Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

kamen die ersten Salzburger, einige Tausend, in Berlin an, deren über 20,000 damals das durch die Pest verheerte Lithauen und Preußen wieder anbauten. Auch gegen 2000 protestantische Böhmen ließen sich 1732 in Berlin und in der umliegenden Gegend, namentlich in Ricksdorf nieder. Besondere Erwähnung verdient wohl die allgemeine Glaubensfreiheit bei dem großen Regimente in Potsdam: für die Russen und Raißen '), wurden eigene Geistliche verschrieben; den lutherischen und reformirten Ungarn der Sprache wegen ein eigener Seelsorger gehalten und die 22 Türken, welche der unglückliche Herzog von Kurland dem Könige geschenkt hatte, hielten nach der Kirchenparade ihren Muhamedanischen Got tesdienst.

Haben wir eben nachgewiesen, wie Brandenburg - Preußen durch seine Freifinnigkeit eine wahre Musterkarte aller Religionss bekenner geworden; so dürfte jemand hier die Katholiken vermissen. Aber, auch die waren unter den drei Regirungen vor dem großen Könige so zahlreich angewachsen, daß, wie in Berlin, so in vielen Städten, ansehnliche Gemeinden zusammen traten.

Unser Vaterland nåherte sich also früher als irgend eine andere Gegend der Welt dem glücklichen Zeitalter, wo Wahrheit und Liebe, nicht das Bekenntniss, vorherrschen sollen; darum sprach Friedrich bei seiner Thronbesteigung das schöne Wort aus: „Hier muss Jeder nach seiner Façon felig werden!").

Aber, in Preußen war bis zum Jahre 1740 der Protestantismus durch seine Zahl die bei Weitem vorherrschende Glaubensform; ein Bekenntnifs, welches nicht der Meinung ist, das allein feligmachende zu sein. Das ånderte sich wesentlich zuerst seit der Erwerbung Schlesiens, wodurch Verhältnisse herbeigeführt wurden, welche der Regirung Anfangs nicht wenig Mühe machten, des Kdnigs ruhigen Gang indess nie störten, der, wie man auch nahe und fern ihn des Unglaubens zieh ), von sich sagen konnte *):

1) Griechisch-katholische in Ungarn.

2) S. oben S. 138.

3) Ift Friedrich der 2., König v. Pr. irreligios gewefen. Eine geschichtliche Abhandlung von J. D. E. Preuß. 2. Aufl. Berlin 1832. 58 S. 8.

4) In der Epistel an Fink.

99

Sectateur de Geneve ou Sectateur de Rome,

Soyez bon Citoyen, et mon coeur vous chérit."

Als die Preußen zuerst den schlesischen Boden betraten, da erklärte der König: „daß unter seinem Szepter alle noch so vers schiedene Religionsbekenner ruhig leben und lernen möchten, vers tråglich zu sein.“ Ein trostreiches Königswort: aber schwer les bendig zu machen in einer Proving, wie Schlesien damals war, wo die Jesuiten, ihrer alten Lehre gemäß, die Wohlfahrt der Regirung auf die Ausrottung der Keßer baueten und dadurch Verfol gungssucht und bitteren Haff ewig rege erhielten. Die Liebe, mit welcher die schlesischen Katholiken und Evangelischen jetzt einander begegnen und andern Gegenden zum Vorbilde dienen, ist eine Frucht aus Friedrichs Saten, die aber erst nach seinem Tode zur Reife gedieh; denn, so lange er lebte, hatte er mit der Unduldsamkeit, der Verfolgungssucht und Proselytenmacherei zu kämpfen. Vierzig Jahre lang dieselbe Widerspenstigkeit und religiose Beschränktheit, sodaß es schien, als habe der weise Monarch in so langer Zeit durch Lehre und Beispiel wenig gefruchtet. Schon 1742 den 8. März war eine Verordnung an das bischöfliche Vikariatamt in Breslau nöthig, worin es heißt: „Es ist nicht abzusehen, wie denen Evangelischen, da die Coemeteria loca publica et universitatis find, die Beerdigung ihrer Verstorbenen auf den katholischen Kirchhofen verweigert werden will. So befehlen wir hiermit allergnädigst, daß künftighin die katholischen Parochi, wessen ihr sie schleunigst zu bedeuten haben werdet, denen Evangelischen ihre Leichen auf die katholischen Kirchhöfe begraben zu lassen, keinesweges verweigern, vielweniger die evangelischen Geistlichen an Begleitung derer Leichen, ingleichen an Absingung evangelischer Lieder auf den Kirchhöfen hindern, oder das Geläute bei denen Begräbnissen vers fagen, oder sonst die Verrichtung derer Actuum ministerialium difficultiren, sondern schlechterdings gegen die Erlegung der ausgeseßten Taxa stolac concediren sollen"'). Derselbe Befehl

[ocr errors]

-

musste schon den 20. Sept. desselben Jahres wiederholt werden '); noch 1782 den 26. August muss ein Kabinetsschreiben an

und

[ocr errors]

1) Kornsche Edikten. Bd. 1. S. 43.

2) a. a. D. S. 191.

[ocr errors]

3

den Weihbischof von Breslau allen Stiftern und Klöstern androhen: ,,daß wenn sie sich der Untreue gegen den König und des Ungehorsams gegen seine Allerhöchsten Behörden schuldig machen würden, er ein solches Stift oder Kloster, in welchem sich ungetreue Geistliche oder Mönche befånden, unverzüglich aufheben würde ').

[ocr errors]

Wenn man sich erinnert, daß die evangelische Kirche in Schle sien bis 1740 nur eine geduldete Partei gewesen, außer in dem freistädtischen Breslau; so wird man leicht erachten, wie die herrs schende Kirche dem neuen Oberherrn nicht nur sehr zuwider gewe sen sein mag, sondern, wie sie auch ihre alten ungerechten Vorrechte zu behaupten sich bemühet. Friedrich, der Philosoph auf dem Throne, bemühete sich sorgsam um die Liebe seiner neuen Uns terthanen aller, auch die Katholiken sollten ihm anhangen; aber, wollten fie frei das Ihrige genießen; so durften doch auch die Evangelischen begehren, von der bloßen Gnadensache der Duldung bis zu dem Rechte der Freiheit erhoben zu werden. Darum hieß es im 6. Artikel des Berliner Friedens (wiederholt im 14. Artikel des Hubertsburger Friedens): Die katholische Religion wollen S. K. M. in Preußen in Schlesien in statu quo, auch alle und jede Einwohner solchen Landes bei dem ruhigen Besitz des Ihrigen und bei dem völligen Genuss ihrer wohlerworbenen Freiheiten und Privilegien ungekränkt lassen, gestalt Sie solches bei Einrückung Jhrer Armee in Schlesien bereits declarirt 2), jedoch mit gänzlis chem Vorbehalt der den dahiesigen Protestanten zu erstattenden Ges wissensfreiheit und der dem Souverain des Landes zustehenden Ger rechtsame." Sollte man glauben, daß diese ganz unverfängliche Bestimmung doch noch Unbilligkeiten verbürgte? Erst 1758 den 11. Januar werden die Evangelischen von Erlegung der Taxa Stolae an die katholische Geistlichkeit dispensiret und die katholischen Pfarrer und Schulmeister auf den evangelischen Dörfern

[ocr errors]

1) Erinnerungen an Friedrich den Zweiten. S. 40. Auch den 12. Mai 1764 musste der Weihbischof Generalvikar v. Strachwih eine Admonizion an die gesammte Geißtlichkeit wegen Beobachtung der unverbrüchlichsten Treue gegen Sr. Maj.“ bekannt machen. Kornsche EdiEtens. Bd. 8. S. 115.

2) Nämlich in dem, oben schon genannten Patent d. d. Berlin, den 1. Dezember 1740, S. Kornsche Ediktens. Bd. 1. S. 1.

gånzlich abgeschafft" '). Nach den Verordnungen vom 8. Mårz und 28. Dez. 1758 sollen diejenigen Abgaben an Zehenden, Gars ben, Broden und dergleichen, so die evangelischen Eingepfarrten denen katholischen Pfarrern zeithero entrichten müssen, gånzlich cessiren und wegfallen 2). Dabei beruhigte sich aber die katholische Geistlichkeit nicht, wie aus einer mit einem Kabinetsbefehle an den schlesischen Minister vom 29. Dez. 1763 begleiteten Resoluzion für das breslauer Domkapitel erhellet, worin es heißt: „Es sei uns recht, kirchliche Gebüren von den Evangelischen zu fordern; es sei für diese eine harte Bedrückung, die katholischen Kirchen im Baustande zu erhalten; es sei bekannt, wie frech und untreu gegen den König sich die mehresten von den katholischen Pfarrern vormals und im legtern Kriege betragen und vom Gehorsame gegen ihn losgesagt und die Gemeinden aufgeheßt hätten, welches pflichtwidrige Benehmen die hårteste Ahndung verdient håtte" 3). Die evangelischen Bethäuser in Schlesien sollten, nach der Verordnung vom 25. August 1764*) künftig evangelische Kirchen genannt werden. Ihre Zahl stieg während Friedrichs Regirung von 325 bis auf 460 (1827 kamen in Schlesien 713 evang. Kirchen auf fünfmal so viele katholische), nachdem schon die altraustädter 'Konvenzion zwischen Karl dem 12. und Joseph I. vom 22. August 1707 und der breslauer Erekuzionsrezeff von 1709 den Protestanten in Schlesien 118 Kirchen zurückgegeben, ihnen auch die Erlaubniss ertheilt, unter dem Namen von Gnadenkirchen, sechs neue zu bauen, wofür fie dem Kaiser (ihrem Landesvater) 487,000 Gulden theils darleihen, theils schenken mussten ").

1) Kornsche Ediktens. 6. Bd. S. 701. 2) a. a. D. S. 707 und 737.

3) Erinnerungen an Friedrich den 2., in Beziehung auf die gegenseitigen Verhältnisse der evang. und kath. Kirche in Schlesien. Breslau 1827. S. 36. (Diese kleine Schrift weißt, ohne den Gegenstand zu erschöpfen, einige 70 Verordnungen des Königs in Bezug auf das schlesische Kirchenwesen nach.)

4) Mylius C. C. Bd. 3. S. 463. Das darüber sprechende Zirkular in der Kornschen Ediktens. Bd. 8. S. 181 ist vom 19. Jun 1764.

5) Büschings Erdbeschreibung. 4. Aufl. 4. Theil. S. 718; Landeshut allein

[ocr errors]

An der Spiße der schlesischen. katholischen Kirche stand 1740 der Kardinal Graf von Sinzendorf, Fürstbischof von Breslau. Er befand sich eben auf seinem Schlosse Ottmachau, wo der Graf Schwerin ihm, nach der Einnahme der Stadt im Januar 1741 eine Ehrenwache gab; aber er wurde dem Könige eines Briefs wechsels mit dem österreichischen Kommandanten von Neiße vers. dächtig gemacht und den 13. April unter militärischer Begleitung von 50 Mann nach seinem Bischofssite in Breslau geführt, wo er, mit aller Achtung übrigens, von einem Offizier bewacht wurde '); den 18. bereits volle Freiheit erhielt, beim Könige speiste und Tas ges darauf nach Wien abging, wo er, so lange der Krieg wåhrte, verweilte 2). Marie Theresie gab dafür den bei Molwiß in östers reichische Gefangenschaft gerathenen Maupertuis ) los. Als Schles siens Schicksal entschieden war, kehrte Sinzendorf zu seiner Heerde zurück, genoss alle Rechte seines Amtes und wurde von Friedrich, der ihn als Fürsten, als Weltmann und als Kanzelredner ehrte, und ihm den schwarzen Adlerorden verlieh, zum Generalvikar. und obersten geistlichen Richter für alle Römisch-katholische in den preußischen Staten ernannt, daß sie an ihn in kirchlichen Angeles genheiten und Rechtssachen sich wenden sollten, ohne weiter in irgend einem Falle Entscheidungen oder Verwilligungen vom römis schen Stuhle holen zu dürfen, womit denn auch das Verhältniss,. in welchem der Bischof von Breslau bisher mit seinem Metropolis tan in Prag gestanden, von selbst aufhörte, und den vielen Verbins dungen mit Rom und den låstigen Abgaben dahin vorgebeugt wurde. Der Pabst stråubte sich wohl gegen diese weise Einrichtung; aber, um größerem Übel zu begegnen, so genehmigte er Sin- ́ zendorf als Generalvikar im Preußischen „,proprio motu et ex plena scientia, Sancti Petri et sua auctoritate." Das påbstliche

bezalte 1709 die Erlaubnis einer evangel. Kirche und Schule mit 50,000 Fl. S. Perschke Gesch. von Landeshut. Landeshut 1829. S. 11. 1) Des Königs Kundmachung über Sinzendorfs Verhaftung findet man in Moser's Europ. Völkerrecht. Theil 9. Bd. 1. S. 215.

2) S. (Haude) Berlinische Nachrichten v. St. u. G. Sachen. 1741, den 25. April, Nr. 49.

3) Friedrich an Jordan, März 1741.

« ZurückWeiter »