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6. und 7. dieses wohl erhalten. Es ist euch darauf zur Antwort, daß ihr noch bis auf weitere Ordre daselbst verbleiben und fleißig bey den arrestirten Cron Pring hingehen, und Ihm aus Gottes Wort zureden und ermahnen sollet, daß Er recht in sich gehen, und von Herken alle seine begangene Sünden bekennen und bereuen müsse, welche er sowohl gegen den lieben Gott, als gegen Mich, seinen Vater und König und gegen sich selbst und seine Honneur begangen; denn Geld zu leyhen, ohne daß man solches wieder bezahlen kann und desertiren wollen, kåmen von keinem Honnet-homme her, sondern gewiss aus der Höllen, von des Teufels Kindern und also ohnmöglich von Gottes Kindern. Hiernechst habet ihr Mir auf euer Gewissen, sowie ihr es dermaleinst vor Gott verantworten könnet, gemeldet, daß der Pring in Cüstrin sich zu Gott bes kehrte und seinen König, Herrn und Vater tausendmal um Verzei hung båte, über Alles, was Er gethan und verbrochen håtte, und daß es Ihm von Herzen leid thåte, daß Er sich nicht alles mal seines Vaters Willen willigst unterworfen håtte: Woferne ihr nun den Cron Pring also findet, daß Er dieses veste vor Gott verspricht, und Ihm seine Sünden von Herßen leid sind, es auch seine wahre Intention ist, sich, versichertermaßen, und auf die Art, wie Jch es hier geseßet, zu beffern; so sollet ihr in Meinem Namen Ihm andeuten, daß Ich Ihn zwar noch nicht gånzlich pardonniren könte; aber Ich würde Ihn dennoch aus unverdienter Gnade, aus dem scharfen Arrest lassen, und wiederum Leute ben Ihn geben, die auf Seine Conduite Acht haben sollten; Es sollte Ihm die ganze Stadt zum Arrest seyn, so, daß Er nicht aus der Stadt gelassen werde. Ich würde Ihm auch vom Morgen bis Abend occupationes geben, bey der Kriegs- und Domånen › Cammer und Regierung, sowohl in ökonomischen Sachen zu arbeiten, als Rechnungen abzunehmen, Acten nachzulesen und Extrakten zu machen; Ehe und bevor aber solches geschehe, würde Ich Jhn einen cörperlichen End ablegen lassen, Meinem Willen und Ordres stricte und gehorsamlich nachzuleben und in allen Stücken zu thun, was einem getreuen Diener, Unterthan und Sohn gehåret und gebühret; Woferne er aber wieder umschlagen und auf die alten Sprünge kommen würde, solle Er der Krone und Chur bey der Succession verlustig seyn, auch nach denen Umständen wohl gar das

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Leben verlieren; Er möchte fich also patiențiren, bis Alles, was zu der neuen Einrichtung gehdret, fertig seyn wird, alsdann Ich Ihm die Generallieutenants von Grumbkow, von Borck und von Röder, den Generalmajor von Buddenbrock, die Obristen von Waldow und pon Derschau, und den Geheimenrath von Thules meyer hinsenden würde, Ihm den End abzunehmen. Ich erinnere euch hierbei, dem Prinzen in meinem Namen vorzustellen, ob Ich Ihm nicht allemal die Wahrheit gesaget, daß Ich Ihn wohl kennete, oder ob Er noch glaube, daß Ich Ihn nicht gekannt? Also würdé Er selbst überzeugt seyn, daß Ich sein. bdses Herh kennete; wo demnach dasselbe nicht gebeuget und geändert, sondern in dem alten Zustande wäre und Er diesen vorgedachten Eyd abschwören sollte, würde Er selbigen nur nachmurmeln und nicht laute nachs sprechen; Ihr sollet Ihm dannenhero wegen dieses Puncts in Meinem Namen sagen: Ich ließe Ihm, als ein getreuer Freund rathen, den End laut und deutlich zu schwören und zu glauben, daß Er vor Gott verbunden sey, solchen nach den Worten zu halten; die reservationes mentales verftünden wir hier nicht, sondern wir verstünden nichts, als wie es

Woferne Er nun den End übertreten und Brak geschrieben stünde;

würde, so würde und könnte keine Excuse weiter statt haben; also mdchte Er dieses wohl bedenken,' und Sein bdhses 1) Herz durch göttlichen Beystand zwingen und åndern, weil dieses eine sehr wichtige und schwere Sache wåre."

„Gott, der Allerhöchste, gebe seinen Segen und da er oft durch wunderbare Leitungen, wunderliche Wege und faure Tritte die Menschen ins Reich Christi zu bringen weiß, so helfe unser Heiland, daß dieser ungerathene Sohn zu seiner Gemeinschaft gebracht, sein gottloses Herz zerknirscht, erweicht und geändert, auch dem Satan aus den Klauen entrissen werden möge. Das helfe der allmächtige Gott und Vater, um unsers Heren Jesu Christi und seines Leidens und Sterbens willen! Amen! Ich bin übrigens Ew. wohlaff. König Fr. Wilh." Dabei fand sich

1) Der Kabinetsrath hatte vorhin vortrefflich gutes" geschrie ben. Der König strich dies aus und schrieb b8bses“ darüber. Siche Freimüthige Anmerkungen S. 97.

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eine Beilage des Kabinetsraths C. Schumacher mit folgenden Worten: Des Herrn Feldpred. Müller's Hochehrwürden meldé auf Königl. Befehl, daß, wenn Sie es vor rathsam erachten, Sie das Königl. Schreiben des Cron-Pringen Königl. Hoheit zeigen könnten."

Müller vollzog seinen Auftrag ungemein zweckmäßig und bes glückte endlich das zerschlagene und zerknirschte Herz des Gefangenen, durch den Anblick dès königlichen Begnadigungschreibens. Friedrich war mit Allem zufrieden; nur bemerkte er:,,wie er auch das feste Vertrauen håtte, Sr. K. M. würden nichts andes res, als was Väterlich und dem Kronprinzen möglich wåre, in der Eidesformel vorschreiben, und weil er in solcher wichtigen Sache auch alles mit guter überlegung gern thun wollte, so wünschte er, daß Sr. K. M. vorhero, ehe die Herrn Commissarii dazu beordert würden, die Eidesformel und dazu gehörige Punkte ihm vorlegen ließen, damit er sich nicht übereilen dürfte, fondern mit genugsamer Überlegung und beständiger Haltung aller Punkte dieses Eides desto gewissenhafter pråpariren könnte. “ Indess fuhr er in den erbaulichen Gesprächen mit dem Feldprediger fleißig fort, las auch selbst åmsig in der Bibel, bis die Koms mission eintraf und ihm Sonntag den 19. November den, von dem Geheimenrathe von Thulemeyer vorgesprochenen Eid abnahm, welchen er auch unterschreiben musste. Dann bekam er vom Ges neral von Lepel Degen und Orden wieder; ging alsbald in die Kirche und nahm das Abendmal. Der reformirte Hofprediger hatte Psalm 77, 11 zum Texte gewält: „Ich muss das leiden, die rechte Hand des Höchsten kann Alles andern" und stellte das raus vor: „Die Alles åndernde Rechte des Höchsten: wie sie Alles åndert 1) im Geistlichen 2) im Leiblichen'). Nach dem Gottesdienste schrieb der begnadigte Sohn folgenden Brief: „Allerdurchlauchtigster 2c. Allergnädigster Vater, Ew. Königl. Maj., meinen Allergnädigsten Vater, habe durch meinen Ungehorsam, als Dero Unterthan und Soldat eben so sehr, als durch meine Uns folgsamkeit als Dero Sohn, Veranlassung zu einem gerechten Zorne und Widerwillen gegen mir gegeben. Mit dem allerunterthäuigsten 1) Nicolai Anekdoten. Heft 6. S, 187.

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Respekt unterwerfe ich mich ganz der Gnade meines Allergnädigs sten Vaters und bitte mich Allergnädigst zu pardonniren, da mich nicht so sehr die Beraubung meiner Freiheit in einem malheureusen Arrest, als meine eigene Gedanken von meinem begangenen Fehltritte zur Raison gebracht haben. Der ich mit allerunterthänigstem Respekt und Submission bis an mein Ende verharre 2c.

Nachmittags führte die königliche Behörde den Kronprinzen in das für ihn eingerichtete Haus, stellte ihm den Hofmarschall von Wolden, die Kammerjunker von Nazmer und von Rohwedel, zwei Pagen, einen Kammerdiener und vier Lakaien vor. Noch aber durfte er keine Uniform tragen; sondern ein hellgraues Kleid hatte ihn nur als

mit schmalen silbernen Treffen. Der Könen vor. Noch

Kind wieder zu Gnaden angenommen und sahe ihn als aus dem Soldatenstande verstoßen an, freuete sich aber, als fein Sohn durch den, noch am 19. zurückkehrenden Prediger Müller um das Porteepée bat').

Den 25. November wurde die Begnadigung des Kronprinzen durch folgendes Rundschreiben 2) an die Gesandten bekannt gemacht: „Es bleibt euch hiermit gnädigst ohnverhalten, wasmaßen Wir Unseres Sohnes, des Kronprinzen Liebden, nachdem derselbe über den begangenen schweren Fehltritt ein großes Leidwesen und herzliche Reue spüren lassen; Uns auch Dero vollkommenen Ges horsams feftiglich und auf das Bündigste versichert, aus Königlicher Clemenz und våterlicher Mildigkeit gnåði digst pardonniret, und dessen bisherigen scharfen Arrests entlassen; jedoch Demselben, um Ihren Gehorsam zu prüfen, annoch vorerst die Stadt Cüstrin angewiesen haben, um sich daselbst mit denen, Ihro Gesellschaft und Aufwartung zugegebenen Leuten aufzuhals ten, um sich in allerhand wohlanständigen und nüßlichen Wissenschaften, welche eigentlich zum Civil- und Skonomischen Wesen gehören, zu üben, und zu perfectioniren, bis Wir, Jhrenthalben ans derweite Dispositions zu machen, für gut und nöthig befinden werden. Ihr könnet solches andort an gehörigen Orten bekannt

1) Nicolai's Anekdoten Heft 6. S. 187.

2) Siche Neuer deutscher Zuschauer Heft 4. S. 108.

machen, damit das Publikum von dem wahren Verlauf der Sache, bey welcher es sich zu sehr zu interessiren geschienen, gründlich informiret, und dadurch allen falschen Spargamenten, so übelwollende Leute von Unsern Confilien und Actionen auszubreiten pflegen, auch in dieser Affaire zeitig vorgebeuget werden möge. Seynd euch hirmit in Gnaden gewogen. Fr. Wilhelm. “

Den 21. November erschien der Kronprinz zum ersten Male, als jüngster Krieges- und Domainenrath in der Session der neus märkischen Kammer. Die Kammerkanzlei übereichte ihm ein Gratulazionsgedicht. Friedrich bekam auch Lokalkommissionen in der Proving, wenn dergleichen vorfielen. Eine Spur von dem Lettern findet sich in den beim Generaldirektorium befindlichen Akten von den neumärkischen Glashütten. In denselben steht auch eine Randbemerkung von König Friedrich Wilhelm's I. Hand; Die Kammer und der Kronprinz sollen dieses untersuchen," Darauf wurde ein wirkliches Kommissoriale für den Kronprinzen ausgefertigt und der Bericht an das Generaldirektorium ist eigenhändig von ihm geschrieben. In den Akten vom Amte Crossen finden sich Bes richte an das Generaldirektorium vom 3. Februar und vom 18. Mai, welche Friedrich mit unterschrieben, und zwar nicht mit den übrigen Råthen der Kammer in einer Reihe, sondern in der Mitte der zweiten Reihe ganz allein. Unter dem folgenden Berichte vom 21. August 1731 findet sich des Kronprinzen Name mitten unter den Råthen in Einer Reihe. In andern Akten des Generaldirektoriums aus jener Zeit findet sich Friedrichs Unterschrift in den Berichten der neumärkischen Kammer, neben dem Direktor, zuleht auch neben dem Präsidenten. In der rathhäuslichen Registratur zu Züllichau werden zwei Urkunden bewahret, welche von dem Kronprinzen als Rathe der neumärkischen Kammer mit unterzeichnet sind: nåmlich das rathhäusliche Reglement und das Rescript der neumárkischen Kammer, mit welchem das Reglement dem Magistrate zugefertigt wurde; Beide vom 24. August 1731, unterzeichnet: von Münchow. Friedrich. Hůnicke. Kersten ').'

1) Nicolai Anekdoten Heft 6. S. 190-193.

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