Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

gedenken müssen. Er ließ nämlich den Kabinetsminister des Kdnigs von Polen, Grafen von Hoym1), durch den Lieutenant von Katte um Påsse und um Pferde bitten; August aber drang ihm das Versprechen ab, feinen Vater wenigstens während des Aufenthaltes in Sachsen nicht zu verlassen. So wurde das Vorhaben, über Straßburg und Paris nach London zu gehen, auf eine gelegnere Zeit verschoben, welche indess Friedrich Wilhelms Reise in das südliche Deutschland sehr bald darbot. Der König erhob sich nämlich am 15. Jul in Gesellschaft seines åltesten Sohnes, nebst verschiedenen Generalen, über Leipzig und Meuselwig, einen Landfiß des Grafen Seckendorf, welcher hier der Reisegesellschaft sich anschloff, nach Altenburg und Anspach; von da nach Augsburg, Mannheim, Darmstadt, Frankfurt. Schon ehe man diese Stadt erreichte, in einem Dorfe 2), wo das ganze Reisegefolge in Scheunen übernachtete (der Kronprinz, Oberst von Rochow und Gummersbach in Einer beisammen), da wollte Friedrich in rothem Rocke und im Mantel nach französischem Schnitte entfliehen; der jüngere von Keith, Leibpage des Königs, führte um Mitternacht Pferde vor; aber die Gefährten hinderten es: doch hinterbrachte es Oberst von Derschau dem Könige, der sich indess nichts merken ließ, da die Beweise fehlten. Diese bekam Friedrich Wilhelm den 11. August in Frankfurt durch einen Brief seines Sohnes an von Katte, der in unrechte Hånde gefallen war. Friedrich hatte seinem Freunde aus Anspach geschrieben, daß er nun gewiss in Sings heim fortgehen wolle, und daß von Katte ihn unter dem Namen Comte d'Alberville im Haag finden werde. Die Obersten von Waldow und von Rochow mussten mit ihrem Kopfe für die Sicherheit des Kronprinzen stehen und ihn gradesweges in die

-

1) Als im Jahr 1731 der Graf von Hoym, vorzugsweise wegen seines Hinneigens zu Frankreich, in Ungnade fiel, wurde unter den Ursachen seiner Entlassung, deren Wahrheit er unterm 15. Jun 1731 selbst bescheinigte auch angeführt:

Art. 10. Le discours et la conduite indecente pendant le Séjour du Roi de Prusse tant à Dresde, qu' au camp et ailleurs.

[ocr errors]

2) Der Name diefes Dorfes ist auf keine Weise zu ermitteln gewesen.

Jacht führen, welche zur Wasserfahrt nach Wesel bestimmt lag. Hier im Schiffe fasste der König seinen Sohn bei der Brust und stieß ihm mit dem Stockknopfe die Nase blutig. Mit verbissenem Schmerze rief dieser aus: „Nie hat ein Brandenburgisches, Ges sicht solche Schmach erlitten." Von Waldom und von Rochow warfen sich zwischen Vater und Sohn und erhielten die Erlaubniss, den Kronprinzen auf einer besondern Jacht nach Wesel zu bringen. Von da an wurde Friedrich als Statsgefangener behandelt; er musste den Degen abgeben und seine Sachen untersuchen lassen. So ging's trübfelig zu der Besuchsreise, die der König den geists lichen Rheinfürsten zugedacht; nach Mainz; dann nach Bonn, wo nur eine Nacht verweilt wurde. Der Kurfürst und sein Bruder begleiteten die Herrschaften nach Köln. In zwei Tagen war man in Wesel, wo den Verhafteten am 14. eine starke, von dem Oberste lieutenant von Borck befehligte Wache empfing. Am folgenden Tage musste der Festungskommandant Generalmajor von der Mosel den Kronprinzen vor den König führen, der ihn in der Hiße erstechen wollte. Der Kommandant sprang dazwischen und sprach: „Sire, durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes!“ Friedrich wurde von dem von Borckeschen Kommando nach Mittenwalde geführt; von Dossow, von Waldow und von Rochow machten die Begleitung. Der König aber traf den 27. Abends in Berlin ein').

Ehe wir des Kronprinzen Schicksal weiter verfolgen, gedenken wir noch der Freunde. Der jüngere von Keith bedankt sich, Wesel den 1. November 1730, beim Könige schriftlich, daß er ihn „des Arrestes entlassen und als Füselier bei der Leibkoms pagnie Moselschen Regiments gestellt." - Sein Bru der, Lieutenant im Infanterieregimente des Obersten Friedrich Wilhelm von Dossow (Nr. 31) in Wesel, wurde von Friedrich gerettet durch einen mit Bleistift geschriebenen Zettel: „Sauvez Vous,

1) Über Friedrichs Flucht siche Nicolais Anekdoten Heft 3, Heft 5 und Heft 6; auch Nicolai's Anmerkungen über Zimmermann's Fragmente. Thl. 1. Kap. 3; Mémoires de la Margrave de Bareith T. I. 236; Poellnitz Mémoires T. 2. p. 225; Biesters Neue Berlinische Monatschrift. Mai 1803.

sechs Officiere, (wenn sie der Prinz einladen würde) angerichtet werden. Nie sollten mehr als zehn Personen bei dem Prinzen zu Tische sein, und nie mehr Gerichte aufgesetzt werden, als des Mittags vier, und des Abends drei. Ginge der Prinz in ein Privathaus zu Gaste, dann fiele seine Tafel an dem Tage gänzlich aus. Übers haupt solle der Oberküchenmeister „die möglichste Menage" beobachten 1).

Diese Anordnungen erscheinen noch sehr üppig gegen die Bes schreibung, welche die Markgråfinn von Baireuth von der eigenen Tafel des Königs giebt.

Den Kronprinzen mehr und mehr für das Kriegeswesen zu ge winnen, wurde kein Mittel übersehen. Donnerstag nach Kantate, den 3. Mai 1725 wurde er, auf der Rückkehr von der Magdeburs ger Revue, zu Plauen, in dem Hause des damaligen Geheimenetatsraths Friedrich von Görne, wo der Hof, weil eben Jahrmarkt war, verweilte, zum Hauptmann ernannt3); das Jahr drauf wurde er Major und, als der Oberstlieutenant Piny von dem Grenadiers regimente den 13. August 1726 starb, so bekam er dessen Batail lon und führte es dem Könige am 20. August zur Musterung vor. — Den 24. Januar 1727 wünschte Friedrich Wilhelm dem Kronprinzen zu seinem Geburtstage mit besonders nachdrücklichen Worten Glück; machte ihm auch ein Geschenk an Silbergeschirr. Den 14. März 1728 wurde Friedrich zum Oberstlieutenant befördert; als solcher paradirte er in dem Leibregimente bei der, dem Könige von Polen zu Ehren veranstalteten Musterung im Mai des genannten Jahres.

Um diese Zeit trübten sich allmålig die Verhältnisse zwischen dem Könige und seinem Thronerben. Der Sohn fühlte sich durch das unablässige Einüben der Soldaten, durch seine presshafte. Lage unter den Augen des strenge wachsamen Vaters, der nur seine Lieblingsfreuden: das Waffenhandwerk und die gute Geldwirthschaft, erlaubte, vielfach gequält. Er schmachtete nach edleren Genůffen, die der Pflicht keinen Eintrag thun, dem Leben aber die edlere

1) Förster Jugendjahre S. 44.

2) Siehe Sybel's Nachrichten von dem Städtchen Plauen an der Havel. Berlin 1811. 8. S. 16.

[ocr errors]

Würze verleihen sollten. Davon hatte Friedrich Wilhelm keine Ahnung. Ihm schwebte nur die Krieger und Herrscherbestimmung des Kronprinzen nach eigenem Denkbilde vor und was Dem zuwis der erschien, wurde scharf gerichtet. Auch mochte es dem Könige nicht entgehen, daß seines Sohres Leben noch eine andere Richtung nahm, welche allerdings nur zu sehr auf Abwege führte, In ei nem Entschuldigungsbriefe an den König, Sonnabend, Wusterhausen, den 11. Sept. 1728 und in der Antwort darauf offenbart fich das gegenseitige Verhåltniss am Anschaulichsten. Friedrich schreibt1): Mein lieber Papa! Ich habe mich lange nicht unternehmen mågen, zu meinem lieben Papa zu kommen, theils weil es mir abgerathen, vornehmlich aber, weil ich mich noch einen schlechtern Empfang, als den ordinåren sollte vermuthen sein, und aus Furcht, meinen lieben Papa mehr mit mein gegenwärtiges Bitten zu vers drüßen, habe es lieber schriftlich thun wollen. Ich bitte also meis nen lieben Papa, mir gnådig zu sein, und kann hiebei versichern, daß nach langem Nachdenken, mein Gewissen mir nicht das Mindeste gezeihet hat, worin ich mich etwas zu reprochiren haben sollte; håtte ich aber wider mein Wissen und Willen gethan, daß meinem lieben Papa verdrossen habe, so bitte ich hiermit unterthänigst um Vergebung, und hoffe, daß mein lieber Papa den grausamen Hass, den ich aus allem seinen Thun genug habe wahrnehmen können, werde fahren lassen; ich könnte mich sonsten gar nicht darin schicken, da ich sonsten immer gedacht habe, einen gnådigen Vater zu haben und ich nun das Contraire sehen sollte. Ich fasse dann das beste Vertrauen, und hoffe, daß mein lieber Papa dieses Alles nachdenken, und mir wieder gnådig sein wird, indessen versichere ich Ihn, daß ich doch mein Tage nicht mit Willen fehlen werde und unge= achtet seiner Ungnade mit unterthänigstem und kindlichstem Respect bin meines lieben Papa getreuester und gehorsamster Diener und Sohn Friedrich. Darauf erhielt er Folgendes 2) ́,, Sein eigensinniger, bö") ser Kopf, der nit seinen Vater liebet, dann wann man nun alles thut, absonderlich seinen Vater liebet, so thut man, was er haben will, nit wenn er dabei steht, sondern wenn er nit alles sieht. Zum andern weiß er wohl, daß ich keinen efeminirten Kerl leiden

1) Siche Cramer S. 33.

2) Cramer S. 34.

.1

4

kann, der keine menschliche Inclinationen hat, der sich schåmt, nit reiten noch schießen kann und dabei mal-propre an feinem Leibe, feine Haare wie ein Rarr sich frisiret und nit verschneidet und ich alles dieses tausendmal repremandiret, aber alles umsonst und keine Besserung in nits ist. Zum andern hoffåhrtig, recht baurenstolz ist, mit keinem Menschen spricht, als mit welche, und nit popus lar und affabel ist, und mit dem Gesichte Grimmassen macht, als wenn er ein Narr wåre, und in nits meinen Willen thut, als mit der Force angehalten; nits aus Liebe und er alles dazu nits Lust hat, als seinem eigenen Kopf folgen, sonsten alles nits nåße ist. Dieses ist die Antwort. Friedrich Wilhelm.“

Wir müssen hier des Dresdener Hofes gedenken, welcher, damaliger Zeit etwas zugellos1), auf den Kronprinzen nicht ohne bedeus tenden nachtheiligen Einfluss gewesen zu sein scheint. Kursachsen war, durch die preußischen Werbungen, mit dem Berliner Hofe vor einiger Zeit in Unfrieden gerathen, so daß es selbst seinen Gesandten, von Suhm, 1727, abberufen. Indessen stellten der fåchsische Generalfeldmarschall Graf von Flemming und der kaiserliche Gesandte bei dem Könige von Preußen, Graf Seckendorf, das gute Vernehmen zwischen beiden Mächten wieder her. Fries drich Wilhelm brach am 13. Januar 1728 von Potsdam auf und überraschte den König von Polen in Dresden, wo Friedrich, von Graf Finkenstein und von Kalkstein begleitet, am 15. auch eintraf, den Orden vom weißen Adler mit kostbaren Brillanten bekam und mit dem nachherigen Maréchal de Saxe, Grafen Moriz, lebenslange Freundschaft schloff. Erst den 12. Februar kehrten die preußischen Herrschaften zurück, als die Karnevalsluftbarkeiten (Opern, Komödien, Redouten, Caroussels, Illuminationen,

1) La Saxe galante. Amsterd. 1734, und Königs Historische Schilderung, sammt den Memoiren der Markgråfinn von Baireuth lehren den Unterschied zwischen dem damaligen Dresdener und Berliner Hofe genau kennen. Als August von Sachsen mit seinem Kurprinzen und einem Gefolge von 500 Personen den 26. Mai 1728 nach Potsdam kam, machte das Militair, die Gewehrfabrik und ein Schnepperschie ßen im Lustgarten, wobei zwei Medaillen, (von Großkurth und Koch auf die Gelegenheit geprägt) als Gewinnfte ausgetheilt wurden, die Unterhaltung.

« ZurückWeiter »