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Verzüge herstellen lassen, bei deren Aufhebung Stoßerscheinungen auftreten. Zur Feststellung der ganz genauen theoretischen Uebereinstimmung zwischen Druck und Temperatur wären für höhere Drucke besondere Vorkehrungen und Appa= rate erforderlich).

Wegen der Zusammendrückbarkeit der Quecksilbergefäße der Thermometer durch den Druck tauchen die bei den Versuchen benußten Thermometer nicht direct in den Dampf und Wafferraum, sondern in unten geschlossene eiserne Röhren, in welche etwas Quecksilber gefüllt ist. Solche Thermometer folgen den Temperaturänderungen nur langsam, und in der hier wichtigen Temperaturgegend entsprechen geringen Temperaturunterschieden schon recht erhebliche Druckdifferenzen. Der Druck wurde bisher ebenfalls nur durch Federmanometer gemessen.

Ganz abgesehen von dem Stoße des Aufwallens muß bei jeder Aufhebung von Siedeverzügen eine ganz plößliche Druckerhöhung eintreten, da ja der für die Wassertemperatur zu niedrige Druck eben bei der Aufhebung des Verzuges durch den richtig entsprechenden ersetzt wird. Es wird also jeder erhebliche Siedeverzug, abgesehen von den fraglichen Stößen, mit einem plöglichen Ansteigen der Nadel am Manometer und Indicator verbunden sein müssen, und diente überhaupt die Beobachtung, ob eine solche Bewegung eintrat, als Zeichen, ob ein Siedeverzug stattgefunden. Auch beim wirklichen Kesselbetriebe sollen derartige Erscheinungen ebenfalls beobachtet sein. Hr. Dr. Cohn ist es, troß ernsten Bemühens, nicht gelungen, etwas Derartiges zu beobachten, und hat derselbe häufig an wirklichen Kesseln die Sicherheitsventile geöffnet, auch wenn die Kessel in der Nacht ganz in Ruhe etwas abgekühlt waren; niemals hat er ein plögliches Ansteigen des Manometers beob achten können. Die einzigen, von zuverlässiger Seite hierüber gemachten Mittheilungen berichten von dieser Erscheinung auch nur beim Ablassen des Wassers aus dem Kessel. Auf solchen Fall bezieht sich auch die von Dufour hierüber gemachte Mittheilung. Jedenfalls tritt ein derartiger sprungweiser Gang des Manometers beim Ablassen des Kessels auch in hunderttausend Fällen einmal ein, und nur wer das Glück hatte, einen sölchen zu beobachten, wird sicher fest stellen können, ob ein Siedeverzug die Ursache war.

Es wurden u. A. auch mit Anwendung eines sorgfältig fest gebrannten Theerüberzuges, der in kleinen Apparaten bei Versuchen mit der Luftpumpe die für den Eintritt des Siedeverzuges günstige Oberflächenbeschaffenheit zeigte, mit Anwendung in den Dampfraum eingepreßter Luft und aller irgend zu Gebote stehenden Mittel zahlreich wiederholte Versuche in dem Versuchskessel angestellt, ohne daß es gelang, Siedeverzüge zu erzielen. So ungünstig dieses Resultat ist, so ließ sich dasselbe als wahrscheinlich voraussehen. Bei den kleinen Siedeverzugsversuchen in Glasretorten ist die ganz sorgfältigste Reinigung derselben zum Gelingen erforderlich. Oft geht schon von einer mangelhaften Stelle im Glase, von einem kaum bemerkbaren schwarzen Pünktchen aus der Verunreinigung des Wassers, die rechtzeitige Bildung der Dampfblasen aus, und man erhält keinen Verzug. In dem großen Versuchspparate läßt sich aber solchen Anforderungen schwer genügen. Es hätte das ernsteste Anstreben nach dieser Genügeleistung auch erst einen Sinn, wenn die Erhizung nicht von einer beschränkten Heiz

fläche ausginge, und durch das heiße Mauerwerk die Filzverkleidungen 2c. dauernde Temperaturunterschiede und Circulationen erhalten würden. Für günstigere Zeitverhältnisse sind nun Versuchsreihen in Aussicht genommen, bei denen allen diesen subtilen Bedingungen möglichst genügt und der gesammte Kessel in ein Bad von gleichmäßiger Temperatur gestellt werden soll, ebenso Untersuchungen über Siedeverzüge bei höheren Drucken, über welche überhaupt noch nichts wissenschaftlich festgestellt ist.

Zunächst möge hier noch kurz über einige kleinere Versuche berichtet werden.

Es wurden in dem großen Versuchskessel Versuche mit ölhaltigem Wasser angestellt. In der Regel wurde auf etwa 40 Liter Wasser Liter Del angewendet, eine Delmenge, welche bereits eine, wenn auch niedrige, doch jedenfalls schon zusammenhängende Delschicht auf dem Wasser liefert und einen Delgehalt repräsentirt, wie er nicht leicht in der Praxis vorkommen wird.

Auch hier ließen sich weder Stöße, noch das sogenannte Spucken des Kessels erzielen, und es scheint, wenn derartiges überhaupt Statt hat, auch hierzu eine ganz besonders geeignete Oberflächenbeschaffenheit, vielleicht ein sehr glatter Kesselsteinüberzug, erforderlich zu sein. Aus der Abnuzung der Kesselbleche und der Beschaffenheit des Kesselsteines bei Delgehalt des Wassers in verschiedenen vorgekommenen Fällen ist jedoch anzunehmen, daß die Fettsäuren in diesen hohen Temperaturen das Eisen stark angreifen und daher den Kesseln im höchsten Grade schädlich und gefährlich find. Besondere Versuche über diesen Punkt sind bis jezt nicht angestellt. Bielleicht hängt der Umstand, daß die Bleche da, wo der Wasserspiegel regulär ist, häufig am ersten leiden, mit der Wirkung von Fettsubstanzen, die auf dem Wasser schwimmen, zusammen.

Weitere Versuche galten, den hier und da aufgetretenen Bildern, wie eine durch Verseifung der Fette gebildete Kalfseife sich an die Kesselwand anseßt, das Wasser sich dann von der Wand abhebt und bei späterer Berührung mit den inzwischen glühend gewordenen Blechen Stöße und Explosionen giebt. So wenig im Ganzen für eine solche Annahme eine thatsächliche Grundlage besteht, sind dennoch Versuche in der Weise gemacht, daß gewöhnliche Seife im Kesselwasser gelöst und durch Chlorcalcium gefällt wurde. Gleichzeitig wurde in der Regel etwas Del zugefügt. Stoßeffecte entstanden nicht. Bei sehr großer Masse, der mit Del durchtränkten Kalfseife, sezte sich dieselbe klebrig, kohlig auf der Heizfläche fest, und es bedurfte längerer Zeit, um eine ges wisse Dampfspannung zu erhalten, als sonst.

Was nun die noch nicht abgeschlossene Frage über den Siedeverzug und seine Effecte betrifft, so ist die Frage berechtigt, ob einfache, auch gleichzeitig anderen wichtigen Zwecken dienende Mittel denselben, so unwahrscheinlich sein Eintreten und auch seine Gefahr ist, unmöglich machen können. Es wurde hierdurch weiteren Erörterungen über diesen Punkt die praktische Bedeutung genommen.

Die wichtigsten Zwecke wären zunächst für uns, die ganz gewöhnlichsten Explosionsursachen, als das Glühendwerden von Kesselblechen durch dicke Kesselsteinkrusten, Versäumniß der Speisung, zu hohe Spannung im Kessel 2c., leicht vermeiden zu fönnen.

Es hängt von der weiteren Untersuchung einer im Nachfolgenden aufgeworfenen Frage ab, ob diese Zwecke, mit einer definitiven Vermeidung des Siedeverzuges vereint, durch Anwendung einer galvanischen Batterie erfüllt werden können. Elektrische Ströme, die durch das Kesselwasser selbst gehen, find wol bisher nirgend zur Anwendung gekommen, man hat eben nur hier und da das Sinfen eines Schwimmers und zu hohen Stand des Manometers durch ein elektrisches Glockensignal kenntlich gemacht. Einige Constructeure, die mit der Absicht umgingen, für die Herstellung von Signalapparaten die Pole einer galvanischen Batterie in das Kesselwasser selbst tauchen zu lassen, verwarfen diese Idee wegen der zu geringen Leitungsfähigkeit des Waffers für Elektricität. Es sei vorgreifend bemerkt, daß ein geringer einmaliger Zusag von Kochfalz, Soda oder anderen Salzen, die Leitungsfähigkeit des Wassers so erhöht, daß z. B. bei einem Kessel, der in Mannheim mit einer galvanischen Batterie in Verbindung stand, die Stromintensität der Batterie durch Einschaltung des Kessels kaum merklich verringert wurde. Es war allerdings eine Meidinger'sche Batterie verwendet, bei welcher die durch den Quotienten der elektromotorischen Kraft und des Widerstandes dargestellte Stromintensität durch Hinzufügung eines neuen Widerstandes wenig verringert wird, weil der Widerstand der Batterie selbst sehr groß ist. Andere Batterien würden sich weniger zur Ueberwindung solcher Leitungswiderstände eignen.

Der Siedeverzug durch Druckverminderung, sowie durch directe Ueberhigung, wird durch den elektrischen Strom allerdings nur an den Polen aufgehoben, in der übrigen Wassermasse nur soweit diese locale Aufhebung Wallungen erzeugt, und es wäre denkbar, daß in einem großen Kessel auch bei Einsenkung der Pole einer Batterie locale Verzüge bestehen blieben. Bildet jedoch der gesammte Kessel die eine Elektrode der Batterie, so würde die rechtzeitige Dampfbildung von der gesammten Kesselwandung ausgehen, und es läge in solchem Arrangement völlige Sicherung gegen den Eintritt eines Siedeverzuges.

Die Verwendbarkeit einer Batterie zu diesem Zwecke hängt jedoch allein von der Frage ab, ob bei ihrer Anwendung der feste Ansah von Kesselstein, der wahrscheinlich die Leitung unterbrechen würde, vermieden wird. Es ist das nicht ganz unmöglich, so wenig die in den Reclamen für den Baker'schen Anti-Incrustator hierüber ausgesprochene Behauptung erwiesen ist, noch zu dem Anti-Incrustator selbst, der eben wol nicht gut einen Strom giebt, eine Beziehung hat. Hindert eine Batterie in der That den festen Kesselsteinansag, so liegt hierin in Rücksicht auf die Kosten und Zeitversäumniß der Kesselreinigung, in Rücksicht auf Erhaltung der Kessel und Ersparniß an Brennmaterial, ganz abgesehen vom Siedeverzuge und den sehr nüßlichen Signalapparaten, die sich mit Hülfe der Batterie leicht herstellen ließen, sichere Aussicht auf allgemeine Einführung derselben.. Daß sich bei Anwendung eines starken elektrischen Stromes, bei welchem eine merkliche Wasserzersegung stattfindet, kein fester Kesselstein ansehen würde, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Es ist jedoch hier zu untersuchen, ob die elektrische Polarisation jene ganz dünne, auf den Elektroden sich bildende und die elektromotorische Kraft schwächende Gasschicht, auch bei schwächeren Batterien, dem festen Kesselsteinansag entgegenwirkt. Es würden sich für die Praxis be

quem nur die Meidinger'schen und ähnlich construirte Batterien anwenden lassen, die, wie behauptet wird, ein Jahr, bei den großen Elementen zwei Jahre sich selbst überlassen werden können, wenn sie einmal gefüllt find.

Es wurde daher für einen hierüber anzustellenden Versuch eine Batterie von dreißig Meidinger'schen Elementen verwendet, und hatte unser Vereinsmitglied Hr. Maschinenfabricant Selbach in Mannheim für diesen Versuch einen Kessel zur Disposition gestellt. Derselbe besteht aus einem Oberfessel von 4,30 Länge und 800mm Durchmesser und aus einem Sieder von 600mm Durchmesser bei 2,20 Länge, welche beide zusammen eine Heizfläche von rund 12 Quadratmeter liefern. Der Kessel hatte stets einen ziemlich festen Kesselstein angeseßt. Bei dem Versuche wurde nun der eine Pol der Batterie leitend mit dem Kessel verbunden, der andere Pol endete in einen unten mit einer Platte versehenen Eisenstab, welcher durch eine Porzellanglocke isolirt in den Kessel geführt wurde; die Platte tauchte ohne Berührung mit der Wand in das Kesselwasser. Der von dem eingeführten Pole ausgehende Leitungsdraht war mit Hülfe von Porzellanglocken isolirt zu der außerhalb des Keffelhauses befindlichen Batterie geleitet. In dem Kesselwaffer war ein Centner des den Kesselsteinansaß, wie mitgetheilt wurde, sehr befördernden und die Leitungsfähigkeit ausreichend erhöhenden Vichfalzes aufgelöst. Es entsprach das einem Salzgehalt des Wassers von nahe 3 pCt. Die Isolation war vollständig, denn der Strom wurde sofort völlig unterbrochen, wenn man aus dem Kessel so viel Wasser herausließ, daß der isolirt eingeführte Pol nicht mehr unter Wasser tauchte. Es wurden wöchentlich Messungen der Stromintensität der Batterie für sich und mit Einschaltung des Keffels angestellt. Der Leitungswiderstand im Kessel selbst hat sich bis jezt nicht vermehrt, und es scheint also eine Unterbrechung der Leitung durch Kesselsteinansag jedenfalls nicht stattzufinden. Vor Beginn des Versuches war der Kessel möglichst von Kesselstein befreit und zwei Platten vollständig rein gescheuert worden.

Nach sechswöchentlichem Betriebe mit der genannten Vorrichtung hat sich nun das folgende Resultat ergeben. Der Kessel zeigte sich im Oberkessel stark incrustirt, und zwar am stärksten in der Nähe des eingesenkten Poles; in dem ganzen Unterkessel jedoch, in welchem der Ansatz stets ganz besonders stark und fest war, hatte keine Incrustation stattgefunden, vielmehr lag der Kesselstein locker als ein feines Pulver in kleinen Haufen auf dem Boden. Sonst hatte der Kesselstein im Unterkessel stets dieselbe Beschaffenheit wie im Oberkessel. So wenig diese auch durch Hrn. Selbach, den Werkmeister der Fabrik, und die Arbeiter, denen die Reinigung des Kessels obliegt, thatsächlich zweifellos festgestellte Erscheinung schon jetzt mit Sicherheit zu erklären sein dürfte, scheint dieselbe doch darauf hinzudeuten, daß an den Blechen, die dem isolirt eingesenkten Pole einigermaßen nahe stehen, an denen also eine wirkliche Wasserzersegung stattfindet, sich die elektrolytisch ausgeschiedenen Basen gerade ganz besonders fest an den Blechen festseßen und die Incrustation einleiten, währeud an den dem Pole entfernter liegenden Blechen, wo nur eine Polarisation Statt hat, der feste Ansaz verhindert wird. Es wurde demnach ein neuer Versuch an dem nämlichen Kessel in Gang gefeßt, bei welchem an Stelle der Batterie von dreißig Meidinger'schen Elementen nur fünf Elemente verwendet

wurden, außerdem auch, um den Leitungswiderstand zu erhöhen, dieses Mal kein Salzzusaz zum Waffer stattfand. Die Folge davon war ein nur sehr schwacher Strom, und ist die geäußerte Auffassung richtig, so werden jezt auch die vom Pole entfernter liegenden Platten des Oberkessels frei von Kesselstein bleiben. In diesem Falle hätte man alsdann statt eines eingesenkten Stabes als Pol in den Ober- und Unterfessel in der Richtung der Cylinderagen von den Böden abstehende dünne Eisenstangen isolirt als Pol einzuführen, und es würde dann der Kesselsteinansag überhaupt vermieden werden.

Bunsen verspricht sich indessen einen noch besseren Erfolg, wenn, abweichend von dem vorgeschlagenen Arrangement, durch Vertauschung der Pole die Sauerstoffentwickelung an dem Kessel bewirkt wird. Durch Zersetzung der im Wasser gelösten Salze wird so stets eine ganz dünne saure Schicht auf den Kesselblechen erhalten, welche auf die sich anseßenden Partikelchen lösend wirken soll. Es wird hierbei allerdings stets etwas Eisen aus dem Kessel oxydirt, doch berechnet sich für die Einheit der Stromintensität der Eisenverlust auf etwa 1 Kilogrm. jährlich, so daß bei gleichmäßiger. Vertheilung auf die ganze Fläche diese Abnugung bei schwachen Strömen gar nicht in Betracht käme. Es wäre also von höherem Interesse, in einen Kessel einen Pol von solcher Gestalt isolirt einzuführen, daß die Polarisation resp. Wasserzersetzung auf allen Platten annähernd gleich stark ist, und alsdann eine Zeit hindurch den positiven und eine Zeit hindurch den negativen Pol der Batterie mit dem sehr sorgfältig gereinigten Kessel leitend zu verbinden und die Resultate in beiden Fällen festzustellen. Wie verlautet, will Hr. Ed. Elbers in Hagen in seinem Etablissement einen derartigen Versuch anstellen, und hofft für die Leitung desselben unseren Collegen Hrn. Dr. List zu gewinnen.

Bei diesen Experimenten wären dann wol gleichzeitig Versuche über die wünschenswerthen Signalapparate zu machen. Zunächst würde der isolirt eingeführte Pol bis zu der Tiefe eingesenkt werden müssen, bis zu welcher der Wasserspiegel ohne Gefahr sinken darf. Sinkt derselbe dann weiter, so wird der Hauptstromr unterbrochen, und es müßte alsdann für ein Signal ein Relais von zwei oder drei Elementen in Thätigkeit gesezt werden. Um zu hohe Spannung, ohne sich auf die Manometer zu verlassen, kenntlich zu machen, räth Helmholz ein QueckFilbermanometer aus Eisen in das Kesselwasser zu bringen und

in das Thermometerrohr einen Draht isolirt einzuführen. Steigt die Temperatur im Wasser und somit die Quecksilbersäule im Thermometer über eine gewisse Höhe, so berührt das Quecksilber den Draht, es wird ein Strom geschlossen und ertönt ein Signal. Eine solche Vorrichtung würde auch die Ueberhigungen des Wassers kenntlich machen.

In dem sicher festgestellten Umstande, daß bei Anwendung der Batterie in der einen Kesselhälfte der feste Kesselsteinansag vermieden wurde, liegt eine Thatsache vor, von deren geeigneter Verfolgung man eine Vermeidung des Kesselsteinansages überhaupt mit geringen Mühen und Unkosten erhoffen dürfte. Es würden hierdurch nicht nur alle Erplostonen durch das Aufreißen von Blechen, die unter dicken Kesselsteinkrusten glühend werden, vermieden sein, sondern die unter solchen Umständen aus ökonomischen Rücksichten sicher allgemein eingeführte Batterie würde auch den Siedeverzug, über dessen Eintreten bei höheren Drucken und seine Gefahren die Untersuchungen aus anfangs dieses Berichtes angeführtem Grunde nicht zum Abschlusse gelangten, unmöglich machen, und es würden sich untrügliche Signalapparate für den Wasserstand und zu hohe Spannung, resp. zu hohe Temperatur, des Waffers leicht construiren lassen. Es wäre außerdem ein neues physikalisches Hülfsmittel in die gesammte Industrie eingeführt, und die alsdann in allen Etablissements jederzeit zur Disposition stehenden elektrischen Ströme würden vielleicht in manchen Zweigen der Industrie noch zu vielfach anderweitiger nüßlicher Verwendung anregen.

In der weiteren Verfolgung der Bedingungen, unter denen der elektrische Strom den Kesselsteinansag hindert, und der Construction geeigneter Signalapparate mit Hülfe der Elektricität, scheint neben sorgfältiger Revision der Kessel eines der wesentlichsten Mittel gegen die Explosion zu liegen.

Die bisherigen über die Druckentlastung und andere als Explosionsursachen betrachteten Vorgänge angestellten Versuche ergaben nur negative Resultate, und es würde vielleicht ein weiteres Suchen nach den Ursachen, durch welche unversehrte und unrichtig bediente Kessel explodiren, ein Suchen nach einem nicht vorhandenen Vorgange sein. Man könnte sich wol daher damit zufrieden erklären, wenn neben den gewonnenen negativen Resultaten, durch Vermeidung des Kesselsteines und sichere Signalapparate, immerhin eine wesentliche Verminderung der Anzahl von Explosionen als Frucht des jezt leider unterbrochenen Unternehmens hervorgeht.

Ueber die Enthülsung des Weizens. Von A. J. Glas, Civil-Ingenieur. (Hierzu Tafel XXVI.)

Die Enthülsung des Weizens ist ein Proceß von der äußersten Wichtigkeit für jede Mahlmethode, wenn ihre praktische Durchführung auch nicht mit den Verbesserungen hat gleichen Schritt halten können, welche seit etwa einem Jahrhundert, zuerst durch den bekannten Ingenieur Smeaton, in das Mühlenwesen im Allgemeinen eingeführt sind. Die Mahlmühlen waren zu Ende des zwölften Jahrhunderts nahezu, wenn

nicht ebenso vollkommen, wie zu Ende des achtzehnten, doch begann eben damals zuerst Smeaton neben anderen Einrichtungen, namentlich zur Reinigung des Getreides, Mühlen zu bauen, für welche mit der zu dieser Zeit bekannt gewordenen atmosphärischen Dampfmaschine von Newcomen Wasser in Reservoirs gepumpt wurde, aus denen es auf die oberschlächtigen Räder der Mühlen fiel. Man verstand es eben damals

noch nicht, die Arbeit der Dampfmaschine direct auf die Arbeitsmaschinen zu übertragen. Später wurde, 1786, von Boulton und Watt und John Rennie die erste wirkliche Dampfmühle, die sogenannte „Albionmühle", an dem Fuße der Blackfriarsbrücke in London gebaut, bei welcher auch zuerst gußeiserne Räder für das Betriebswerk zur Anwendung kamen. In Deutschland fanden Dampfmühlen erst im Anfange der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts Eingang.

Von Smeaton rühren ebenfalls die Cylindersiebe her. Diese arbeiteten jedoch nicht ganz zur Zufriedenheit, und obgleich man jede Verbesserung in der Maschinerie vornahm, so blieb doch ein fühlbarer Mangel an einer wirksameren Vorrichtung, um den staubigen Bart und die faltige Schale des Korns abzureiben. Es wurden daher Reinigungsmaschinen aller möglichen Art construirt, Smeaton's verbesserte Beutelmaschine wurde umgebaut, um das Getreide zu schälen und zu reinigen, und eine Anzahl anderer Vorrichtungen, wie Drahtbürsten, conische Reiber, gerippte Blechcylinder, umdrehende Scheiben und rauhe Steinflächen 2c., wurden für diesen Zweck angewendet, alle jedoch ohne irgend einen beträchtlichen Erfolg, und es ist bekannt, daß Smeaton's umgebaute Beutelmaschine bis auf den heutigen Tag ihren Plaz behauptet hat.

Ehe wir jedoch in die Einzelheiten der Abschälungsmaschinen und des Abschälungsprocesses eingehen, wollen wir den physikalischen Eigenschaften der Theile, welche das Weizenforn bilden, einige Aufmerksamkeit zuwenden.

Es giebt kaum eine Pflanze in dem Pflanzenreiche, welche so häufig untersucht wurde und von welcher durch so vielfache Analysen bewiesen wurde, daß nicht nur die relative Zusammensegung der verschiedenen Theile der Pflanze beträchtlich variire, sondern daß auch die Zusammensetzung des Korns, Strohes und anderer Theile des Weizens großer Verschiedenheit unterworfen sind, je nach der Art des Weizens, der Cultur, Jahreszeit, Natur des Bodens, Düngers und Klimas. Dies ist ohne Zweifel die Ursache der großen Menge von Weizenarten, welche zahlreicher sind als die von irgend einer anderen Getreideart. In Deutschland allein giebt es wenigstens ein Dußend verschiedener Arten, in welchen die relativen Mengen der einzelnen Bestandtheile bedeutend variiren. Es ist indeß wahrscheinlich, daß alle Arten von nur einer abstammen und daß die bekannten Verschiedenheiten durch die verschiedenen Himmelsstriche, in denen sie angebaut wurden, bedingt sind. Moleschott giebt in seiner Physiologie der Nahrungsmittel" die Verschiedenheit, welche bei Weizen von verschiedener Cultur und aus verschiedenem Klima zwischen zwei seiner Hauptbestandtheile besteht.

Es enthalten danach 100 Theile im Mittel genommen:
Theile

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Ebenso ist die Menge der verbrennbaren Bestandtheile und der unorganischen Salze in den verschiedenen Arten sehr verschieden, wie z. B. die Menge der phosphorsauren Salze von 40 bis 50 pCt. und darüber variirt. Mit Berücksichtigung dieser Thatsachen sollten die Müller ein doppeltes Ziel im Auge behalten, wenn sie Mehl aus Weizen als Nahrungsmittel für den Menschen bereiten wollen, nämlich die Menge der nahrhaften Stoffe und den Procentgehalt an feinem Mehl. Den lezteren sind die Müller durch den einfachen Augenschein mit ziemlicher Genauigkeit im Stande zu schäßen, die erstere ist jedoch nicht auf gleich leichte Weise zu erkennen, da dies mehr von chemischer als blos praktischer Untersuchung und Erfahrung abhängt. Es führt uns dieses zu einer anderen und noch wichtigeren Thatsache, nämlich die Behandlung des Korns, welche ohne Zweifel von der größten Wichtigkeit für den Mahlmühlenbetrieb ist. Nehmen wir die Möglichkeit einer vollkommenen Behandlung des Korns an, so sollte Weizen 97 bis 98 pCt. nahrungsfähiger Stoffe und nur 2 bis 3 pCt. unverdauliche Holzfaser ausgeben, oder in anderen Worten, angenommen, daß eine vollkommene Trennung des Mehles von der Kleie und anderen Stoffen möglich sei, so sollte Weizen 90 bis 92 pCt. reines Mehl und nur 8 bis 10 pCt. Kleie und andere Stoffe ausgeben. Ich muß hier auf die Versuche Mège-Mouriè's aufmerksam machen, welche den großen Verlust noch erklärlicher machen werden, welcher durch die allgemeine Mahlmethode entsteht.

Wenden wir uns zu der Abbildung Fig. 1, Taf. XXVI, welche ein mikroskopisch vergrößerter Längenschnitt eines Weizenforns ist, so bemerken wir an dem oberen Ende den Bart. Dieser besteht aus sehr feinen Haarröhrchen, welche in der Farbe zwischen einem schmutzigen Weiß und einem Braun variiren, und dient wahrscheinlich um den inneren Theil des Kornes während seiner Entwicklung mit der Atmosphäre zu verbinden. Die Beschaffenheit des Bartes bewirkt, daß, wenn das Korn von der Aehre genommen und der Atmosphäre frei ausgesezt ist, derselbe sehr bald mit kleinsten Theilchen von Staub und Schmuz bedeckt sein wird, und daß, wenn er nicht vor dem Mahlen von dem Korne entfernt wurde, die Qualität bedeutend vermindert und das Mehl ein weniger gutes Aussehen erhalten wird.

An dem unteren Ende der Fig. 1 finden wir den Keim, dessen innerer Theil mit 10 bezeichnet ist und leicht von dem anderen Theil des Kerns unterschieden werden kann; es besteht derselbe aus einer harten, gelben, knorplichen, öligen Substanz von unangenehmem Geschmack, und kann im trockenen. Zustande nicht leicht abgestreift werden. Er ist ebenso wie der Bart härter, als der eigentliche Kern, und wird daher unter dem Steine nicht in wirkliches Mehl, sondern nur in sehr kleine Theilchen vermahlen, welche dem Mehl nicht nur ein sehr trübes und dunkles Aussehen geben, sondern auch, da fie unverdaulich sind, den Nahrungswerth des Mehles sehr beeinträchtigen.

Bei einer näheren Betrachtung des eigentlichen Kornförpers bemerken wir eine Anzahl von Schalen und Häuten, welche den Kern einhüllen. Die erste oder äußere Schale (Epidermis), mit 1 bezeichnet, erscheint rauh gerippt, farblos und ohne Zellen, und kann, da sie theilweise lose ist, leicht abgeschält werden. Die zweite (Epicarpium), 2, ist in ihren

Bestandtheilen gleichartig mit der Epidermis, erscheint jedoch glatter, hüllt das Korn nur lose ein, und kann daher beinahe ebenso leicht von demselben abgelöst werden, als die erstere Schale. Die dritte oder Mittelschale (Sarcocarpium), 3, ist ebenfalls glatt, zeigt jedoch gelblich gefärbte Zellen. Die folgende Schale (Endocarpium), 4, ist in ihren Bestandtheilen gleichartig mit dem Sarcocarpium; diese zwei legtgenannten Schalen liegen jedoch dichter an dem Korne an, als die äußeren Schalen, ihre Abtrennung ist daher nicht ganz leicht. Das Gesammtgewicht dieser Schalen beträgt ungefähr 3 pCt. des Gewichtes des Korns. Wir kommen nun an die fünfte Schale oder Testa, welche, je nach den verschiedenen Arten des Weizens mehr oder weniger orangegelb gefärbt erscheint, und welche das Korn noch fester umhüllt. Dieser Haut folgt eine andere, sehr dünne und farblose Haut, welche in der Figur nur angedeutet ist. Sie ist in sehr innigem Zusammmenhang mit der folgenden Haut und kann daher nur durch bestimmte wirksame Mittel getrennt werden. Die wichtigste jedoch von allen diesen Häuten ist die leßte Haut, 6, die Embryo-Membrane. Diese ist von farblosem Gewebe, besißt einen hohen Procentsag an Phosphorsäure und Kleber, und dehnt sich von dem einen Ende des Keimes bis zu dem anderen aus. Sie ist wasserdicht, so daß, wenn man ein Weizenkorn in Wasser taucht, die ersten fünf Umhüllungen wol in einigen Stunden durchfeuchtet sein werden, während die Embryo- Membrane jeder weiteren Durchfeuchtung widersteht, und der Kern selbst nach mehrtägiger Einwässerung noch immer trocken und spröde bleiben wird. Selbst, wenn die ersten fünf Umhüllungen entfernt würden, bliebe die Undurchdringbarkeit dieser Haut für Wasser doch dieselbe; der einzige Punkt, wo das Wasser sich Eingang verschaffen könnte, ist an dem Theil des Keimes, welcher von dem Gewebe, 6, unbedeckt ist. Dies würde jedoch erst nach sehr langer Einwässerung stattfinden können. Sollte jedoch dieses Gewebe 6, nur theilweise entfernt, beschädigt oder nur gerigt werden, so würde das Wasser augenblicklich den Kern durchdringen. Mège-Mouriès behauptet, daß die EmbryoMembrane eine der wichtigsten Rollen beim Keimen und Unterhalten der Pflanze und in der Ernährung spielt.

Der mehlhaltige Theil des Kernes, 7, welcher in unmittelbarer Berührung mit der Embryo-Membrane ist, ist von etwas harter und spröder Beschaffenheit, und obgleich nicht von der feinsten Weiße, so ist er doch von der größten Nahrhaftigkeit, und würde, wenn eine vollkommene Trennung von der Kleie möglich wäre, die beste Qualität Brod geben. Da dieser Theil des Kernes jedoch hart und spröde ist, so bricht er unter dem Stein mit den Hülsen in kleine Theilchen, und giebt deshalb nicht nur ein scheinbar dunkleres, sondern auch ein geringeres Mehl, da dasselbe mit der Kleie und anderen Mengen von Staub und Schmuß, welchen alle Getreidearten mehr oder weniger ausgesezt sind, vermischt ist. Weiter ist dieser innige Zusammenhang dieses nahrhaften Kerntheiles mit den Hülsen der Grund, warum er zu einem so bedeutenden Theil in der Kleie sich vorfindet. Der folgende mehlhaltige Theil, 8, ist weder so hart noch so nahrhaft wie der vorhergehende, ergiebt jedoch, da er nicht so sehr mit den obengenannten Beimengungen vermischt ist, eine bessere und weißere Qualität Mehl. Der innerste Theil des Kerns, 9, endlich ist am wenigsten nahrhaft, ist weniger hart als die ihn um

gebenden Theile, liefert jedoch aus den angegebenen Gründen die feinste und reinste Qualität Mehl.

Nehmen wir die Möglichkeit einer vollkommenen Trennung der mehlhaltigen Theile von den erwähnten Häuten an, so würden jene ungefähr 90 bis 92 pCt. von dem ganzen Gewichte des Korns ausmachen, während nur 8 bis 10 pCt. Kleie und andere Körper zurückbleiben würden. Bei der gewöhnlich üblichen Mahlmethode beträgt die Kleie jedoch 20 bis 25 pCt. und die Menge des Mehls 75 bis 80 pCt., und lezteres ist von viel geringerer Qualität als es nach obiger Annahme sein würde. Es folgt daraus, daß die bei leßterem Verfahren sich ergebende Kleie wenigstens 10 pCt. der nahrhaftesten, mehlhaltigsten Theile enthalten muß, weil sie in so inniger Verbindung mit dem äußersten mehlhaltigen Theile des Kernes ist und unmöglich auf eine praktische Weise gänzlich geschieden werden kann; es ist augenscheinlich, daß sie einen höheren Nahrungswerth haben muß, als das feinste Mehl.

Vergleicht man den Weizen mit dem Weizenmehl und der Weizenkleie, so find nach Moleschott in 100 Theilen enthalten:

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Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, daß in der Kleie der Kleber in größerer Menge enthalten ist, als in dem feinen Mehl. Demzufolge möchte es scheinen, daß Weizen mit dicken Schalen oder einem hohen Procentgehalt an Kleie als Nahrungsmittel für den Menschen von höherem Nußwerth sein müsse, da seine Fähigkeit der Muskelbildung hauptsächlich von der Menge des darin enthaltenen Klebers bedingt ist.

Moleschott hat jedoch in seiner Physiologie der Nahrungsmittel" bewiesen, welchen großen Irrthum man begeht, wenn man die Kleie mit dem Mehl vermischt, denn obgleich dieses dadurch an Nahrungswerth gewinnt, kann der Mensch doch in der Regel die dickwandigen Zellen der Kleie nicht vollständig verdauen, oder nur dann, wenn er sehr starke Verdauungsorgane besigt und dabei ein thätiges Leben führt. Es zeigt sich, daß die schleimige Haut der Verdauungsorgane durch die Kleie äußerst gereizt wird und daß Durchfall die gewöhnliche Folge dieses zweifelhaften Vortheiles ist, eine allzureichliche Menge schwer verdaulicher gehaltreicher Nahrung zu sich zu nehmen.

Mit Hülfe eines vergrößerten Querschnittes, wie Fig. 2 zeigt, wird die Form des Weizenforns klar werden; und werden daraus die großen Schwierigkeiten hervorgehen, welche man bei der Enthülsung zu überwinden hat.

Es ist nun nahezu ein Jahrhundert verflossen, seit von einem amerikanischen Arzt in Pennsylvanien zuerst an die gänzliche Abschälung des Weizens gedacht wurde; und auch in Deutschland wurde es bei der allmäligen Verbesserung der Mahlmühlen bald augenfällig, daß der bei der Müllerei erhaltene große Verlust an Mehl nur durch ein gänzliches Abschälen des Korns aufgehoben werden könne.

Für diesen Zweck wurden zuerst eine Menge theurer und

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