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rauben zu wollen, zu stark sei, als daß darauf eine à proportion des Verbrechens zu gelinde Strafe von zwei Jahr Festung erkannt werden müsse, sich auch außerdem zeiget, daß es obgenannten Des linquenten, am Willen nicht gefehlet, den attentirten Raub zu vollbringen, daferne er nicht durch ohngefährliche Zufälle daran gehindert worden; so ist Mein Wille, daß die Strafe des mehrermeldeten Freudenreich auf zehnjährige Festungsarbeit gesetzet werde, und Ihr also die Expeditiones deshalb so einrichten lassen sollet.

Bey dieser Gelegenheit kann Jch Euch nicht verhalten, wie Ich ben verschiedenen Vorfållen angemerket habe, daß Ihr von Meiner eigentlichen Intention, wie es mit Bestrafung begangener Diebstahle, Raubes und dergleichen gehalten werden soll, noch keine vollkommene Idee habet: Dahero Ich Euch dann zu Eurer künftigen Direction dieses bekannt machen will, daß nehmlich bei Diebs stählen, welche aus Unbesonnenheit, Armuth und dergleichen Ums stånden mehr, begangen worden, in den Sentenzien nicht nach der größesten Rigueur der sonst vorhin darauf geseßten Strafe verfahren, mithin nicht die Todesstrafe oder eine sehr harte und lange Festungsarbeit erkannt werden soll, wann zumalen der Dieb das durch noch corrigiret werden kann, und bey seinem begangenen Diebstahl keinen Mord begangen, oder gar sehr große Gewalt ge= braucht hat. In Fällen aber, da cin Dieb einen Mord begangen, oder aber bei Straßenräubereien oder auch bei gewaltthätigem Eins brechen und darauf geschehenen Binden derer Leute, und wenn diese zugleich sehr übel tractiret worden, imgleichen wenn ganze DiebesComplotts fich finden, sodann muss mit gehöriger Rigueur und Schärfe wider dergleichen Verbrecher verfahren und ihnen, befundenen Umständen nach, die Todesstrafe, oder aber doch die Strafe der Festungsarbeit auf Zeitlebens, oder wenigstens auf eine vieljäh rige Zeit, zuerkannt werden; weil das Publicum seine gehörige Sie cherheit haben muss, von dergleichen Verbrechern aber nicht leicht zu hoffen, daß solche sollten corrigiret werden können. Ihr habt Euch also hiernach zu achten, und bei vorkommenden Fållen auf ermeldete Art zu verfahren“ '); den 17. Oktober 1753: Mein lieber Geheimer Etatsminister von Bismark! Ihr habt Mir zwar

1) (Hymmen's) Beiträge. 4. Samml. S. 172.

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unter Eurer Contrasignatur die hierbei zurückkommenden Expedi tiones zur Bestrafung ́eines, wegen Wilddiebereien durch ein Urtheil des Criminalsenates zur sechsjährigen Festungsarbeit condemnirten Menschen, Namens Joh. Friedr. Brauns zu Meiner Unters schrift eingesandt: Dieweilen ich aber keine Proporzion zwischen einem Verbrechen von Wilddieberei finde, und zwar um so weniger, als ich zeither angemerket habe, daß wenn sonsten in Pflichten stehende Kassenbediente wegen verübten Betrugs und Angreifung derer ihnen anvertrauten Kassengelder zur Inquisizion gebracht und wider sie erkannt werden müssen, man selbigen nicht mehr, als eine einjährige Strafe zum Festungsarrest zuerkannt hat, welches pflichtlose Betragen dennoch mit einer Wilddieberei, und die deshalb ́erkannten Strafen gar in keiner Proporzion stehen; so ist Mein Wille, daß ihr die Sache qu. in nåhere Erwägung nehmen, und anders weitig darüber dergestalt erkennen lassen sollet, daß unter den Verbrechen und deren Bestrafung eine rechte und billige Proporzion gehalten werden müsse und leichte Verbrechen nicht so hart; hergegen große nicht so gelinde bestraft werden.“

So hoch stand die juristische Sonne in Preußen am Himmel im Jahre 1753').

Ist es uns gelungen, dem menschenfreundlichen Leser ein herzs erhebendes Bild von Friedrichs wahrhaft landesväterlicher Gesetzverbesserung zu geben; so mag schließlich noch ein Bericht des Großkanzlers vom 6. August 1748 die damalige juristische Schulbildung anschaulich machen.,, Ew. Majeståt können nicht glaus ben, schreibt der ehrwürdige Justizchef, wie schwer es hålt, dergleichen Präsidenten zu finden, wie Ew. K. Maj. jego verlangen. Die

1) In den Äußerlichkeiten blieb manches Veraltete bestehen, z. B. nach dem Reskript vom 30. März 1751 an das Kammergericht sollen die Advokaten gemäß den Verordnungen von 1713, 1722, 1728, und 1730 nicht ohne schwarze Kleidung und Mantel vor Gericht erscheinen. Mylius N. C. C. M. Bd. 1. p. 63; auch wurde das sogenannte Halsgericht noch an vielen Orten gehegt, wovon man Beispiele in (Hymmen's) Beiträgen 6. Samml. S. 130 vom 6. Mai 1746 aus Stargard und in Hihig's Zeitschrift für die Kriminalrechtspflege 38. Heft S. 438 vom 15. August 1786 aus Berlin findet. Friedr. d. Gr. I.

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vom Adel haben sich seit 30 Jahren nicht mehr auf Studia gelegt, sondern sich dem Kriegesdienste gewidmet; die Bürgerlichen haben sich durch die Rekrutenkasse in die Chargen eingekauft, und sich folglich nicht mehr auf solide Wissenschaften gelegt. Ich habe bis diese Stunde keinen von Adel an des von Voß Stelle ausfinden können, und dahero an die Stånde schreiben müssen, mir jemand vorzuschlagen. Und dies ist die wahre Ursache, warum ich Ew. K. M. den von Görne und den von Reuß habe, vorschlagen müssen; es sind ehrliche und incorruptible Leute, die auch einige Wissenschaften in den Rechten haben, ob sie schon die übrigen Requisita eines vollständigen Pråsidenten nicht besißen“ 1).

Die hier erwähnte Rekrutenkasse entstand so, daß der große Kurfürst den 1. Januar 1686,,Von allen weltlichen Bedienungen die Hälfte des Gehaltes vom ersten Jahre zur Unterstützung der afrikanischen Handelsgesellschaft in die sogenannte Marinekasse 2) zu zahlen befahl. Als Friedrich Wilhelm der 1. keine Seemacht weiter halten, sein Landheer aber verstärken und verschönern wollte; so schuf er die Marinekasse, den 9. Dez. 1721, in eine Rekruten, Fasse3) für das potsdamer Grenadierregiment um und machte

1) Project des Cod. Frid. Marchici. Berlin 1748. Fol. p. 20. 1. Theil. 7. Tit. Vom Amte derer Referendarien und Auscultatoren. §. 1. „Wir haben nöthig gefunden, wegen der jcho geringen Zahl der Räthe bei einem jeden (der drei) Senate zwcy Referendarios, halb adlichen, halb bürgerlichen Standes zu schen. §. 6. Außer diesen Referendariis haben Wir auch nöthig gefunden, bey einem jeden Senat zwey Auscultatores, halb adlichen, halb bürgerlichen Standes zu bestellen." Vergl. damit Die Preuß. Justizbehörden und deren Personale im Jahre 1832. Berlin 1832. Unter Friedrichs Regirung sind auch Personen von der römisch-katholischen Kirche nicht von Hofbedienungen, wohl aber in der Kurmark von Stellen in den K. Kollegien ausgeschlossen gewesen. Nikolai Beschreibung von Berlin und Potsdam. 2. Bd. 3. Aufl. Berlin 1786. S. 602. Laut Kabinetsordre von 1819 können auch Katholiken beim Auditoriat angestellt werden; 1825 ist der erste katholische Assessor beim Kammergerichte angestellt worden; 1832 im Jun der erste katholische Geh. Justizrath und vortragende Rath im Justizministerium.

2) Mylius C. C. Theil 4. Abth. 5. Kap. 2. Nr. 1.

3) Mylius C. C. M. Theil 4. Abth. 5. Kap. 2. Nr. 27.

den Minister von Marschall zum Direktor derselben. Bei diesem nun musste sich jeder melden, der um ein erledigtes Amt oder um eine geschäftsfreie Pfründe, um einen Titel oder um eine Standeserhöhung ansuchte, und die Summe angeben, welche zu erlegen er Willens sei.. Der Minister berichtete darauf an den König, wels cher, ganz nach Belieben, mit dem Anerbieten entweder zufrieden war, oder, was am öftersten geschah, das Gebot erhdhete, ja verdoppelte. Es wurde zwar bei wirklichen Zivilåmtern von dem Meistbietenden auch eine Prüfung gefordert; allein die hatte wenig zu bedeuten. Darum hob Friedrich die Rekrutenkasse in dieser Einrichtung ganz auf1) und errichtete dafür eine ganz neue Kasse, in welche zwar auch mehrere Arten von bürgerlichen Beamten, z. B. die von der Post, von den Akzise- und Zollkassen, von den Magiftråten c. für die neue Bedienung besondere Rekognizionsgelder oder Chargengebühren zu entrichten hatten, von welchen aber alle diejenigen Beamten, welche zu ihren Berufe eine wesentliche Vorbereitung nöthig haben, durchaus frei waren, so daß die nunmehrige Chargenkasse mit der Marines und mit der Rekrutenkasse das Gehässige nicht gemein hatte.

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Den 18. Mai 1748 wurde ein, Kurmärkisches Pupils lenkollegium" 2) errichtet; das Jahr darauf, zur Besor gung sämmtlicher Kirchen-, Pfarr- und Schulsachen, das „Evan. gelisch- lutherische Kirchendirektorium und Oberkonsistorium," welches den 4. Oktober 1750 seine Instrukzion) bekam. 15. Jul 1750 erschten ein,,Renovirtes Militår - Konsistorial - Reglement und Kirchenordnung des Feldministerii"). Das Ober konsistorium, welches, mit Ausnahme von Schlesien und Geldern, alle Provinzialkonsistorien unter sich fasste, schuf eine weit nachhdrucksvollere Einheit der Geschäfte, als jene vereinzelt haben konnten. Schlesien hatte drei, mit den Oberamtsregirungen verbundene Oberkonsistorien; die Geldernschen Kirchensachen besorgte das in Mörs 1767 errichtete Landesadministrazionskollegium.

1) Kabinetsordre vom 21. Jun 1740 bei Mylius C. C. M. Cont. 1. p. 351. 2) Mylius C. C. M. Cont. 4. p. 55.

3) Mylius C. C. Cont. IV. Nr. 106. p. 291.

4) a. a. D. S. 237.

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Hier lässt sich am schicklichsten noch Einiges beibringen, was die Glaubenssachen des Landes angeht: ein neues Feld der Ehre für die preußischen Fürsten aus dem Hause Hohenzollern. Denn von je an haben alle in der Heimath bedrängte Religionsbekenner bei uns einen ruhigen Hafen gefunden. Der große Kurfürst eröff net auch hier den Reigen. Er gab der Sozinianern oder Unitariern, die sich 1658 nach dem fürchterlichen Edikte des Wars schauer Reichstages aus Polen geflüchtet hatten, sichere Wohnpläge; 1671 nahm er die, 1572 aus der Mark verjagten Juden wieder auf; seiner Einladung vom 29. Oktober 1685 folgten 18,000 Hugonotten. Als 1688 französische Grausamkeit Manheim in der Pfalz und die Umgegend durch die Flammen verwüstet hatte, da lud Friedrich der 3. die unglücklichen Einwohner nach Magdeburg ein, welches noch halb wüste lag. Es kamen gleich 1689 an 200 Familien auf einmal und dann immer mehr, sodaß 1697 schon über 2000 Seelen in Magdeburg eingewandert waren, welche viele Betriebsamkeit: Tabacks, Bau und Spinnerei, Ölmülen und Andes res der Art, mitbrachten. Auch Wallonen kamen aus der Pfalz, wohin sie einst vor Alba's Grausamkeiten aus den Niederlanden sich geflüchtet. Von den Piemontesischen Waldensern, welche ihre Landesherrn, die Herzoge von Savoyen so grausam verfolgten, zo gen (im J. 1688) 840 in Stendal, Burg und Spandau ein; die meisten von ihnen kehrten das Jahr darauf mit Unterflüßung des Kurfürsten in die Heimath zurück, welche die näher gebliebenen Glaubensbrüder unter dem heldenmüthigen Prediger Henry Arnaud mit staunenswerther Kriegeskunst sich wieder erobert. Nur. 26 Waldenser blieben im Brandenburgischen zurück, darunter die v. Fouqué und v. Bonin. - 1691 kamen 27 reformirte Familien, aus St. Gallen vor dem Verfolgungsgeiste des Abtes flüchtig, nach Neustadt Eberswalde, wo noch jetzt die Schweizerstraße ihr Ans denken erhält. — 1693 wurden mehrere hundert Schweizerfamilien im Ruppinschen und im Jerichowschen Kreise angesetzt. - Auch französische Protestanten aus dem Fürstenthume Orange fanden um die Zeit Aufnahme. Und, da mit dem abgelaufenen 17. Jahr hunderte nicht auch der unchristliche Glaubenshaff erstorben war; so fand Friedrich Wilhelm der 1. gleiche Gelegenheit, sein Land mit betriebsamen Einwanderern zu bevölkern. Den 20. April 1732

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