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der Untersuchung verschiedener Flechten beschäftigt, fand Hr. Prof. Stenberg in Stockholm, daß die Cellulose der Flechten unter anderen Eigenthümlichkeiten, welche sie, mit der gewöhnlichen Pflanzencellulose verglichen, darbot, auch diejenige zeigte, mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure gekocht, leicht und vollständig in Traubenzucker übergeführt zu werden. Gestügt auf diese Versuche sind seit der angegebenen Zeit circa 12 Flechtenbranntweinbrennereien in Schweden eingerichtet und in regelmäßigem Betrieb, ebenso einige in Norwegen und Finnland.

Die bei der Untersuchung angewendeten Flechten waren Jslandmoos, Mannmoos und Rennthiermoos, welche beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure folgende Mengen Zucker lieferten:

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Während also bei dem Mannmoos und Islandsmoos 29,4 pCt. und 32 pCt. des Zuckers von der Cellulose stammen, liefert das Rennthiermoos aus derselben den bei weitem größten Theil des Zuckers und nur einen sehr kleinen Theil aus der vorhandenen Stärke. Deffenungeachtet eignet sich das Rennthiermoos ebenso gut zur Maischeerzeugung, weil die Cellulose ganz wie die Moosstärke selber sehr leicht und vollständig in Zucker übergeführt wird, was um so wichtiger ist, als gerade das Rennthiermoos das verbreitetste und deshalb am meisten angewendete ist.

Das Rennthiermoos wird in den bergigen und holzreichen Theilen von Schweden hauptsächlich angetroffen, besonders in Smaland, in den bergigen Theilen von Ostgothland, einem Theile vom südlichen Dalsland, in gewissen

Gegenden von Nerike, Wermland, Südermannland, Dalarne, auch in Lappland, woselbst es jedoch an den Stellen, an welchen es von den Rennthieren abgefressen wird, nur klein ist. Außer den angeführten Gegenden kommt es noch in Norwegen und Finnland vor. Man findet es oft auf Felsen wachsend, zuweilen auf Sandhaiden und selbst auf Moorhaiden gemischt mit Sphagnumarten. Soll es in den waldigen Gegenden kräftig gedeihen, so muß das Holz dünn stehen, weil dichtes Gehölz dem Wachsthum schadet. Auf den Moorhaiden ist es mit Grashalmen vermischt und wechselt daselbst gewöhnlich mit Erdhügelchen ab, zwischen denen es steht und dadurch leicht der Beobachtung entgeht. Lezteres Vorkommen findet nur auf den trockenen Mooren Statt, während es in den feuchten Mooren auf den Erdhügeln selbst wächst. In Lappland findet es sich ungemein üppig in Waldregionen, in denen unfruchtbare Sand- und Kieshaiden vorhanden sind, welche sich nur spärlich mit Tannen bewachsen finden. Auf abgebrannten Waldflächen entwickelt es sich sehr schnell und erlangt nach sechs Jahren seine vollständige Größe. Nach Grape braucht das Moos im flachen Lande fünf Jahre und in den Bergen sieben Jahre, ehe es als Nahrung für die Rennthiere gut ist; es braucht zwölf bis fünfzehn Jahre, bis es vollständig ausgewachsen ist. Ueber die zwischen zwei Ernten liegende Zeit läßt sich nichts Bestimmtes angeben, es hängt dieses von der Lage der Moosfelder und den atmosphärischen Einflüssen ab; nach Angström ist für einen reichlichen Nachwuchs feuchtes Wetter unumgänglich nöthig, und es ist in diesem Falle, wenn es von den Rennthieren abgeweidet wird, im folgenden Jahre wieder von derselben Größe. Bei trockener Witterung und an ebensolchen Standorten wächst es gar nicht, daher es auf den feuchten Mooren am besten gedeiht und am kräftigsten nachwächst.

Das Einsammeln des Mooses muß mit der größten Vorsicht geschehen, damit dasselbe nicht verunreinigt, und der Nachwuchs nicht gestört wird. Das auf den Bergen wachsende Moos muß besonders vorsichtig behandelt werden, weil sonst bei dem Einsammeln die dünne Humusdecke von dem Felsen losgerissen und dadurch der Nachwuchs empfindlich gestört wird. In den nördlichen Landschaften von Schweden, in Norwegen 2c., woselbst es als Viehfutter benutzt wird, harft man es im Herbste, wenn der Boden schon gefroren ist, zusammen, läßt es in Haufen zusammenfrieren und führt es in diesem Zustande ein. Das auf diese Weise gewonnene Moos ist jedoch für die Spiritusgewinnung zu unrein, es muß vielmehr für diesen Zweck mit der Hand eingesammelt werden, und zwar nur dann, wenn es noch feucht ist, weil es sich in diesem Falle leicht büschelförmig abreißen läßt, ohne die Wurzeln zu beschädigen und ohne viel Pulver zu geben. In der trockenen Jahreszeit sammelt man es daher früh am Morgen, wenn der Thau noch nicht abgetrocknet ist, und läßt man, um den Nachwuchs zu sichern, bis des Mooses auf der Erntestelle stehen. Das gesammelte feuchte Moos wird an einem reinlichen trockenen Plaz dünn ausgebreitet und getrocknet; in der feuchten Jahreszeit läßt man es gewöhnlich liegen, bis trockenes Wetter eingetreten ist. Im staubtrockenen Zustande enthält es noch 10 bis 12 pCt. Wasser; es wird dann in Säcke oder Körbe gepackt, eingefahren und in Schuppen aufbewahrt. Im feuchten Zustande aufgeschichtet,

erhißt es sich und verdirbt, wenn es nicht vorzeitig noch nachgetrocknet wird. Obgleich sich das Moos wegen seiner Beschaffenheit leicht trocknen läßt, vorausgesezt, daß die Witterung günstig ist, so eignen sich Gras- und Sandpläße nicht zum Trocknen, weil das abgeriebene pulverige Moos nicht gesammelt werden kann; man hat daher versucht, dasselbe auf geschlossenen Darrplatten 6 Zoll (110mm) hoch aufgeschichtet zu trocknen, jedoch ohne befriedigenden Erfolg. Am besten würden sich hierzu die durchbrochenen Doppeldarren eignen, wie sie allgemein zum Malzdarren jezt eingeführt sind.

·Beim Ankauf des Mooses muß der Wassergehalt und die Reinheit desselben berücksichtigt werden, und es ist daher am besten, nur trockenes und reines Moos frei von anderen fremden Bestandtheilen zu verwerthen, weil alsdann der aus demselben gewonnene Spiritus besser ist, und die Kosten seiner Darstellung geringer werden. Das trockene Moos ist sperrig und erschwert dadurch den Transport und die Aufbewahrung; um sich hierin jedoch eine Erleichterung zu verschaffen, preßt man es zusammen oder mahlt es zu Pulver. Durch Schraubenoder Hebelpressen preßt es sich nur so weit zusammen, daß 9 bis 10 Pfd. immer noch den Raum von 1 Cbffß. einnehmen; hydraulische Pressen wirken zwar besser, aber sie finden sich nicht eingeführt, weil sie zu theuer und zu umständlich sind. Vielfach wird das Moos auf einer Tenne zu Pulver gestampft oder zertreten und nicht selten auch gemahlen oder mittelst einer Dreschmaschine zerkleinert, wobei es dann noch gleichzeitig gereinigt wird.

Das zerstampfte oder gemahlene Moos kann so weit zusammengepreßt werden, daß 80 bis 100 Pfd. eine Tonne ausfüllen.

Das Einsammeln des Mooses geschieht von Kindern und älteren Personen, welche sonst nichts verdienen können. Bei weniger vorsichtigem Sammeln kann jede Person bis 2 Ctr. Moos täglich einsammeln, welche Quantität jedoch bis auf 1 Ctr. heruntersinkt, wenn dasselbe rein und für die Spiritusfabrication anwendbar sein soll. Wenn der Nachwuchs fünfzehn Jahre dauert, so darf jedes Jahr nur der Pflanzstätte abgeerntet werden, wobei dann im Mittel und bei mittelmäßigem Wachsthum von jedem Tonnenland oder nahezu 2 preuß. Morgen 30 Ctr. trockenes Moos geerntet werden können. Bedeutende Dimensionen nimmt die Sache in denjenigen Gegenden an, wo Tausende von Tonnland mit Moos bewachsen sind, und besondere Aufmerksamkeit verdient das Vorkommen des Mooses auf den reichlich vorhandenen Mooren, welche mit Weißmoos bewachsen sind. Nicht auf allen diesen Mooren trifft man das Moos an, doch finden sich solche reichlich mit Moos bedeckte Moore außer in den nördlichen Landstrichen auch in den südlichen Landtheilen, z. B. im Landstrich Säfsjö im Bezirk von Jönköping, woselbst an einer mittelmäßigen Stelle pro Tonnenland 36 Ctr. geerntet werden können. Da nun nach zuverlässigen Berichten in der dortigen Gegend ca. 30,000 Tonnenland Moore sich befinden, so kann man sich eine Vorstellung machen, welche große Mengen von Moos an diesem Orte zu treffen find.

Die Ueberführung der Cellulose im Moose geschieht durch Kochen mit verdünnter Salzsäure und nicht wie sonst üblich mit Schwefelsäure, weil Erstere energischer wirken soll und billiger ist, als die Leßtere. Zum Kochen bedient man sich

eines aus 3zölligen (78mm) Bohlen hergestellten Holzbottichs von 6 Fuß (1,88) Durchmesser und 170 Cbffß. (0,52 Cbfmtr.) Inhalt, welcher im Stande ist, 1500 Pfd. Moos bei jeder Operation zu fassen. Der zum Kochen gebrauchte Wasserdampf von 1 bis 2 Atmosphären Ueberdruck strömt an sechs Stellen am Boden des Bottichs durch Bleirohre ein, die mit einem Hauptrohre verbunden sind, welches sich von außen freisförmig an den Bottich anschließt. Je nach der Reinheit des Mooses wendet man 7 bis 10 Gewichtsprocente Salzsäure von 1,165 spec. Gewicht an und verdünnt dieselbe mit so viel Wasser, daß eine 6procentige Säure resultirt. Von dieser Säure wird ungefähr die Hälfte in das Kochfaß gebracht und erwärmt, worauf alsdann das Gefäß bis obenhin voll Moos gefüllt und Dampf zugelassen wird. In dem Maße, als das Moos zusammenfinkt, werden neues Moos und Säure zugeseßt, bis das ganze Quantum sich in dem Bottich befindet. Der Dampf wird von dieser Zeit an alle 20 Minuten abgesperrt und die Masse durchgearbeitet, welche gewöhnlich nach vier Stunden zu einem gleichförmigen Brei von sehr geringem Volumen umgewandelt ist. In diesem Stadium ist jedoch die Zuckerbildung noch nicht beendigt, sondern das Kochen muß noch 4 bis 5 Stunden fortgesezt werden, so daß sich also die ganze Kochzeit auf 8 bis 9 Stunden hinzieht und die ganze Operation ca. 12 Stunden Zeit bedarf. Um sich über die Beendigung der Zuckerbildung zu orientiren, werden von Zeit zu Zeit Proben mit Glasstäben aus dem Kochgefäß genommen, welche, wenn sie sich nicht mehr butterartig anfühlen, die Beendigung des Processes anzeigen. Bildet nämlich die Probe im kalten Zustande eine nicht schmierige, aber ziemlich feste gelatinöse Masse, welche sich leicht als Ganzes vom Glase loslöst und mit dem Messer geschnitten glänzende Flächen zeigt, so ist die Zuckerbildung als beendigt zu betrachten. Sicherer bestimmt man diesen Punkt, wenn man die Probe mit destillirtem Waffer verdünnt, hierauf filtrirt und einige Tropfen in Alkohol von 88 pCt. fallen läßt; entsteht dann eine Fällung, so muß noch weiter gekocht werden, und zwar so lange, bis die Probe klar bleibt oder nur eine geringe Färbung zeigt.

Die fertige Maische, welche nur des ursprünglichen Volumens besißt, wird mit warmem Wasser bis zu oder zur Hälfte des Bottichs gemischt, nochmals durch Dampf erwärmt und sofort in die entsprechend großen Neutralisationsgefäße abgelassen und in diesen durch Kalk oder Kreide neutralisirt, was gewöhnlich 1 bis 2 Stunden Zeit erfordert. Nach beendigter Neutralisation wird die Maische durch ein Drahtseil von 7 bis 8 Qdrtfß. (0,7 bis 0,8 Qdrtmtr.) Siebfläche geseiht und alsdann auf Kühlschiffen so weit abgekühlt, daß fie durch Zuführen von Wasser mit einer Concentration von 5 bis 6 vCt. und mit einer Temperatur von 32 bis 34° C. in die Gährgefäße gelangt, in welchen sie direct mit Kunsthese versezt wird. Im Anfange wurden von den Hefenmaterialien 15 pCt. des angewendeten trockenen Mooses verwendet, welche aus 8 Gewichtstheilen Malzmehl und 1 Gewichtstheil Schwarz oder Roggenmehl bestanden; neuerdings verwendet man jedoch nur 5 bis 8 pCt. Hefenmaterialien und erzielt damit den gleichen Erfolg. Die Moosmaische wirft bei der Gährung einen leichten großblasigen Schaum, die Temperatur steigt um 2 bis 4o C. bei einer Gährraumtemperatur von

15 bis 20° C. Nach vier Tagen ist die Gährung beendigt und die Maische wird am fünften Tage in einem Pistorius'schen Apparate abdestillirt.

Nach den Angaben des Betriebsjournales erhielt man aus 103,500 Pfd. gewöhnliches Moos, entsprechend 73,485 Pfd. reines Moos mit Hülfe von 7440 Pfd. Salzsäure, 6440 Pfd. Kreide und 15,222 Pfd. Hefenmaterialien 8820 Kannen oder 22,075 Liter Spiritus von 50 pCt. Von den 8820 Kannen Spiritus rühren 1446 Kannen von den Hefenmaterialien her, so daß für das Moos allein 7374 Kannen resultiren, und also 20 Pfd. reines Moos fast 2 Kannen oder nahezu 5 Liter 50 procentigen Spiritus geben. Eine Maische aus 3000 Pfd. unreinem oder dem entsprechend aus 2130 Pfd. reinem Moose bereitet enthält im Mittel 1356 Pfd. Traubenzucker oder pro Kanne 0,348 Pfd. und müßte ohne Verlust 678 Pfd. oder 138,8 Kannen absoluten Alkohol liefern, man erhielt aber als Mittel nach dem Betriebsjournal nur bis der theoretischen Ausbeute.

Die Concentration der Moosmaische ist, wie schon angegeben, durchschnittlich 5 bis 6 pCt. und also bei Weitem geringer, als diejenige der Korn- oder Kartoffelmaische; dem entsprechend muß also auch der Gährraum ein größerer sein. Es ist dieses eine Unbequemlichkeit, welche durch Concentriren der Maische umgangen werden könnte, allein die Erfahrung hat gezeigt, daß dann die Ausbeute an Alkohol viel geringer ausfällt und daß gerade die angegebene Concentration die zweckentsprechendste ist. Meines Erachtens ist jedoch die un

gemein geringe Concentration der Maische ein Uebelstand und nur bedingt durch die große Menge von Chlorcalcium, welche der Gährung hemmend in den Weg tritt und die den Fabricanten zwingt, nicht allein ein großes Quantum Hefenmaterial anzuwenden, sondern auch die Maische bei einer ungebührlich hohen Temperatur vergähren zu lassen. Alle diese Uebelstände werden verschwinden, wenn die Ueberführung der Cellulose in Zucker durch Schwefelsäure vermittelt und nach der Operation die Säure durch Kreide als unlöslicher schwefelsaurer Kalf aus der Maische entfernt wird.

Anstatt die salzsäurehaltige Maische mit Kalf zu neutralisiren, wodurch die Schlempe als Viehfutter unbrauchbar wird, hat man versucht, hierzu das kohlensaure Natron zu verwenden und damit eine fochsalzhaltige Schlempe zu ers zielen, welche als Futter Anwendung finden kann. Abgesehen von dem Kostenpunkte, möchte der große Kochsalzgehalt dieser Benugung der Rückstände im Wege stehen und gerade ein Fingerzeig für die Verwendung der Schwefelsäure sein.

Der Moosbranntwein hat einen an Genever erinnernden Geschmack, welcher von den in dem Moose fast nie fehlenden Tannennadeln und Zweigen herrühren soll. Der aus reinem Moose bereitete Spiritus besißt einen angenehmen schwach mandelartigen Geruch und Geschmack, welcher durch Filtration durch Kohle beseitigt werden kann, so daß derselbe im gereinigten Zustande dem vorzüglichsten Getreide- oder Kornspiritus ebenbürtig zur Seite gestellt werden kann.

Trajectanstalten.

Von C. Schaltenbrand.

(Vorgetragen in der Sigung des Cölner Bezirksvereines vom 25. März 1869.)
(Hierzu Tafel I und II.)

Einer an mich ergangenen Aufforderung folgend, gebe ich zunächst meine Ansicht über Trajectanstalten im Allgemeinen.

Jede ausgeführte Eisenbahn-Trajectanstalt betrachte ich als ein unvermeidliches Uebel, welches nur dort angewendet werden sollte, wo der Bau einer Brücke localen oder finanziellen Verhältnissen nach zur Unmöglichkeit wird. Ganz abgesehen von den Uebelständen, welche durch eine mehr oder weniger unvollkommene Construction bedingt werden, ist jede Trajectanstalt, auch die vollkommenste, bei unserem Klima durch den Eisgang einer Betriebsstörung ausgesezt, deren Eintritt und Dauer sich nicht vorher bestimmen lassen. Noch empfindlicher wird dies, wenn die Bahn als Concurrenzbahn die Schifffahrt gerade in dieser Zeit erseyen soll. Es trifft dann die Betriebsstörung stets mit dem lebhaftesten Güterverkehr zusammen.

Stellen sich jedoch dem Bau einer Brücke Hindernisse entgegen, deren Beseitigung nicht in der Macht des Erbauers liegt, oder handelt es sich nur um eine abkürzende Verbindung, so daß der Bau einer Trajectanstalt beschlossen wird, so bleibt es eine schöne Aufgabe des Ingenieurs, diese Anstalt so einzurichten, daß sie den Mangel einer Brücke möglichst wenig fühlbar macht.

Aehnliche Gründe, wie die vorhin angedeuteten, veran lagten die Direction der rheinischen Eisenbahngesellschaft beim Bau der Linie Cleve-Zevenaar für den Uebergang über den neuen Rhein, nahe der holländischen Grenze bei Elten, die Anlage einer Trajectanstalt zu verfügen, während der alte Rbein bei Griethausen überbrückt wurde.

Sehr interessante Projecte hierzu wurden von dem Baumeister Hrn. Sternberg bearbeitet, welcher jedoch bald zum großherzogl. Baurath ernannt, als Professor an das Polytechnicum in Carlsruhe berufen wurde.

Die später zur Ausführung gelangte Kettenfähre bei Elten, wohl zu unterscheiden von der sich jezt in Betrieb befindenden Anstalt, wurde nach Angabe des Geh. Oberbaurathes Hrn. Hartwich unter Leitung des Ingenieurs Hru. Bendel projectirt und unter Leitung des Abtheilungsbaumeisters Hrn. Rocholl ausgeführt.

Im Jahre 1862, als mir die Pläne der Kettenfähre zu Gesicht kamen, sprach ich mich sofort dahin aus, daß die Grundidee, nach welcher diese Anstalt erbaut werden sollte, eine unrichtige, und deshalb der Erfolg ein sehr zweifelhafter sei. Diese Ansicht, welche damals viel belächelt wurde, hat sich durch traurige Erfahrungen als nur zu wahr bestätigt.

Wenn ich deshalb hier die erste Anlage kritisire, so kann mich der Vorwurf nicht treffen, daß es leicht sei, ein fertiges Werk zu bemängeln, und dies um so weniger, als es mir selbst beschieden war, die endliche Inbetriebsegung herbeizuführen.

I. Die Kettenfähre bei Elten.

Die Grundidee der Kettenfähre war folgende:

Es sollten Schiffsgefäße an straff gespannten Ketten senkrecht über den Rhein fahren und genau geführt an den Schienen geneigter Ebenen landen, so daß mit Hülfe verstellbarer Anfahrtsbrücken die Wagen durch die Locomotive aufgeschoben werden konnten. Diese Idee war insofern unrichtig, als dabei dem Stromdrucke gar keine Rechnung getragen war und man irrthümlich annahm, die Schiffe würden die gerade Fahrlinie nicht verlassen. Da dies aller Theorie und Praxis widerspricht, so war vorauszusehen, daß die Ketten bei der Ueberfahrt sich buchten und immer mehr und mehr ablegen würden. Die Landepunkte der Schiffe liegen bei gewöhnlichem Wasserstande ca. 1200 Fuß (375") von den für Hochwasser vorgesehenen Befestigungspunkten der Ketten entfernt. Die Schiffe mußten deshalb die Landepunkte regelmäßig verfehlen, wie Fig. 1, Taf. II im Grundriß zeigt.

Ebenso unrichtig war der Glaube, die zwischen straff gespannten Ketten geführten Schiffe noch steuern zu können, wie ich an betreffender Stelle nachweisen werde. Abgesehen von diesen Fehlern in der Grundidee waren auch die sonstigen Einrichtungen noch zu unvollkommen, als daß ein günstiges Resultat möglich gewesen wäre.

Die Kettenfähre besteht aus dem Maschinenschiffe (Fig. 1 und 3, Taf. I), 90 Fuß (28,25) lang, 14 Fuß (4,40) breit mit 8 Fuß (2,67) Schiffshöhe bei 27 3oll (705mm) mittlerem Tiefgang, zu dessen Seiten mit 15 Zoll (390mm) Zwischenraum zwei flache Ponten schwimmen, vou je 147 Fuß (45,15) Länge, 20 Fuß (6TM,27) Breite bei 37 Zoll (970mm) Schiffshöhe mit 24 Zoll (625TMTM) hohen Langborden. Der Tiefgang dieser Ponten war unbeladen 16 3oll (420mm) und vollbeladen 30 Zoll (785mm).

Ueber die Mitte jeder Ponte ist ein Geleise gestreckt zur Aufnahme von sieben beladenen Güter- oder fünf Personenwagen. Um das Ablaufen der Wagen zu verhindern, wurden an den Enden der Geleise sogenannte Drehbuffer angebracht. Diese Drehbuffer, der einzige Gegenstand, welchen ich für diese Kettenfähre construirte, haben sich allein von allen mechanischen Einrichtungen bei der verbesserten Anstalt erhalten und werden dort näher beschrieben werden.

Die Ponten, unter sich an den überstehenden Enden mit Holzrahmen horizontalgelenkig verbunden, waren mit dem Maschinenschiff an den Punkten a, b, c und d der Fig. 1 bis 3, Taf. I mit der in Fig. 2, Taf. II sfizzirten Kuppelung verbunden, so daß für den veränderlichen Tiefgang der Ponte und das Schwanken derselben der nöthige Spielraum blieb. Die Schiffsgefäße der Pouten und des Maschinenschiffes wurden auf Anrathen der HHrn. Jakobi, Haniel & Huyssen, welchen die Ausführung übertragen war, später in Eisen gebaut.

In der Mitte des Maschinenschiffes ist in einem Raume von 14 Fuß (4,4) Breite, 26 Fuß (8,16) Länge und 8 Fuß (2,5) Höhe eine Zwillingsmaschine von 40 Pfrdst. bei 30 Umdrehungen aufgestellt, sowie der zugehörende Kessel nach Art

der Locomotivkessel construirt mit ca. 9 Qdrtfß. (0,9 Qdrtmtr.) Rostfläche für 3 Atmosphären Ueberdruck, welcher indessen wohl faum den Dampf zu 12 Pfrdst. liefern konnte.

Diese ganze Einrichtung war recht unglücklich zusammengebaut. Der Keffel heizte sich wegen mangelhaften Luftzutrittes und zu enger Röhren schlecht; dabei war die Hize in dem engen Raume, von welchem noch die Kohlenräume abgetrennt waren, unerträglich.

Die Maschinenwelle war auf ca. 5 Fuß (1,57) Länge viermal gelagert, ohne alle Stellvorrichtung. Die mittleren dieser Lager, unter dem Kessel dicht beim Roste liegend, waren fast unzugänglich. Die Maschinenwelle trieb mit je einem Räderpaare mit Uebersezung von 2: 7 zwei zu beiden Seiten des Kessels über ihr gelagerte Triebwellen, auf deren durch die Schiffswand ragenden Köpfen außerhalb die Kettenräder saßen, so daß sich die Lezteren in dem Zwischenraume zwischen Maschinenschiff und Ponten drehten.

Der Raum vor und hinter der Maschinenfammer enthielt Salon, Vorkajüte und Räume für Geräthe. Es lag die Absicht vor, die Personen während der höchstens 8 Minuten dauernden Ueberfahrt jedesmal mittelst Treppen auf das Maschinenschiff und hinab in die Kajüten steigen zu lassen.

An jedem Ende des Maschinenschiffes war ein Steuer angebracht mit dem Schlüffel unter Deck von ca. 10 Qdrtfß. (1 drtmtr.) eingetauchter Fläche, sowie ein Anfer von 5 Ctr. Gewicht.

Die Ketten, zur Führung und Fortbewegung der Schiffe dienend, hatten Glieder von 1 Zoll (26mm) Rundeisen bei 41 Zoll (115mm) Länge und 34 Zoll (90mm) Breite mit eingesezten Gußstegen. Die einzelnen Kettenstücke waren dabei mit sogenannten Nothgliedern, in Fig. 3, Taf. II ffizzirt, verbunden, welche auch beim Reißen einer Kette eingesezt wurden. Die beiden Ketten über die Kettenräder des Maschinenschiffes hinwegliegend hatten eine senkrechte Entfernung von 15 Fuß (4,7).

In die Kettenräder war am Kranze die gewöhnliche Kettenspur mit Knaggen eingegossen (Fig. 4, Taf. II), welche. Lezteren zu zwei und zwei ein Kettenglied fassend die Fortbewegung vermitteln sollten. Die Anfertigung dieser Räder war mit Schwierigkeiten verknüpft, hauptsächlich weil die Theilung der Kette keine gleichmäßige war.

An den Ponten führten sich die Ketten bei f, g, h und m der Fig. 3, Taf. I zwischen je zwei Verticalrollen von 6 Zoll (155mm) Durchmesser, während sie durch Horizontalrollen von 18 Zoll (470mm) Durchmesser getragen wurden. Diese Rollenführung, in einem Gußgestell an die Ponten angeschraubt, war in sofern mangelhaft, als die Verticalrollen von 6 Zoll (155mm) Durchmesser, welche, wie sich später ergab, vom Stromdrucke mit ca. 25 Ctr. gegen die Kette geschoben wurden, in die einzelnen Maschen hineinsprangen, wie Fig. 5, Taf. II verdeutlichen soll, wodurch ein fortwährendes Rütteln erzeugt wurde. Die Nothglieder gaben flachliegend sogar einen heftigen Stoß.

Die Ketten fielen in Folge ihres bedeutenden Gewichtes von den Führungen an der Ponte ab und erreichten je nach der Wassertiefe auf verschiedene Längen den Boden des Rheinbettes. Ueber diesen liefen sie weg und stiegen an beiden

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