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liche Haus, und Alle, die demselben anverwandt und zugethan find“ 1).

Bei Kaiser Karls 7. Tode wurde den 2. Febr. 1745 die kirche liche Fürbitte für den Kaiser in den deutschen Staten des Königs abgestellt, da wo dieselbe, wenigstens` an einigen Orfen, von alten Zeiten her, selbst nach der Reformazion, welche die Fürbitte für den Pabst aufgehoben, und auch nach dem westphålischen Frieden noch üblich geblieben war. In andern Reichslanden ist diese Fürs bitte für den Kaiser bis auf die neuesten Zeiten beibehalten wor den: in den dånischen z. B. bis zur Auflösung des heiligen römis schen Reichs deutscher Nazion.

Haben wir in diesem Abschnitte den König als Freund, als Verwandten, in seiner Muße als Künstler und als Gelehrten, und dann wieder als Landespfleger zu schildern versucht; so wird der Entwurf noch eine Zugabe ansprechen, nämlich, des Königs Lebens und Tagesordnung, welche, frühzeitig festgestellt, mit unwesentlichen Abänderungen bis an fein Ende dieselbe geblieben ist. Auf eine seltene Art mit der Zeit geizend, wusste er dieselbe durch weise Eintheilung erst recht zu nußen. „Du hast Recht, schreibt er 1742 an Jordan, wenn du glaubst, daß ich viel arbeite; ich thue es, um zu leben; denn nichts hat mehr Ähnlichkeit mit dem Tode, als der Mügiggang." ,, Qu'importe de vivre, si on ne fait que végéter! qu'importe de voir, si on ne fait que d'entasser des évènemens dans la mémoire, qu'importe en un mot l'experience si elle n'est dirigée par la reflexion!" so fångt Friedrich feine Réflexions sur les changemens à faire dans la façon de faire la guerre von 1758 an; und in der Epître à Hermothime sagt er: „Le premier des plaisirs est celui de s'in

struire."

دو

In dem Kalender, der auf Friedrichs Schreibtische / lag, waren alle feststehende Geschäfte aufgezeichnet, welche in den neuen Kar lender wieder eingetragen wurden; veränderte sich etwas, oder musste Neues hinzugefügt werden, so kám auch das in den Kalens der, damit ja nichts unbeachtet bliebe in dem großen Berufe der königlichen Thätigkeit. Friedrich, der sich immer als den ersten

1) Mylius N. C. C. M. Bd. 4. S. 6227.

Diener des States, also mit großen Arbeiten und Sorgen übers håuft ansahe, sagt in dem herrlichen Versuche über die Regirungss formen und über die Pflichten der Fürsten: Die Völker find nicht um der Regenten, sondern diese um jener willen vorhanden. Um ihre hohen Pflichten zu erfüllen, müssen die Regenten unablåsfig thatig sein, und beständige Aufmerksamkeit anwenden, welcher nichts entgehen darf, was auf das Wohl der Unterthanen nåheren oder entfernteren Einfluss haben kann.",,Denken Sie nicht, sagt der König dem jungen Herzog von Württemberg, das Land Württems berg sei für Sie geschaffen; sondern glauben Sie, daß die Vorses hung Sie hat geboren werden lassen, um das Volk darin glücklich zu machen. Ziehen Sie immer den Wohlstand desselben Ihren Vergnügungen vor. Wenn sie schon in Ihrem zarten Alter Ihre Wünsche dem Wohle Ihrer Unterthanen aufzuopfern wissen; so werden Sie nicht nur das Vergnügen Ihres Landes, sondern auch die Bewunderung der Welt sein." — An Voltaire schreibt Fries drich den 26, Sept. 1770: „Dafür, daß Sie Antheil an dem Kinde nehmen, das uns geboren worden ist (Friedrich Wilhelm der 3.), danke ich Ihnen; ich wünsche, es möge die Eigenschaften haben, die es haben soll, und, statt eine Geißel der Menschheit zu sein, ihr Wohlthäter werden." — So grade auch lautet die Vors rede zum Antimachiavell, welche ganze Schrift recht eigentlich die wahre Bestimmung und die Pflichten des Regenten zum Ziele hat.

Nach allen diesen herrlichen Außerungen nun lebt der König raftlos thåtig; jeder Augenblick ist dem Dienste des States, dem Glücke des Volkes geweiht; oder der reinen Freude des Geistes.

Im Sommer stand Friedrich um drei Uhr auf, selten nach Vier; im Winter vielleicht eine Stunde spåter; fünf bis sechs Stunden Schlaf genügten ihm. In seinen alten Tagen sollte der Schlaf fieben Stunden währen; aber es wurden oft acht bis neun: theils weil der König gern schlief, theils weil die Abwartung des Schweißes, der bei ihm eine Wohlthat der Natur war, es nothwendig machte. In den kräftigeren Lebensjahren war das anders. Eine Viertelstunde vor dem Wecken wurde in dem Schlafzimmer, Sommer und Winter, Kaminfeuer gemacht. Der König stand ents weder gleich auf, oder schlief, besonders in dem höheren Alter, noch eine Viertel-, eine halbe- oder auch eine ganze Stunde långer, zog

Strümpfe, Beinkleider (immer von schwarzem Sammet) und Sties feln, die nie ganz neu, auch nie' gewichset waren und oft sehr roth aussahen, auf dem Bette sißend an, das Übrige stehend vor dem Kamine, an welchem auch Bett- und Nachtzeug getrocknet wurden, da er die drei bis vier Quart Wasser, welche er mit Dordognes wein, aus Bergerac en Périgord, vermischt, täglich trank, meist durch den Schweiß wieder ausdünstete.

Täglich Abends 9 Uhr ging ein reitender Feldjåger von Bers lin mit den eingelaufenen Briefschaften nach Potsdam, und wenn der König am andern Morgen nach dem Aufstehen „hier!“ rief; kam der Kammerlakai aus dem Vorzimmer mit den von dem ers ften Kabinetsrathe in versiegeltem Einschlusse eingesandten Briefen. Das waren lauter solche Briefe, die, nach dem Pettschafte oder nach dem Postberichte, von Adligen kamen und welche der König, während ihm der Harzopf gemacht wurde, selbst las, indeff zwei Kabinetsråthe alle übrige Berichte, Vorstellungen und Anzeigen fåmmtlicher Departements, sowie alle Bittschriften der Nichtadligen in Auszüge brachten. War Alles gelesen; so bekamen die Kabinetsråthe auch die Briefe, welche der König vollständig schon ges lesen, soweit er selbst sie nicht beantwortete.

Nun wusch sich der König, sette in spåteren Jahren die Hars tour und den Hut auf, den er, außer bei Tische und wenn er mit Personen von Range sprach, beståndig trug und der, auch wenn er neu war, im Kopfe so weich gerieben sein musste, daß er einem alten glich. Die Hartour wurde, bis zum Lebensende des Königs, von schwarzen Haren gemacht und gepudert, bei Trauerfållen aber ohne Puder getragen, ohne Rücksicht auf die stark in's Auge fals lenden grauen Haupthare. Die Uniform legte der König nicht sogleich an, sondern er blieb in einem Kasaquin von reichem Stoffe, auch von Sammet mit kostbarer Silberstickerei. Diese, gemeis niglich hellblauen Kasaquins waren, wie die gestickten Kaminschirme, Geschenke von des Königs Schwestern und Nichten.

Jezt übergab, in dem vordersten Zimmer, der Adjutant der Leibgarde den Rapport von allen in Potsdam ab- und eingegangenen Fremden; der berliner Rapport traf schon mit den Briefschaften am frühen Morgen ein. Die gesammten Armeeberichte machte der erste Generaladjutant, welcher auch die einzelnen Befehle

darauf, außerdem aber noch anderweitige Aufträge, selbst an den Bauintendanten, an den Stadtdirektor, an einzelne bemerkbarere Fremde, auch an verschiedene einheimische Personen ausrichtete. Um des weitläuftigen Details überhoben zu sein, führte der König nach) dem siebenjährigen Kriege die Armeeinspekteurs ein. Dennoch blieb der Wirkungskreis des Generaladjutanten ein sehr umfassen der. Friedrich wählte dazu immer nur Månner, die sein besonder res volles Vertrauen genossen durch ausgezeichnete Tüchtigkeit wie durch treue Ergebenheit. Der Generaladjutant musste ganz dem Dienste geweihet und sehr Vieles aufzuopfern im Stande sein; seine Stellung war aber auch eine der würdevollesten und, einfluffreichsten im State. In diesem wichtigen Posten eines ersten Generaladjutanten), der immer zugleich Befehlshaber des 1740 errichteten Feldjägerkorps zu Pferde in Köpenick und Hofjågermeister war, haben nach einander gewirkt, von 1740 an: Graf Hacke; seit dem Jul 1742 von Bord; 1750 von Buddenbrock; 1754 von Ingersleben; 1757 von Wobersnow; 1759 von Krusemark; 1768 von Anhalt; 1781 Wilhelm von Giß; 1784 von Hanstein. Da mehrere von diesen Männern des unbedingtesten Vertrauens genoss sen; so musste selbst ihre redlichste Freimüthigkeit und Unparteilich keit oft Anstoß erregen. Winterfeldt, zu welchem Friedrich das innigste Zutrauen hatte, ist, schmerzlich beweint von seinem königli= chen Freunde, aus der Welt geschieden; Heinrich Wilhelm von Anhalt, dessen Einfluss auch sehr groß war, fiel in eine Art von Ungnade; und, was wir oben bei Friedrich Wilhelms Generaladjutanten bemerkt, das findet auch hier Bestätigung: Hass und üble Nachrede waren fast unvermeidlich, wovon namentlich Winterfeldt's Lebensgeschichte auf jedem Blatte zeugt; Herzog Ferdinand von Braunschweig verließ die preußische Armee im Unmuthe über Anhalt's vermeintlich zu große Geltung.

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War nun des Morgens der Generaladjutant abgefertigt; so

1) Berlin. Nachrichten von St. u. G. S. 1740, den 30. Jun: „Die sechs Generaladjutanten, die Oberstenrang erhalten, find: Baron von Hacke, von Stille, von Keyserlingk, von Borcke, von Podewils, Graf Wartensleben. Die mit Majors rang ernannten drei Flügeladjutanten: von Winterfeldt, von Buddenbrock, von Münchow. von Stille wurde zugleich Gouverndr des Prinzen Ferdinand.

ging der König in sein Schreibzimmer, trank einige Gläser Wafe ser, in den leßten Jahren mit destillirtem Fenchelwasser vermischt, nahm den berliner Rapport sammt, den zurückbehaltenen - Briefen vor und trank zwei oder drei Tassen Kaffee, mit oder ohne Milch; den Kaffee liebte er in früheren Jahren sehr stark, späterhin nur schwach, in den letzten zwanzig Jahren mit weißem Senfe. Im höheren Alter aß er auch zu verschiedenen Tageszeiten kleine trockene Tafelchen Chokolate. Sonst trank er Chokolate größtentheils nur zur Brunnenzeit, oder, wenn er bei übler Witterung ausgeritten war; auch bei Gichtbeschwerden, um den Krankheitsstoff, nach den äußern Gliedern zu treiben.

Nach dem Kaffee pflegte der König Übungen zu blasen, die er auswendig wusste; gewöhnlich aber phantasirte er, im Zimmer herumgehend, långer oder kürzer. Einst sagte er zu d'Alembert, als er mit demselben über Musik und auch von den Wirkungen der Seele sprach, daß er während dieses Phantasirens oft allerlei Sachen überlege und nicht daran denke, was er blase; daß ihm während desselben schon die glücklichsten Gedanken, selbst über Ges schäfte eingefallen seien.

Zwischen neun und zehn Uhr las der König die Auszüge des Kabinetsrathes; ließ die Kabinetsråthe einzeln vor sich und ertheilte ihnen die Antworten auf die eingelaufenen Briefschaften, welche sie mit Bleistift wörtlich auf die Eingaben seßten. Da Friedrich aus dem Kabinette 1) allein herrschte; so waren jene Beamte, wie selbst. ständig im höchsten Grade Friedrich auch gewesen, ganz natürlich eben so wichtige Männer in ihrem Bereiche, wie der Generaladjus tant in dem Militärkabinette es war, und darum wollen wir mit wenigen Worten ihr Entstehen nachweisen.

Wie sich die Mark Brandenburg von einem Reichslande allmålig zur vollståndigen Monarchie ausgebildet; so haben sich in gleichem Verhältnisse auch die nächsten Gehülfen des Regenten umgeändert. Friedrich der erste Kurfürst blieb immer noch von den Stånden abhängig, welche, da die Kammergüter nicht mehr

1) Vergl. „Das Kabinet der Könige und Fürsten in Freih. v. Mofer's Politischen Wahrheiten Bd. 1. S. 201 ff.; v. Dohm Denkwürdigkeiten meiner Zeit. 4. Bd. S.92 ff..

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