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kannt. Man kann es auch vielleicht nicht ganz ger nau wissen, weil der König viele Rechnungen selbst unmittelbar erhielt, die er vielleicht kassirte. Sos viel erzählte er einmal bey der Tafel: daß er zu den Vergoldungen in diesem Schlosse 70000 Rthlr. in Speciesdukaten gegeben habe. d'Argens.

LXVII.

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Der König hatte zuweilen ganz sonderbare Ideen. Bey einer Reise sprach er mit einem Res gierungspråsidenten umståndlich über die Abkürzung · und-Beschleunigung der Prozesse; und fragte am Ende, wie viel Prozesse damals schwebten. Die Antwort war, 480. Der König fragte ihn: Wie viel Quadratmeilen und wie viel Einwohner die Provinz habe? Auf erhaltene Antwort dividirte `er lettere mit's zu Familien, rechnete einige Mis nuten in Gedanken, und brachte heraus, daß 480 Prozesse viel zu viel, und höchstens nur 200 Pros zeffe gut gethan werden könnten. Es müßten also, sagte er, die Prozesse sehr vermindert werden, wors auf der Präsident seine Aufmerksamkeit richten müsse. Aber eigentlich, seßte er hinzu, sollten es die 'Schulmeister thun; die sollten die Kinder gleich in der Schule gewöhnen, nicht so zänkisch zu Leyn.

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Zweifel und Berichtigungen

über

schon gedruckte Anekdotes

König Friedrich II.

XIX,

Ich werde täglich lebhafter überzeugt, daß man

der Wahrheit von Anekdoten nie sorgfältig genug nachforschen kann. Sonderlich von solchen Anek doten, welche einen wißigen Einfall enthalten, werden sehr oft, je mehr sie aus Mund in Mund gehen, die wahren Umstände im Erzählen so verstellt, daß Zeit, Ort und Personen allges mein verwechselt, und ganz andere angenom men werden. Dieß hat mich ziemlich mißtrauisch gemacht, und für mich den guten Erfolg gehabt, daß ich durch genauere Erkundigungen nicht wenig unrichtige Umstände von Thatsachen berichtigt habe. Indessen finde ich freylich, daß man fast nicht mißs

traus

trauisch und behutsam genug seyn kann; ich erfuhr noch kürzlich an einem neuen Beispiele..

Ich erzählte im IVten Heft S. 74 eine Anekdote von dem fel. General v. Cocceji, welche in der Armee ziemlich allgemein geglaubt wird, und mir von mehrern Militarpersonen erzählt worden ist, daher ich kein Bedenken fand, sie nachzuerzählen. Gleichs wohl ist von der Anekdote nichts richtig, als daß ein solches bon-mot gesagt worden, aber nicht von dem fel. General v. Cocceji, auch nicht im I. 1761, sondern im Jahre 1759 und bey einer ganz ans dern Gelegenheit.

Ich habe diese Berichtigung der Gütigkeit des noch lebenden Herrn Obersten von Cocceji zu dans Een, welcher nicht nur im Militarstande als Offizier, sondern auch im politischen Fache durch Gesandtschafs ten dem Vaterlande rühmliche Dienste geleistet hat. Dieser edle Mann wollte auf seinen sel. Hrn. Bruder den Vorwurf, daß er ein empfindliches bon-mot wis der den König gesagt hätte, nicht sißen lassen; und ich mache es mir um so vielmehr zur Pflicht meinen Jrrs thum zu verbessern, da durch die Bekanntmachung der wahren Umstände, eine Erzählung, welche so alls gemein für wahr ist angenommen worden, nun auf ihren wahren Werth zurückgebracht wird; und felbft

D 4

Felbst aus den wahren Umstånden erhellet, wie die falsche Erzählung entstanden ist.

* Im März des Jahres 1759 sendete der Kd: nig aus Breßlau den Herrn Obersten v. Coccejt (nicht den sel. General), welcher damals Königl. Adjutant war, insgeheim nach Turin, wie er dies ses selbst in der Histoire de la Guerre de sept ans T. IV. S. 68. berichtet. Er ertheilte dem Herrn von Cocceji sehr umständliche Verhaltungsbefehle, empfahl ihm aber dabey die tiefste Verschwiegens heit, mit Bedrohung seiner schwersten Ungnade, wenn der eigentliche Ort, wohin er gesendet ward, und etwas von den ihm anvertrauten Dingen bes kannt würde. Dieser trat also die Reise, ohne Irgend mit jemand zu sprechen, unverzüglich an. Als ihn die übrigen Adjutanten auf einmal wie verschwunden sahen, wurden sie begierig, seinen Aufenthalt zu errathen. Jeder åußerte darüber seine Vermuthung, bis endlich einer von ihnen, der einen vorschnellen Wih ohne Rücksicht öfters zu äußern pflegte, das Wort nahm, die Meinune gen aller andern verwarf, und sagte: Er wiffe es beffer, der Hr. v. Cocceji sey nach Venedig gegangen, um einen Teller für den König umzules gen."

Man

Man sieht hier also abermals, wie durch eine Verwechselung der Personen und Umstände, die so gewöhnlich ist wenn ein bon-mor nacherzählt wird, eine ganz falsche Geschichte entstehen kann. Zum Besten der historischen Wahrheit ist es doch aber sehr nöthig, daß die Umstände nicht vers wechselt werden, weil sonst sehr leicht aus einer falschen Nachricht eine andere entsteht. Durch die eben erzählten währen Umstånde erhellet nuri auch hinlänglich, daß die obige Geschichte nicht die Ursache seyn kann, warum der seel. Herr Ges neral von Cocceji die preussischen Dienste verließ; welches bisher ziemlich allgemein ist geglaubt worden.

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XX.

Ich hatte mir gleich von Anfang an vorges nommen, allen Streit wegen dieser Anekdoten möglichst zu vermeiden. Ich bin streng gegen mich selbst gewesen, ich habe die großeste Sorgs falt angewendet, die Wahrheit zu suchen, und habe sie unparteyisch und nach reifer Untersus chung mitgetheilt, so gut ich sie habe finden kdni nen. Wenn ich, bey aller Sorgfalt, in einzels nen Fällen Irrthümer nicht ganz vermeiden konnte,

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