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Einzigen im Kabinette vorlag), der nur Eine Leidenschaft hatte: Preußens Ehre und Glück3). Wenn aber doch in gewissen sogenannten Lebensgeschichten und Karakterschilderungen von Vers fassern ohne åußeren und ohne inneren historischen Beruf, auffals lende Kabinetsordres schroff an einander gereiht sind, ohne Erklås rung des Anlasses und der Verhältnisse; so getrauen wir uns, fast jedes einzelne dieser Zerrbilder durch die reine Erläuterung der geschichtlichen Thatsache zu einem wohlthuenden Gemälde umzuwandeln, und wir werden das in dem überreichen Abschnitte nach dem fiebenjährigen Kriege mehrfach zu unternehmen Anlass finden.

Die Minister) kamen in der Regel nicht zu dem Könige. Sie machten ihre Anfragen schriftlich und wurden eben so beschie den; auch ihre Gegenvorstellungen wurden mit der Feder erörtert: zulegt führten sie die landesherrlichen Beschlüsse aus. Auch die Gutachten und Vorschläge der Minister forderte und empfing der Monarch schriftlich. Mündliche Berathungen gehörten zu den sehr seltenen Ausnahmen. Selbst die auswärtigen Angelegenheiten machte Friedrich mit seinen und mit den fremden Gesandten allein ab, obgleich er gewöhnlich zwei Kabinetsminister hatte, welchen nur die Statsschriften und ähnliche Aufsätze, sowie der vors schriftsmäßige Verkehr mit den fremden Diplomaten zu besorgen blieben. Adrian Bernhard Graf von Borck, zugleich Feldmarschall, Caspar Wilhelm von Borck, Baron Mardefeld, von Thulemeier, Graf Podewils), Graf Finkenstein, von Herzberg waren wåh

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1) Wir werden mit den vier Bånden unsers Werkes etwa 1200 Stück unbekannte Kabinetsordres Fr. 2. aus allen Regirungsjahren und über allerlei Verhältnisse als Urkundenbuch bekannt machen, und wies derholen unsre Bitte um Unterstützung für diese Absicht. Im Archive finden sich „Versiegelte Königliche Kabinetsschreiben von 1752 bis 1762;" viele Tausende liegen noch, einzeln und in Massen, in den Sammlungen von Verehrern des Königs, auch unbeachtet in unbenußtem öffentlichen und Privat- Besize.

2),,Si l'on veut que le gouvernement monarchique l'emporte sur le républicain, l'arrêt du souverain est prononcé: il doit être actif et intègre. Friedrich Essai sur les formes du Gouvernement.

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3) über sämmtl. Minister Friedrichs 11. f. Cosmar's u. Klaproth's Statsrath. 4) über Borck, Podewils, Thulemeyer f. Mémoires de Valori. T. 1.

p. 110. 111.

Friedr. d. Gr. I,

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rend dieser an auswärtigen Verhandlungen, Friedensschlüssen und ähnlichen Arbeiten so reichen Zeit, berühmte Kabinetsminister; und doch fielen bisweilen die wichtigsten Dinge vor, von denen. sie auch nicht die leiseste Ahnung hatten. So ließ der König in der Lütticher Fehde durch Voltaire das Manifest aufseßen; zu den Unterhandlungen mit Marie Theresie 1740 und 1756 gab er eigenhåndig dem Grafen Gotter und dem von Klinggråf gemessene Befehle; von den Nachrichten, welche der preußische Gesandte Graf Malzahn in Dresden vor dem Ausbruche des siebenjährigen Krieges, über die Verbindungen von Österreich, Russland, Sachsen gegen den berliner Hof sich verschaffte, erfuhr nur der General von Winterfeldt und dessen Sekretår Galster; von Herzberg schloff noch als Geheimerrath und Statssekretår im auswärtigen Departement den hubertsburger Frieden und 1778 unterhandelte der Kdnig bloß durch den Grafen Görk, welchen er 1763 in Weimar und 1771 in Braunschweig hatte kennen lernen und der gar nicht einmal im Preußischen gelebt hatte, mit dem zweibrückischen Hause; lauter Fälle, die ohne Theilname der Minister erledigt wurden '). Um Alles zu übersehen, hatte Friedrich Wilhelm I. jede wichtigere Verhandlung aller Minister durch eigenhåndige Unterschrift voll: zogen; auch, was bis diesen Augenblick besteht, von jeder Kammer alle Monate geschriebene Zeitungen 2) sich einreichen lassen, in

1) Der König korrespondirte mit seinen Gesandten unmittelbar. Die Des peschen wurden aber im auswärtigen Departement chiffrirt, und die Gesandten mussten demselben Duplikate ihrer Berichte senden. Nur zum Dechiffriren der Gesandtschaftsberichte waren zwei Sekretäre auch im Kabinet angestellt. Auf diese Weise erhielten die Minister doch von der auswärtigen Korrespondenz fortlaufend Nachricht.

2) Nach dem Befehle vom 13. Nov. 1730 mussten sie 24 Fragen beantworten, f. Quickmann Pommersche Edikte S. 1347, wo man auch die fie betreffenden Verordnungen vom 27. Nov. 1737, vom 4. Sept. 1742, vom 13. Februar 1745 findet. Nach dem Zirkular vom 27. Februar 1765 follten monatlich mit dem Zeitungsberichte auch Tabellen von den wüsten Stellen und doppelten Possessionen eingereicht werden, siehe Kornsche Ediktens. Bd. 8. S. 427; 536 die nähere Bestimmung vom 15. April 1765; Bd. 7. S. 301 findet man ein Zirkular der glogauschen Kammer an sämmtliche Land- und Steuerråthe und Magiftråte wegen prompter Einsendung der Zeitungsberichte, vom 24. Mai 1763. Diese

denen, also ohne Wissen der Minister, über jeden wichtigen Vors gang in ihrem Bereiche, genaue Nachricht enthalten war. So wusste, so leitete der König Alles selbst. In diesem Sinne haben alle seine Nachfolger das Selbstregiren geübt; also auch Friedrich. Aber, seine Kabinetsherrschaft ist die umfassendste gewesen, da vor seinem persönlichen Übergewichte wie die Generale, so auch die Minister und alle Behörden durchaus zurücktraten, und die große Kunst, mit Jedermann zu sprechen und Alles zu sehen ihm die ers wünschteste Selbstständigkeit erleichterte.

Nach dem Flötenblasen, oder bei dem Herumgehen speiste der König von den Kirschen, Feigen, Weintrauben oder dem andern Obfte, welches auf den Spiegeltischen stand und welches er so sehr liebte, daß er die ersten Kirschen im Dezember und bis Mitte Jas nuar das Stück mit zwei Thalern bezahlte und die kostbaren, welts berühmten Treibhäuser in Sans-Souci erhielt. Auf Reisen ließ er sich sehr gern mit Obst bewirthen '). Im September des Jahres 1743 übersandte der Minister Graf Münchow dem Könige zwei schlesische Ananas, von denen er versicherte, daß sie den italianis schen nichts nachgåben. In der Folge hatte Sans - Souci einen holländischen Gärtner, welcher die Ananaszucht sehr glücklich betrieb und im Publikum anregte. Quintus Icilius hatte viel von der verdünnenden Kraft des Saftes der Pisangfrucht gesprochen und Prinz Heinrich einige dieser ostindischen Früchte aus Rheinsberg zur Probe verehrt, die dem Könige nicht nur wohlschmeckend, sondern auch schmerzstillend in der Gicht vorgekommen waren, wie er denn überhaupt saftige Früchte liebte. Also wurde gleich) 1761 in Sans-Souci ein Pisanghaus gebaut, welches 1763 und noch mehr 1770 erweitert, unter einem besonderen Pisanggårtner stand.

Wenn die Kabinetsråthe beurlaubt waren, legte der König fein Nachtzeug ab, bestrich sich die Hare mit Pomade, ließ sich pudern, wusch sich mit einer Serviette Gesicht und Hånde und zog

Spezialberichte nun trafen den 25. jeden Monats bei den Kammern ein, welche daraus mit unterschrift aller Mitglieder ihren Hauptbericht abfassten.

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1) Von Helmsdorf nach Heiligenthal (bei Eisleben) führt eine Allee von Kirschbäumen, von deren Früchten der König sich alle Sommer schicken ließ.

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die Uniform an, welches, wenn er sich nicht barbirte, in fünf Minuten gethan war.

Zum Anziehen, wie zum Aufsehen der Hartour, zum Kaffeeund Chokolatemachen, waren theils Kammerhusaren, theils Kammerlakaien bestimmt.

Unter Friedrich Wilhelm I. wurde die Parole Nachmittags um drei Uhr ausgegeben, wobei in Berlin der Gouverndr und der Kommandant, nebst den Stabsoffizieren, welche den Dienst hatten, bis halb fünf Uhr beschäftigt waren. Friedrich änderte das. Zwis schen zehn und zwölf Uhr gab er dem Kommandanten die Parole, welche bei der Parade um elf Uhr ausgetheilt wurde. Darauf beantwortete er Familienbriefe; sprach Einen oder den Andern, den er grade bestellt hatte; las mit lauter Stimme; übte sich auch wohl, wenn Zeit war, in einigen Konzertstücken; besuchte bisweilen die Parade; ritt oder ging spaziren.

Schlag zwölf Uhr war angerichtet. Auch Friedrich Wilhelm I. ging um diese Zeit zu Tische; so alle Privathäuser; ja, unter dem großen Kurfürsten war es um elf Uhr Mittag gewesen: aber, noch unter Friedrich 2. wurde es Sitte, spåter, selbst erst gegen zwei Uhr zu Tische zu gehen. Die gewöhnlichen sechs Schüsseln wurden in zwei Gången aufgetragen; außer dem Obste, wie es die Jahreszeit brachte, kein Nachtisch. Man speiste von schönem Porzellan. Jeder Gast konnte nach Belieben essen, und Moselwein oder Pontak trinken, so viel ihm behagte; Champagner und Ungarwein wurden nur auf besonderen Befehl des Königs gereicht, wele cher selbst in der Regel Bergerac, mit Wasser vermischt, trank; auch Moselwein; bisweilen Champagner und Tokajer. Den Rheinwein hasste er und sagte: „,si l'on veut avoir un avant gout de la pendaison, on n'a qu'à prendre du Vin de Rhin.“ Auch glaubte er, sein Vater habe das, auf ihn vererbte, Podagra, durch den Rheinwein sich zugezogen. Übermäßig stark aß der König nicht; aber er liebte scharf gewürzte französische und italiånische Speisen: Polenta (ein fettes, sehr unverdauliches italianisches Gericht aus Kåse und Mais), Kuchen, Pasteten, Mehl- und Käsespeisen, Schinken, Sauerkohl, Grünkohl; und zog sich dadurch öfters Unverdaulichkeiten und Magenkråmpfe zu. Erlaubten es die Geschåfte, oder war die Gesellschaft besonders anziehend; so wåhrte

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die Tafel wohl bis vier Uhr, selbst noch långer. Die Gåste, in der Regel sieben bis zehn, durften abtreten und wiederkommen; und auch die Anekdote ist falsch, daß ein alter General, den das verhaltene Wasser beinahe getödtet, wie Tycho de Brahe an der Tafel des Grafen Rosenberg in Prag, endlich doch aufgesprungen und mit den Worten: ,, Sire, tout est grand dans Votre Majesté, jusqu'à la vessie même," hinausgestürzt sei.

Der König saß gern bei Tische, war lebhaft in der Unterhaltung, sprach selbst beståndig, französisch: Politik, Religion, Geschichte, Kriegessachen und was sonst allgemein anziehend schien, bot den Stoff. Die Tischgenossen wurden sehr gnådig behandelt und merkten es kaum, daß ein gekröntes Haupt ihr Wirth war; der indeff auf diejenigen nicht immer sanft losging, welche sich Blößen gaben. Auch aus dem reichen Schäße von Anekdoten, welche, von Kaisern, Königen, Fürsten und anderen Personen, ihm bekannt waren, wurde die Erzählung gewürzt. Solche Schwänke trug er oft vor, besonders wenn Fremde dazu kamen. Währte die Tafel lange; so hatte der König das Herz auf der Zunge; denn er trank, gemischten Wein, so lange er faß. Übrigens ist es allgemein bekannt und auch von Voltaire, selbst in der Vie privée gerühmt worden: wie reich an Ideen über die verschiedenartigsten, wichtigsten Gegenstände Friedrichs Unterhaltung gewesen, und wir können uns von derselben ein sehr lebhaftes Bild machen, wenn wir feine in Druck erschienenen Gespräche mit Gottsched, Gellert, Meiers otto, Tralles, Sulzer, Thiébault, Dutens, Johannes von Müller, Gleim, Frau Karsch, Zimmermann, Dantal, Lambert, Fromme, Theden, Rüchel, Marquis de Bouillé, Graf Ségur und Andern lesen, namentlich das Mémoire sur Fréderic le Grand vom Prins zen von Ligne, welches 1789 im Druck erschienen und, sowenig åußeren Umfang es hat, die Konversazionsgabe des Königs auf die anschaulichste Weise kennen lehrt, indem jener bekannte österreichische Feldmarschalllieutenant mit seiner geistreichen Feder sehr genau bes richtet, was er mit Friedrich zu Neustadt in Måhren, 1770, bei der berühmten Zusammenkunft mit Joseph II. gesprochen, und was, grade zehn Jahre später, bei einem Besuche in Potsdam. In Potsdam, sagt der Prinz, entzückte mich alle Tage fünf Stunden lang die enzyklopädische Konversazion des unvergleichlichen Frie

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