfrid und půntnůzz gesatzt sind, dhein

schaden gescheen. Die Anwendung des Apostrophs haben sich auch andre gestattet; wie

Homeyer Ssp. 1, 182 de't statt de it, he's statt he is, he't statt he it, wo die Handschrift

ohne Zweifel det hes het zeigt; und Bartsch in seiner Ausgabe des Nibelungenlieds 2. A.

1869 Leipzig Brockhaus 129, 2 und 947, 4 dann' statt danne, 1816, 3 wann' statt wanne,

1259, 3 denn' statt denne, 135, 1 und 900, 1 und 904, 4 und 1268, 3 und 1406, 1 und 1916,

2 swenn' statt swenne, 900, 4 dick' statt dicke. Zwar meint G. Michaelis in Kuhn's Ztschr.

f.vgl. Sprachforschung Bd. 19 Hft. 4 p. 266, der Apostroph könnte bei Bartsch füglich fehlen,
und zur Vermeidung einer Verwechselung, also zur Erleichterung des Verständnisses, dient
er allerdings hier nicht und soll es auch nicht. Da ich nur von letzterem Gesichtspunkt aus-
gehe, lasse ich dann wann denn swenn dick ruhig stehen, schreibe auch (um andre Beispiele
zu gebrauchen) nicht die stett', er hett', er wolt', kem' aber, tet' er; wo aber in Urkunden
und Akten der Apostroph seinen Dienst als Dollmetscher des Sinnes leistet, halte ich ihn für
wolangebracht und die Abneigung gegen denselben für etwas ganz individuelles. Wir können
ihn anwenden, sogut wir den Stücken unsre eigne Interpunktion geben. Auch habe ich nicht
davon abstehen können, einzelne Stellen in den Texten durch gesperrten Druck hervorzuheben.
Es geschieht dieß nur bei größern Stücken z. B. Landfrieden, die in einzelne Artikel getheilt
sind, und wo, in Ermanglung einer Ueberschrift über jedem solchen Artikel, diejenigen
Worte durch Sperrung hervorgehoben werden, die für den Inhalt des ganzen Artikels
bezeichnend sind. Macht man öfter die Probe, etwa in einem solchen längeren Landfrieden
etwas zu suchen, so findet sich, daß der rasche Ueberblick dadurch wesentlich erleichtert
wird: man muß, um einen Gegenstand in einem solchen weitschweifigen Stücke zu finden,
nicht erst alle einzelnen Artikel ganz oder halb durchlesen, man kann sie überfliegen. Es sind
eben nur Schlagworte zur Bequemlichkeit des Nachschlagens in dieser Weise ausgezeichnet,
also diejenigen Worte welche den Gegenstand des Artikels im allgemeinen erkennen lassen
und somit eine Inhaltsangabe ersetzen für die sich keine Stelle fand, nicht aber sind damit
die für die historische Bedeutung und die eigentliche Willensmeinung des Artikels wichtigsten
Stellen gemeint. Von diesem Standpunkt aus werden sich die von einer Seite angeregten
Bedenken wol erledigen lassen, und werden sich auch die von einer andern Seite getadelten

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