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Bielfeld sagt: die Tage fließen hier in einer Ruhe dahin, welche von Luftbarkeiten begleitet ist, wie vernünftige Wesen sie genießen können ein königliches Mal, Götterwein, himmlische Musik, Lusts wandlungen in Gårten und Wäldern, Wasserfahrten, Übung der Künste und Wissenschaften, eine geistreiche und heitere Unterhaltung find die Genusse." Der Erzähler nennt hier die leiblichen und die geistigen Freuden durcheinander; über diese wollen wir gleich mit Behagen ausführlicher sprechen; daß man in Rheinsberg die Tafel geliebt, sagt Baron von Seckendorf in dem Journal secret: den 1. Jun 1736,,der Kronprinz schäßt Biberius (d. i. Grumbkow) à cause de sa bonne humeur à table;" weiter unten:,, der Kronprinz sagt" „Pöllnig ein infamer Kerl, dem man nicht trauen muff; divertissant beim Essen, hernach einsperren;" im Ja nuar 1738 Sur la personne dú prince royal: Sa figure est jolie; sieht ins Hannöverische Haus, trågt eigene Hare, sieht ziemlich männlich aus, jedoch flasque. Il est mauvais cavalier et chasseur; en revange il aime la lecture, la musique, la magnificence et la bonne chère."

Friedrich selbst schreibt an Duhan, den 13. Mårz 1737: „Wir sind unsrer eine Mandel Freunde, welche, zurückgezogen, die Annehmlichkeiten der Freundschaft, und die Süßigkeiten der Ruhe genießen. Es scheint mir, daß ich vollkommen glücklich sein würde, wenn Sie sich uns in unsrer Einsamkeit anschließen könnten. Wir kennen keine heftige Leidenschaften und wir befleißen uns nur, von dem Leben Gebrauch zu machen." An denselben, den 10. Febr. 1738: Ich bin mehr als je unter den Büchern begraben; ich jage der Zeit nach, welche ich in meiner Jugend so unbedachtsam verloren habe, und ich sammle mir, soviel ich vermag, einen Vors rath von Kenntnissen und von Wahrheiten."

Der Kronpring an Suhm, den 18. Jul 1736, aus dem Lager bei Wehlau: „Glauben Sie nicht, daß ich bei den Bes schwerden der Reise und den militärischen Beschäftigungen Wolff Einen Augenblick aus dem Gesichte verliere." — An denselben, Ruppin, den 15. August 1736: „Ich flüchte jeht in meine liebe Einsamkeit, wo ich meine Studien fortseßen werde. Wolff wird, wie Sie leicht glauben werden, seinen Plaß behaupten, Rollin wird seine Stunden haben und die übrige Zeit wird den Göttern

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der Ruhe und Stille gewidmet sein. Ein gewiffer Dichter Gresset, von dem Sie gehört oder etwas gelesen haben werden, kommt zu mir, und mit ihm Jordan, Keyserlingk, Fouqué und der Major von Stille. Welch' unglückliches Geschick muss uns trennen und warum dürfen wir nicht in Rheinsberg unsre Tage im Schoße der Wahrheit und Unschuld verfließen sehen!

Unter einem heitern Himmel, fißend am Fuße der Buchen
Forschen wir hier im Wolff, zum Troß unsern Priestern.
Grazien und Scherze besuchen uns hier;

Doch haben auch andre Götter noch Zutritt,

Ergreift uns dann poctische Begeisterung,

Besingen wir Mars und Minerva ;

Dann ehren wir Bachus, das Glas in der Hand,

Und Nachts bezahlen wir Venus unsern Zoll.

So lautet das Bekenntniss, das ich Ihnen über das Leben ablege, das wir an diesem beglückten Aufenthalte führen, wo-rin uns der Himmel lange erhalten möge." An denselben, Remusberg, den 23. Oktober 1736: „Ich fürchte nicht, Ihnen zu missfallen, wenn ich Ihnen ein par Worte von unserm låndlis chen Zeitvertreibe sage; denn wen man liebt, den möchte man auch gern das Allerunbedeutendste wissen lassen. Wir haben unsere Beschäftigungen in zwei Klassen, in nüßliche und angenehme, getheilt. Zu den nüßlichen rechne ich das Studium der Philosophie, der Geschichte und der Sprachen; die angenehmen sind die Musik, die Lust und Trauerspiele, welche wir aufführen, die Maskeraden und die Schmausereien, die wir geben. Ernsthafte Beschäftigungen behalten indeff den Vorzug, und ich darf wohl sagen, daß wir nur einen vernünftigen Gebrauch von den Vergnügungen machen, indem fie uns bloß zu Erholungen und zu Milderung der Finsterheit und des Ernstes der Philosophie dienen, welche die Grazien nicht leicht zu einem freundlichen Gesichte bringen können."— Den 16. Nov. 1736 an denselben: „Mein Haus ist in der That kein Ort, wo man sich mit Geräusch vergnügen könnte; aber find Ruhe, Stille und Wahrheitsforschung nicht bei Weitem vorzuziehen den rauschenden und leichtfertigen Vergnügungen dieser Welt? Ich habe nie so glückliche Tage verlebt, als seitdem ich hier gewesen bin. Den 22. Jun 1737 an denselben: „Den 25. gehe ich nach Amalthea, meinem lieben Garten in 'Ruppin. Ich brenne vor Ungeduld, mei

nen Wein. meine Kirschen und meine Melonen wieder zu sehen; ruhig und frei von allen unnüßen Sorgen, werde ich dort nur mir leben. Ich werde täglich geiziger mit den Augenblicken; ich lege mir selbst Rechenschaft davon ab und verliere jeden mit dem größten Bedauern. Meine ganze Seele ist jegt auf die Philosophie gerichtet; sie leistet mir unvergleichliche Dienste1) und ich bin ihr vielen Dank schuldig. Meine Seele wird weniger von aufbrausenden und heftigen Bewegungen erschüttert ; ich unterdrücke die ersten Wirkungen meiner Leidenschaften und schreite nicht eher zu einer Wahl, bis ich vorher reiflich überlegt habe." - An denselben, Rheinsberg, den 12. September 1737: „Wir wollen den Sdipus von Voltaire hier aufführen, in welchem ich einen Theaterhelden vorstellen werde; ich habe die Rolle des Philoktetes gewålt: man muss sich mit etwas begnügen lassen.“ (Im Dezems ber 1736 hatte der Kronprinz zu Rheinsberg in Racine's Tras gödie Mithridate mitgespielt); noch an Suhm, den 15. Nov. 1737: Ich studire aus allen Kräften und thue alles Mögliche, mir die Kenntnisse zu erwerben, die mir nöthig sind, um mich würdig aller der Dinge zu entle digen, welche meines Amtes werden können; kurz, ich arbeite um mich besser zu machen und um mir den Geist zu erfüllen mit allem Dem, was das Alters

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1) Auch in der 20. Epistel, in welcher Friedrich seine Erziehung besingt und welche „A mon Esprit" überschrieben ist, sagt er: ,,Attestez hardiment que la Philosophie

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A dirigé mes pas, et réformé ma vie. “

Den Karakter seiner Philosophie aber bezeichnet folgende Stelle aus der (5.) Epistel an d'Argens :

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céleste Morale, épurez tous mes vers,

Accordez Epicure avec l'âpre Stoïque,

Rendez l'un plus nerveux, l'autre moins tyrannique,
Préparez le chemin qui mene à la vertu,

Plus on l'adoucira, plus il sera battu.“

In dem Briefe an Voltaire vom 25. Jun 1741, aus dem Lager bei Strehlen, sagt Friedrich:,,La véritable philosophie c'est la fermeté d'ame, et la netteté de l'esprit qui nous empêche de tomber dans les erreurs du vulgaire et de croire aux effets

sans causé. Friedr. d. Gr. I.

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thum und die neuern Zeiten uns an glänzenden Musterbildern darreicht."

Auch die Briefe an Voltaire, an Algarotti und die schönen Herzensergüsse an den Obersten von Camas, welche, wie die an dessen Gemalinn, das schönste Denkmal von Friedrichs zärtlichen und innigen Gesinnungen bleiben werden, mit denen er seinen treuen Freunden zugethan war, schildern das Leben des Kronprinzen mit seinem geistreichen und gemüthvollen Umgange in Rheinss berg auf die belehrendste und unterhaltendste Weise; und nur durch fie erlangt man einen ganz zuverlässigen Blick in die Geschichte jener wichtigen Vorbereitungsjahre.

Also, einen zahlreichen und fleißigen Briefwechsel sehen wir von Rheinsberg aus angekuüpft, traulich und hingebend mit den Einen, bloß zum erquicklichen Herzensgenusse, wie mit Camas, der ihm die Wissenschaft der Kriegskunst lieb gemacht; mit Duhan, der in Memel des trostreichen Zuspruches bedurfte und dann in Braunschweig des freundlichen Erinnerungsmals gewärtig war; mit dem kursächsischen Gesandten von Suhm, der den Kronprinzen, 1736, in die Wolffische Philosophie eingeweiht: - oder, Friedrich schrieb bloß wissenschaftlich, um namhaften Gelehrten Beifall zu zole len und an ihrem Lichte heller sehen zu lernen, wir an Rollin, an Fontenelle, an die Mathematiker s’Gravesande und Maupertuis; an Algarotti, welcher 1739 auf acht Tage nach Rheinsberg kam; an Mylord Baltimore in London; an den Pariser Parlamentspråsidenten Hénault, dessen chronologischer Abriss der französischen Geschichte damals sehr beliebt war; an Gresset, den Dichter des kos mischen Heldengesanges Vert-Vert. An Voltaire, welcher seit 1733 einsam bei seiner Freundinn, der Marquise du Châtelet gebornen Baronin de Breteuil, zu Cirey in der Champagne, lebte, schrieb Friedrich zuerst den 8. August 1736; die Henriade wusste er auswendig, und setzte sie über Homer, Virgil, Tasso und alle andere Epopien, eben so überschwänglich wurden die Trauerspiele Caesar und Alzire, die Geschichte Ludwigs des 14., sammt den übrigen Werken jenes glänzenden Gestirnes am französischen Gelehrtenhimmel erhoben. Der begeistertste Fluss der Rede war Ein Lob auf den Mann, den er für den einzig großen Schriftsteller hielt. ,,Sehen Sie meine Handlungen, schreibt ihm der Kronprinz 1736,

künftig als die Früchte Ihrer Lehren an; durch diese ist mein Herz genährt worden, und ich habe es mir zum unverbrüchlichen Gesetze gemacht, sie mein ganzes Leben hindurch zu befolgen;" den 8. Februar 1737:,,Sie haben keinen Fehler, als daß Sie zu weit über andere Menschen erhaben sind;" den 19. Nov. 1737: "Ich habe geringes Verdienst und wenige Kenntnisse, aber viel guten Willen und eine unerschöpfliche Quelle von Achtung und Liebe für Personen von ausgezeichneter Tugend;" den 26. Januar 1738: „Ich wünschte sehr, in einem temperirten Klima leben zu können, Freunde von Ihrer Art zu verdienen und von rechtschaffenen Leuten geachtet zu werden. Gern entsagte ich dem Hauptgegenstande der menschlichen Habsucht und Ehrbegierde; aber ich fühle nur zu stark, daß, wenn ich kein Prinz wåre, ich sehr wenig sein würde. Sie werden um Ihrer bloßen Verdienste willen hochgeachtet, beneidet und bewundert: doch ich brauche Titel, Rang und bes trächtliche Einkünfte, um die Augen der Menschen auf mich zu ziehen;" - den 9. Nov. 1738:,,Uns fehlt in Rheinsberg, um vollkommen glücklich zu sein, nur ein Voltaire. Wenn Sie aber gleich fern von uns leben, so sind Sie dennoch mitten unter uns. Ihr Bild schmückt meine Bibliothek, es hangt über dem Schranke, der unser goldenes Vließ bewahrt, unmittelbar über Ihren Werken, und dem Orte gegenüber, wo ich gewöhnlich size, daß ich Sie immer vor Augen habe. Fast möchte ich sagen: Ihr Bild sei mir die Memnonssåule, die, wenn die Sonnenstrahlen sie berührs ten, harmonisch ertönte, und wer sie anschaute, dessen Geist ward belebt. Erinnern Sie sich immer der kleinen Kolonie in Remusberg und zwar, um Hirtenbriefe nach Ihrer Art an sie zu rich ten. Dieser Trost ist in Ihrer Abwesenheit nöthig und Sie sind ihn Ihren Freunden schuldig;" — den 1. Dezember 1738: „Denken Sie nicht, daß ich meinen Skeptizismus übertreibe. Es giebt. Wahrheiten, die ich für bewiesen halte und an denen zu zweifeln meine Vernunft mir nicht erlaubt; ich glaube z. B. es gebe nur Einen Gott und Einen Voltaire in der Welt; eben so: Gott habe eines Voltaire bedurft, um dies Jahrhundert liebenswürdig zu machen; den 20. Januar 1739: „Jm Heidenthume brachte man den Göttern die Erstlinge der Ernte und der Weinlese; dem Gotte Jakobs widmete man die Erstgeborenen unter dem Volke

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