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Katte, ob er schon nach den Rechten verdient gehabt, wegen des begangenen Crimen laesae majestatis mit glüenden Zangen gerissen und aufgehenkt zu werden, er dennoch nur, in Consideration seiner Familie, mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht werden solle. Wenn das Kriegsrecht dem Katte die Sentenz publicirt, soll ihm gesagt werden, daß es Sr. K. M. leid thate, es aber besser, daß er stürbe, als daß die Justice, aus der Welt tâme." Wusterhausen, den 1. November 1730.

(get.) Friedrich Wilhelm. Des unglücklichen jungen Mannes Vater war Generallieutenant in Königsberg; sein Großvater mütterlicher Seite war der Feldmarschall Graf von Wartensleben, Månner, auf welche der König viel hielt; aber, alle Bitten und Fürsprachen waren vergebens. Mit inniger Wehmuth liest man die drei letzten Briefe '), in welchen von Katte von den Seinigen Abschied nahm, mit from mer Ruhe in sein trauriges Schicksal ergeben. Zwei und 'zwanzig Jahre alt wurde er am 6. November, früh um 7 Uhr in Küstrin hinter der Kanzlei auf dem Walle mit dem Schwerte hingerichtet und, auf königlichen Befehl, durch zwölf Bürger von der Schüßengilde, Nachmittags auf dem kleinen Kirchhofe vor dem KurzenDamme beerdigt2). Das Gerücht sagte, sein Haupt sei vor den Augen des Kronprinzen gefallen, der auch schon in Küstrin gefangen saß und zwar auf dem Schlosse in einer Stuhe, welche der Kammerpräsident von Münchow von seiner Wohnung abtreten musste. Aber es scheint, als müsse man das „vor den Augen des Kronprinzen" nicht so wörtlich nehmen. Denn indem der Prediger

1) v. Benekendorf Karakterzüge 10. Sammlung S. 35; die Mémoires de la Margrave T. I. p. 159. und 217 und v. Päänik in den Memoires T. 2. p. 208. schildern von Katte's leichtfertigen Karakter ganz treu. über seine Hinrichtung fiche Berliner Monatsschrift. Mai 1803, und Mosers patriotisches Archiv Bd. 3.

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2) Seyffert Annalen der Stadt und Festung Küßtrin, aus Urkunden und Handschriften bearbeitet. Küßtrin 1801. Der Gen. Lieut. von Katte bat den König, Königsb. den 14. Novbr. den Körper seines Sohnes nach seinem Gute (Wust bei Jerichow) in aller Stille zu bringen." Der König schrieb mit eigener Hand darauf „gut Com= pliment."

Müller, der als "geistlicher Tröster von Katte's lettem Augens blicke beigewohnt, in seinem Berichte an den König jene Worte gleichsam geflissentlich zweimal') seßte; so mag er mehr den Befehl, als dessen buchstäbliche Vollziehung bezeugen wollen. Auch konnte aus dem Zimmer des Kronprinzen der Richtplah gar nicht gesehen werden"); aber - von Katte traf auf seinem letzten Wege vor dem Schlosse vorbei, also auch vor Friedrichs Gefängniss, der das Fenster öffnete und mit lauter Stimme rief:,, Pardonnez-moi, mon cher Katte." Dieser antwortete:,, La mort est douce pour un si aimable Prince." Nun wandelte den Kronprinzen eine Ohnmacht an, in welcher der Kapitain Graurock, neben welchem der Oberst von Reichmann') im. Zimmer war, sich seiner annahm.

Auf jeden Fall fiel des Freundes Haupt nahe genug dem kronprinzlichen Gefängnisse. Der ganze Vorgang ließ auch Fries drich das Äußerste ahnen, welcher, über Halle und Dessau in Mits tenwalde angelangt, hier zuerst, am 2. September, vor ein Kriegesgericht gestellt worden war. Von Grumbkow, von Derschau, Ges neralauditör Mylius, Generalfiskal Gerbet saßen zu Gericht. Das war nur ein vorläufiges Verhör, nach welchem der Kronprinz des folgenden Tages nach Küstrin gebracht wurde.

Das unglückliche Ereigniss in der königlichen Familie war nicht ohne Beispiel. Auch Friedrich Wilhelm's Vater hatte dem Unfrieden in dem elterlichen Hause im Herbste 1685 heimlich sich entzogen *), Ruhe zu finden in Hannover, bei seinem Schwiegers vater; aber, der große Kurfürst verzieh. Nicht so unsers Krons prinzen Vater, der seinen Sohn nur den Delinquenten" nannte und in ihm bloß den entlaufenen Oberstlieut es nant Frik“ ansahe und als solchen ihn auch dem Generalmas

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1) Siche Beitrag zur Lebensgeschichte S. 13. und 25.

2) Siche Münchow an Nicolai S. 530; dieser Brief gilt hier überhaupt als vorzügliche Quelle, da er von einem Augenzeugen herrührt. 3) Der Kommandant Oberst von Reichmann versah des erkrankten Gou vernors Stelle.

4) Siche Pauli Allgemeine Preußische Statsgeschichte. Halle 1767. 7. Bd. S. 6.

jor Otto Gustav von Lepel, Gouverndr von Küstrin, übers geben ließ. Friedrich wurde in seinem Gefängnisse Anfangs sehr hart behandelt; er trug einen schlechten blauen Überrock ohne Stern und war aller andern Kleider beraubt; keiner seiner Diener durfte zu ihm; in dem dürftigen Wohnzimmer standen nur hölzerne Schemel; die Speisen wurden geschnitten überbracht, weil dem Gefangenen in der Zeit des engsten Arrestes keine Gabel und kein Messer zukamen. Die erste Bequemlichkeit ver schaffte ihm der Präsident von Münchow, der durch den Boden über dem Gefängnisse ein Loch machen ließ, durch welches er mit dem Kronprinzen sprach, ihm sein Mitleid bezeigte und ihm seine Dienste anbot. Er klagte über das armselige Essen, Geschirr und Tischzeug. Der Präsident versprach ihm Besseres zu verschaffen. Von Münchow's jüngster Sohn, 1723 in Küstrin geboren, musste den långst abgelegten langen Rock wieder anthun, mit weiten, tiefen Taschen, die mit Obst, mit Delikatessen und Ähnlichem gefüllt wurden. Auch ein neuer Leibstuhl mit verborgenen Behältern wurde angeschafft :- und durch diese beiden Kanåle brachte man dem gefangenen Kronprinzen Messer, Gabeln, Schreibzeug, Bücher, Briefe, Wachslichte zu. Der Capitaine du jour und die beiden vor der ersten Thür stehenden Unteroffiziere bemerkten das nicht.

Der Präsident von Münchow wollte den Tisch des Kronprinzen besorgen. Aber der König machte den Hofrath Blochmann ') zum Speisewirth. Das Essen wurde vom General von Lepel untersucht, ehe es auf die Tafel kam; hier war also nicht zu helfen.

Eine genaue Ansicht von Friedrichs beschränkter Lage in der Küstrinischen Gefangenschaft gewährt folgende,, Designation was des Kronprinzen Hoheit in denen abgewichenen vier Wochen vom 3.-31. Oktober inclusive 1730 allhier consumiret haben:

Dem Speisewirth Blochmann besage dessel

ben Rechnung für die Speisung

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12 rtl. 2 gr. - pf.

1) Wurde im August 1741 als Kriegsrath nach Schlesien berufen und den 28. September auf Königs Befehl als Rathsdirektor von Breslau eingeführt. Siehe Berlinische Nachrichten von Statsund gelehrten Sachen.

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2

Dem Seifensieder Bartschen für gelieferte
Nachtlichte (wovon täglich drei der Ca-
pitaine im Vorzimmer, eins die Schild-
wacht auf der Treppe bekam)..
An den Forstschreiber Kindt für 3 Klafter
Holz von hiesiger Kriegskammer erkauft
zum Kaminfeuer à Klafter 22 gr.... 2
An den Acciseeinnehmer Matken Accise für
die drei Klafter Holz

Dem Holzwärter aufm Holzmarkte seine
Gebür

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Einzuführen nichts, weil solches die Fes ftungsbauknechte einführen müssen

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--

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19 6

12 6

16

12

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Summa 33 rtl. 1 gr. 3 pf.
D. G. v. Lepel.

Das Kriegesrecht, welches den 25. Oktober in Köpenick zusammentrat, um über Katte, wie über den Kronprinzen zu sprechen, bestand aus folgenden Mitgliedern: dem Generallieutenant von der Schulenburg; den drei Generalmajors von Schwerin, Graf von Dinhoff, von Linger; den drei Obersten von Derschau, von Steding, von Wachholz; den drei Oberstlieutenants von Schenk, von Weyer, von Milagsheim; aus den Majors von Einsiedel, von Lestwiß und von Lüderiß; aus den Capitaines von Ihenplik, von Jeeg, von Podewils. Noch gehörten dazu Mylius, Gerbet und der Auditör des Regiments Gensd'armes. Der ganze Gerichtshof kehrte den 1. November nach Berlin zurück. Wie der König das Urtheil über Katte verworfen, wissen wir schon; schwerer war der Spruch über den Kronprinzen gefallen. Nur die Generale

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Graf von Dönhoff und von Linger stimmten für Begnadigung; die andern alle für den Tod.

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Es schien wirklich, als sollten Crispus, Don Karlos, Alexi Petrowitsch einen neuen Unglücksgenossen. sehen. Wer Friedrich Wilhelms scharfe Ansicht von kriegerischer Dienstpflicht kannte, bebte; das ganze Vaterland schreckte die Nähe des Entseßlichen.

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Der König hatte den auswärtigen Höfen durch seine Gesands ten folgendes Rundschreiben den 19. September mitgetheilt: „daß Sr. Preuß. Maj. sich genöthiget gesehen, sich der Person des Krons prinzen zu versichern, weil derselbe von Ihnen heimlich habe ents weichen wollen, um sich an fremde Höfe zu begeben; daß man gegenwärtig beschäftigt sei, dieser Sache auf den Grund zu kommen und daß, sobald die Untersuchungen geendigt sind, man nicht ermangeln würde, öffentlich die ganze Verhandlung bekannt zu machen; daß inzwischen schon so gut als ausgemacht sei, daß der Generallieutenant Keppel, welcher zuleht hier als Gesandter der Generalstaten gestanden, und die Engländer, um die Sache ge-. wusst.')" Da eilten die befreundeten Nachbarfürsten mit ihren Fürbitten): zuerst und mit vieler Herzlichkeit der König von Schweden, Landgraf von Hessen, dessen Schreiben sein Gesandter von Klinkowström übergab; dann der König von Polen Kurfürst von Sachsen; der holländische Gesandte Freiherr von Reede tot Gynkel machte mündliche Vorstellungen; auch der Kaiser und sein Gesandter, deren Zweck, den Londoner und den Berliner Hof zu trennen, erreicht war, baten für des Kronprinzen Leben, indem Seckendorf seines Herrn Schreiben den 1. November überreichte. Wiener Schriftsteller wollen daher, Karl VI. habe dem Kronprinzen das Leben gerettet; die 1741 im Haag erschienene Histoire de la vie et du règne de Frédéric Guillaume Roi de Prusse par Mr. de M.... (Mauvillon) schreibt dem Landgrafen von Hessen, Könige von Schweden diese Ehre zu, welche wohl noch andere Höfe sich zueignen mögen. Indeff wissen wir, daß der König den fremden Gesandten zu verstehen gab, dies sei eine hausliche Angelegenheit, über welche er schlechterdings keine fremde

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1) Biesters Neue Berlinische Monatsschrift. Mai 1803, 2) Siehe Beilage 3 a, b. c.

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