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seinem Großkanzler als Richtsteig für das wichtige Unternehmen selbst vorschrieb, sind unter dem Titel,, Wahrhafter Plan betresfend die Reforme der Justiz, welchen S. K. Maj. von Preußen Selbst, und durch Dero eigenen Lumières formiret haben, wor nach alle Prozesse in S. K. M. Provinzen tractiret, und in dreien Instanzen in einem Jahre geendiget werden," in Druckerschienen 1).

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Der patriotische Großkanzler ging den 4. September 17472) mit jugendlicher Begeisterung an seine wichtige Aufgabe, nahm sich den Revisionsrath von Jariges, von der französischen Kolonie, welche ihre alte besondere Rechtsverfassung ganz beibehielt, zu Hülfe; in Einem Jahre waren, vielleicht nicht ganz ohne Hårte, die untauglichen Sachwalter und Richter entfernt und die neue Prozessordnung,,Projekt des Codicis Fridericiani Marchici, oder eine, nach Sr. K. M. in Preußen selbst vorgeschriebenen Plane entworfene Cammergerichtsordnung, nach welcher alle Prozesse in einem Jahre durch drei Instanzen zu Ende gebracht werden sollen und müssen. Nebst dem Projekt einer Sportul-Ordnung und eines Pupillen Collegii," konnte den 3. April 1748 bekannt gemacht werden 3), nachdem (wie der König sagt 1)) die Landstånde dieselbe genehmigt hatten. Der Prozessordnung sollte auch ein allgemeis nes deutsches bestimmtes Landrecht für die sämmtlichen preußischen Staten folgen, und es erschien schon 1749 Cocceji's' Entwurf des neuen preußischen Gesetzbuches unter dem Titel,,Pro

1) Halle 1749, 32 S. 4.

2) S. das Urkundenbuch die beiden Kabinetsordres vom 26. August 1747. 3) Berlin 1748, 328 S. Fol. 1749 neue verb. Aufl. In dem CircularReskript wegen des Projekts des Cod. Frid., vom 4. April 1748, (Mylius Corp. C. Cont. IV. p. 39) steht, der König habe den Plan durch den Großkanzler nach der Landesverfassung einrichten lassen: „Jedoch Unsern getreuen Stånden und sämmtlichen Collegiis unbenommen, binnen Jahresfrist ihre Monita und Notata darüber einzubringen, ge= falt bis dahin diese neue Einrichtung nur als ein Project zu halten."-Ausführlicher Anhang zum Codice Fridericiano, der Tribunalsordnung und dem Projekt eines Pupillencollegii. Ber= lin, 1769. Fol. 310 S.

4) Oeuvres posthumes. T. 3. p. 15.

jekt des Corporis juris Fridericiani, d. i. Sr. K. M. in Preußen in der Vernunft und den Landesverfassungen gegründetes Landrecht, worin das römische Recht in eine natürliche Ordnung und richtiges System gebracht, die Generalprinzipien, welche în-der Vernunft gegründet sind, bei einem jeden Object festgeseßt und die nöthigen Conclusiones etc. etc. etc."). Allein, dieses Werk war in teis ner Art genügend und darum wurde es auch nur in einigen Provinzen bei einzelnen Materien als Gesetz eingeführt. War nun zwar darin der König getäuscht; so gab er doch seine weisen Ents würfe für die Rechtspflege nicht auf, erneuerte sie bei jeder Geles genheit und fand, noch spåt am Abend seines Lebens, Anlass zu einer zweiten durchgreifenden Gefeßreform.

Um den Gang der Rechtshåndel zu beschleunigen, wurde den 28. Dez. 1749 der, wahrscheinlich vom großen Kurfürsten eingeseßte Geheime Justizrath), vor welchen namentlich die Entscheis dung der zwischen dem Landesherrn und den Stånden obwaltenden Streitigkeiten gehörte, aufgehoben. Die demselben zuständig gewesenen Sachen gelangten nun in der ersten und zweiten Justang an das Kammergericht, im Revisorium aber vor das Tribunal 3).

Der König war mit seinem glücklich durchgeführten Werke der Prozessordnung so zufrieden*), daß er es durch eine Denkmünze

1) Halle in Fol. Der 1. Theil enthält das Personenrecht; der 2. Theil, das Sachenrecht, erschien 1751.

2) Kurze Geschichte des geh. Justizr. in (Hymmew's) Beiträgen. 3. Samml. S. 150 ff.

3) Mylius C. C. Cont. IV. G. 202; Cosmar's und Klaproth's Statsrath S. 234.

4) Cocceji's Reform betraf allein die Ziviljustiz; denn für das peinliche Recht behielt die Criminalordnung vom 8. Jul 1717 1), eine Nachahmung von Carls V. peinl. Halsgerichtsordnung; in Schlesien aber die Josephinische Peinl. Halsgerichtsordnung vom 16. Jul 1707, und in Fällen, wo sie nicht entscheidet, die Carolina und das gemeine Kaiserliche Recht Giltigkeit. Aber auch hier trat mit der Verordnung vom 3. Jun 1740 und durch den ganzen Geist von Friedrichs Regirung, menschenfreundliche Milde an die Stelle der alten Grausam= keit 2). Als einzelne Thatsache bemerken wir nur noch, daß die To1) Berlin, bei Nicolai 1717. 88 S. in Sol.

2) Auf den Grund der vielen menschenfreundlichen Verordnungen erschien erst

verherrlichte, auf deren einer Seite man sein Bildniss mit der Überschrift: „Fridericus Borussorum rex,“ auf der andern die Gerech tigkeit siehet, eine sehr ungleiche Wagschale in der Hand haltend, welche der König mit dem Szepter niederdrückt, um dieselbe, folgs lich das Recht, ins Gleichgewicht zu bringen, mit der Überschrift: Emendato Jure;" unten stehet 1748'). Dem Großkanzler sandte der König diese Denkmünze, in Golde, mit einem sehr gnå. digen Handschreiben 2), verlieh ihm die Wussekenschen Güter, im: Kreise Fürstenthum Camin, erfreuete, als derselbe 1755 gestorben. war), seine Witwe durch ein ungemein gnådiges Trostschreiben, und ließ eilf Jahre nach seinem Tode sein Bruftbild aus Marmor, vom Hofbildhauer Adam, in dem jeßigen Kammergerichtsgebäude. aufstellen, mit der Aufschrift: Vindex legum et justitiae.

Viele deutsche Stände, Marie Theresie, Holland, Frankreich, Engs land, Spanien, Sizilien, die Schweiz ahmten diese hochsinnige Rechtsverbesserung nach. Alle Welt staunte fie an *), besonders um des. hehren Geistes willen, der so Treffliches angeregt, und welchen hier nåher zu bezeichnen, wir folgende Stellen aus dem Codex Fridericianus wörtlich mittheilen: Theil 1. Titel 1. §. 14. Vorgedach

desstrafe auf Gotteslåsterung (3. Mose 24, 16; Justinians Novella 77; Corp. Const. Contin. art. 106) seit 1740 in den preuß. Lan= den nicht mehr ausgesprochen worden. S. Klein's Peinliches Recht §. 488. Anm.; (v. Arnim) Von Verbrechen und Strafen. Bd. 1. 1) Hist. de l'Ac. R. des Sc. et belles Lettres. 1749. p. 4.

2) S. Spies Münzbeluftigungen. Theil 1. S. 8.

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3) Den 29. Okt. 1755 wurde der Hof- und Kammergerichtspräs. v. Jariges zum Großkanzler ernannt; nach ihm v. Fürst, den 14. Nov. 1770; v. Carmer, den 11. Dej. 1779; v. Goldbed, den 7. Januar 1795; v. Beyme, den 25. Nov. 1808.

4) Lettre de Mr. le Baron de Spoon à S. E. Monsgr. d'Aguesseau Chancellier de France, sur la Reforme de Justice dans les états de Sa Majesté le Roi de Prusse. s. 1. 1758. 8 Seiten in 4. Den Codex Fridericianus hat de Campagne 1751 u. d. L.,, Codé Fréderic" ins Franz. überseßt.

1805 den 11. Dez. die, noch 1832 unverändert zum 7. Male wieder abges druckte Kriminalordnung.

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tem Unserm Kammergerichte ') ertheilen Wir hiermit eine vollkoms mene Macht und Autoritắt, an Unfrer Statt, und in Unserm Allerhöchsten Namen alle dahingehörige Justizsachen zu entscheiden und zur gebührenden Exekuzion zu bringen. Sie müssen aber allen Menschen ohne Ansehn der Personen, Großen und Kleinen, Reis chen und Armen gleiche und unparteiische Justiz administriren, sowie sie gedenken, solches vor dem gerechten Richterstuhle Gottes zu verantworten, damit die Seufzer der Witwen und Waisen, auch andrer Bedrångten, nicht auf ihr und ihrer Kinder Haupt koms men mögen." S. 15. Sie sollen auch auf keine Reskripte, wenn sie schon aus unserm Kabinet herrühren, die geringste Res flexion machen, wann darin etwas wider die offenbaren Rechte sub et obrepiret worden, oder der strenge Lauf Rechtens dadurch gehindert und unterbrochen wird; sondern sie müssen nach Pflicht und Gewissen weiter verfahren, jedoch von der Sache Bewandtniff sofort berichten." Insbesondere aber soll Unser Kammergericht und andre. Gerichte in allen Sachen und rechtlichen Hands. lungen zwischen Unserm Fisco an einem und zwischen Unsern Vafallen und Unterthanen am andern Theile, es sei der Fiscus selbst Actor, oder einem Andern zur Assistenz gegeben, lediglich die Justiz, als auf welche sie geschworen und beeidiget fein, zum Augenmerk haben, und auf keine wider die Justiz laufende Verordnungen reflectiren, weil ihnen solche Verordnungen so wenig, als Unser etwa vorgeschütztes Interesse zu keiner Entschuldigung dienen soll." Noch an einem andern Orte, Theil 4. Titel 6. §. 3-9, erklärt Friedrich, der so oft durch ungestůmes Andringen zu Machtsprůs chen verleitet werden sollte, im Voraus jeden seiner Befehle, durch welchen auch nur der gesetzliche Gang der Rechtspflege verändert würde, får erschlichen, nichtig und dergestalt, ohne Wirkung, daß dadurch kein Besit erworben, und keine Verjährung angefangen werden könne 2).

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1) Geschichte des Kammergerichts in Berlin in (Hymmen's) Beiträgen 1., 2., 3., 4. Sammlung.

2) In demselben Geißte unbeugsamer Gerechtigkeit lautet das Reskript vom 30. Januar 1688, Mylius C. C. Theil 2. Abth. 1. Kap. 2. Nr. 67; die Kammergerichtsordnung vom 1. März 1709, Mylius C. C. M. Theil 2. Abth. 1. Kap. 3. Nr. 119; die Ordnung vom 21. Jun 1713, Mylius C.

Wie der Geist dieser ersten preußischen Justizreform, so war auch ihr Erfolg erfreulich. Im Jahre 1750 nämlich schlichtete das Oberappellazionsgericht 560 Prozesse, worüber der König dem Großkanzler am 3. Januar 1751 in Folgendem seine Zufriedenheit aussprach: „Es hat Mir eine wahre Freude gemacht, aus eurem unterm 1. dieses Monats an Mich erstatteten Bericht zu ersehen, daß durch die mit dem hiesigen Tribunal anderweitig gemachte Einrichtung und den bei solchem eingeführten Justizplan der gute Success erhalten worden, daß bei solchem Collegio gar keine Prozesse, auch selbst von dem leßtverwichenen Jahre, mehr übrig sind, sondern solche insgesamt auf eine rechtliche und solide Art abges than worden. Ich erinnere mich der Erkenntlichkeit, welche Ich euch deshalben schuldig bin; den såmmtlichen Membris erwähnten Tribunals aber sollt ihr Meine vollkommene Zufriedenheit über ihs ren bezeugten Fleiß und Geschicklichkeit durch ein convenables Compliment von Mir zu erkennen geben, auch sie Meiner Gnade und Protection versichern').

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Indess achtete Friedrich fortwährend auf die Rechtspflege, als auf eine besondere Lieblingsangelegenheit. Davon zeugen zwei der wichtigsten Kabinetsordres an den Chef des Kriminaldepartements; den 8. April 1750: Mein lieber Geh. Etatsminister v. Bismark. Ich habe zwar anfänglich die von Euch zu meiner Unterschrift eins gesandte, hierbei zurückkommende Expeditiones, in Sachen eines Delinquenten Namens Freudenreich, so wegen eines attentirten Straßenraubes zur zweijährigen Festungsarbeit condemniret worden, vollenzogen: Nachdem Ich aber nachhero in Consideration genoms men, daß das Verbrechen auf öffentlicher Landstraße jemanden bes

C. M. Theil 2. Abth. 1. Kap. 8. Nr. 131 und das Edikt vom 9. Dez. 1737, Mylius C. C. Cont. 1. p. 104; dagegen ist ein mächtiger Unterschied zwischen der Milde in Abwägung der Strafen gegen die Verbrechen an der Sicherheit des Eigenthums, wie sie Friedrich in seiner Dissertation sur les raisons d'établir, ou d'abroger les Loix lehrte und zwischen der aus Karls 5. peinl. Halsgerichtsordnung herstammenden Hårte in den alten preuß. Gefeßen vom 23. August 1700, 7. Nov. 1705, 5. April 1723, 24. Nov. 1724 und 9. Januar 1736; f. Mylius C. C. M.

1) (Hymmen's) Beiträge. 3. Samml. S. 172,

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