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Jahren hielt er nur zwei sehr einfach gekleidete Leibpagen und ritt oft bloß von einem Reitknechte begleitet spaziren.

Gegen seine Domestiken war Friedrich äußerst strenge. Er ftrafte sie mit harten Worten, mit Faust- und Stockschlågen, mit Verhaftung und Verabschiedung, steckte sie auch unter die Soldaten. In den letzten Lebensjahren war er darin glimpflicher; gab auch nach Krankheiten oder zu Weihnachten kleine Geschenke: größere aber den unentbehrlicheren Dienern und den begünstigteren. Schöning hat darüber eine giltige Stimme. Aber der König hat auch viel Unglück mit seiner Dienerschaft') gehabt. Von Glas sow, welcher auf der Festung starb, wird bald umständlicher die Rede sein; Pretsch wurde zum Füsilier gemacht, als er seinem Herrn einige Tausend Thaler gestohlen; auch Deesen soll ihn bes stohlen haben: er erschoss sich den 23. Jul 1775 in den Vorkams mern zu Sans-Souci, als er, eines Unfugs wegen, Trommelschlåger werden sollte 2). In besonderen Zorn pflegte der König zu ges rathen, wenn er an seiner Hausdienerschaft Umgang mit dem anderen Geschlechte bemerkte. Diese eigenthümliche Beschränkung, welche mit der ihm sonst so sehr am Herzen liegenden Vermehrung des Volkes in dem offenbarsten Widerspruche stand, dehnte er auch gern auf seine Freunde, Gesellschafter und auf die Offiziere der Armee aus. Und das veranlasst uns, bei diesen merkwürdigen Cdlibatsgesehen etwas långer zu verweilen, die mit den römischkatholischen Einiges gemein haben; vor Allem die Willkür im Versagen und im Gestatten.

1) Über Fredersdorf, Anderson, Glasow, Leining, Neuffer, Leopold, Růdiger, Zeifing, Deesen, Aumann, Neumann (Friedrich's Kammerdiener) f. Manger Baugeschichte von Potsdam. Bd. 3. S. 647; über Deesen, Glasow, Pretsch und die Bedienten im Allgemeinen f. Büschings Cha= rafter. S. 196; Anekdoten und Charakterzüge. Samml. 1. S. 72; Anmerkungen über Zimmermanns Fragmente. 1. Abth. S. 254-261 ift von Fredersdorf die Rede; eben so in (Königs) Hißtor. Schilderung. 5. Theil. 2. Bd. S. 6. 15. 212. Von Fredersdorf ist ein besonderer Lebenslauf in Druck erschienen.

2) Der König schien darüber nicht ganz gleichgiltig, sagte aber doch bloß ich hätte nicht geglaubt, daß der Mensch so viel Courage be feffen."

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In früheren Zeiten waren die Ehen im preußischen Heere eines Jeden Freiheit anheim gegeben. Erst König Friedrich der 1. ers ließ, zunächst für die Unteroffiziere und Gemeinen, ein sogenanntes Matrimonialedikt“, welches den 21. April 1709 erneuert') und auch auf die Fähnriche, Lieutenants und Kapitans ausgedehnt wurde; sodaß diese fortan sich nicht ohne den Konsens des Regi= mentskommandors ehelich verloben sollten. Friedrich ging darin noch weiter und er spricht seinen Willen über diesen Gegenstand am schårfsten aus in dem „, Reglement vor die K. P. Dragoner regimenter" vom 1. Julii 1743, erneuert den 1. Maji 1764, wo Theil 9, Titul XI in fünf Artikeln Von Verheyrathen der Offis ciers, Unterofficiers und Gemeinen" handelt und zwar so: I. Artic. Wann ein Staabs- Officier oder Capitaine 2) wels cher eine Esquadron hat, heyrathen will, so soll er an Sr. K. Maj. um Permission schreiben, und Sr. K. M. wollen, wann die Parthen seinem Charactere convenable, und der Officier durch solche Heyrath sich helffen kann, solches zwar nicht abschlagen; Jedennoch es Sr. K. M. lieber sehen wer den, wann ein Officier unverheyrathet bleiben will. II. Artic. Den Subalternes Officiers foll gar nicht erlaubet seyn zu heyrathen, weshalb auch selbige bei Sr. K. M. sich nicht melden sollen, es wäre dann, daß ein armer Officier sein sonderlich Glück durch eine Heyrath machen könnte. III. Artic. (lautet eben so für die Unteroffiziere.) IV. Artic. (eben so für die ausländischen Burschen, wenn sie auch die Capitulation abgeben wollen.)

V. Artic. Einheimischen Burschen soll nicht zu heirathen ers laubt sein, es wäre dann, daß einer eine Braut mit hübschen Mitteln haben könnte doch soll in keinem Falle über ein Drittel beweibte Bursche bei der Eskadron fein."

Da auf diese Verordnung aufs Strengste gehalten wurde, so

1) Mylius C. C. M. Theil 3. Abth. 1. Kap. 3. Nr. 94; die Deklarazion dieses Edikts vom 21. Jul 1717 a. a. Orte. Theil 3. Abth. 1. Kap. 2. Nr. 139.

2) Eines Capitains Braut sollte nicht unter 8000 Thaler haben.

erfreute sich der König, nach seinem Sinne, des wünschenswertheften Erfolges, wovon das berühmte baireuthische Dragonerregiment den schlagendsten Beweis giebt. Denn, als dasselbe den 5. April 1778 von Pasewalk aus ins Feld rückte; so war von allen 74 Offizieren, von dem Generallieutenant v. Bülow an bis auf den jüngs sten Fähnrich herunter, nicht ein einziger verheirathet '). Ebenso finden sich unter den hohen und besonders namhaften Offizieren sehr viele ehelose, z. B. die beiden auf einander folgenden Gouverndre von Berlin: G. L. v. Namin 2) und der nachherige G. F. M. v. Möllendorf; der G. L. v. Steinkeller, Kommandant von Berlin; Rohdich verheirathete sich erst in hohem Alter nach des Königs Tode'); und wie im Militär, so hielt auch viele Zivilbeamte und Gesellschafter des Königs die Scheu vor seinem Unwillen von ehelichen Verbindungen ab; Eichel, Galster, Michaelis, Lord Marishal starben als Hagestolze und Sans-Souci hieß nicht in Einem Sinne allein das Kloster und Friedrich der Abt1). Aber, wir können auf unsere obige Vergleichung mit der römischen Kirche zurückkehren. Sie gebietet die Ehelosigkeit der Geistlichen; doch gaben die Bischöfe gegen bestimmte Abgaben die Erlaubniss Konkubinen oder Liebes schwestern zu halten *). Auf gleiche Weise wurden, nach den Briefen eines preußischen Feldpredigers," im ersten Ba taillon Garde, welches nur wenige Verheirathete hatte, sogenannte Liebstenscheine °) vertheilt, das heißt die Erlaubniss, nach der ein Soldat mit einem Frauenzimmer, welches er geschwångert, in einer natürlichen Ehe lebte. Der Kompagniechef sahe darauf, daß die so mit einander lebenden sich ernähren könnten. Der Soldat miethete

1) Ravenstein Geschichte des Regiments. S. 43.

2) Vor Ramin war G. L. y. Hülsen Gouvernör, ftarb den 29. Mai 1767. 3) Dagegen ist v. Saldern, geb. 1719, dreimal vermålt gewesen: 1748, 1763, 1767.

4) Eloge de Milord Maréchal p. Mr. d'Alembert. A Paris et à Berlin chez Haude et Spener 1779. p. 51.

5). Cornelius Agrippa ab Nettesheim de incertitud. et vanitate scientiarum cap. 64 De Lenonia; Schröckh's Kirchengeschichte. Bd. 33. S. 80-89.

6) Briefe eines preußischen Feldpredigers. S. 101.

nun seine Liebste, im gemeinen Leben " Soldatenliebste" ges nannt, ein, während er in seinem Quartiere verbleiben musste. Der Liebstenschein des Kapitans schüßte das Frauenzimmer gegen die polizeilichen Vorschriften. Scheidungen solcher seltsamen Verbindungen, welche häufig waren, kamen wenig vor; sie gehörten vor den Richterstuhl des Kompagniechefs.

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Daß d'Argens, Quintus Icilius, le Catt1) und andere Nahestehende sich verheiratheten, war dem Könige gar nicht recht; dennoch sehen wir ihn in andern Fällen sich mit dem Ehestiften abgeben. Wie er seine Geschwister, Nichten und Neffen versorgte und die Prinzess Amalie ehelos ließ, wissen wir. 1748 den 14. Januar vermålte er seinen Flügeladjutanten Major von Lentulus mit einer Tochter des Statsministers und Oberstallmeisters Grafen Schwerin, welche Hofdame der regirenden Königinn war. Friedrich und seine Gemalinn wohnten der Vermålung bei; ja, der König besang das Fest in einem Gedichte, welches, auch in die Poesies diverses aufgenommen, nebst einem ganz außerordentlich großen Schweizerkåse von 13 schön gekleideten Schweizern überreicht wurde. Nach dem teschener Frieden verheirathete der König den damaligen unbemittelten Oberstlieutenant Friedrich Ludwig Fürsten von Hohenlohe-Ingelfingen mit der reichen Stieftochter des Grafen Sacken, einer rechten Tochter des verstorbenen Grafen Julius Gebhard von Hoym.

In den jüngeren Lebensjahren liebte Friedrich eine gewisse Pracht und Stattlichkeit, wie wir das schon bemerkt haben. So fuhr er auch in Berlin gewöhnlich in einem Phaeton, welchem sechs kostbar geputzte Laufer voraneilten. Auf der Brunnenreise nach Achen waren für das zahlreiche Gefolge 132 Postpferde ́nöthig. Zu der Frühjahrsmusterung 1747 bei Berlin und Potsdam erschien der König in einem prächtigen Phaeton, dessen Bildhauerei, Vergoldung und Malerei, sowie das kostbare Pferdegeschirr, auch die

1) Alle drei Verheirathungen machten Verdrußf, der allmålig erst ausgeglichen wurde. Friedrich an d'Argens, Breslau, den 13. Dez. 1759: "Es wird von Ihnen abhangen, auch Frau v. Argens mitzubrin= gen;" le Catt verheirathete sich den 9. Nov. 1762 in Berlin, f. d'Argens' Brief an den König vom 10. Nov. 1762.

glänzenden Livreen der Pagen, Bedienten, Laufer, Heiducken Aller Augen auf sich zogen. Solche theure Arbeiten wurden fåmmtlich in Berlin verfertigt, so sehr auch Friedrich die Geschicklichkeit der Ausländer zu schåßen wusste.

Auch die Rückkehr nach den verschiedenen Friedensschlüssen giebt in dieser Beziehung Stoff genug zur Vergleichung: prachtvoll und glänzend zieht der König nach dem dresdener Frieden, förmlich triumphirend ein; 1763 lenkt er den Triumph aus und kehrt still und unbemerkt heim. Die segentriefenden Jahresreisen durch sein Land machte Friedrich immer ganz geräuschlos, wie ein Bater; nur bei dem ersten Besuche in Ostfriesland ') ließ er sich den Jubelrausch der neuen Kinder wohlgefallen.

In jüngeren Jahren sehen wir Friedrich Opern und Redous ten, französischen Komödien und italiånischen Operetten, welche alle unentgeldlich gegeben wurden, beiwohnen 2), wie den gewöhnlichen Hofluftbarkeiten. Ja, zu den mancherlei Schauspielen gesellete sich 1756 im Mai noch eine italiånische Truppe für die Opera Buffa, die aber, wie die Oper mit Graun's Merope im März 1756, für die Zeit des Krieges geschlossen wurde. Mit dieser Oper wurde auch das Karneval des Jahres 1764 eröffnet, nachdem die wäh rend des Krieges abgegangenen Sånger und Sångerinnen noth dürftig ersetzt waren. Aber seit dem hubertsburger Frieden war Friedrichs Geschmack an rauschenden Vergnügungen sehr vermindert. Er sah jede Oper nur Einmal, zuweilen auch von beiden nur Eine Vorstellung. An den Redouten nahm er keinen Theil mehr; die Operette und die französische Komödie besuchte er dann und wann. Kamen fremde Fürstlichkeiten zum Besuche, so wurden keine

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1) Den 13.-17. Jun 1751. Helden, Stats- und Lebensgeschichte. 3. Theil. S. 506.

2) An Voltaire schreibt der König den 18. Dez. 1746:,, Adieu; les vêpres de la Comédie sonnent. Barbarini'), Cochois 2), Hauteville m'appellent; je vais les admirer. J'aime la perfection dans tous les métiers, dans tous les arts. "

1) Nachher Gemalinn des Oberamtsregirungspräs. v. Cocceji (Sohnes des Großk.) in Glogau und von demselben geschieden; s. Beilage 12.

2) Nachher Mara, d'Argens' Gemalinu.

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