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eine Erstattung zu verlangen, ohne irgend etwas dabei zu suchen, als das gemeine Beste; und wo er in der andern Dichter ist und Philosoph: herrschet weit umher eine Stille, in der man den leises sten Hauch von jedem sanften Winde höret. Ich bestieg diesen Hüs gel zum ersten Male im Winter in der Abenddämmerung. Als ich dieses Welterschütterers kleines Haus vor mir erblickte, schon nahe war an seinem Zimmer, sah ich zwar Licht, aber keine Wache vor des Helden Thür, keinen Menschen, der mich gefragt håtte, wer ich sei und was ich wolle? Ich sah nichts, und ging frei und froh umher vor diesem kleinen und stillen Hause.“ Der Schlosshauptmann Graf von Wartensleben ging 1785 als Fähnrich mit einem Pagen des Königs, von Rathenow, eines Abends nach Sans Souci und erblickte dort, im zweiten Zimmer durch die halb geöffnete Thur, Friedrich schlummernd auf einem Ruhebette, nur leicht bedeckt und bloß von einem schlafenden Kammerdiener be wacht'). Wenn man damit die ångstlichen Vorkehrungen verz gleicht, welche Ludwig 14. in Versailles und ähnliche Große der Erde für ihre Sicherheit nöthig fanden; so leuchtet daraus am Besten ein, wie sehr Friedrich, als Vater des Vaterlandes, in der Liebe seines Volkes geruhet.

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Hatte der König vornehmen Besuch; so kam eine stårkere Wache nach dem Neuen- Palais und wurde alle 24 Stunden abgelöst.

In Sans Souci ritt Friedrich alle Tage aus, wenn es irgend die Witterung zuließ; spazirte im Garten und übte alle Geldtage die große Wachtparade. Zu Pferde und zu Fuß trug er einen Krückstock, ein spanisches Rohr, woran die Krücke von Gold, und sehr reich mit Diamanten beseßt war. Diesen berühms ten, sprichwörtlich gewordenen Krückstock brauchte der König viele Jahre, bis an sein Ende. Friedrich Wilhelm der 2. schenkte ihn der Witwe seines großen Oheims, welche sich gleichfalls bis an ihr Ende darauf stützte. Nachher ist dieser merkwürdige Nachlass in die Kunstkammer gekommen.

Die Treibhausfrüchte und das übrige Obst aus den herrlichen

1) Genealogische und biographische Nachricht von dem Geschlechte derer v. Wartensleben. Gesammelt und geordnet von Gustav Graf v. Wartensleben K. Pr. Hauptm. u. Adjut. Berlin 1831. Fol. S. 74.

Gartenanlagen in Potsdam wurden alle in des Königs Kammern gebracht; er behielt davon, was er genießen wollte; bestimmte, was auf die Tafel kommen und was seinen Verwandten und Freun den als Geschenk zugehen sollte.

Ende Jul oder Anfangs August ging der König nach Chars lottenburg und Berlin zur Artillerierevůe; zwischen dem 12. und 16. August trat er die schlesische Reise an, über Frankfurt, Krosfen, Glogau, Liegniß, Hirschberg, Schweidnik, Silberberg, Glak; zuweilen auch über Kosel nach Neiße, wo vom 21. bis 24. Spee zial- und Generalrevůe war; den 24. ging er über Brieg und Oh lau nach Breslau, in dessen Gegend den 31. das Hauptquartier war und wo die Armee den 1., 2., 3. September Revue hatte.

In Breslau verweilte der König bei dieser Gelegenheit drei, vier oder fünf Tage, machte mit dem dortigen Minister die Finanzgeschäfte ab, besah die Festungswerke und gab alle Mittage den Zivil- und Militärchefs, den Regimentskommanddrs und andern. Vornehmen vom Adel große Tafel. In früheren Jahren verweilte er wohl acht Tage daselbst und gab jedesmal große Abendtafel und Ball.

In den ersten Tagen des September's war der König in Potsdam zurück; einige Tage darauf ging er nach Berlin, speiste des Mittags bei der Prinzess Amalie, besah die Bauten, sprach auf dem Schlosse einen oder den andern Minister, oder seinen Treforier und ritt gegen Abend nach dem Wedding; 1775 1) den 11. Septe aber nahm er sein Nachtlager in dem vom Hofapotheker Dr. Behm 1759 hergestellten (1701 von K. Friedrich. I. zufällig entdeckten) Gesundbrunnen an der Panke bei Berlin, um des ans dern Morgens in dieser Gegend das Artilleriekorps seine Übungen machen zu lassen; worauf er die Wachtparade in Berlin exerzirte. und gegen Mittag nach Sans-Souci zurückkehrte zu dem berühms ten potsdamschen Herbstmandver, welches in früheren Zeiten den 17. und 18., spåterhin, seitdem G. L. v. Möllendorf 1783 Gouver ndr von Berlin geworden und die berliner Garnison am 16. ein großes Mandver hielt, am 21. und 22. stattfand. Die Regimens ter, welche die Übungen bei Potsdam mitmachten, waren die drei

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1) Seitdem jährlich.

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Bataillons Garde, die Grenadiergarde, das Grenadierbataillon aus Treuenbrießen und Beliß, das Regiment Prinz von Preußen, die Infanterieregimenter Nr. 1. und 13. aus Berlin; das Regiment Prinz Heinrich aus Spandau, das Regiment Nr. 36. aus Brans denburg, das Regiment Fußjåger; an Reitereiz die drei Eskadrons Garde du Corps, das Regiment Gensd'armes, Zieten Hufaren, das Kürassierregiment aus Kyriß, die Leibkarabiniers aus Rathenau und das Kürassierregiment aus Salzwedel; in Allem, ohne die Fußjåger und ohne die Artillerie, 17 Bataillone und 18 Eskadrons. Offiziere von der ganzen Armee wurden als Zuschauer eingeladen; außerdem fanden sich viele Fremde aus allen Stånden, in den späteren Jahren selbst aus allen Ländern ein. Eine solche Berühmtheit hatten diese Heerschauen erlangt, welchen beiwohnen zu dürfen übrigens die besondere königliche Erlaubniss ndthig war, die der Kaiser Joseph erst für die Österreicher bewirkte 1).

Bei diesen jährlichen Musterungen, deren Vorspiel die eigentliche Heerschau oder Spezialrevue war, wo der König die Fronte der Regimenter herunter ging oder ritt und dann die Res kruten, bei der Kavallerie auch die letzten Remonten sich vorfühs ren ließ, wurden alle Waffen gebildet und geübt; aber der Reiterei widmete der König eine strenge Aufmerksamkeit. Hier war noch viel nachzuholen; auch geschah viel; selbst durch Pråmiendukaten, welche z. B. den Husaren für besondere Verschlagenheit im Dienste gezalt wurden, namentlich im Lager bei Potsdam im J. 1746, als ein Husar dem auf der großen Kavalleriefeldwacht ́eingeschlafenen Hauptmann Leopold (von Bredow Leibkarabinier ) den Hut vom Kopfe weggenommen, nachdem er sich zwischen den Reitern hineingestohlen 2). Doch berief Friedrich zu den von ihm selbst herangezogenen Offizieren treffliche Reiterführer aus Ungarn und Polen; und im siebenjährigen Kriege erbeben vor dem preußis schen Reitersturme die österreichische Kavallerie und die französïschen Gensd'armes, beide in ihrer Art bis dahin nur mit Ehren genannt3).

1) (v. Behrenhorst) Betrachtunġett. 2. Abth. S. 333.

2) Haller Militår. Charakt. Fr. II. Berlin 1796. S. 337.

3) Fr. Wilh. v. Seydlik, den Friedrich 1743 vom Kornett gleich zum

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Auch der König selbst machte bei den Friedensmandvern von 1745 bis 1756 wahre Studien, wovon seine Lehrbücher für die Generale zeugen. Einen besonderen Ruf hat das erste Feldmande ver in größerem Stil, 1753, hinter Spandau erlangt, welches zwölf Tage währte; Husarenposten umstellten die ganze Gegend und hielten alle Zuschauer ab. Selbst von der eigenen Armee durften nur diejenigen Offiziere zugegen sein, welche dazu gehörtén und gerufen waren '). Die Neugierigen wollte Friedrich, der seine Erfahrungen gern für sich behielt, durch seine Lettres au Public auf andere Gedanken lenken; die fremden Kunstgenossen aber durch eine, nach seinen Ideen von dem Oberstlieutenant von Balbi durch, geführte Parodie des berühmten sächsischen Luftlagers vom Jahre 1730, ú. d. T. „Erklärung und genaue Beschreibung der Mandvres 2c. nebst einem großen Plan“ tåuschen 2).

Jene jährlichen Musterungen 3), über welche die sonst sehr

Schwadronchef unter Nakmer (weißen) Husaren, 1745 zum Major_erhob; wurde 1752 Oberstlicut. und wenige Wochen søåter Kommandör des württemb. Dragonerregiments in Treptow; zu Anfange des Jahres 1753 Kommandör des Rochowschen Kürassierregiments in Ohlau; im Sommer 1755, mit 35 Jahren, Oberst. Es lässt sich denken, daß ein Mann, den der König so empor hob, Offiziere und Gemeine im Frieden für den Krieg zu bilden werde verstanden haben; v. Blankenburg Charakter und Lebensgesch. des Herrn v. S.

1) Wagner Betrachtungen über den Krieg. S. 273; Authentische Nachricht von den Mandvern im Lager bei Spandau, vom 1. bis 13. Sept. 1753 (49 Bataillons und 61 Eskadrons, circa 36,000 Manu) s. Nicolai Anekdoten. Heft 5. S. 14.

2) Ein Seitenstück zu der Nachricht von dem Hagelwetter in Potsdam, welche der König 1767 in die Zeitungen sehen ließ. S. Nicolai's Anckdoten. Heft 1. S. 93.

3) über Friedrichs Herbstmandvres s. (v. Behrenhorst) Betrachtungen. 2. Abth. S. 323-398.

Wie scharf der König es bei den Revûen ge= nommen, zeigt unser Urkundenbuch; vergl. darüber auch Blick auf Gesinnung und Streben S.56 und Ravenstein Geschichte des 2. Kůrassierregiments S. 16. 17 einen höchst karakteristischen Zug; wie der König den General v. Saldern für die überraschend glücklichen Revúcn bet Magdeburg auf das Schmeichelhafteste ansehnlich z. B. mit einem massiv filbernen Tafelservice beschenkt, s. Küfter in Saldern's Leben S. 131. Dem G. M. v. Schorlemmer, Chef des Dragonerregiments

schmåhsüchtigen,Briefe eines alten preußischen Offiziers" gute Nachrichten liefern, gingen aber nicht bloß die Kriegeskunst an. Auf diesen Reisen sahe der große Monarch nach Allem. Hohe und Niedere, irgend einem Zweige der Verwaltung vorstehende Beamte: die Pråsidenten und Direktoren der Kammern und Regirungen, Forstbedienten; kurz jeder auf seiner Stelle musste, bis ins kleinste Einzelne hinein, Bericht und Auskunft über alle Fragen geben. Die Landråthe sollten sich, nach dem Kabinetsreskripte vom 2. Nov. 17431), jedesmal an dem ersten Vorspannorte ihres Kreises bei dem Könige melden. Da dies aber in Vergessenheit kam und Friedrich im J. 1783 auf seiner Reise nach Westpreußen nur Einen Landrath in der Kurmark antraf; so befahl er den 2. Jun der Kammer, die Verfügung zu treffen: „daß sich ein jes der Landrath in seinem Kreise, wo Sr. Maj. durchkåmen, so wie es seine Schuldigkeit mit sich bråchte, gehörig einfinden und zeigen müsse.“ Das genügte nicht. Potsdam, den 17. Jun 1783 erließ der König folgende Kabinetsordre an die kurmärkische Kammer: „Sr. K. M. von Pr. Unser allergnädigster Herr lassen Dero Kurs Märkischen Kammer hierdurch zu erkennen geben, daß die Landråthe in denen Provinzen immer da sein müssen, wenn Höchstdiesel= ben hinkommen. Sie müssen sich aber auch anschicken, von ihren

Nr. 6 in Königsberg, welches in der Schlacht bei Gr. Jågersdorf sich
sehr auszeichnete, vertraute der König nach dem 2. schles. Kriege bei
den Kavallerierevůen in Preußen schon eine Art von Generalinspekzion.
Der gelehrte Kaufmann Herr Rd denbeck in Berlin befißt 20 sauber ge=
zeichnete und illuminirte Plane von den Mandvern, welche der König 1764
bis 1774 bei Potsdam gehalten, sammt weitläuftiger Erklärung und Dis-
posizion; außerdem die geschriebene Disposizion der Kavallerieübungen
bei Berlin vom 23., 24., 26. Mai 1755. Jn (Küsters) Offizierlese=
buch. Theil 4. S. 135-188 findet man Friedrichs Disposizionen zu den
Magdeburgischen Sommer- und Herbstmandvern 1767 und 1768.
Die Armee des Königs zålte zu Ende des Jahres 1755 nach amtlichen
Listen: 213 Schwadrons Kavallerie (32,496 Mann) und 140 Batail=
lons Infanterie, Artillerie, Ingenieurs c. (119,843 Mann), also
152,339 Mann mit 4,655 Offizieren, 10,668 Unteroffizieren, 240 Pau-
kern und Trompetern, 3,094 Trommelschlägern und Pfeifern, 416 Haut-
boisten, 1,057 Wundärzten. Die Artillerie hat der König bis 1762
bestehen lassen, wie er sie gefunden.

1) Beilage 11.

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