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welchem Berlin seine Singakademie verdankt und dessen Leben, von Zelter meisterhaft beschrieben, wir folgen '), liebte an seinem Herrn am meisten dessen eigenes, selbstständiges Wesen, wie sein edles Herz und sprach gern und mit dreistem Lobe von des Königs Fld, tenspiel, dessen Eigenheiten er sich ganz anfügte. Er hat es mehreren Personen gesagt, daß unter allen, Virtuosen, die er gehört, fein Freund Bach, Franz Benda und der König das rührendste Adagio vorgetragen haben. Der König batte sich einst im Adagio ein Stück Rezitativ angebracht, das er mit großer Hingebung vors trug. Fasch wurde davon ergriffen und akkompagnirte ihm mit besonderer Liebe, wodurch der König sehr befriedigt wurde. Als das Stück beendigt war, fragte er Fasch, was er davon halte, ein Rezitativ auf einem Instrumente zu spielen? Fasch antwortete: das Rezitativ sei eigentlich ohne Worte nicht zu statuiren; wenn es sich aber, wie hier, an einen rhythmischen Gedanken füge, der eine schon bekannte Bedeutung habe; so könne es von guter Wirkung sein. Ihre Maj. håtten den Ausdruck des Flehens besonders durch Ihren Vortrag, hier so getroffen, daß man eine bittende Person vor sich glaubte. Recht! sagte der König: Quanzens Rezitativ klingt nicht viel besser, als wenn die Tonleiter auf der Müle' gemalen würde; ich habe mir die Stelle dabei gedacht: wie Corios lan's Mutter auf den Knieen ihren Sohn um Schonung und Fries den für die Stadt Rom bittet.

Außer Quanz nahm sich nicht leicht einer von den Musikern die Freiheit, dem Könige Bravo! zu rufen. Der König sagte einst sehr aufgeräumt zu Fasch, daß er es ihm auch wohl einmal äußern könne, wenn er es gut gemacht habe: welches Fasch auch von nun an that; doch niemals, wenn Quanz zugegen, war. Auch Klipfel, von der meißener Porzellanmanufaktur, der dem Könige während des siebenjährigen Krieges in Meißen auf dem Flügel begleitete, hat ihm manches Bravo! zugerufen.

Das Klavier gewährte dem Könige mehr in jüngeren Jahren Vergnügen; doch hatte er in allen Schlössern mehrere silbermanne

1) Auch in Heinsius' Hausfreund. 2. Vierteljahr. Berlin 1806. S. 229 ist ein Aufsatz Friedrich, als Fldtenbläser“ nach Karl Fasch' Berichte.

sche Fortepiano's, lud auch im Jahre 1747 den berühmten Joh. Seb. Bach aus Leipzig nach Potsdam ein und ergößte sich sehr an dessen schönem Klavier- und Orgelspiele.

Als Friedrich, während des baierschen Erbfolgekrieges, die Tons kunst zu üben ganz aufhdrte; so bezeigte er auch nicht mehr Lust, Musik zu hören und wohnte selten einem Konzerte bei. Seitdem ließ er des Morgens, gleich nach dem Brieflesen und nach dem Kaffee, die Kabinetsråthe vor sich und beendigte also seine eigentlis chen Dienstgeschäfte wenigstens zwei Stunden früher, als sonst. Auf jeden Fall büßte der große Mann durch das Aufhören der Konzerte einen schönen Genuss für die späteren Tagesstunden ein, für welchen dann im Kreise der Freunde und der gelehrten Gesells schafter Ersatz gesucht wurde. Bis zum siebenjährigen Kriege machte die Abendtafel') einen wichtigen Abschnitt in der Tagesordnung. Selbst Voltaire, der von der Mittagstafel des Königs sagt, sie sei so gut gewesen, wie sie in einem Lande sein könne, wo es weder Wildpret noch Hüner, noch erträgliches Schlachtvieh gebe, und wo man den Waizen aus Magdeburg müsse kommen lassen; nennt die Abendtafel wahre sokratische Gastmåler. Auch heißt es in der Vie privée: „Le Roi avoit bien de l'esprit et en fai soit avoir; et ce qu'il y a d'extraordinaire, c'est que je n'ai jamais fait de repas si libres." Baron Bielfeld sagt in den freundschaftlichen Briefen, den 20. Mai 1746: „Sr. Maj. lassen mich nicht nur oft zur Gesellschaft zu sich rufen, um Ihnen etwas vorzulesen, oder Sie in das Konzert zu begleiten; sondern ich habe auch die Ehre, fast alle Abend in Ihrer kleinen Tischgesellschaft, welches eine Art von geheimer Tafel ist, mit Ihr zu speisen 2). Dieses Glück, so groß es auch ist, rührt mich nicht so sehr, als mich das Vergnügen ergött, den König und die geistreichen Personen sprechen zu hören, die er zu seinen Abendmalzeiten einladen låsst. Ich zweifle, ob in Europa eine wißigere, angenehmere, lehrreichere und lebhaftere Gesellschaft anzutreffen ist, als an dieser Tafel. Es

1) Seit dem Anfange des fiebenjährigen Krieges speiste Friedrich nicht mehr zu Abend, s. Brief an die Gräfinn Camas vom 11. Nov. 1760.

2)

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Le petit Couvert, autrement dit la table de confidence du Roi, où on n'admet qu'une compagnie choisie d'amis."

scheint, als wenn der Monarch sich eine Lust mache, sich dabei seis ner königlichen Würde zu entschlagen, um nur als der liebenswür digste unter den Menschen zu erscheinen; im Gegentheil aber hat er das Vergnügen, zu sehen, wie wir auf unsrer Seite den Schleier ablegen, mit welchem die Hofleute jederzeit das Gesicht bedecken, wenn sie sich der Majestät nähern, weil sie fürchten, sie möchten ihs ren blendenden Glanz nicht erträgen können, oder wohl gar davon verzehret werden. Man sieht hier einen König, der sich aber nur als ein liebenswürdiger Beschüßer beträgt, und begünstigte Unters thanen, welche vor seinen Augen einhergehen, ohne sich vom Kopfe bis zu den Füßen mit Waffen zur Vertheidigung zu verwahren. Die Herzen sind hier wechselsweise einander offen und der Geist wird durch keine Fesseln gebunden. Wenn das Konzert aus ist, setzt man sich zur Tafel, die Unterredung wird lebhaft und der Kdnig wundert sich manchmal sehr, zwei Uhr nach Mitternacht schlas gen zu hören, wenn er glaubt, daß er kaum eine Stunde bei der Tafel gewesen." Auch ein Bruchstück solcher heitern Abendunterhaltung selbst, zwischen Friedrich und de la Métrie, ist uns aufbewahrt'). Man sieht aus demselben, wie frei es bergegangen, und wie stark die Gesellschafter selbst gegen den erlauchten Wirth bisweilen sich ausgedruckt.

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Von der schöneren Lebenshälfte, welche hier besonders gemeint ist, gelten denn auch Voltaire's Zeilen: „En verité, il y a un homme bien extraordinaire dans le monde,

,,Il est grand roi tout le matin,

Après diner grand écrivain,

Tout le jour philosophe humain,
Et le soir convive divin:

C'est un assez joli destin.

Puisse-t-il n'avoir point de fin!“ 2).

Seitdem der König nicht mehr zu Abend speiste, kamen gleich nach dem Konzerte die Gesellschafter, welche etwa nicht zur Musik waren eingeladen worden, zur Unterhaltung, an der auch ausge zeichnete Generale: von Seidlik, von Krockow, von Ramin und

1) Nicolai Anekdoten. Heft 6.

2) Ungedruckte Billets und Briefe von Voltaire an Fr. d. Gr. im Freimüthigen von Kozebue. Berlin, 1803. Nr. 2.

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andere Theil nahmen; außerdem talentvolle Männer des geistlichen und des weltlichen Standes, alt- und neugläubige Katholiken und Protestanten. Oft wurde das Gespräch sehr lebhaft, sehr wißig; oft mehr als schalkhaft und launig; denn, wie schamhaft Friedrich für seine Person auch war, so daß er sich nie entblößt vor seinen Bedienten sehen ließ; so war er doch in Worten äußerst frei, bes sonders bei Tafel, wo er sich ganz gehen ließ und jedes Ding bei feinem Namen nannte. Halb neun Uhr wurde, in den spåteren Lebensjahren, für die Fremden die Tafel angerichtet, an welcher der König nicht Theil nahm und welche nicht viel über eine halbe Stunde währte. Noch spåterhin, als der Kreis der alten Freunde immer mehr dahin schwand, verloren diese Abendgenüsse noch mehr von ihrem Reize. D'Argens, Bastiani, Lord Marishal, Quintus Icilius, Lucchesini und wer sonst noch einladend erschien, kamen zum Könige, welcher vorlas, und, wenn ein Abschnitt beendigt war, über das Gelesene die Unterhaltung anknüpfte. Dann wurden die Gesellschafter entlassen. Der König stellte sich vor den Kamin, zog fich, bis auf die Beinkleider und Stiefeln, selbst aus, legte sich das Nachtzeug an, entließ seine Kammerbedienten, mit dem Befehle, ihu am andern Morgen zu wecken, und schlief, immer ohne Licht und ganz allein, mehrentheils bald ein. Zwei Hoflakaien hatten im Vorzimmer die Wache und der König klingelte, wenn er ein Glas Wasser oder sonst etwas begehrte ').

Im Sommer waren die Leibesbewegungen häufiger. Der Kds nig ging früher zu Bette und stand früher auf; von dem Ende des Februar immer früher und früher, sodaß er, zur Zeit der bers liner Revue öfters schon um halb drei Uhr aufstand und um vier Uhr zu Pferde saß. An solchen Morgen wurde aus dem Flötens blasen nicht viel; die Briefschaften wurden bloß gelesen; abgefers tigt aber erst, wenn die Musterung vorüber war. Es kann nicht genug hervorgehoben werden, wie ungemein thatig Friedrich in dem rüftigeren Alter gewesen, immer bei guter Laune, ein Freund der Vergnügungen, vor Allem der Abendtafel; aber, wenn er auch noch

1) Gustav Adolph's Bild war das einzige Gemälde, welches Friedrich's Schlafzimmer in Sans-Souci gierte.

so spåt von Tische aufstand, Morgens war er doch schon früh wies der auf, seine Pflichten mit Freuden zu üben.

Sobald die Musterungen beendigt waren, legte er der nåchtlichen Ruhe wieder allmålig etwas zu. Im März machte er, bei guter Witterung, um zehn oder elf Uhr Vormittags zuweilen einen Spazirritt. Gegen Ende dieses Monats, oder, wenn die Witterung gar zu schlecht war, zu Anfange des April, verließ er Potsdam und bezog Sans-Souci (1785 zog er erst den 26., und 1786 den' 17. April hinaus), wohnte wöchentlich dreimal dem Exerziren der Besatzung bei und kommandirte selbst 1). Auch die übrigen Tage ritt er gewöhnlich eine Stunde vor Tische aus, immer im Trott und Galopp. Oft ritt_er_selbst_von Potsdam nach Charlottenburg und Berlin, ohne sich des Wagens, der ihm folgte, zu bedienen. Auf Mårschen ritt er beståndig; war die Kålte groß, so ging er zu Fuße.

Die jährlichen Truppenmusterungen wurden von Friedrich in der zur Zeit seines Vaters schon beliebten Ordnung abgehalten. Doch gab Freidrich Wilhelm I. sich die Mühe, die Regimenter größtentheils in ihren Standquartieren einzeln zu besehen und ihren Zustand zu untersuchen. Nur Berlin, Königsberg und Magdeburg machten eine Ausnahme, wo, um die weiten Reisen zu ersparen, die nächstgelegenen Regimenter auch schon zu einer gemeinschaftlis chen Revue versammelt wurden 2). Auch der Unterschied zwischen

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1) Valori (T. 2. p. 11.) att Rouillé, f. Minister in Paris, den 10. April 1756:,,Le Prince de Prusse et le Prince Henri sont, l'un à Spandau, et l'autre à Potsdam, où sont leurs régiments. Ils sont occuppés à faire faire l'exercice; le Roi de Prusse leur en donne l'exemple, car il fait exercer lui-même le sien, malgré le mauvais temps." 2) Die Generalrevûen entstanden gelegentlich, als, vor dem Anfange des Pommerschen Feldzuges, der Fürst von Dessau im Mai 1715 die preuß. Truppen bei Schwedt in ein Lager versammelte. Den 28. Mai traf der König, im Lager ein und der Fürst ließ die eben neugekleideten Regimenter im schönsten Puße vor dem Könige vorbeidefiliren, woran Fr. Wilh. so viel Gefallen fand, daß er solche Übungen jährlich zu wiederholen beschloss'). Friedrich hielt 1743 sein erstes Mandvre.

1) Denkwürdigkeiten für die Kriegskunst und Kriegsgeschichte. (Herausgeg. vom Oberstlieut. Wagner vom großen Generalstabe.) Berlin 1820. 6. Heft. S. 176.

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