Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

LV.

er König ließ im Jahre 1753 im September zwischen Spandow und dem Dorfe Gator etn Lager von ungefehr sechs und dreyßigtausend Mann zusammenziehen. Es waren zu demselben mehrere fürstliche Personen eingeladen, und es waren aus allen preußischen Provinzen Generale und Stabsofficiere von der Kavallerie und von der Infanterie dazu berufen. Es ward dazu für den König ein besonderes Haus, 48 Fuß lang, und eint Speisesaal, 76 Fuß lang, “gebauet‍†). Es ward vers boten, daß niemand, der nicht dahin gehörte, in dies fés Lager kommen, oder die Mandver, welche ges macht wurden, ansehen sollte. Daher warent allenthalben, so wie im Kriege, Vorposten geseht, und die Husaren patrouillirten beständig. Einige Neugierige, welche sich demungeachtet heran wagten, wurden auf Befehl etwas geplündert; welches denn die andern abschreckte. Durch diesen geheimnißvollen Anstrich ward die Neugierde aufs höchste gespannt; indessen erschien kurz darauf in

[ocr errors]

†) S. Mangers Baugeschichte von Potsdam ir Band Seite 147.

[ocr errors]

in Berlin auf Befehl des Königs eine Beschreiz bung † desjenigen, was in diesem Lager sollte seyn vorgenommen worden, nebst beygefügten Planen. Der Verfasser war der damalige Oberstlieutenant Herr von Balby; die Ideen dazu hat aber wahrscheinlich der König selbst gegeben. Ich sage die Ideen; denn es ist nicht die wahre Nachricht von dem, was wirklich im Lager vorges nommen worden ist: sondern diese Beschreibung enthält ganz andere erdichtete Mandver, welche nur so hingesetzt sind, um die Neugierigen von der wahren Beschaffenheit abzuführen, und über diejenigen zu spotten, welche, glaus ben könnten, dieß waren die wirklichen Ber schäftigungen im Lager gewesen. Es ist ein Pens dant zu der Nachricht von dem Hagelwetter in Potsdam, welche der König im Jahre 1767. in die Beitungen segen ließ; wie ich dieß im I. Hefte S. 93. erzählt habe.

Man braucht nur einige Seiten dieser Beschreis bung gelesen, und nur sehr wenige militarische Kenntnisse zu haben, um so gleich zu sehen, daß die darin beschriebenen Uebungen nicht von preußis schen

†) Erklärung und genaue Beschreibung der Mas növer zc. nebst einem großen Plan. Berlin bey Voß, 1753. 22 S. 4.

schen Truppen unter Friedrich dem zweyten haben gemacht werden können, und wirklich, so wie sie beschrieben worden, jezt zum Theil gång. lich unausführbar, und nicht einmahl für ein Lust, geschweige denn ein Uebungs- Lager brauchs bar sind.

Gleich das erste dieser Mandver soll die, vor alten Zeiten bey den Römern und Karthagts nensern in großer Reputation (wie die Worte „lauten) gestandene, so genannte Tête de porc,

auf deutsch Schweinskopf, so aus den Phalans. ,,gen bestanden," gewesen seyn. Das zweyte ftellt einen Uebergang über einen Fluß auf Brücken vor, welche unter den Augen und Kanonen eines jenseit aufmarschirten feindlichen Heeres darüber erst geschlagen werden, und die nur får drey Mann en fronte Breite genug haben; das dritte ist eine sogenannte Fouragirung, bey welcher die Bedes Kung und die Fouragirenden, unter einander gemischt, ihren Marsch zu dem bestimmten Orte hin und wieder zurück machen; das vierte besteht. in der Bedeckung eines Transportes, wobey die Avantgarde aus 30 Grenadieren besteht; bey dem fünften marschiren 12 Batallione und fünf ska drone in sieben Kolonnen aus dem Lager, und bey einem vorgeblichen Angriff werden aus der Ine

21 3

[ocr errors]

Infanterie drey verschiedene Zirkel, jeder von vier Botaillonen formirt und diese in de Form eines Triangels gestellt; bey dem sechsten macht die Kavallerie die mittelsten, durch lauter hohle Wege gehenden Kolonnen aus, indessen die auffersten, aus Infanterie bestehenden Kolonnen auf Der Ebene marschiren; und bey dem, darauf folgenden Treffen, vertreibt die Kavallerie die in einem Walde verdeckt stehende feindliche Infantes rie, und macht, in Carriere, einen Angriff durch diesen Wald durch, u, d. m. Man braucht, wie gesagt, nicht einmal Soldat zu seyn, um zu sehen, daß diese Dinge so sehr unmilitärisch sind, und am wenigsten von preussischen Truppen unter Anführung eines Generals wie Friedrich 11. konnten seyn ausgeführt worden.

Die Ursache indessen, aus welcher Friedrich I. gerade eine Beschreibung von diesem Lager, und warum er eine solche Beschreibung davon bekannt machen lassen, ist vielleicht zu errathen. Denn, baß der Hr. v. Balby, welcher damals zu den Günftlingen des Königs gehörte, solche nicht aus eigener Bewegung herausgegeben hat, ist wohl natürlich. Vielmehr ist, bey der bekannten Thas tigkeit des Königs, es höchstwahrscheinlich, und man weiß es auch aus Tradition daß er selbst diesem

Offizier

Offizier das, was er beschreiben sollen, bestimmt hat. In den damaligen Zeitumständen nämlich, war es sehr natürlich, daß ein dergleichen großes, zusammengezognes und långer wie gewöhnlich zus sammenbleibendes Korps die Aufmerksamkeit mehs rerer deutschen und europäischen Fürsten auf sich ziehen mußte; jeder Schritt Friedrichs II. wurde damals beobachtet und untersucht, und es war eben so sehr in seinem Charakter, als vielleicht nüßlich, die Feugierde des fremden Publikums auf solche Art irre zu leiten. Und es scheint, es sey ihm gelungen.

Man sollte zwar denken, es hätte die eigents liche Beschaffenheit dieser Beschreibung bald müssen bemerkt werden. Aber wirklich scheint der darin herrschende Muthwillen und Scherz von dem Pus blikum eben nicht bemerkt worden zu seyn. Damals waren die ersten Principien der Taktik auch noch nicht so allgemein bekannt daß man sie von theor retischen Grillenfångereyen auf den ersten Blick gleich unterschieden hatte, so wie jeht wohl der Fall seyn würde. Es ward also damals ganz treu? herzig geglaubt, die beschriebenen Mandver wåren wirklich vorgenommen worden. Sogar der Vers fasser der Lebens und Regierungsgeschichte Friedrichs II. (Leipzig 1786.) der sel. Seyffart in 24 Halle,

« ZurückWeiter »