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Da bei früheren Versuchen mit Dynamit gefüllte Kisten von einer großen Höhe auf den Boden herabgeworfen werden konnten, ohne daß eine Erplosion erfolgte, so wurden jezt Patronen von Messingrohr mit 3 bis 34 Grm. Dynamit gefüllt, theils mit einer Schraube, theils nur mit einem Kork verschlossen angefertigt, und mittelst einer Windbüchse aus einer Entfernung von 13,2 gegen eine senkrechte Felswand abgeschossen. Unter sieben Versuchsschüssen erplodirten zwei dünnwandige, mit einem Kork verschlossene und eine dickwandige, mit einer Schraube verschlossene Patrone, von welchen die leztere mit einer Zündkapsel versehen war, beim Anschlagen an den Felsen, zwei andere der lezteren ohne Zündkapsel erplodirten aber nicht. Ebenso wenig explodirten zwei solcher Patronen, welche nicht den Felsen, sondern nur den darunter befindlichen Schutthaufen trafen. Daraus geht hervor, daß fest eingeschlossenes Dynamit zwar durch Stoß erplodiren kann, der Stoß aber ziemlich heftig sein muß. Dynamit, auf eine Eisenund auf eine Sandsteinplatte gelegt, auf welche man eine 114 Kilogrm. schwere Eisenmasse fallen ließ, und zwar auf der Eisenplatte 9 Mal aus einer Höhe von 7 Centimtr. bis 1", erplodirte in fünf Fällen, in vier aber nicht; auf der Sandsteinplatte erplodirte dasselbe bei 1,2 Fallhöhe, bei geringerer Fallhöhe aber nicht. Auch auf einem Brett von Buchenholz erfolgte bei einer Fallhöhe von 0,25 bis 1 keine Erplosion. Es folgt daraus, daß Dynamit zwischen zwei sehr harten Körpern, z. B. Eisen, bei einer gewissen Intensität des Stoßes explodirt, daß dies aber zwischen Stein und Eisen nur selten, zwischen Holz und Eisen wenigstens innerhalb der Grenzen der Versuche nicht erfolge. Aehnliche Resultate ergaben die auf Dynamit mit gleicher Unterlage geführten Hammerschläge. Durch Einwirkung der Elektricität auf Dynamit konnte weder durch die Leydener Flasche, noch durch einen Inductionsapparat eine Explosion hervorgebracht werden, so daß also Gewitter auf dasselbe keinen Einfluß haben dürften.

Aus den eben erwähnten und andern ähnlichen Versuchen dürfte hervorgehen, daß Einwirkung der Sonnenstrahlen, Temperaturveränderungen und directe Entzündung das Dynamit, wenn dasselbe nicht in geschlossenen widerstandsfähigen Räumen enhalten ist, nicht zur Explosion bringen, daß dasselbe aber durch Stöße zwischen metallischen Körpern erplodirt, daß jedoch Stöße, wie sie bei dem Ein- und Ausladen, sowie bei der Fahrt auf Eisenbahnen unter gewöhnlichen Verhältnissen vorkommen, keine Explosion des Dynamits erzeugen. Inwiefern das Dynamit einer Selbstzersetzung wie das Nitroglycerin unterworfen sein möchte, ist bis jezt durch Wahrnehmung nicht dargethan, doch dürfte dieselbe auch nicht zu verneinen, das Dynamit aber immerhin beim Transport auf Eisenbahnen weit weniger als Nitroglycerin der Gefahr einer Erplosion unterworfen und daher unter Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln auch zum Transport auf Eisenbahnen zuzu= Lassen sein.

Als besonderes Beispiel, daß Dynamit unter Umständen ohne Gefahr der Erplosion auf weite Strecken transportirt werden kann, ist die Sendung einer halben Tonne oder 10 Ctr. dieses Sprengmittels nach den Bergwerken St. John del Rey in Südamerika zu betrachten. Diese Sendung geschah von England aus zu Schiffe nach Rio de Janeiro, von dort aber zu Lande 300 engl. Meilen (490 Kilomtr.) weiter, erst auf der Eisenbahn, dann eine Strecke durch Fuhrwerk und zuletzt durch das Gebirge auf Maulthieren bis zu den Werken, und erreichte glücklich das Ziel.

Auch in Oesterreich hat man die geringe Gefahr bei dem Transport des Dynamits anerkannt und seine Versendung auf der Eisenbahn unter Beobachtung bestimmter Vorschriften gestattet. (Schluß folgt.)

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Zustande unserer erperimentell gewonnenen Kenntnisse möglich ist. Auch im zweiten Theil, welcher die mechanische Wärmetheorie behufs der weiteren Entwickelung zu Hülfe nimmt, werden die verschiedenen Grundsätze dieser Theorie nur schrittweise in die Untersuchung eingeführt; erst nachdem mit Hülfe des Princips der Aequivalenz von Wärme und Arbeit die Entwickelung der Formeln möglichst weiter geführt ist, wird das von Clausius so genannte zweite Princip hinzugezogen, wodurch eine gewisse bis dahin unbestimmt gebliebene Function als eine für alle Körper gleiche Tem= peraturfunction und dann weiter vermittelst der Betrachtung eines vollkommenen Gases einfach als die sogenannte absolute Temperatur 273tbestimmt wird. Diese Art der schrittweisen Einführung weiterer Annahmen hat ohne Zweifel manches für sich; sie läßt den Einfluß derselben gesondert erkennen, und gestattet eine spätere Modification einzelner Annahmen, ohne die Untersuchung von Anfang an wiederholen zu müssen. Freilich ist die Entwicke= lung weniger einfach, als wenn sie von vornherein durch die Einführung aller zu ihrer vollständigen Durchführung nöthigen Annahmen erleichtert wird; auch scheint der Verf. zu jener Behandlungsweise seiner Aufgabe nicht nur durch ihre anzuerkennenden principiellen Vorzüge, sondern nicht weniger auch durch seine Zweifel an der unbedingten Zulässigkeit der Grundsäge unserer heutigen mechanischen Wärmetheorie bestimmt worden zu sein. Besonders gegen das Clausius'sche Princip, welches auf dem Grundsag beruht, daß jeder Uebergang von Wärme aus einem kälteren in einen wärmeren Körper von einer Compensation, d. h. von einer anderweitigen durch jenen Uebergang bedingten Veränderung begleitet sein müsse, werden verschiedene Bedenken allerdings nur mehr angedeutet, als bestimmt ausgesprochen, und ohne daß der Verf. Besseres an die Stelle zu sehen versuchte.

Die Vergleichungen, welche der Verf. zwischen einer Dampfmaschine und einer Luftmaschine anstellt, beruhen wesentlich auf der offenbar unzulässigen Annahme, daß der Arbeitsverlust durch die Nebenwiderstände irgend einer calorischen Maschine dem Volumen derselben (Cylindervolumen) proportional zu sehen sei. Ist hiernach das Volumen, der absolute Effect und der Nußeffect für eine Dampfmaschine V, E. und E,

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E = (1 − 1) E.,

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Angelegenheiten des Vereines.

Aenderungen zum Verzeichniß der Mitglieder.

A. Büttner, Assistent am Polytechnicum in Aachen (1433). A. Georg Jancke, Ingenieur in Berlin (1444). B.

Hugo Heinemann, Königl. Bauinspector in Altena (1014). L. M. Julius, Ingenieur der Maschinenfabrik von R. Bringsheim in Kattowig (655).

Körfer, Generaldirector der Kramsta'schen Besitzungen in Kattowig (1033).

Tokarski, Ingenieur in Königshütte (1074).

M. C. H. Wilke, Maschinenmeister in Kattowiz (429).

Fr. Filler, Ingenieur im technischen Geschäft von Fr. Raßmus in Magdeburg (1531). T.

Ed. Busch, Maschinenmeister der bergisch-märkischen Eisenbahn in Witten (747). W.

Aug. Haarmann, Director der Henrichshütte bei Hattingen (1055).

H. Köhler, Ingenieur in Hagen i. W. (867).

3. Chary, Fabricationschef in Horst bei Steele (850). )
R. M. Daclen jun., Ingenieur z. 3. in Bochum (1419).
Carl Gödecke, Betriesdirector der Johanneshütte bei
Duisburg (672).

W. E.

E.

Ed. Abegg, Constructeur der Filiale von Escher, Whß & Co. in Ravensburg (1666).

Heinr. Conradi, Civil-Ingenieur z. 3. in London (1621).
A. von Gizycki, Lehrer am Polytechnicum in Aachen (324).
C. Hanst, Ingenieur der Maschinenfabrik von G. Kuhn in Stutt=
gart-Berg (1758).

Fr. Horn, technischer Dirigent der Maschinenfabrik von G. Brinkmann & Co. in Witten (512).

Josef Khern, Ingenieur in Graz (1211).

Paul Krause, Ingenieur der Maschinenfabrik von Gaul & Hoffmann in Frankfurt a. d. O. (1805).

E. Mainzhausen, Ingenieur in Duisburg (1213).
Wilh. von Mojsifovics, königl. ungar. Wagfluß-Regulirungs-
Ingenieur in Nagy Szombat (733).

Mar Schrödter, Maschinenmeister in Hannover (1392).
R. Wels von Liszewski, Ingenieur der schlesischen Actiengesell-
schaft für Bergbau und Zinkhüttenbetrieb in Breslau
(1507).

Alb. Wüst, technischer Director der Maschinenfabrik in Kirchheim u. T. (267).

Auch aus der Zahl unserer Vereinsmitglieder hat der jezige Krieg für Deutschlands Ehre und Machtstellung seine Opfer ge= fordert, und erfüllen wir hiermit die traurige Pflicht, von dem Lode der nachstehend aufgeführten,

im Kampfe für das Vaterland gefallenen Vereinsgenossen Mittheilung zu machen.

Hr. Bernhard Voß,

Ingenieur in Berlin, Lieutenant im 6. brandenburgischen InfanterieRegiment Nr. 52, fiel am 6. August bei der Wiedereinnahme von Saarbrücken.

Im Berliner Bezirksverein hatte sich der Verstorbene, obwol er ihm erst kurze Zeit angehörte, durch anregenden Umgang und Eifer für die Angelegenheiten des Vereines viele Freunde erworben, und werden ihm dieselben ein bleibendes Andenken bewahren.

Hr. Galler,

Berginspector in Lipine bei Morgenroth und Mitglied des oberschlesischen Bezirksvereines, verunglückte durch Erplosion eines Torpedo in der Elbmündung.

In dem Gefecht bei Toul am 16. August fiel der Ingenieur und Kupferwarenfabricant in Halle a. d. S. Hr. Keil,

Lieutenant im 27. Landwehr-Regiment.

Der Thüringer Bezirkverein, welchem der Dahingeschiedene jeder Zeit reges Interesse bethätigt hat, bedauert den Verlust eines in allen Kreisen hoch geachteten und beliebten Collegen.

Hr. M. Limprecht,

Ingenieur in Charlottenburg bei Berlin und Vicefeldwebel im combinirten brandenburgischen Landwehr - Regiment Nr. 20/60, ist zu Rheims dem Typhus erlegen.

Außerdem wurde

Hr. Emil Langen,

Generaldirector in Salzgitter und Mitglied des technischen Vereines für Eisenhüttenwesen inmitten der Ausübung seiner Berufsthätigkeit dem Vereine durch den Tod entrissen.

Dem Vereine sind ferner beigetreten die Herren:

F. E. Burgers, Ingenieur der Mülheimer Hütte bei
Mülheim a. Rhein (913).

W. Forschepiepe, Fabrikbesizer, Firma: Balcke,
Kunze & Co., in Oberhausen (1486).
Rud. Haas, Ingenieur in Dillenburg (1249).
Aug. Hethey, Director in Schönthal bei Wetter a. d.
Ruhr (1305).

Pink, Ingenieur der Hermannshütte in Hörde (719).
Alfr. Schilling, Ingenieur in Oberhausen (707).
Ernst Stup, Fabricant in Dortmund (1172).

E.

E. Dorovius, Ingenieur und Bohrmeister der königl. Geschüßgießerei in Spandau (573).

Berlin, 7. November 1870.

A. W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47.

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Mittheilungen aus den Berichten des Hrn. Dr. L. Cohn über die Untersuchungen zur Feststellung der Ursachen der Dampfkesselexplosionen.

(Schluß von Seite 609.)

Während es bei der ersten vorhin besprochenen Classe von Siedeverzügen zweifellos ist, daß bei genügend großer Ueberhigung die zur Keffelsprengung erforderlichen Drucke entstehen können, bleibt es zweifelhaft, ob Siedeverzüge, die bei normalen Wassertemperaturen durch Druckverminderungen entstehen, überhaupt gefährlich find, und es ist die Hauptaufgabe, hierüber in's Klare zu kommen.

Es sei die Sachlage hier kurz reproducirt: Durch Dufour's Arbeiten wurde festgestellt, daß man unter gewissen Bedingungen sowol Wasser direct überhißen, als auch den Druck über einer siedenden Flüssigkeit sehr ermäßigen kann, ohne daß Nachfieden eintritt, daß dieser Siedeverzug sich unter Dampfstößen aufhebt, welche, nach Dufour's Vermuthung, Kessel sprengen könnten. Die Bedingungen für den Eintritt eines Siedeverzuges waren unbekannt. Dufour nimmt mit Staunen wahr, daß, während bei seinen Versuchen in einer Glasretorte die Entfernung der absorbirten Luft durch langes Auskochen unbedingt erforderlich ist, sich Wasserkugeln in einer Delmischung hoch überhizen lassen, ohne daß die absorbirte Luft entfernt ist u. s. w.

Die Verfolgung eines Gedankens von Helmholz, die durch die Circulation bedingten Druckverhältnisse in der Flüssigkeit bei der Frage über den Eintritt der Dampfbildung zu berücksichtigen, gab den Schlüssel für das Verständniß der Siedeverzugserscheinungen. Die Rücksicht auf diese Druckverhältnisse macht die Bildung von Dampf nach Ueberschreitung des Siedepunktes noch weiter abhängig von zwei Factoren: von der Circulation in der Flüssigkeit und der Oberflächenbeschaffenheit der Wandung; die Oberflächenbeschaffenheit sowol in Bezug auf die scharfen Ecken und Kanten, als auch auf die anziehenden Kräfte zwischen dem Wandungsmaterial und der Flüssigkeit, die Adhäston. Ist diese lettere, wie bei den Metallen, nicht groß, so wird schon bei geringen, durch die Temperaturbewegung bewirkten Circulationen ein Abreißen der

XIV.

Flüssigkeit von den unebenen Stellen der Wandung stattfinden. An solchen Stellen ist der Druck gleich Null, bei Annahme einer gewissen Zähigkeit der Flüssigkeit sogar negativ, auch wenn das Manometer im Dampfraume des Apparates die höchsten Drucke anzeigt, und an solchen Stellen muß die Bildung eines Dampftheilchens ebenso leicht vor sich gehen, wie im luftleeren Raume. Bei einem früher mitgetheilten Versuche wurde Wasser in einem Becherglase durch seitliche Erwärmung unter einer Delschicht auf etwa 110° C. überhist und ein Stückchen Bergkrystall hineingeworfen; es entwickeln sich an dem Bergkrystall Dampfblasen, der Siedeverzug hebt sich jedoch nicht in der ganzen Flüssigkeit auf, weil diese Dampfentwickelung an der einen Stelle in Folge der Delschicht nicht erhebliche Circulation in der übrigen Flüssigkeit hervorrufen kann. Wirft man ein Stückchen Metall in das Glas, so findet an diesem auch Dampfentwickelung Statt, und man beobachtet häufig, daß eine' größere Dampfblase an solchen Metallstückchen hängen bleibt, während das Thermometer die frühere Ueberhizung anzeigt. Hierin liegt ein sicherer Beweis, daß an der Stelle des Metalles keine Ueberhigung besteht, denn es müßte sich die Dampfblase sonst sättigen, und würde mit recht erheblicher Druckdifferenz in die Höhe getrieben. Diese Dinge mögen hier wiederholt werden, weil Schlüsse und Vorschläge daran geknüpft werden können. Der Siedeverzug ist kein besonderer Zustand der Materie, kein Zustand eines besonderen labilen molecularen Gleichgewichtes, der sich momentan aufhebt. Wenn die erforderlichen Circulationen und Oberflächenverhältnisse vorhanden sind, bildet sich der Dampf beim Siedepunkte, d. h. bei dem Punkte, bei welchem eben die Möglichkeit seines Bestehens beginnt, bei welchem die der Flüssigkeitstemperatur entsprechende maximale Tension des Dampfes gleich dem äußeren Drucke ist. Sind diese erforderlichen Circulationen und Oberflächenverhältnisse nicht vorhanden, so läßt sich das Wasser noch weiter erhißen. Tritt dann Dampfbildung ein, so ist sie keine

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momentane, sondern die Dampfentwickelung an einer Stelle ruft die erforderliche Circulation weiter schreitend an einer anderen hervor u. s. f. Geschieht dies bei Anwendung einer Delschicht nicht, so hebt sich der Verzug nur local auf. Tritt man mit diesen Auffaffungen über die Siedeverzugserscheinungen an die Frage, ob im Kesselbetriebe Siedeverzüge durch Druckentlastung bei normaler Wassertemperatur gefährlich werden. können, so gelangt man dahin, daß hierüber das Experiment entscheiden muß. Die Physik scheint das Folgende zu sagen: Daß bei Aufhebung eines solchen Siedeverzuges weit über die maximale Tension für die Waffertemperatur hinausgehende Dampfdrucke entstehen, welche den Kessel bedrohen, mußte auf bisher noch unbekannten Erscheinungen bei der Dampfbildung. beruhen, deren durchaus grundlose Annahme abenteuerlich wäre. Es ist erwiesen, daß im luftverdünnten Raume ein Siedeverzug von 54° C. eine dünne Glasretorte nicht zu sprengen vermochte; die Gefahr derartiger Siedeverzüge könnte nur in den Stoßwirkungen geschleuderter Wassermassen ruhen, und dieser Punkt wäre jezt ausführlicher zu untersuchen. Nimmt man an, daß eine Wasserscheibe mit constanter Druckdifferenz durch einen größeren Bruchtheil der Kesselhöhe bis oben an den Kessel getrieben wird, so hat schon Dr. Grashof die Möglichkeit der Gefahr in solchem Falle durch eine Rechnung dargethan, Bd. XI, S. 762, auch wenn die erwähnte Druckdifferenz nur eine halbe Atmosphäre beträgt. Dr. Grashof wurde hierzu durch die seiner Zeit behauptete Unmöglichkeit folcher Gefahr angeregt, ließ es jedoch durchaus dahin gestellt, ob der seiner Rechnung zu Grunde gelegte Vorgang nun wirklich beim Kesselbetriebe statthaben wird. Es scheint das Leztere recht unwahrscheinlich, denn die erwähnte Druckdifferenz wird während der Wasserbewegung nicht bestehen bleiben. Einerseits wird die gehobene Wasserscheibe sofort durchbrochen werden, und über und unter derselben sich gleicher Druck herstellen, dann aber wird der Druck im oberen Raume durch die Dampfentwickelung in der Scheibe selbst den Werth des Druckes unter der Scheibe erhalten, endlich aber wird das zur Erhaltung der Druckdifferenz erforderliche Abströmen des über der Scheibe befindlichen Dampfes durch irgend eine Ablaßöffnung die Erscheinung modificiren. In Bezug auf diesen legteren Punkt kann über einen Versuch berichtet werden. Es wurde in ein Kupfergefäß ein langes Eudiometerrohr, welches an seiner Spize ausgezogen und zugeschmolzen war, durch eine Stopfbüchse eingeführt. Das Kupfergefäß wurde mit Wasser und Aether gefüllt und in warmes Wasser von solcher Temperatur gestellt, daß die Spannung des Netherdampfes etwa 3 Atmosphären Ueberdruck betrug. Alsdann wurde die Glasspige abgebrochen und so das Wasser in dem Rohre emporgeschleudert. Es wurde hierbei nun nicht einmal der gewölbte Kopf des Glasrohres abgebrochen, und diese geringen Effecte sind sehr erfärlich. Die auf die Wassermasse wirkende Druckdifferenz nimmt mit dem Steigen des Wassers im Rohre ab, da die im Eudiometer befindliche Luft, die nur ihrem Drucke und der Ausflußöffnung entsprechend abfließen kann, comprimirt wird. Kurzum, die Wassermasse kommt oben im Rohre nicht mit erheblicher Geschwindigkeit an, wie das die geringen Effecte beim Versuche bestätigten. Es kommt dabei sehr auf die Größe der Ausströmungsöffnung an, denn die Geschwindigkeit des nachrückenden Wassers ist ja nahe gleich dem Quotienten der

in der Zeiteinheit beim bestehenden Drucke durch die Spize abfließenden Luftmenge und dem Querschnitte der Röhre.

Bei einem wirklichen Kessel würde nach Ansicht des Experimentirenden schon aus diesem Grunde, auch wenn bei Aufhebung des Verzuges eine Wasserscheibe, ohne durchbrochen zu werden. und selbst Dampf zu entwickeln, empor getrieben würde, was wol nicht leicht eintritt, dennoch die Bewegung eine wenig beschleunigte und gefahrdrohende sein. Um jedoch ein Bild zu erhalten, in welcher Weise bei einer etwaigen Kesselsprengung dieser Art die Effecte von den einzelnen in Betracht kommenden Größen abhängig sein werden, möge hier unter Voraussetzung eines aufrecht stehenden cylindrischen Kessels der Vorgang unter gewissen, nur näherungsweise richtigen Annahmen verfolgt werden. Diese Annahmen sind die folgenden:

Das gegen den oberen Boden schlagende Waffer ist incompressibel, die beiden Böden sind absolut fest mit dem Kesselmantel verbunden und in ihrer Wölbung unveränderlich. Jede Ausweichung und Reckung käme hier in Betracht, und durch eine ausreichende Polsterung des oberen Bodens oder eine andere federnde Hemmung würde der Stoß selbstredend unwirksam gemacht. Ferner nehme man an, daß die gesammte lebendige Kraft der geschleuderten Wassermasse zu einer gleichmäßigen Deformation des Kesselmantels in seiner Axenrichtung verwendet wird, d. h. man nehme an, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Stoßwirkung im Kesselmaterial unendlich groß sei. In der That ist das nicht der Fall und die Deformation in der Nähe des oberen Bodens wird größer sein, als weiter nach unten. In Folge dieser leßteren Annahme also wird die Rechnung zu kleine Effecte ergeben.

Unter diesen Annahmen ist die Rechnung folgendermaßen durchführbar:

Es sei der aufrechtstehende cylindrische Kessel zur Hälfte mit Wasser gefüllt, und es werde eine Wasserscheibe vom Gewichte G mit einer Druckdifferenz von p Atmosphären gegen den oberen Kesselboden getrieben. Welcher Drucksteigerung im Kesselinneren entspricht nun die Wirkung dieses Stoßes, d. h. um wie viel müßte der im Kessel constant wirkende Druck erhöht werden, um die Kessellänge 1 um dasselbe Stück zu verlängern, als es im Maximum hier durch den Stoß geschieht?

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Bei gleicher Vertheilung der in der Axenrichtung deformirenden lebendigen Kraft der geschleuderten Wassermasse auf den ganzen Kesselmantel wird somit der Effect nur abhängig von dem Bruchtheil der Kesselhöhe, um welchen das Wasser geschleudert wird, welcher hier, da der Kessel zur Hälfte mit Wasser angefüllt war, durch dargestellt wurde. Die Größen -G und fallen aus der Endformel heraus. Es ist dieses anfangs auffallend scheinende Resultat dadurch bedingt, daß etwa bei doppelter Höhe des Kessels durch die lebendige Kraft des getriebenen Wassers auch die doppelte Metallmasse zu dilatiren wäre. Ebenso ergab sich das Gewichtsquantum G des geschleuderten Wassers unter obigen Annahmen als gleichgültig. Eine größere Wassermasse erhält bei der nämlichen Druckdifferenz eben eine geringere Geschwindigkeit.

Durchaus anders aber verhält es sich, wenn wir die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Stoßes im Eisen nicht als sehr groß ansehen und sie berücksichtigen; alsdann wird der Effect um so größer, je höher der Kessel und je kleiner die geschleuderte Wassermasse, d. h. je größer ihre Geschwindigkeit ist.

Man kann aus der Rechnung aber den folgenden Schluß ziehen: Ohne Berücksichtigung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Stoßes ist die Kraft der geschleuderten Wassermasse auch bei geringer Höhe bei Erhaltung der Druckdifferenz bis zum Anschlagen des Wassers zur Kesselsprengung aus, reichend. Mit Berücksichtigung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Stoßes würden die Effecte bei derselben Höhe noch größer sein, also wird, wenn die übrigen Annahmen bestehen bleiben, der Kessel jedenfalls gesprengt, vor allen Dingen, wenn die empor getriebene Wasserscheibe nicht durchbrochen wird, nicht selbst Dampf entwickelt, und wenn der über der Scheibe befindliche Dampf genügend schnell abströmen kann. Wenn auch ohne nahe Beziehung zur Kesselpraxis ließe sich, wie es scheint, ein ähnlicher Vorgang noch am ehesten folgendermaßen herstellen: In einem aufrechtstehenden cylindrischen Versuchskessel von etwa 4 Fuß (1,2) Höhe bringen wir bis zu 1 Fuß (0,3) Höhe Wasser und dann eine Delschicht von ebenfalls etwa 1 Fuß (0,3) Höhe. Unten in das Wasser münden die Pole einer galvanischen Batterie, deren negativer Pol eine große Platte ist. Ist die erwünschte Spannung erreicht (und es wäre vielleicht gut, erst dann das Del heiß hineinzupumpen), so wird gleichzeitig die Batterie geschlossen und am oberen Kesselboden durch eine recht große Qeffnung entlastet. Es ist wol möglich, daß alsdann die Effecte obiger Rechnung auftreten und der Kessel gesprengt wird. Es wird hier vielleicht die bewegende Druckdifferenz bis zum Anschlagen des Deles oben nahe erhalten bleiben. Die Delscheibe selbst entwickelt ja keinen Dampf und langt vielleicht, bevor sie ganz durchbrochen wird, am oberen Kesselboden an.

Spätere über den Siedeverzug angestellte Versuche gingen nun von dem folgenden, sich mehr an die praktische Seite der Frage anlehnenden Gesichtspunkte aus. Es handelt sich hier für die Praxis nicht darum, ob stets unter allen Bedingungen eine streng theoretische Uebereinstimmung zwischen Druck und Wassertemperatur stattfindet, sondern einzig darum, ob sich

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