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sterstabe; in den spåteren Jahren unterhielt er sich um diese Zeit auch gern mit Quintus Icilius über gelehrte Gegenstånde; spazirte, allein oder in Gesellschaft, im Freien, um die Gartenanlagen zu mustern; oder in den Sålen; oder, der sogenannte Lecteur fam: Darget'), d'Arnaud, de la Métrie, de Prades), le Catt, le Bégue3); in den Jahren 1779 bis 1785 wurde Duval du Peyrau oft gerufen, den der König in seinen Briefen gewöhnlich den ,,Doktor der Sorbonne" nennt. Diese Männer hatten Auskunft über neue Bücher zu geben, wodurch lehrreiche Gespräche veranlasst wurden, unter welchen der König mit dem Lecteur in den Kammern und im Sale auf und niedergehend, über solche neue Werke, welche beiden Theilen bekannt waren, bis gegen sechs Uhr die Gedanken austauschte *). Auch wurden wohl einzelne merk würdige Stellen aus eben erst erschienenen Schriften vorgelesen; aber Friedrich las selbst dem Vorleser vor und ließ ihn nur lesen, wenn er heiser war. Einen wirklichen Vorleser hat der König sich erst zwei Jahre vor seinem Tode angenommen: das war Dantal, der erste Lecteur, den der König nicht aus Frankreich, sondern, auf Merian's Empfehlung, aus der französischen Kolonie in Berlin nahm. Aber Dantal's Amt war ein ganz untergeordnetes ; er gewährte keine gelehrte Unterhaltung, sondern er las bloß, was ihm befohlen war, vor. Diesem Manne verdanken wir in seinen Delassemens litéraires ou heures de Lecture de Fréderic II. Berlin 1792 ein genaues Verzeichniss aller der Bücher, welche er seinem Herrn vom 16. Nov. 1784 bis zum 30. Jul 1786 täglich vorgelesen. Aus dieser übersicht erhellet, daß Friedrich bis an sein Ende immer am meisten die griechischen und die römischen Klassiker:

دو

1) Darget, après la Bataille de Friedberg, Secrétaire privé du grand Fréderic. Mémoires de Valori, deffen Secretär Darget vor= her gewesen.

2) de Prades wurde im September 1752 als Lecteur angenommen. Er verrieth den König und spricht seine Nichtswürdigkeit selbst in einem Briefe, Potsdam, Mitte Jul 1756, an den franz. Gesandten Valori in Berlin aus. S, Mémoires de Valori. T. 2. p. 116.97.

3) Le Bégue de Villers war im J. 1784 nur ganz kurze Zeit Lecteur. S. Friedrich's Briefe an Pitra S. 26.

4) Algarotti an den König, den 24. Nov. 1749.

Geschichtschreiber, Redner, Dichter; nåchstdem die vorzüglichsten frans zösischen Schriftsteller gelesen. Leichtere Sachen, z. B. der Candide, tamen nur in Krankheiten vor. Die Stunden, in denen Dantal las, waren im Winter um 6, 7 oder 8 Uhr und im Som mer um 4, 5 øder 6 Uhr des Abends regelmäßig; oft wurden ein, zwei, ja drei Stunden hinter einander gelesen. Die Griechen und die Römer waren auch in diesen letzten Lebenstagen, wie seit den frühesten Jahren, im Frieden wie im Felde, durchaus immer wiederkehrende Lieblingsunterhaltung. Außer Dem, was dieser wirkliche Lecteur dem Könige vorlas, las der König, wie sein ganzes früheres Leben, noch besonders für sich, la ut, am liebsten Verse.

Sonst war die Zeit von vier bis sechs Ühr auch der Schrifts stellerei gewidmet '), mit dem glücklichsten Erfolge im Gebiete der Geschichte, der Dichtkunst, der praktischen Philosophie, der Stats- und Kriegeswissenschaften. Wenige Berufsgelehrte haben so viel geschrieben, wie der Weise von Sans-Souci; weit wenigere, noch so Treffliches in einzelnen Zweigen, wie er. In der Zeit, von der hier insbesondere die Rede ist, wurden verfasst: Die Geschichte meiner Zeit; die brandenburgischen Denkwürdigkeiten; die meisten Lobreden; das vortreffliche Lehrgedicht, die Kriegesz kunst," in welchem vor allen die lieblichen idyllischen Abschnitte, z. B. im fünften Gesange, des großen Dichters zarten Sinn offens baren; auch der sogenannte Fürstenspiegel an den jungen Herzog

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1) Friedrich an Voltaire, den 16. Mai 1749: „Si Vous aimez à présent le bruit et l'éclat, je Vous conseille de ne point venir ici; mais si une vie douce et unie ne vous deplaît pas, venez, et remplissez vos promesses; ,,j'aime les arts par la raison qu'en donne Ciceron" etc; April 1750: Des affaires m'appellent en Prusse au mois de Juin; mais, du 1. de Juillet jusqu'au mois de Septembre je pourrai disposer de mon temps, je pourrai étudier aux pieds de Gamaliel;" den 25. April 1750,,Vous verrez ici un philosophe qui n'a d'autre passion que celle de l'étude;" den 10. Jun 1749,,Je veux étudier avec vous; j'ai du loisir cette année. Dieu sait si j'en aurai une autre;" den 16. Mai 1749

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Si l'extrême envie que j'ai d'apprendre, et de réussir dans une science qui de tout temps fait ma passion, peut Vous recompenser de vos peines, vous aurez lieu d'être satisfait;" ebenso den 22. Februar und 6. April 1743.

Friedr. d. Gr. I.

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von Württemberg; und endlich die, unter dem allgemeinen Titel der ,,Werke des Weisen von Sans-Souci" zusammengefasste Gedichts sammlung selbst. Noch können die vielen Briefe der Schriftstellerei zugerechnet werden, da die meisten derselben ein belehrendes Vergnü gen zur Absicht hatten; selbst die, welche, wie die an d'Argens, d'Alembert, als Ergüsse des freundschaftlichen, dem mitfühlenden Herzen sich hingebenden Sinnes sind ').

In der Epistel an Darget (Apologie des Rois), welche anfångt:

,,De mes productions laborieux copiste,

Qui de tous mes écrits sous ta clef tiens la liste;

beschreibt Friedrich die Plagen der Monarchen zum Troste für seinen Sekretår über die Beschwerden, einem Dichter zu dienen. Daraus ersieht man, wozu er seinen Sekretår gebraucht; und in der darauf folgenden (A mon esprit) spricht der König es aus, wie er, durch seine Regentensorgen das Vergnügen, dichten zu dürfen, sich verdiene 2).

Als eine Kleinigkeit bringen wir noch bei, daß der König seiz nen Namen bis Ende Mai 1737 Fréderic; hierauf, vielleicht aus Liebhaberei an dem Italiånischen Federico, sehr deutlich Federic geschrieben). Wenn er sich der deutschen Schrift bediente; so setzte er nur einen flüchtigen Zug der zusammenhangenden Buchsta ben Fdch, auch bloß Fch, oder nur Fh, oder F. hin, welche in den ersten Regirungsjahren ziemlich groß waren und gewöhnlich den ganzen lees

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1) Oeuvres posthumes. T. X. p. 250 schreibt der König wie ein Freund zum Freunde; p. 271 sagt er selbst, daß es ein Bedürfnißf des Herzens

für ihn sei, Jemand auf der Erde zu haben, gegen den es sich ergieBen könne.

2) Friedrich an Voltaire den 5. März 1749,,C'est mon delassement que de faire des vers; je suis un galérien enchainé sur le vaisseau de l'Etat, où comme un Pilote, qui n'ose ni quitter le gouvernail ni s'endormir sans craindre le sort du malheureux Palinure. Les Muses demandent des retraites et une entière égalité d'ame dont je ne peux presque jouir. Souvent après avoir fait trois vers on m'interrompt. Damit vergleiche den Brief des Königs an Voltaire vom

25. Nov. 1749.

3) Correspondance avec Suhm. T. 2. p. 242.

ren Raum der Kabinetsbefehle füllten; in den späteren Lebensjah ren wurde dieser Namenszug immer kleiner und undeutlicher. Darum schrieb der König den 3. Januar 1773 an Voltaire: „Je fais copier mes lettres, parceque ma main commence à devenir tremblante, et qu'écrivant d'un très-petit caractère, cela pourrait fatiguer vos yeux." — Bei den schweren Gichtanfällen ') gegen Ende des Jahres 1775 war dem Könige der Gebrauch seiner Hånde zur Unterschrift nicht vergönnt. Aber, er übertrug die Vollziehungen doch nicht, wie seine Vorgänger in åhnlichen Fällen, dem Chronfolger oder sonst Jemand; sondern er ließ die Kabinetsbes fehle in seiner Gegenwart mit einem besonderen Siegel versehen; neben den französischen stand: „Par ordre exprès du Roi, le présent ordre a été muni, à la place de la signature de Sa Majesté et en sa présence, de son cachet particulier, ci-joint à coté;" bei den deutschen: „Auf Sr. Maj. allergnädigsten Spezialbefehl, ist gegenwärtige Ordre, anstatt Dero Höchsteigenhåndiger Unterschrift, wegen Dero Chirograischen Zufalls an der rechten Hand, mit dem Kammerpettschaft in Dero Gegenwart bedruckt worden. Auf ähnliche Weise sind im Januar 1798, während der Masernkrankheit Sr. Maj. des jeßtregirenden Königs, die Kabinetss befehle vollzogen worden.

Wir schließen die Tagesordnung des Königs mit dem Kons zerte und mit dem Abendessen. Vor dem Konzerte, welches ges wöhnlich um 6 Uhr anging und eine Stunde währte, pråludirte er eine Viertelstunde, blies darauf drei oder vier Konzerte, hörte zus weilen eins von Quanz, oder er ließ ein Solo auf dem Violons zell spielen, auch wohl eine Arie von einem Sånger vortragen; worauf die Musik mehrentheils zu Ende war. Solange der KDnig noch alle Vorderzähne hatte, auch Quanz, welcher 1773 starb, noch lebte, wurde das Konzert bestimmt jeden Abend überall, wenn Gelegenheit war, selbst im Felde, gehalten, weshalb Franz Benda, als Bratschist, auch in den Krieg mitging; Graun und die übrigen Konzertisten aber kamen wenigstens in das Winterlager, um die ges wöhnlichen Konzerte zu halten. Auf die Revûereisen folgten dem

1) Über die 18 Gichtanfålle vom September 1775 bis Mai 1776 f. Friedrichs Briefe an Voltaire und d'Alembert.

Könige weder Gesellschafter, noch Tonkünstler; aber er selbst blies, wie gewöhnlich die Flöte. Bei der Anwesenheit der verwitweten Kurfürstinn Marie Antonie von Sachsen, einer Tochter Kaiser Karls 7., in Potsdam, vom 26. Sept. bis 2. Okt. 1770, wurde ein Konzert gegeben, wobei diese große Kennerinn und Liebhaberinn der Musik den Flügel spielte und sang; der König, von Quanz begleitet, blies die erste Flöte, der Erbherzog von Braunschweig spielte die erste Violine und der Prinz von Preußen das Violonzell '). Übrigens bekamen zu den Konzerten des Königs nur Lons künstler Eingang und selten andere, als die dazu berufenen.

Friedrich übte sein allgemeines Machtregiment, wie im Militår, im Zivil, und in den andern Verhältnissen des Lebens, auch in seiner Kapelle, was hier, wie dort Unzufriedene machte; wåhrend die uneigennüßige und bescheidene Hingebung an die edle Persönlichkeit des Königs sich beglückt fühlte.

Mit den Noten unter dem Arme trat der König in das Kons zertzimmer, vertheilte die Stimmen für zwei Violinen, eine Bratsche, ein Violonzell, ein Fagott, ein Fortepiano- und legte fie auch wohl selbst auf die Pulte. Er blies nur Konzerte und Sos lo's, die Quanz für ihn gemacht, öfters auch Flötensolo's von eigener Arbeit. Das Adagio trug der König ausgezeichnet vor und er überließ sich dabei oft seiner jedesmaligen Stimmung so sehr, daß es nicht leicht sein mochte, ihm nach seinem Sinne zu folgen; das gegen war sein Allegro etwas matt, wenn schwere und lange Paffagen einen fertigen und langen Athem verlangten. Ein willkürlicher Ausdruck sollte diesen Mangel bedecken. Emanuel Bach, der von vier zu vier Wochen abwechselnd mit Fasch, dem Könige tåglich seine Konzerte und Fldtensolo's auf dem Fortepiano akkompagnirte, war bei jenen Unregelmäßigkeiten des hohen Künstlers wenig gefällig, wurde auch des immerwährenden Wiederholens der nämlichen Stücke überdrüffig und ging 1767 nach Hamburg. Fasch,

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1) v. Diebitsch S. 29. Friedrich an Voltaire den 25. Nov. 1770: , Je Vous envoye un prologue de Comédie que j'ai composé à la hâte, pour en régaler l'électrice de Saxe, qui m'a rendu visité. C'est une Princesse d'un grand mérite, et qui auroit bien valu qu'un meilleur poëte la chantât."

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