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Der schädliche Raum sei also bei der Corlißmaschine wesentlich geringer, als bei den beiden anderen, und werde dies günstig hinsichtlich des Güteverhältnisses influiren.

Der Vortragende führte alsdann aus, daß er den seiner Zeit von Hrn. Prof. Grashof aufgestellten Ausdruck für das Güteverhältniß, welcher auf der mechanischen Wärmetheorie bafire und die Resultate von Völckers und G. Schmidt berücksichtige, untersucht und für die drei Maschinensysteme verglichen habe. Es sei dabei eine im Betriebe befindliche Dampfmaschine von einer zu construirenden zu unterscheiden. Redner erläuterte alsdann, wie bei einer im Betriebe befindlichen Dampfmaschine das Güteverhältniß von der Volldruckspannung, dem Füllungsgrad und der Kolbengeschwindigkeit abhängt, verglich eine Condensationsmaschine mit einer anderen ohne Condensation und alsdann die Corlißmaschine mit der gewöhnlichen Condensationsmaschine und der Woolf'schen Maschine. Er erwähnte in dieser Hinsicht, daß bei gleichen Verhältnissen der Corlißmaschine ein größeres Güteverhältniß zukomme, als der gewöhnlichen Condensationsmaschine, daß dieses jedoch bei der Woolf'schen Maschine am größten sei.

Hinsichtlich einer zu construirenden Dampfmaschine erörterte er die Abhängigkeit des Nuzeffectes von der Admissionsspannung, dem Füllungsgrade, der Kolbengeschwindigkeit und dem Cylinderquerschnitt unter Angabe der betreffenden Formel. Gegeben seien in der Regel der Nußeffect, die Admissionsspannung, der Füllungsgrad, die mittlere Vorderdampfspannung für die Ausströmungsperiode und eine gewisse vortheilhafte Geschwindigkeit der Maschine; mit abnehmendem Füllungsgrade wachse der Cylinderquerschnitt, mithin auch die Dimensionen der Maschine, ebenso aber auch das Güteverhältniß, jedoch nur bis zu einer bestimmten Grenze, bei welcher es seinen Marimalwerth erlange. Redner verlas die Zahlen= werthe dieses vortheilhaftesten Füllungsgrades für verschiedene Werthe der Admissionsspannung und erwähnte, daß man sich bei Anlage einer Dampfmaschine häufig für einen größeren Füllungsgrad entscheiden werde, da leicht der Fall eintreten könne, daß der Vortheil der Dampfersparniß durch die Mehrkosten der Anlage aufgehoben werde; es sei dies um so eher der Fall, je billiger das Brennmaterial und je kürzer die Betriebszeit der Maschine sei.

Der Vortragende verglich alsdann eine zu bauende Corlißmaschine mit einer eincylindrigen Condensationsmaschine und der Woolf'schen Maschine hinsichtlich des Dampfverbrauches resp. des Verbrauches an Brennmaterial, und zeigte an einem bestimmten Beispiel, daß der Dampfverbranch bei der ersteren am größten, bei der lezteren am geringsten sei; daß die Ersparniß an Brennmaterial bei der Gorlißmaschine die Kaufpreisdifferenz hinsicht= lich der Zinsen und Amortisation kaum aufwiege, während die Woolf'sche Maschine, welche sich hinsichtlich der Kosten der Corlißmaschine wol ziemlich gleichstelle, entschieden vortheilhaft sei; auch erwähnt derselbe, daß sich bei anderen Dimensionen der Maschinen Aehnliches ergebe. Sodann führte er aus, wie der eigentliche Vorzug der Corlißmaschine darin bestehe, daß sie den Füllungsgrad der erforderlichen Arbeitsstärke entsprechend selbstthätig regu= lire und diese Regulirung hinsichtlich des Güteverhältnisses, wie auch die für dasselbe aufgestellte Formel lehre, zweckmäßiger sei, als die durch Drosselung, durch Veränderung der Admissionsspannung. Wo der Fabrikbetrieb eine variable Arbeitsstärke bedinge, könne die Corlißmaschine, wie auch Völckers bereits hervorgehoben habe, vor der eincylindrigen Maschine den Vorzug verdienen, aber auch in diesem Falle sei die Woolf'sche Maschine empfehlenswerther, welche sich noch durch gleichmäßigeren Gang auszeichne, ohne besonders große Schwungräder erforderlich zu machen.

Der Vortragende schloß mit der Bemerkung, daß die vielen beweglichen Theile der Corlißsteuerung hinsichtlich möglicher Stö

rungen Bedenken erregen, auch die Abnuzung der Drehschieber unvermeidlich erscheine und die Veröffentlichung von praktischen Erfahrungen hinsichtlich dieser Punkte sicherlich wünschenswerth sei.

Sächsisch-anhaltinischer Bezirksverein.

(Fortsetzung von Band XIII, Seite 798.) Versammlung vom 13. Februar 1870 in Staßfurt. Vor Eröffnung der Sigung fand auf Veranlassung des Vorstandes nach Uebereinkunft mit dem Comité des Vereines für Gründung eines Dampfkesselrevisionsvereines eine Versammlung von Dampfkesselbestyern Statt. Sowohl die zahlreiche Versammlung als auch die vielen eingegangenen Schreiben bewiesen, daß das beabsichtigte Unternehmen von vielseitigem_lebhaften Beifall begleitet sei, und wurde nun zunächst der vor= gelegte Statutenentwurf durchberathen und mit einigen Modificationen angenommen. Es erfolgte sofort die Zeichnung von ca. 200 Dampfkesseln, wodurch die Lebensfähigkeit des Vereines gesichert erscheint.

Mit Rücksicht auf die große Anzahl von Beitrittserklärungen, welche noch in Aussicht gestellt sind, wurde indessen von der Vorstandswahl noch abgesehen und diese auf die nächste Generalversammlung Ende März in Bernburg, dem künftigen Siz des Vereines, verschoben.

Nach den mehrstündigen lebhaften Verhandlungen, welche diese Angelegenheit erforderte, erlaubte die vorgeschrittene Zeit nur noch einen Gegenstand der Tagesordnung zu behandeln, den Bericht der Commission über die

Dampfkesselerplosion in der Fabrik von Hanse, Esche & Co. in Leopoldshall,

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welcher von Hrn. G. Sauerbreh wie folgt vorgetragen wurde : „In der Sigung vom 31. October 1869 in Bernburg wurden die Unterzeichneten beauftragt, über die am Anfange dss. M. stattgehabte Dampfkesselerplosion in der chemischen Fabrik der HHrn. Hanse, Esche & Co. in Leopoldshall möglichst genaue Notizen, Thatsachen 2c. zu einem Berichte zusammen zu fassen. Diesem Auftrage gemäß erlauben sich dieselben, Nachstehendes, soweit es sich bei der schwierigen Sachlage thun ließ, hiermit zu überreichen.

Die Erplosion selbst fand Morgens zwischen 3 und 4 Uhr. Statt, und beschränken sich die Aussagen über den Sachverhalt auf den Fabrikmeister und einen Arbeiter, da die übrigen in dieser Nacht beschäftigten Leute dabei ihr Leben verloren haben.

In der Fabrik befinden sich zwei nebeneinander liegende Kessel von 5 Fuß (1,57) Durchmesser, 30 Fuß (9,42) Länge, mit je einem Feuerrohr von 24 Zoll (628mm) Durchmesser, jeder mit einem schmiedeeisernen Dom versehen; dieselben liegen in einem besonderen Kesselhause, an welches sich seitlich ein Gebäude, in dem sich Calciniröfen und eine Mühle befinden, anlehnt, und sind von dem Hauptgebäude durch einen offenen Gang getrennt.

Auf die Katastrophe selbst eingehend, hatte der Meister, da Nachts in der Fabrik nur die Verdampfpfannen in Thätigkeit waren, am Abend den erplodirten Kessel hinreichend mit Wasser versorgen, das Dampfventil und den Rauchschieber schließen lassen.

An dem dabei liegenden Kessel waren ein Wasserstandrohr an der Stirnwand und in der Dampfleitung eine Rohrverschraubung undicht. Die Reparatur sollte vom Meister selbst und dem einen der verunglückten Arbeiter in der Nacht vorgenommen werden, und ließ sich derselbe deshalb zur bestimmten Zeit wecken, überzeugte fich von dem Wasserstande und dem Dampfdrucke des Kessels. Er holte sich das zur Reparatur nöthige Material, um zuerst den Rohrflansch zu dichten; nur kurze Zeit dabei beschäftigt, trat der furchtbare Moment ein, welcher in wenigen Secunden die Fabrik

theilweise zerstörte. Die Erplosion fand, wie in den häufigsten Fällen, durch Zusammendrücken des Feuerrohres Statt.

Die drei Arbeiter fand man todt unter den Trümmern liegend, der Meister selbst war nicht unbedeutend verleßt.

Am Herde der Explosion fand man den in Reparatur befindlichen Kessel mit dem Mauerwerk etwas verschoben, den Mantel des explodirten Kessels dagegen vollständig frei von seiner Einmauerung, nur wenige Fuß von seinem Lager gerückt, seitlich nach dem Mühlengebäude zu liegend. Das Feuerrohr und die beiden Stirnwände waren herausgerissen und in Theilen nach vorn und hinten geflogen. Der vordere Theil des Feuerrohres, aus circa 2 Schuß bestehend, lag im Crystallisirhause, die vordere Stirnwand mit dem, von dem durch die Nietlöcher gehenden Riß gebildeten Ring von Winkeleisen lag auf dem Hofe des anhältinischen Salzwerkes einige hundert Fuß entfernt, der hintere größere Theil des Feuer= rohres lag hinter dem Kesselhause auf dem Rückstandsberge mit ebenfalls abgerissener Stirnwand, welche wieder etwas seitlich fortgeflogen war; beide Stirnwände hatten sich durch Sprengungen der Nietreihen losgerissen, die Verankerungen aus Blechecken und Winkeleisen der Stirnwände waren theils zerrissen, theils fanden ste sich nach außen stehend am Mantel des Kessels vor. Bei einer großen Zahl von Nieten waren die Köpfe weggedrückt, bei wenigeren waren dieselben abgerissen, ein Beweis, daß das dazu verwendete Material ein gutes, zähes gewesen ist; außerdem fanden sich noch kleinere zerrissene Stücke des Feuerrohres zwischen dem hinteren Theile des Feuerrohres und der Stirnplatte zerstreut umberliegend.

Das Sicherheitsventil lag unten im Aschencanal; da wir aber keine Berechtigung dazu hatten, konnten wir uns einer näheren Untersuchung desselben nicht unterziehen.

Wenn wir nun vorstehendes Gesagte zusammenstellen und daraus die Ursachen der Explosion herleiten wollen, so kommen wir zu der Ansicht, daß nicht Wassermangel das vorliegende Ereigniß hervorgerufen hat.

Für diese Behauptung spricht:

1) daß an keinem Theile des Kessels, am Mantel so wenig wie am Feuerrohre, sich irgend eine der blaurothen Stellen (ein ganz deutliches Kennzeichen des Glühens des Bleches) bemerkt wurde, sondern sämmtliches Material hatte die gewöhnliche grau- . blaue Farbe.

2) Hätte ein Glühen der Platten stattgefunden, so mußte auch an den Seitenzügen des Mantels dieselbe Erscheinung hervortreten, da das Feuer nach dem Verlassen des Rohres rechts und links den Kessel nach vorn gehend bestrich; der Mantel selbst war noch mit Ruß und Flugasche belegt, auch haben sich, soviel uns bekannt geworden, beim Mantel, welcher wieder verwendet ist, bei der Kesselprobe keine undichten Stellen gezeigt, die doch bes stimmt, wenn der erste Fall eingetreten wäre, sich bemerklich ge= macht hätten.

Daraus folgern wir, daß der Kessel das nöthige Wasser gehabt, jedoch bei verschlossenem Sperr- und ungangbarem Sicherheitsventil von einem mit den Verhältnissen unkundigen Manne

zu irgend welchem Zwecke gefeuert worden und durch Ueberspan= nung der Zerstörung anheimgegeben ist.

Das erste Zusammendrücken des Feuerrohres hat ungefähr am zweiten Schuß von vorn stattgefunden, dasselbe zeigte sich an seiner cylindrischen Form nach innen zu einer vollständigen Rinne zusammengedrückt und hatte außerdem noch eine besondere Einbiegung, als wenn man gewaltsam mit einem stumpfen zugespizten Stück Rundeisen ein Loch einzutreiben versucht hätte; die kleinen umberliegenden Stücke sind unzweifelhaft von dieser Stelle losgerissen, da sonst nichts zu sehen war. Die Stelle war auch diejenige, welche von der Stichflamme, die am Kopf des Rohres durch Einmauern eines Ringes von Steinen verengt, in ihrer Verlängerung jene Stelle trifft; ob folgende Annahme einen Einfluß geübt hat, wagen wir nicht zu behaupten, jedenfalls scheint sie uns der Erwähnung werth zu sein.

Der Kessel ist an dieser Stelle schon früher, da die Platten schadhaft waren, Reparaturen unterworfen worden, bei diesen Arbeiten ist es wichtig, daß die neu einzuseßenden Stücke wieder den genauen Durchmesser des Kessels erhalten. Ist der Bogen ein flacherer gewesen, so war dies gewiß ein Vorschub für den vorliegenden Fall.

Wir wollen uns noch erlauben, über den Zustand des vor zwei Jahren erplodirten Kessels des Hrn. N. T. Loesaß einige Worte zu sagen, da beide Kessel von derselben Construction ganz entgegengesezte Erscheinungen boten.

Bei diesem Kessel blieb das Feuerrohr selbst durchaus unverändert, nur waren beide Stirnwände losgerissen und befanden sich an den Kopfenden des zerrissenen äußeren Mantels; derselbe war ebenfalls nach entgegengesezten Richtungen geflogen und aus der Mitte desselben hatte sich bandartig ein Stück von ca. 35 Fuß (11) Länge abgeschält. Wenn man die beiden Theile des Mantels genau besah, so konnte man deutlich an dem unteren Theile des Kessels die blaurothen geglühten Stellen erkennen, eben so deutlich war es bei dem sich bandartig abgewickelten Theile zu sehen; dies motivirt eine andere Folgerung, daß der Kessel ebenfalls Wasser gehabt, aber eine so bedeutende Ablagerung von Kesselstein haben mußte, der so verhärtet, daß ein Glühendwerden. der Platten möglich war. Beide Kessel hatten gleiche Einmauerung, hatten hinreichend Wasser. Bei dem der HHrn. Hanse, Esche & Co. wurde das Feuerrohr, ohne geglüht zu haben, zerstört; bei dem des Hrn. N. F. Loefaß der äußere Mantel auseinander gerissen, wo deutlich das stattgehabte Glühen des Kessels zu erkennen war, trozdem an diesen Stellen das lezte Feuer wirkte.

Vorstehendes sind die unmaßgeblichen Ansichten der Unterzeichneten, und hätten dieselben vielleicht genauere Daten dabei geben können, wenn von vornherein die Absicht vorgelegen hätte, Referat darüber abgeben zu müssen.

Staßfurt, den 13. Februar 1870.

(gez.) G. Sauerbrey. Schöne. Ziervogel. Die übrigen Gegenstände der Tagesordnung mußten für die nächste Versammlung aufbehalten werden.

Berichtigung zu Heft 3.

Die auf S. 203 gegebene Darstellung von dem Einsturz eines Kellers in der Hopf'schen Brauerei•ift dahin zu berichtigen, daß derselbe nicht durch den Bruch einer gußeisernen Säule veranlaßt wurde, sondern durch ein Nachgeben der mangelhaft ausgeführten Säulenfundamente. In Folge dessen haben die Fundamentplatten der Säulen hohl gelegen, und ist die eine Säule mit dem mittleren Theile der Fundamentplatte durch das ca. 5 Fuß starke Fundament hindurchgedrückt worden. Durch das nachstürzende Mauerwerk der Gewölbe ist dann der Kopf dieser Säule abgebrochen und sind auch die übrigen Säulen zerstört worden.

A. W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47.

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Das billigste, aber auch das schlechteste Papier ist das gewöhnliche Strohpapier in der gelben Naturfarbe des Strohes, aus welchem es bereitet ist; dieses Papier ist so außerordentlich spröde und brüchig, daß es nur zu Emballagen, welche wenig auszuhalten haben, und dergleichen gebraucht werden kann und daher beim Publicum sehr in Mißcredit gekommen ist. Wer hätte wol geglaubt, daß dasselbe Stroh, nach der gehörigen chemischen Behandlung, einen ganz vortrefflichen zähen Papierstoff abgeben kann? Nur der große Kieselsäuregehalt des natürlichen Strohhalmes ist der Festigfeit des daraus dargestellten Fabricates im Wege. Die Kieselsäure, welche glasartig die Fasern überzieht oder durchdringt, schneidet dieselben gewissermaßen enzwei, wenn sie sich biegen sollen; daher bricht das Strohpapier so leicht. Entfernt man dagegen die Kieselsäure, was durch Kochen mit starken kaustischen Laugen geschieht, so bleibt eine geschmeidige schöne feste Faser zurück, welche sich bleichen läßt und ein vortreffliches Papier giebt. Zum Beispiel das Papier zu verschiedenen englischen Zeitungen, welche bekanntlich im Allgemeinen auf weit besseres Papier gedruckt werden, als in Deutschland, besteht zum großen Theil aus gebleichter Strohfaser. „Daily news“ und „Loyds' weekly news“ bestehen aus 60 bis 70 pCt. Stroh und 30 bis 40 pCt. Espartogras, enthalten also gar keine Lumpen. Dieser gebleichte Strohstoff, welcher in England schon seit 10 Jahren und länger mehr und mehr verwendet worden ist, hat in den lezten Jahren auch bei uns Eingang gefunden und wird mit Vortheil zu Mittel-Druck- und Canzleipapieren als Zusag zur Leinen- und Baumwollfaser verarbeitet.

Einer ähnlichen Verbesserung wie der Strohstoff für die Papierfabrication scheint nun auch noch der Holzstoff fähig zu sein. Schon in einem früheren Artikel, Bd. XII, S. 628, machte ich aufmerksam auf die großartige amerikanische Holzstofffabrik zu Manayunk bei Philadelphia. Dort wird das

XIV.

Maiheft.

Holz nicht wie bei dem Völter'schen deutschen Systeme nur mechanisch behandelt, d. h. durch nasses Schleifen an einem schnell rotirenden Steine in die nöthige breiige Form gebracht, sondern das gröblich in Späne verwandelte oder geraspelte Holz wird mehr chemisch bearbeitet, d. h. bei hoher Temperatur und starkem Druck mit kräftigen kaustischen Laugen behandelt, wodurch die Fasern so aufgelockert und weich werden, daß sie sich, ähnlich den Flachs- und Baumwollfasern, im Holländer leicht kurz mahlen und auch bleichen lassen. Es ließ sich von vornherein vermuthen, daß dieser gewissermaßen auf chemischem Wege präparirte Holzstoff dem gewöhnlichen Völter'schen Stoffe vorzuziehen sein würde. Um darüber Gewißheit zu erlangen, sezte ich mich in Correspondenz mit den HHrn. Jessop & Moore, den Vorstehern jenes großen Actienunternehmens in Philadelphia, und bat um einige Proben ihres Holzstoffes resp. des daraus gefertigten Papieres. In freundlichster Weise erhielt ich die gewünschten Proben von Papier aus Fichten- und Pappelholz, welche allerdings meine Vermuthung im vollsten Maße bestätigten. Dieses amerikanische Holzpapier besigt eine außerordentliche Festigkeit und Zähigkeit, wie solche bei dem nach Völter'schem Systeme bereiteten Stoffe nicht entfernt zu finden ist; es hat dagegen viel Aehnlichkeit mit den japanestschen Papieren, welche meist aus dem Bast einer Art Maulbeerbaum gefertigt sein sollen. Leider aber ist das oben angedeutete Manayunker Verfahren ein sehr viel kostspieligeres, und die HHrn. Jessop & Moore schrieben mir auch am Schlusse ihres Briefes vom 22. Juni 1868: „bei unseren theueren Arbeitslöhnen, hohen Steuern und hohen Preisen der Chemikalien und unter Berücksichtigung der großen Unkosten, Reparaturen 2c. ist es gegenwärtig vortheilhafter, Papier aus Lumpen zu machen." Hieraus glaubte ich schließen. zu dürfen, daß das ganze kostspielige Unternehmen wol keinen recht praktischen Erfolg haben möchte; denn wenn ein Surrogat,

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welches ein anderes Material ersehen soll, selbst theurer als das ursprüngliche Material zu stehen kommt, so hört es auf ein Surrogat zu sein. Ich hatte daher diese chemische Holzstoffbereitung schon wieder ganz aus den Augen verloren, als ich kürzlich in dem Engineer" vom 24. September 1869 einen Bericht fand über eine ähnliche Fabrik in England: Cone Mills bei Lydney in Gloucestershire, im Besiz einer Actiengesellschaft, der Gloucester Paper Company. Auch von dort erhielt ich auf meine Bitte sehr bereitwillig Stoff- und Papierproben, welche mich wieder auf's Neue davon überzeugten, wie vorzüglich der durch dieses chemische Verfahren gewonnene Holzstoff gegen den auf nur mechanischem Wege zubereiteten ist. Den besten Beweis für die Güte dieses neuen Holzstoffes giebt wol der Umstand, daß die genannte Fabrik gegenwärtig aus reinem Holz fabricirtes Papier zu dem sogenannten Schmirgel- und Glaspapier liefert, welches gerade, wie bekannt, die allergrößte Zähigkeit besigen muß, ein Resultat, welches mit Völter'schem Stoff absolut unerreichbar sein würde. Hr. Houghton, welcher an der Spize der Cone Mills steht, vergleicht in seinem Schreiben an mich den Völter'schen Stoff, wenn auch in etwas übertriebener Weise, aber doch nicht ganz mit Unrecht, mit Porzellanthon, dem gewöhnlichen erdigen Füllstoff, welchen die Papierfabricanten seiner Billigkeit wegen in größeren oder kleineren Quantitäten anwenden, der aber natürlich an und für sich gar keine Festigkeit besigt.

Da nun der Gegenstand entschieden von großem Interesse ist, so mögen noch einige speciellere Notizen nach dem „Engineer" hier folgen.

Die Maschine, durch welche zunächst das Holz in Späne verwandelt wird, der sogenannte Holzschneider, besteht aus einer schweren gußeisernen Scheibe von 4 Tons (80 Ctr.) Gewicht, in directester Weise von einer Dampfmaschine von 8 Pfrdst. bewegt, indem jene Scheibe gewissermaßen das Schwungrad der Maschine bildet und bis 250 Umdrehungen pro Minute macht. Ein an der einen Seitenfläche der Scheibe befestigtes Messer schneidet etwa 1⁄2 Zoll (12mm,5) dicke Späne von den Enden der Holzklöße ab, welche nach und nach auf der geneigten Bahn der Scheibe immer weiter zugeführt werden. Die Späne fallen nun noch zwischen zwei horizontale cannelirte Walzen, welche dieselben weiter zermalmen und die Fasern öffnen. Die zwischen den Walzen herauskommenden Späne werden in cylinderförmige Drahtkörbe, welche mit kleinen Rädern versehen sind, gepackt und auf Eisenbahnschienen in den Kochapparat hineingerollt. Dieser lettere hat das Ansehen eines gewöhnlichen horizontalen cylindrischen Dampfkessels, ist aus zölligem (14mm) Lowmooreisen construirt und 32 Fuß (9,75) lang bei einem Durchmesser von 3,9 Fuß (1,19). Dieser Apparat wird aber nicht wie ein gewöhnlicher Dampfkessel durch directes Feuer erwärmt, sondern, und das ist das Eigenthümliche dieses Systems, durch Hochdruckröhren, in denen Wasser von dem Ofen aus durch den Kessel und wieder zurück circulirt, also gewissermaßen durch eine Heißwasserheizung. Sobald der Keffel die erforderliche Zahl Drahtförbe enthält, wird er durch einen aufgeschraubten Deckel fest verschlossen, darauf durch eine Centrifugalpumpe mit einer starken Lösung von kaustischem Natron gefüllt und das Ganze für 5 bis 6 Stunden auf eine möglichst hohe Temperatur

gebracht. In dem ersten Artikel sind dafür 220o F. (104,4o C.) angegeben; in einem späteren Artikel sagt Houghton, daß er gerade auf die Temperatur ein großes Gewicht lege und gewöhnlich eine um 150° F. höhere Temperatur, also 370° F. (187° C.) anwende. Diese leztere Temperatur würde dann einem Dampfdruck von 11 Atmosphären entsprechen.

Sobald so das Holz genügend gekocht ist, wird es aus dem Kessel gezogen; es hat dann eine blaugraue Farbe und wird nun im Holländer ganz wie Lumpenstoff behandelt, gewaschen, gemahlen 2c., und läßt sich auch durch Chlor bleichen. Die aus dem Kochkessel abgelaufene Lauge wird zum Zweck der Wiedergewinnung des kostspieligen Natrons in große Abdampfpfannen gepumpt und durch darin hin- und herlaufend angebrachte Heizröhren bis zur Syrupsdicke eingedampft. Darauf wird die Flüssigkeit in flachen eisernen Pfannen über directem Feuer erhigt und weiter in eine mehr consistente Masse verwandelt. Der Inhalt dieser Pfannen sieht vermöge des großen Gehaltes an Harz und Extractivstoffen des Holzes ganz schwarz und wie geschmolzenes Pech aus. Wenn die Masse endlich fest geworden ist, wird sie auf einen Herd gebracht und durch Brennen in gute calcinirte Soda umgewandelt. Die bei diesem Proceß entweichenden Gase, etwa 2 Cbkfß. pro Pfund Holz (0,115 Cbfmtr. pro Kilogrm.), werden unter den legten Abdampfpfannen mit verbrannt. Jezt hat man nöthig, diese Soda mit gebranntem Kalk zu behandeln, um sie in den ursprünglich kaustischen Zustand zurückzubringen, und man gewinnt auf diese Weise 80 pCt. des ursprünglich verwendeten Quantums.

Auf diese Mittheilungen erwidert in einer der nächsten Nummern des „Engineer" vom 10. Dec. 1869 Houghton, welcher sich als Erfinder des neuen Processes bekennt, in ausführlicher Weise; er sucht zunächst die Behauptung, daß der so präparirte Holzstoff etwas theurer als der gebleichte Strohoder Espartostoff zu stehen käme, zu widerlegen; er giebt zu, daß der Verlust beim Kochen wol etwas größer sei, der Holzstoff selbst dann aber auch 25 bis 33 pCt. mehr Werth als Strohstoff habe wegen seiner wunderbaren Festigkeit, Länge der Faser und Reinheit. Nicht uninteressant sind nun die Notizen, welche Houghton über die Geschichte seiner Erfindung giebt. Vor vielen Jahren schon habe er entdeckt, daß Holz dasjenige Material sei, welches als Faserstoff für die Papierfabrication nichts zu wünschen übrig lasse. Was ihn anfangs bewogen habe, immer nur ganz dünne Holzspäne und zwar so dünn als nur irgend möglich zu den Versuchen zu verwenden, das wisse er selbst nicht. Kurz, gerade an dem Festhalten an Holz in fein zertheiltem Zustande sei er gescheitert. Es sei nämlich ein Haupterforderniß, daß das Holz beim Kochen vollständig von kaustischer Lauge bedeckt sei, und da Holzspäne ein sehr großes Volumen einnähmen, so sei sehr viel Lauge erforderlich gewesen, und der Proceß zu theuer geworden. Habe er versucht, die Holzspäne im Kochkessel festzustämpfen, so sei die Lange nicht durchgedrungen, und seien nur die äußeren Theile gut gekocht gewesen. Er sei daher damals zu dem Schlusse gekommen, die Sache könne sich niemals rentiren, und er habe sie jahrelang liegen lassen und sich inzwischen mit großem Erfolg mit dem Verarbeiten der schlechtesten Flachs- und Hanfabfälle zu gutem Papierstoff beschäftigt. Zu dieser Zeit habe Jemand in

Amerika gefunden, daß aus Bambusrohr ein ausgezeichneter Faserstoff für die Papierfabrication zu gewinnen sei; derfelbe habe den Bambus in einem röhrenartigen Gefäß unter sehr hohem Dampfdruck gekocht, dessen Endverschluß durch eine Feder plöglich geöffnet werden konnte, um den ganzen Inhalt explosionsartig gegen eine feste Wand zu schleudern. Dieses Verfahren habe wol seinen Zweck erfüllt, sei aber wegen der vielen dabei vorgekommenen Unglücksfälle von der Regierung inhibirt worden. Einige Kaufleute in Jamaika jedoch, welche von der erfolgreichen Verwandlung des bei ihnen einheimischen Bambus in werthvolle Papiermasse gehört hatten, griffen die Sache wieder auf und schickten Proben an verschiedene Papierfabricanten nach England. Auf diese Weise sei der Bambus in seine (Houghton's) Hände gekommen und er hätte mit Leichtigkeit die schönsten Papierfasern daraus dargestellt. Aber (und dies ist der merkwürdige Zufall), um das Bambusrohr im Kochfessel festzuhalten, habe er einige gewöhnliche Lattenstücke aus Holz verwendet und beim Entleeren des Kessels nach dem Kochen zu seinem Erstaunen gefunden, daß die Lattenstücke ebenso gut aufgeschlossen waren, als der Bambus. Darauf habe er mit dem besten Erfolge einen ganzen Kessel voll Lattenstücke zu kochen versucht und gefunden, daß er in dieser Form fünfmal soviel Holz in dem Kessel unterbringen konnte, als früher in Form von feinen Spänen, und mit demselben Quantum Alkali. Auf diese Weise habe der Zufall ihn geführt, vielleicht „den Faserstoff der Zukunft“ zu finden. Bald darauf habe er seine Erfindung an die Gloucestershire Paper-Company verkauft und die dazu gehörigen Maschinen in Cone Mills bei Lydney aufgestellt. Im Anfange habe er durch Maschinen gewissermaßen Lattenstücke zu schneiden gesucht, endlich aber, von der Idee einer Rüben- oder Häckselschneidemaschine ausgehend, die oben schon beschriebene Schneidemaschine construirt, mit welcher man jezt in Cone Mills vortheilhaft arbeite. Nun beschreibt Houghton in seinem Briefe nochmals seinen großen Kochkessel, wie derselbe 60 bis 90 Ctr. Holz aufnehmen könne, wie derselbe mit kaustischer Lauge gefüllt und dann bis auf 165 Pfd. (11,6 Kilogrm. pro Quadratcentimeter) Druck erhigt werde, wie man dann nach dem Abblasen des Dampfes die Lauge ablaufen lasse und den ganzen Kessel zur Abkühlung und weiteren Auslaugung nochmals mit kaltem Wasser fülle, bevor der Stoff herausgenommen werde 2c. Houghton legt dabei besonderes Gewicht auf die Erhizung durch die geschlossenen Heißwasserröhren, und wol auch mit Recht, denn es läßt sich nicht leugnen, daß dies System unbestreitbare Vorzüge hat. Bei dem gewöhnlichen Verfahren, dem Erhigen durch directe Einleitung von Dämpfen, wird die Lauge fortwährend mehr verdünnt und unwirksamer gemacht, ebenso wie auch hinterher das Eindampfen der Lauge bei größerer Verdünnung kostspieliger wird. Ein Erhißen des Kochfeffels über directem Feuer soll aber unthunlich sein, weil die Wände des Kessels sich inwendig bald mit dicken Lagen der harzigen Bestandtheile des Holzes überzögen und die Feuerung unwirksamer machten, während die Heizröhren dagegen fich mit keinerlei Kesselstein bedeckten; das Kochen

überhaupt sei so ökonomisch, daß auf 1 Ton fertigen Papierstoff nur Ton Kohlen gebraucht würden.

Diese Mittheilungen Houghton's riefen in der nächsten Nummer des „Engineer" vom 24. December 1869 eine Erwiderung eines anscheinend erfahrenen Papierfabricanten R. hervor, welcher nicht zugeben will, daß der Holzstoff nach dem neuen patentirten Verfahren dem Stoff aus Stroh oder Esparto vorzuziehen sei, indem er die Herstellungskosten für ersteren als höher herausrechnet als für lettere beiden Surrogate. Darauf repliciren Houghton und sein Ingenieur Lee nochmals, und der Anonymus R. am 14. Januar zum zweiten Male, ohne viel Neues noch vorzubringen. Nur einige positive Zahlen über Preise 2c. sind von Interesse; es wird z. B. constatirt, daß gegenwärtig auf dem englischen Markt der Papierfabricant für 1 Ton Stroh 30 bis 50 Shilling (für 100 Pfd. 15 bis 25 Sgr.), für ein gleiches Gewicht Esparto aber 7 £. (für 100 Pfd. 2} Thlr.) zahlen muß. Für die Holzabfälle, welche Houghton verarbeitet, Brett- und Klößerenden und alle möglichen Abfälle von großen Holzhandlungen und Sägemühlen, giebt derselbe als Preis an Ort und Stelle, wahrscheinlich in Schweden oder Finnland, von wo England das meiste Holz bezieht, 2 Schilling pro Ton an (11 Sgr. pro 100 Pfd.), und zwar seien ihm zu diesem Preise 15,000 Tons pro Jahr angeboten worden. Sein Gegner R. sucht nachzuweisen, daß das Holz mit der Fracht, welche Houghton verschweigt, sich mindestens auf 35 Schilling (17 Sgr. pro 100 Pfd.) oder ziemlich ebenso theuer als Stroh stellen dürfte. Derselbe giebt ferner an, daß, um 1 Ton fertigen Strohstoff zu liefern, 780 Pfd. Alkali im Werthe von 5. (33} Thlr.) erforderlich seien, zu 1 Ton Holzstoff dagegen 1800 Pfd. im Werthe von 112. (76} Thlr.); dies ungünstige Verhältniß werde zum Theil dadurch herbeigeführt, daß zur Herstellung von 1 Ton Papier etwa 3 Tons Holz erforderlich seien, dagegen nur 2 Tons Stroh oder 2 Tons Esparto. Es stelle sich demnach die Calculation für den neuen Holzstoff entschieden ungünstiger als für die beiden anderen Surrogate.

Doch nun genug von diesem Federkrieg, welcher jegt im „Engineer“ um diesen auf chemischem Wege bereiteten Holzfaserstoff geführt wurde. Es ist natürlich gegenwärtig noch nicht möglich, ein endgültiges Urtheil über die Sache zu fällen, aber so viel scheint doch festzustehen, daß der Holzstoff noch einer ungeahnten Veredelung fähig ist und von den Papierfabricanten nicht aus den Augen verloren werden darf.

Zum Schluß will ich noch auf eine eigenthümliche Reaction aufmerksam machen. Es ist bekannt, daß Anilinsalze das natürliche Holz intensiv gelb färben. Eine verdünnte wässrige Lösung von schwefelsaurem Anilin ist daher ein sehr empfindliches Reagenz auf Holzstoff (Völter'schen) im Papier, indem sich dasselbe beim Betupfen, sobald es nur wenige Procente Holz enthält, intensiv gelb färbt. Diese Reaction bleibt nun vollständig aus bei dem auf dem chemischen Wege präparirten Holzstoff.

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