Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[ocr errors]

ausreichten, die Hülfsgelder bewilligten, die Auflagen ordneten, Zahl und Unterhalt der Truppen bestimmten. Also hing das Wesent lichste, auch die Verwaltung der Gesetze und der Polizei von ihnen ab. Als Albrecht Achill sie um die Berichtigung seiner Schulden anging; so legten sie 1472 eine Steuer auf das Bier, welches die Landschaft oder die öffentliche Bank veranlasste, um die ersten festen Abgaben: Zise, Hufen- und Gibelschoff zu heben und zu vers wenden. So blieben die Landstånde die hauptsächlichsten Rathgeber des Landes herrn, bis allmålig der Geheime Stats, rath') aus einer Anzahl Minister entstand, die nun neben den Stånden mit dem Regenten arbeiteten, wobei der rechtsgelehrte bürgerliche oder adlige Kanzler den wesentlichsten Einfluss übte. Unter Georg Wilhelm brachte Graf Schwarzenberg alles Ansehen der übrigen Beamten, auch das der Stände an sich, welche, da die vom großen Kurfürsten durchgesetzte Akzise die stehenden Heere möglich machte, von da ab nur noch dem Namen nach vorhanden waren 2) und, als Erinnerungsinstitut gleichsam, die sogenannte Landschaft3) zurückließen. Was vorher die Stånde gewesen, das versah jezt der Regent mit seinen Ministern, welche, je nach der Eigens thümlichkeit ihres Herrn, mehr oder minder zurücktraten. Der große Kurfürst hat eben durch seine Alles überschattende Selbstständigkeit den unsterblichen Nachruhm erlangt. Unter Friedrich I. Könige eigneten sich Prinzipalminister grell hervortretenden Einfluss an, was seinen kräftigen, hellsehenden Sohn schon als Kronprinzen bestimmte, mit Macht dereinst ganz allein in seinem Kabinette an der Spiße des Stats zu wirken und bloß für das Schreibegeschäft sich einen untergeordneten Arbeiter zu halten, welcher, im Fall der ausnehmend, thätige Monarch die Antwort nicht selbst unter die Eingabe hinsetzte, dessen eigene Ausdrücke getreu zu Papiere brachte. So wurden die Unterthanen, so die Minister beschieden, welche, im Großen und Ganzen nur die Vollstrecker des königlichen

1) Von Joachim Friedrich den 5. Januar 1605 zu einem bleibenden Kollegium geschaffen; s. Klaproth und Cosmar Statsrath.

2) Wir sind hier wesentlich Friedrichs Abhandlung Du Gouvernement ancien et moderne du Brandebourg gefolgt.

3) Beilage 9. und Preuß. Allgemeine Statszeitung 1820. Nr. 21-26.

Beschlusses waren. Vieles schrieb König Friedrich Wilhelm feine ganze Regirung hindurch allein, obgleich er schon als Kronprinz und dann auch nach der Thronbesteigung seinen Auditör Creuß ') (welches also der erste [Gèheime] Kabinetsrath sein würde) 2); bei den Kabinetsęṛpedizionen zur Hand hatte 3). Als dieser Minis ster wurde, trat Marschall*) an seinen Plak, nach dessen Erhes bung Boden an die Reihe kam, der dann bei Vertheilung der Arbeit die Wirthschaftssachen schrieb und Engel neben sich hatte 3). Als Boden Minister wurde, folgte ihm Lautensack nach, der auch die Pfandschaft über die mecklenburgischen Ämter Eldena, Plau, Marniß und Wredenhagen, sowie die prinzliche Gesammtkammer) zu Wusterhausen bis an seinen Tod beaufsichtigte und in diesem ganzen Berufe Galster zum Nachfolger hatte. Neben Boden und Lautensack versah Schumacher unter Friedrich Wils helm I. die Statssachen; Eichel damals die Kriegessachen, spås terhin, unter Friedrich II., vorzüglich im siebenjährigen Kriege alle Hauptsachen. Cdper bearbeitete das Übrige und zalte in Potsdam die königlichen Gelder aus.

Auf die Art bildete sich unter König Friedrich Wilhelm I. die monarchische Kabinetsregirung so vollständig aus, wie sie unter seinem Sohne geblieben ist. Friedrich umfasste Alles allein und seßte,

1) Treuß war eines Amtmanns Sohn; den 1. Dezember 1708 in den Adelfiand erhoben; den 4. Mai 1713 Minister; Mémoires de la Marggr., de Bareith. T. 1. p. 16; Poellnitz' Mémoires.

2) Dem Patente nach wurde zuerst der Kammergerichtsrath Beyme, den 21. Februar 1798 zum Geh. Kabinetsrathe ernannt; so nach ihm der Kammergerichtsrath Albrecht; ihre Vorgånger waren unter Friedrich Wilhelm I. Kabinetssekretäre gewesen; Schumacher, Eichel, Lautensack wurden von Friedrich II. gleich bei der Thronbesteis gung zu Geheimen Kriegesråthen ernannt; doch blieb der Litel Kabinetsrath üblich.

3) Morgenstern a. a. D. S. 147.

4) Marschall ließ 1717 seinen Adelstand konfirmiren.

5) (König) Histor. Schilderung. 4. Theil. 2. Bd. S. 66. Boden den 10. April 1739 gcadelt.

6) Zur Verwaltung der vom Könige Fr. Wilhelm I. für die nachgeborenen Prinzen angekauften Rittergüter.

durch die Feder seiner Kabinetsråthe, zunächst die drei Arten von Ministerien und durch diese den ganzen Statsmechanismus in Bes wegung, wobei auch der Entfernteste und Ärmste augenblicklich uns mittelbar ihn erreichen und Erhörung gewärtigen konnte.

Mit zweien von seinen Kabinetsråthen arbeitete der König tåglich; der dritte, welcher die auswärtigen Angelegenheiten, das geistliche Departement und die prinzlichen Kammern zu seinem Geschäftskreise hatte, kam nicht so oft, auch nicht so früh am Morgen 1).

Obgleich Friedrich die Kabinetsråthe oft seine Schreiber nannte; so gingen doch alle Zivilangelegenheiten durch ihre Hånde, und darum sind ihre Namen zum Theil von geschichtlichem Werthe. Eichel hat, bis an seinen Tod, die Gunst und das unbedingte Vertrauen seines Herrn genossen. Er war von Hause aus wohlhabend und hinterließ sein bedeutendes Vermögen, da er selbst keine Angehörigen hatte, der Tochter des Großkanzlers v. Jariges. Ihm folgte üble Nachrede in die Gruft; aber, man bedenke, daß er ein Mann von bedeutendem Einflusse war. Wenigstens sehr klug muss er gewesen sein, da er sich in seinem Wirkungskreise behauptete 2).

Galster war zuvor Winterfeldt's vertrauter Sekretår gewesen; er fiel in Ungnade und wurde 1774 nach Spandau geschickt. Aber nåher Stehende, Uneingenommene haben nichts zu ermitteln gewusst, was die unter der Menge sehr verbreiteten harten Beschuldigungen zu rechtfertigen vermocht hätte. Sein Kollege Laspeyres konnte, nach dessen eigener Aussage, als der König ihm den Vers haftsbefehl zur Ausfertigung gegeben, den Seufzer der arme Galster!" nicht unterdrücken. Friedrich fühlte sich dadurch bewogen, dem Unglücklichen eine Pension von einigen hundert Thaleru zu bewilligen; auch gab er ihn nach kaum einjähriger Haft

1) v. Diebitsch S. 19.

"

2) Eichel, aus dem Halberstädtischen gebürtig, war Kammersekretär in Halberstadt, che er ins Kabinet kam; starb den 3. Februar 1768. siche Büschings Charakter S. 226. Packet für den Eichel" im Geh. Archive. Elias Schumacher war schon den 7. Oktober 1747 im 61. Jahre gestorben.

dem Bruder desselben, Prediger zu Altenplaten frei, wo er 1801 starb ').

Stelter hatte 1772 als Mitglied der Oberrechenkammer das westpreußische Serviswesen während seines kommifforialischen Aufenthaltes in Marienwerder einrichten helfen und wurde an Gals sters Stelle, gegen seinen Willen, berufen. Um sich zu entschuldigen, sagte er, er wisse aicht französisch und habe eine Frau. „Die Frau muss nicht Alles wissen,“ entgegnete der König und Stelter übernahm den låstigen Dienst, der um so angreifender war, als die Kabinetsråthe alle Morgen ganz früh, immer in vollem State erscheinen und stehend arbeiten mussten. Auch starb Stelter im eigentlichen Sinne des Wortes in seinem Berufe, indem er einst während des Vortrages todt niederfiel. Er hatte, wie alle seine Amtsgenossen, keine wissenschaftliche Bildung; aber er war wegen seiner Rechtschaffenheit bei Friedrich gut angeschrieben, der auch seinem Sohne eine Pension gab, obgleich der våterliche Nachlass ansehnlich war 3).

Friedrich hat seine Kabinetsråthe alle aus dem Bürgerstande genommen und (bei den zahlreichen Standeserhöhungen *)) keinem von ihnen den Adel verliehen '); auch hat er sie alle aus der kas meralistischen Subalternkarriere gezogen, bis auf Menken, wels cher studirt hatte und Legazionssekretår in Stockholm gewesen war, ehe er 1782 Geheimer Kabinetssekretar für die auswärtigen Ges schäfte wurde.

1) Zimmermanns Fragmente Bd. 2. S. 277; daß Galfter schuldig gewe= sen s. von Dohm a. a. D. S. 120.

[ocr errors]

2) Die Namen Schumacher, Müller (welcher 1775 Kabinetsrath war1)), Galster, Stelter, Cdper, Beyer enden alle auf er; sowie drei Geheime Kämmeriere Leining, Zeifing, Schdning geheißen haben.

3) Denina Essai sur la vie et le règne de Fr. II. p. 419; Mein Leben, wie ich Joh. Ge. Scheffner es selbst beschrieben. Erste Hälfte. Königsberg 1821. S. 194.

4) Nach einem uns vorliegenden Namens - Verzeichnisse hat Friedrich über 350 Adels, Freiherrn, Grafen- und Fürstendiplome verliehen. 5) Beyer wurde den 21. Oktober 1786 in den Adelstand erhoben.

1) Büschings Charakter S. 238.

[ocr errors]

Wie die den Kabinetsråthen angegebenen Antworten des Königs beschaffen gewesen, ersieht man aus mehreren im Drucke erschienenen Eingaben mit beigefügten Dekreten z. B. in (Königs) Historischer Schilderung von Berlin'). Die erhabenste Idee ins dess von Friedrichs unvergleichlicher landesvåterlicher Gesinnung und Thätigkeit gewinnt man aus Sammlungen von fortlaufenden, Tag für Tag erlassenen Kabinetsschreiben. Wir sind, durch die dankenswerthesten Mittheilungen, zu dem unschäßbaren Glücke gelangt, aus mehr denn 12,000 Erlassen 2) die Zeit bis zum siebens jährigen Kriege ganz authentisch vor unsern Augen sich erneuern zu fehen. Alle diese königlichen Befehle athmen denselben Geist rastloser Sorge und unablässigen Strebens für das Wohl des Landes und jedes Einzelnen; alle, die französischen und die deutschen, has ben in ihrer klaren, bündigen Abfassung, ein wahrhaft klassisches Gepräge; in allen findet sich die anziehendsle Einheit des großen Kopfes und Herzens 3); in allen endlich, was hier besonders gegen die karikirten Anekdotenbilder des Königs geltend gemacht werden foll, der würdevollefte Ernst in jeglicher Angelegenheit: Uns ist aus den Tausenden von Kabinetsschreiben eines halben Menschens alters kaum ein oder der andere humoristische oder wißige Zug aufgestoßen; immer nur das gleich scharfe und gleich wohlwollende, wir möchten sagen Salomonische Eingehen in die heilige Sache, wie sie dem ersten Diener des Stats" - dem Vater des Vas terlandes dem großen und erhabenen Könige dem wahrhaft

[ocr errors]

1) 5. Theil. 2. Bd. S. 108 ff; S. 172 ff; auch S. 18. 19. 127. 238. 2) Unser Kabinetsordreskopialbuch, aus dem Nachlasse eines Geheimen Kabinetsrathes, umfasst die Jahre 1746 bis 1752 und enthält nur die Etpedizionen Eines dieser Beamten, durchschnittlich, den Sonntag mitge rechnet, auf jeden Tag zehn '). Da dieselben lauter Personalien betreffen; so vermuthen wir, daß der Konzipient der zweite Kabinetsrath gewesen, dessen Wirkungskreis hinter dem seines ersten Kollegen weit zurückstand.

3) Haec nomina magnus et bonus separari non possunt. Seneca.

1) Diese Durchschnittsannahme ist sehr mäßig; denn unser Codex enthält . B. 1746 vom 1. bis 31. Okt. 596, vom 1. bis 30. Nov. 517, vom 1. bis 31. Des. 520, d. h. von einem einzigen Vierteljahre 1633 Kabinetsordres.

« ZurückWeiter »