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Autorität des kafferl. Hofes das Leben gerettet worden sey, für ein Märchen erklärten; so trug ich kein Bedenken es so zu nennen. Habe ich darin geirret, so irrte ich wirklich unter sehr guter Autoris tåt, und in sehr guter Gesellschaft. Hätte ich vers muthen können, daß der Freyherr von der Horst eine von allen andern ganz unterschiedene Nachricht hievon, vom Grafen von Münchow und vom General von Bork erhalten hätte; würde ich es gewagt haben an denselben zu schreiben, und Ihn um Mittheilung derselben zu ersuchen. Ich wage es zu glauben, meine Begierde, die Wahrheit von allen Seiten her zu erforschen, würde mir bey Ihm zur Entschuldigung meiner Freyheit gedient haben. Hätte ich diese Nachricht von Ihm erhalten, so würde ich gewiß unpartepisch angezeigt haben, Daß auch eine entgegengesetzte Meinung existire, die sich auf die Aussage zweyer Männer von Ansehen gründe. Ich könnte freylich alsdenn auch vielleicht Die Zweifel aus der gleichzeitigen Geschichte, die Diese Meinung sehr unwahrscheinlich machen, auseinandergesetzt haben. Verschiedenheit der Meinungen in einer noch so wenig aus den Quels len untersuchten Geschichte, kann bey unparteyis fcher Wahrheitsliebe wohlStatt haben, und gewöhns

lich pflegt man sich durch die Entwickelung verschier dener Meinungen der Wahrheit immer mehr zu nähern.

Die bloße allgemeine Sage würde in einer Sache dieser Art eigentlich noch wenig beweisen, Indessen selbst, daß die Sage, der faiserl. Hof habe sich durch Autoritåt in diese Sache gemischt, besonders mit Autoritåt den Grund angeführt: ,,Der Kronprinz könne, als ein Reichsfürst nur ,,auf dem Reichstage zu Regenspurg gerichtet, ,,werden,“ und dadurch sey allein dem Kronprins zen das Leben gerettet worden, wirklich jemals und am wenigsten zu der Zeit, da die Sache vors ging, allgemein gewesen sey, scheint mir, ich ges stehe es, noch bis jeht zweifelhaft; und zwar aus folgenden Gründen :

1) Die ältesten und respektabelsten Geschäfts leute, deren Meinung ich darüber theils selbst uns mittelbar, theils durch die dritte Hand zu erfahs ren Gelegenheit gehabt habe, versichern, daß sie nie von einer solchen Sage gehört haben, bis sie durch. Voltairen zuerst ausgebreitet worden.

2) In den französischen und englåndtschen pos litischen Journalen vom J. 1730 (denn in den deutschen herrscht ein tiefes Stillschweigen über

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diese Sache) wird nicht ein Wort von einer sols chen interponirten Autorität gedacht, welches doch gewiß geschehen seyn würde, wenn damals eine solche allgemeine Sage wirklich vorhanden gewesen wäre. Eine Sage pflegen sich die Vers fasser politischer Journale nicht leicht entgehen zu lassen, am allerwenigsten eine allgemeine Sage von einer Sache die so viel Aufsehen machte. Aber nicht einmal ein on dir wird man hierüber in den damaligen volitischen Journalen finden. Im Mercure hiftorique (Dec. 1730) S. 782. wird das Geschäft der Kommission erwähnt, welche der Kös nig im ov. 1730 nach Küftrin schickte t), um dem Kronprinzen einen Eid abzunehmen, und ihm Vergebung anzukündigen. Da heißt es: „Ils no

tifièrent au Prince Royal, que le Roi par un ,,motif paternel, et ayant égard à la Lettre d'inter,,ceffion très touchante que Sa Maj. Imp. lui pavoit écrite de fa propre main, voulait bien lui ,,pardonnner." Dieß wird in dem Clef du Cabi

net

t) Der König hatte diese Kommission dem Krons prinzen angekündigt, auch die Personen benennet in dem Briefe an den Feldprediger Müller vom 8 Nov. 1730. G. Beytrag zur Lebensgeschichte Friedrichs des Großen. Berlin 1788. 8. Nicolai Anekd. v. K. Fr. II. 5$ H.

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net des Princes (Janv. 1731, S. 57.), einem zu Brüssel herauskommenden und damals sehr geles senem politischen Journale, worin sonst die kai: serl. Pråtensionen gar sehr begünstigt werden, bloß wörtlich wiederholt; aber von der Autorität des Kaisers, oder von der Pråtension, die Sache an den Reichstag zu Regensburg zu verweisen, wird nicht ein Wort gedacht, welches sonst dort, wenn es auch nur eine etwas verbreitete Sage gewesen wäre, gewiß würde seyn aufgegriffen wors den. Also, eine allgemeine Sage ist es gewiß nicht gewesen.

Daß der Kaiser ein Intercessionsschreiben, so wie fast alle Potentaten in Europa habe ergehen Lassen, habe ich nie zu bezweifeln begehrt; nur das es im Tone der Autorität gewesen, und besons ders, daß dadurch, es sey nun gewesen wie es wolle, allein dem Kronprinzen das Leben gerettet worden sey, habe ich bezweifelt, und bezweifele es noch. Schon der Umstand, wofern er richtig ist, daß der Kaiser mit eigener Hand an den König geschrieben habe, giebt mit größter Wahrscheins lichkeit zu erkennen, daß der Brief rührend, nicht im Tone der Autorität gewesen sey, als in wels chem Monarchen sich einander nicht eigenhändig schreiben, wenn sie nicht etwa gånzlich miteinander brechen

brechen wollen. Daß aber dieses der kaiserl. Hof habe thun wollen, läßt sich gar nicht denken, da er damals gerade einen Krieg in Italien befürchtete, mit England in einer sehr kritischen Lage war, und sehr nöthig hatte, den König von Preußen auf seiner Seite zu behalten. Uebrigens bestätigt es ein Umstand, auf welchem ich bey meiner weitern Nachfrage gestossen bin, daß damals ein eiz genhåndiger Briefwechsel zwischen dem Kaiser und dem Könige Statt gefunden habe. Im Königlis chen geheimen Archive, worinn sonst von dieser Sache nicht die geringste Nachricht anzutreffen ist, (indem, wie schon oben erwähnt, alles dahin Ger hörige im Archivkabinette versiegelt liegt) fins det sich, daß unterm 4 Nov. 1730. aus dem K8nigl. Kabinette beym Departemente der auswårs tigen Geschäfte angefragt worden ist, wie der Titel an den Kaiser eigentlich zu machen sey, well ein Bönigl. Handschreiben an den Kaiser abgehen solle. Dieß war gerade der kritische Zeitpunkt; denn d. 3 Nov. ward der unglückliche Herr von Katte nach Küstrin abgeführt. Es ist also höchste wahrscheinlich, daß dieß des Königs eigenhändis ges Antwortschreiben auf des Kaisers eigenhåns diges Intercessionsschreiben gewesen ist. Zugleich € 4 erhellet

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