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seinen Einfluss bei Friedrich Wilhelm. Beide waren diesem Kdnige mit der unverbrüchlichsten Treue ergeben; ja, Leopold von Dessau hat offenbar das eigene Land gegen den Dienst für die Krone Preußen vielfach hintangefeßt. Aber, wie alle bedeutende Günftlinge, beide suchten auch, får manche anderweitige schwere Selbstverläugnung, die eigenen Ansichten und Absichten auf dem Schaupläße ihres Wirkens durchzuführen. Der Kronprinz Friedrich war in den ersten Lebensjahren von sehr schwächlicher Gesundheit; seine schweigsame Gemüthsstimmung, seine geringe Lebhaftigkeit liegen wohl für seine Tage fürchten; seine häufigen Krankheiten nåhrten die Hoffnungen des Fürsten von Anhalt, welche freilich durch die Geburt des Prinzen August Wilhelm, 1722, und der beiden andern königlichen Söhne in der Folge ganz vereitelt wur

Wenn nämlich mit des Kronprinzen Tode der unmittelbare Mannsstamm des königlichen Hauses erlosch; so war der harther, zige Markgraf Friedrich, Leopolds Neffe, muthmaßlicher Thronerbe und mit diesem wünschte er frühzeitig die älteste preußische Prinzessvermålt zu sehen. Das war aber, wie wir wissen, ganz gegen die Entwürfe der Königinn, welche dem Fürsten von Anhalt auch deshalb schon abgeneigt war, weil er einst ihren Gemal mit seiner Nichte, der Prinzess von Oranien zu verheirathen gewünscht hatte '). Von Grumbkow genoss noch weniger das Zutrauen der Königinn; darum hielt Leopold im Ganzen mit ihm zusammen. Beide erfuhren durch Fräulein von Leti, was ihnen wichtig war, und sie bewirkten die Entlassung des Fräuleins von Wakenik, als der Finanzminister von Creuß durch dieselbe noch mehr zu wirken trachtete; aber auch Fråulein von Leti wurde 1721 vom Hofe entfernt, weil sie gegen die Prinzeff Wilhelmine mit tyrannischer Hårte ges wüthet hatte, und durch Fräulein von Sonsfeld erseßt.

Selbst als Friedrich unter månnliche Erziehung gegeben wurde, waltete der gegenseitige Einfluss. Graf Finkenstein war die Wahl der Königinn; Kalkstein verdankte dem Fürsten von Dessau seinen Plaß3). Wir überlassen es dem Leser, aus den oben genannten Druckschrif:

1) Mémoires de la Margrave de Bareith. T. 1. p. 3 et 9.

2) s. Poellnitz Mémoires T. 2. p. 73. 74; Gütther's Leben und Thaten Friedrich's I. S. 295.

ten über dieses Streben und Gegenwirken nåher, als hier geschehen kann, sich zu unterrichten; bemerken aber, daß wir aus voller Überzeugung den Fürsten, wie den Minister durchaus freisprechen. müssen von dem Verbrechen, dessen die Markgråfinn von Baireuth in ihren Denkwürdigkeiten') sie beschuldigt: Anschläge gegen das Leben des Königs und des Kronprinzen gemacht zu haben, um den Markgrafen auf den Thron zu führen. Leopold von Dessau war es ja eben, der durch die treuherzigste Offenheit dem Könige die Ruhe wiedergab 2), welche ihm, seit dem Ende des Jahres 1717, die Ränke des berüchtigten ungarischen Edelmannes Clement ges raubt, dessen schlaue Vorspiegelungen es dem so offenen und klaren Friedrich Wilhelm glaublich gemacht, wie seine nächsten Umgebungen mit auswärtigen Höfen die verbrecherischesten Anschläge beabfichtigten. Der gefährliche Fremdling büßte, ein zweiter Otto von Pack, die frevelhafte Schuld, 1720, am Galgen. Aber, es wäre nicht zu verwundern, wenn der König auf Augenblicke Misstrauen gehegt hätte gegen die beiden Månner, denen seine Gemalinn so abs geneigt war. Vielleicht ist hier auch der Grund zu den Ansichten zu finden, welche Friedrich in seinen Schriften über Leopold ause spricht, und welche ihn, bei aller sonstigen Anerkennung, zu inniger Vertraulichkeit nie kommen ließen.

Als der große Kurfürst mit seinem åltesten Sohne, dem Thronerben, in Misshelligkeiten gerathen war; da benußte der kaiserliche Gesandte, Baron von Freytag, die häuslichen Verhältnisse in Berlin mit der rånkevollesten Unredlichkeit, den Kurprinzen gegen seinen Vater zu verlocken. Nun sehen wir einen kaiserlichen Gesandten des Königs Vertrauen gegen seinen åltesten Sohn erschleis chen. Friedrich Wilhelm kannte den Grafen Seckendorf von den flandrischen Feldzügen und von der Belagerung Stralsunds her und hielt in aller Art unbeschreiblich viel auf ihn. Nie vielleicht hat ein Hof mit mehr Glück einen Gesandten gewålt, als Karl der VI., indem er die alten Verhältnisse mit Preußen zu erneuern suchte, was en Grafen von Rabutin nicht hatte gelingen wollen, da Friedrich Wilhelm zu viele Unbilden von Wien aus erduldet

1) T. 1. p. 34.

2) Poellnitz Mémoires T. 2. p. 92.

hatte. Nun aber waren durch des Kaisers Entwurf, seine Niederlande an dem Indischen Handel Antheil nehmen zu lassen, große Bewegungen in der politischen Welt entstanden. Die von ihm 1717 in Ostende gestiftete Handelskompagnie reizte die Aufmerksamkeit der Seemachte, welche den 3. Sept. 1725 in Herrnhausen einen Bund schlossen, gegen die Wiener Verbindung '), welche Österreich, Spas nien und Russland umfasste. Preußen zunächst von dem Bunde mit England wieder abzuziehen, lag Carl dem VI. besonders am Herzen. Dazu nun kam der neue Gesandte, den 13. August 1726, nach Berlin, und, was er hier zu Gunsten seines Hofes in der königs lichen Familie und in den auswärtigen Verhältnissen schnell vollführet, das wusste er klüglich auch, so lange er auf seinem Posten war, zu erhalten), so sehr er immer, von seinem ersten Erscheinen an, die Königinn, den Kronprinzen und Beider Anhang entschieden. gegen sich hatte, da der kaiserliche Einfluss die Verbindung mit England nur zerreißen konnte. Aber, der König war ihm gewogen, Leopold von Dessau beförderte die kaiserlichen Wünsche und Seckendorf war ein feiner Statsmann, der schon am 12. Oktober, also sehr kurze Zeit nach seiner Ankunft, in dem Vertrage von Wusterhausen 3), einen glänzenden Sieg über die Partei seiner Gegner davon trug. Diese Englischgesinnten hatten im vorigen Jahre Hannover mit Brandenburg versöhnt, ja, Friedrich Wilhelm hatte, als Georg nach Deutschland, kam, einen Besuch in Herrnhausen ges macht und dem großen Bunde gegen Österreich sich beigesellet. Jett war dies Alles vergeblich, da Friedrich Wilhelm, gegen die Zusage der Jülichschen Erbschaft, die pragmatische Sankzion," selbst mit gewaffneter Hand behaupten zu helfen verhieß. Die Königinn von Preußen erkrankte; denn ihre Entwürfe waren zu bitter getroffen; sie und die Ihrigen, besonders der Kronpring, litten

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1) vom 30. April 1725.

2) f. Seckendorf's Leben. Theil 3 und 4.

3) Friedrich im Leben seines Vaters erwähnt diesen Vertrag; Dohm hat das Original desselben gesehen (s. seine Schrift: über den deutschen Fürstenbund. Berlin 1785. S. 78) und Sch dll hat zuerst den wesentlichen Inhalt des echten Traktates von Wusterhausen bekannt gemacht in der Histoire abrégée des traités de paix. T. 2. Paris 1817. p. 211.

schmerzlich, wo Seckendorfs Erfolge blüheten.. Aber, endlich er. scheint wieder, doch nur auf Augenblicke, ein Strahl der Hoffnung. Der König nimmt den außerordentlichen englischen Gesandten, Ritter Hotham, der die Wechselheirath abzuschließen bestimmt war, am 4. Mai 1730, öffentlich mit vieler Gnade auf. Leider begehrte Großbritannien die Entfernung des Lieblings Grumbkow; da ents brannte Friedrich Wilhelms Zorn auf's Neue, und Hotham kehrte, wie der Baron Poellniß und die Markgråfinn von Baireuth umståndlich erzålen, nach Hause zurück. Mit ihm schwanden, obgleich du Bourgai, der ordentliche englische Gesandte, blieb, alle Hoffnungen auf eine nåhere Verbindung mit London. Friedrich hatte schon långst der Königinn von England geschrieben, daß er, es gehe wie es wolle, keine andere, als ihre Tochter zur Frau nehmen werde. Dies erfuhr sein Vater durch Seckendorf wieder, welchem es der General von Diemar, Hessischer Gesandter in Großbritannien mitgetheilt hatte, der das Vertrauen der Königinn von England missbrauchte'). Der Unfriede am preußischen Hofe wuchs, als Friedrich Wilhelm hörte, daß der Kronprinz 7000 Thaler Schulden habe). Schon den 22. Januar 1730 war ein „, Allgemeines renovirtes und erweitertes auch geschärftes Edikt3) wider das Gelds leihen an Minderjährige“ erschienen; darin stand auch: „Und wollen Wir dieses Unser Allerhöchstes Verbot so universellement heilig gehalten wissen, daß auch selbst weder an Unsern Cron- und andere Königliche Prinzen, noch an einigen Markgråflichen Pringen, oder an jemand für Dieselbe, etwas soll geliehen oder geborget werden, so, daß wer diesem Unserm Allerhöchsten Verbot zuwider, solches dennoch an jemand von ißtgedachter Unserer eigenen Königs

1) f. Poellnitz Mémoires T. 2. p. 215.

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2) Die kronprinzliche Kasse war so reich, daß der König aus derselben dem Banquierhause Splitgerber und Daum 1728 ju Geschäften mit dem damals in Berlin anwesenden Könige von Polen, 300000 Thaler sogenanntes Franzgeid auf Jahr und Tag, ohne Zin= sen, vorschießen konnte. s. (König's) historische Schilderung. 4. Thl. 2. Bd. S. 203. Was dem Kronprinzen gehörte und worüber er Herr war scheint verschieden gewesen zu sein. Zum Neujahr 1727 schenkte ihm der König 200 Dukaten Species = 550 Thaler. f. Kdnig a. a. D. S. 66.

3) Mylius Corp. Constitutionum. Thl. 2. Abthl. 1. Nr. 256. p. 802.

lichen oder Markgråflichen Familien zu thun fich unterstehen möchte, derselbe mit der Karre, und nach Befinden auch an Leib' und Les ben bestrafet werden solle 1)."

So gedeihet in des Kronprinzen Seele der Entschluff, der väterlichen Zucht sich zu entziehen, zu immer vollerer Reife. Ritter Hotham hatte versichert: er würde am englischen Hofe mit offenen Armen empfangen werden.

Friedrich stand in seinem 19. Lebensjahre; er maß 5 Fuß 2 Zoll 3 Linien, sein Wuchs war schlank, seine Brust wohl ge wölbt; der Bau des Körpers mehr schwächlich als stark; die Gesichtsbildung aber verband auf eine seltene Weise Hoheit und Anmuth und das durchdringende blaue Auge zog bei aller Schårfe freundlich an.

Im Mai 1730 wurden die sämmtlichen sächsischen Truppen, gegen 20,000 Mann zu Fuß und 10,000 Reiter bei Mühlberg in ein großès, auch von Dichtern besungenes Luftlager zusammengezogen. Der König von Preußen war dazu eingeladen und er erschien, begleitet von den Prinzen seines Hauses, von Fürst Leopold und von mehr als 200 der angesehensten Offiziere seines Heeres. Friedrich spricht in dem Leben seines Vaters von diesem Feste, nënnt es aber mehr ein Theaterschauspiel, als ein wahres Bild des Krieges und fügt dann hinzu: Während dieser anscheinenden Freundschaftsbeweise suchten August's Rånke an allen europäischen Höfen Friedrich Wilhelm um die bergische Nachfolge zu bringen und dieselbe an Sachsen zu ziehen. Dieses Lager, diese Pracht, diese falschen Beweise von Hochachtung waren Kunstgriffe, durch welche der König von Polen den König von Preußen einzuschlåfern glaubte; dieser aber durchschauete die Beweggründe und verabs scheuete die Falschheit nur noch mehr. Weiter sagt der gekrönte Schriftsteller von dieser sächsischen Besuchsreise nichts; aus Scheu, die verdrüßlichen Vorfälle zwischen ihm und seinem Vater zu bes rühren: sonst håtte er hier seines ersten Versuches zu entkommen,

1). Dieses Edikt wurde erneuert den 7. Oktober 1749 und, besonders eingeschärft in dem „Erneuerten Edikt wider das Leihen und Borgen an Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses vom 15. Jul 1769. f. Mylius C. C. Bd. 4. Nr. 49. pag. 5595–96.

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