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drich und gewann ihm vollends mein Herz. Alles was an Wig und Wendungen Unterhaltendes gesagt werden kann, floss aus seis nem Munde: dabei war der Ton seiner Stimme sanft und etwas leise und seine Lippen bewegten sich mit einer unaussprechlichen Anmuth; seine Augen, die in allen Portraits, die wir von ihm has ben, zu hart vorgestellt sind und die von der anstrengenden Arbeit. des Kabinets und von den Mühseligkeiten des Krieges überspannt wären, wurden sanft und milder, so oft er einen Zug von Edels muth und Menschenliebe czålte oder erzålen hörte." Dagegen muss man die eigenen Gespräche selbst halten, z. B. aus Thiébault's Souvenirs, welche, zum Theil mit Recht viel getadelt, in der Beziehung einen hohen Werth haben. Auch die Briefe des Königs aus allen Lebensaltern und an allerlei Menschen zeugen von dem üppigen Vorrathe seiner vielseitigen Kenntnisse und von einer so reichhaltigen Quelle, daß es seinen Gesprächen nie an bes lebender Nahrung fehlen konnte. Natürlich waren Tischgenossen aus allen Stånden willkommen, wenn ihr Geist und ihre Kennts nisse anzogen. Doch führte Friedrich den Faden des Gespräches gern selber; wißige, selbst scharfe Antworten und Einfälle hatte er lieb: denn Ausbeute und Anregung wollte er auch gewinnen, wåhs rend der finnliche Genuff befriedigt wurde; ja, der Beifall von Leuten, die er schäßte, war ihm angenehm: aber plumpe Schmeis chelei konnte er nicht leiden, und das Lob solcher Menschen, die er selbst nicht lobenswürdig fand, verachtete er. Was er über Schmeis chelet überhaupt gedacht, sagt er in der Ode,, Sur la flattérie," welche er, in Folge eines Gespräches über dieselbe mit dem Obersten von Camas, diesem den 18. März 1740 fandte: „Die Schmeis chelei hat selbst die schändlichsten Tyrannen vergöttert, für Gold ihnen Tugenden angelogen. Glücklicher Verrath und Übermuth im Purpur haben stets Speichellecker gefunden. Håtte Cartouche oder Catilina sich eine Krone aufgefeßt, es würde ihnen nie an Schmeichlern gefehlt haben." In dem Leben seines Großvaters heißt es: Danckelman sei in Ungnade gefallen „,pour avoir montré la verité avec trop peu d'adoucissement à une Cour corrompue par la flattérie;" darauf fåhrt der erhabene Verfasser fort:,,Heureux sont les Princes, dont les oreilles moins delicates aiment la vérité, lors même qu'elle est prodiguée par

des bouches indiscretes! mais c'est un effort de vertu dont peu d'hommes sont capables." Wer so gründlich die Gefahren der. Schmeichelei durchschauete, wird wohl vor ihrem Pesthauche ge-. borgen bleiben. Es wurde in Berlin bei einer feierlichen Gelegens heit eine Oper aufgeführt und ein besonderer Prolog dazu geschries ben. Friedrich sah denselben durch, strich Alles, was der Dichs ter zu seinem Lobe gesungen und sagte auf dem Rande: „Il faut, qu'il ne soit pas question du Roi" 1). In dem Marmorfale des Neuen. Palais' malte Vanloo, auf Befehl des Königs, zum Deckenstücke eine Versammlung der Götter. Der Künstler stellte ein par Famen vor, welche den Namenszug seines Herrn, mit Lorz beeren umkrångt, den versammelten Göttern darbringen. Als Fries drich das sahe, musste das Gerüst neu aufgestellt und das auf ihn Bezügliche ausgelöscht werden. Die leere Stelle. ist noch heute zu sehen 2). Aber, auch ein Beispiel, wie der König eine artige Schmeichelei beifällig aufgenommen und — belohnt. Dutens fam im Mårz 1771 als Führer des achtzehnjährigen Lord Algernon Percy, deffen Bruder des Ministers Bute Tochter zur Frau hatte und der ein Sohn des Herzogs von Northumberland war, nach Potsdam. Friedrich sah nur den Herzog; der Führer wurde nicht angenommen, auch auf Bastiani's Vermittelung, nicht. "Da'schrieb Dutens in das Fremdenbuch des Neuen Palais':.

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Superbes batimens, goût, genie et beaux arts,
Tout ici Vous retrace une image de Rome,

Et si Vous cherchez un grand homme,

Frederic seul vaut les deux premiers Césars;

und wurde zum Könige gerufen 3).

Des Königs Tafel war nichts weniger als üppig und prachtvoll, mehr lecker; so daß er auch wohl ein Viertelstündchen vor zwölf Uhr anrichten ließ, wenn besondere Lieblingsschüsseln erwarz tet wurden, oder wenn der durchgesehene und verbesserte Küchenzettel auf etwas Selteneres Hoffnung machte. Wir werden unten sehen, daß Friedrich in seinem spanischen Schnupftabacke und in

1) Nicolai Anekdoten. 3. Heft. S. 281.

2) a. a. D.

3) Dutens Mémoires d'un Voyageur qui se repose. 1806. im 39. Kapitel.

feiner reichen Dosensammlung (wenn der Ausdruck ́nicht zu stark ist), einigen Aufwand machte; die Befriedigung des Gaumens, des Königs einziger Lurusartikel, war nicht so kostspielig, als man vermuthen sollte; da der auf 12,000 Thaler festgestellte Küchenetat bis an sein Ende nicht ist vergrößert worden. Es sollten dafür acht Schüsseln auf des Königs,' acht auf die Marschallstafel gelies fert werden, Mittags und Abends

zwölf Bediente, und kalte Küche für drei oder vier Hunde.

ir prei Schüsseln für zehn oder

Wir haben von der Durchsicht des Küchenzettels gesprochen. Es musste nämlich ein Verzeichniss der Speisen für die nächste Tas fel, mit Angabe der Köche, oft schon Abends vorher zum Urtheil vorgelegt werden. Hier ist 1) ein solcher Speisezettel für den 23. Oktober 1780: Henaut Grebendinckel

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1 Soupe d'ecrevisses.

..1 des Ailes des Perdreaux glacez à l'Oseil

et laituës.

nouveau Cuisinier 1 Tandron de mouton à l'Anglaise. Sauce

verte.

Schilger .:.. 1 Marksknedeln.

1 gebratene Fasanen.

Grebendinckel . . 1 Cardon en petit pois avec Cotellettes. Schilger

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1 Filets von Zander und Locken à la Pal

fie au blanc.

nouveau Cuisinier 1 Gratin des Grives à la Viennoise au Parmesan, avec garniture gebratene Lers

chen.

Der König durchstrich den ganzen Zettel und schrieb dafür selbst auf:

1) Soupe aux Salssifie.

2) ailles de perdros Glacées au Cardons en petit poix. 3) Fetit patéz à la Romaine.

4) des alloettes.

5) des clops de Vau à l'anglaise.

Bekam der König Besuch von vornehmen Fremden oder von Verwandten; so wurden zwölf, zwanzig, auch wohl dreißig Schüß

1) Aus Büschings Charakter. S. 11.

seln`gegeben und besonders bezalt, wie auch die Tafeln bei den Redouten und Musterungen. Da seit Bestimmung des Küchenetats die Lebensmittel sehr im Preise gestiegen waren und die 12,000 Thas ler nicht ausreichten; so lårmte der König darüber, schalt — aber er bezalte die Schulden. Folgende Küchenrechnung sammt, Nachschrift beweiset, wie der große Haushalter auch in diesem Gebiete genau nachsah: „Die Extra-Consumtion bei der königlichen Hofs. küche vom 9. Nov. 1784 beträgt Summa 25 Thaler 10 Gr. 14 Pf." Darunter schrieb der König: „Gestohlen, denn ungefåhr 100 Austern sind auf dem Tisch gervesen, kosten 4 Thaler; die Kuchen 2 Thas ler; Quappenleber 1 Thaler; der Fisch 2 Thaler; die Kuchen auf Russisch 2 Thaler, macht 11 Thaler, das Übrige gestohlen. Da ein Essen mehr heute ist gewesen, Hering und Erbsen, kann 1 Thaler kosten, also was über 12 Thaler ist impertinent gestohlen. Friedrich"1).

Als eine Seltsamkeit stehe hier, daß der König im Winter Elends mark aus der kapornischen Haide als Leckerbissen auf seine Tafel senden ließ 2).

Seit dem siebenjährigen Kriege, mit welchem auch die Abendmalzeiten ganz aufhörten, gab der König, selbst bei größeren Bes wirthungen, nicht leicht über acht Schüsseln; gefiel sich überhaupt auch in großen Tischgesellschaften weniger.,,Wer sich nicht an acht Gerichten satt ifft, sagte er, hat auch an achtzig nicht genug."

Nach der Mittagstafel blies der König wieder eine Halbes stunde Flöte, worauf die Kabinetsråthe die Briefe zur Vollziehung schickten. Es ist bekannt, daß Friedrich diesen Antworten nicht bloß seinen Namen untersetzte, sondern sie bisweilen noch mit einis gen nachdrücklichen Worten voll kräftigen Lebens aus eigener Fes der begleitete. Diese berühmten eigenhåndigen Nachschriften, vom Augenblicke eingegebene Aussprüche, so unterhaltend für den Unbes theiligten, mögen den anrügigen Empfängern nicht eben schmeichelhaft gewesen sein. Bei Geldforderungen bemerkte der König auch wohl ablehnend: „, non habeo pecuniam; ",,ich kann keinen Gros

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1) Müchlers Anekdotenalmanach von 1828. S. 365.

2) Bock's Wirthschaftliche Naturgeschichte von dem Königreiche Oft- und Westpreußen. 1782. Bd. 1. S. 53.

schen geben;", ich werde mir ein Moratorium ausbitten müssen;" ,,für jetzt kann nichts erfolgen;",, ich bin jeßt arm, wie Hiob;" (mündlich antwortete er in derselben Art 1779 dem Oberamtmann Fromme, der ihm von Viehsterben und Remission sprach: ,,Mein Sohn, heute habe ich Schaden am linken Ohr, ich kann nicht gut hören.");- den 22. Febr. 1780 schrieb der König an das Baukomtor in Potsdam: „Sr. K. M. von Preußen, Unser Allergnädigster Herr lassen dem Baukomtor auf dessen Anzeige vom 20. dieses wegen der erforderlichen Kosten zu Reparirung des schadhaften Brunnens zu Sans Souci hierdurch bekannt machen, daß fie Geduld haben sollen; denn vor dem Monat Mai kann kein Groschen gegeben werden."- Als der Finomkanal gebaut wurde, schrieb der König an den Rand eines denselben betreffenden Bes richtes: Die Landmessere und Baumeisters sind lauter Bienhas sen '), und befehle Jch, daß man sich nach ehrliche und habile Leute umthun foll" "); und, als der Kanalaufseher mehr Diåten verlangte: „die Schurken kriegen mehr zu fiel Dieten darüber leiden meine Sachen, und Spilen sie sie nur in der Långe, absonderlich die Bau Sachen, worauf die Herren Ministres ein wach, sam Auge haben Müssen“).

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Wie auch die höchsten Beamten vor solchen empfindlichen Zuschriften nicht sicher waren, davon zeuget am besten das Genrals direktorium, welches alle vom Könige ihm zugekommene unanges nehme Verfügungen, gewöhnlich Nasen *) genannt, in einem bes sondern kleinen Spinde, dem,, Nasenspinde" verbarg, aus welchem die Berliner Zeitschrift „Der Gesellschafter" 5) ein merkwürdiges Kabinetsschreiben vom 7. Sept. 1767 mittheilt, zum Zeugnisse, wie landesvåterlich Friedrich auch die Armen hörte und selbst der angesehensten Landesbehörden nicht schonte.

1) Soll heißen Bönhasen oder Pfuscher.

2) Büsching Charakter. S. 245.

3) a. a. D. S. 247.

4) In unserm Urkundenbuche finden sich mehrere, z. B. den 4. Jul 1747 an den G. L. Prinz Moriß von Dessau; den 29. Jul 1747 an den Feldmarschall v. Kleift; den 5. März 1750 an den Gen. M. v. Zieten; den 12. Mai 1750 an den Markgrafen Friedrich von Schwedt.

5) Jahrgang 1828. 2. Blatt. Freitag den 4. Januar.

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