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Feuerwerke, Jagden),

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eine seiner zahllosen andern

Der einmal gefrånkten Uns geschlagen. Eine wüste Zeit

im üppigsten Glanze beendigt waren. Bei diesem Besuche nun führte König August von Polen unserm Kronprinzen, den er in die Gråfinn von Orzelska, die eigene Tochter und Buhle'), verliebt sahe, Geliebten, die schöne Formera zu. schuld wurden immer tiefere Wunden nimmt in Friedrichs Herzen Plag: er giebt sich ganz wildem Umgange mit losen Frauen hin. Die leitenden Gesellschafter, Oberst von Rochow und Major Baron von Keyserlingk, welche der König, statt der bisherigen Erzieher, 1729, ihm zugeordnet”), hatten kein Gewicht über ihn; die Jugendfreunde, von Keith, Page des Königs, und, seitdem dieser als Lieutenant nach Wesel verseßt war, der Lieutenant von Katte bei den Gens'darmes in Berlin, mahnten nicht erfolgreich auf den Weg der Tugend zus rück. Friedrich war, wie Titus') vor seiner Thronbesteigung, in eine schwere Verirrung versunken, welche seines Vaters streng fittliche Lebensansicht höchst stråflich finden musste. Ueber diese Nachtseite in des Prinzen Jugendleben kann man vergleichen, was die eigene Lieblingsschwester in ihren Denkwürdigkeiten erzählt *), die zwar etwas leidenschaftlich und ohne Nachsicht gegen die Verwandten, aber mit unverkennbarer Treue geschrieben sind, schågbare Beiträge zur Geschichte des Berliner Hofes in der Zeit, von der wir eben sprechen. Auch Friedrich selbst deutet mehrfach in seis nen Schriften auf die Jugendverirrungen") hin, namentlich in dem Schlusse der Epistel an seinen Bruder August Wilhelm; und dem Obersten von Camas schrieb er den 18. März 1740:

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1) Poellnitz Histoire des quatre derniers Souverains. T. 2. p. #174; Mémoires de la Margrave de Bareith, T. I. p. 104, 117.

2) Poellnitz, Mémoires T. 2. p. 186.

3) Tacitus Historiarum 1. 2. c. 2.

4) T. I. p. 104. 111. 120. 131. 159.

5) Was der Ritter v. 3immermann in seinen Fragmenten S. 75, und 78 von einem Doktor von Malchów, und S. 80 von einer „kleinen Verstümmelung" sagt! ist die schamloseste Lüge; s. Freimüthige Anmerkungen über des Ritters von Zimmermann Frage mente. 1. Abthlg. S. 134-145, und Büsching's Zuverlässige Betträge. Historischer Anhang S, 20.

„O Camas, der du mich von Kindheit auf gekannt, und die thörichten Verirrungen meiner Jugend gesehen hast, sei immer ohne Nachsicht schonungslos und unerbittlich gegen meine Fehler und Laster; so nur läutert sich, mit Hülfe des Feuers, das Gold und scheidet sich von den unedlen Metallen, mit denen es vermischt worden." Aber, als er so schrieb, bedurfte er der Läuterung nicht weiter, und, als er ihrer bedurfte, nahete sich ihm kein willkomme ner Priester mit der erlösenden Flamme. Oft geht der Weg zur Tugend von den Abwegen durch die Schule der Leiden.

So bei Friedrich, in dessen Neigungen auch noch Anderes dem Vater nicht gefiel. Unser Kronprinz hatte am fächsischen Hofe den großen Flötenblåser Quanz kennen lernen, der von seinem Könige die Erlaubniss bekam, jährlich zweimal von Dresden nach Berlin zu gehen, um Friedrich auf der Fldte zu unterrichten. Dies ses, wie Aehnliches vermittelte die königliche Mutter heimlich, ohne zu ahnen, wie unheilbringende Saten sie hege. Wenn ihr Sohn Vormittags mit den Soldaten auf dem Uebungsplaße im steifen Zopfe und knappen Dienstkleide verbringen musste; so wollte er Nachmittags gemächlich der Musen sich erfreuen im zierlichen Harbeutel und im goldstoffenen Schlafrocke. Aber, der wachsame Vater gestattete keine Sicherheit. Diese behaglichen Genüsse, wie die feinen geistigen aus dem Borne der Künste und Wissenschaften, wurden oft von ihm gestört. Man war auf seiner Hut; aus Furcht vor überfällen wurden, wie Friedrich an Suhm schreibt, nächtliche Stunden oft zur Unterhaltung mit gelehrten Freunden gemålt; und doch überraschte Friedrich Wilhelm einmal, <im Sommer 1730, den Kronprinzen beim Flötenblasen. Von Katte ergriff Flöte und Noten und sprang mit Quanz in ein kleines, zum Heizen der Öfen bestimmtes Kämmerchen. über eine Stunde währte die Angst, welche um so größer war, da der Musikmeister einen rothen Rock anhatte, welche Farbe dem Könige durchaus zuwider war '). Friedrich hatte eiligst die Uniform angezogen; aber der Harbeutel wurde bemerkt, so der abgelegte Schlafrock und der Büchervorrath, welche ihrem Schicksale, verbrannt oder verkauft zu werden, nicht entgingen. Der Sohn, welcher solche

1) Nikolai Anekdoten. Heft 6. S. 147.

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Beschäftigungen, solche unkriegerische Kleider und Moden wälte, wurde ein Entarteter gescholten. Seltsam; wenn Fries drich Wilhelm als Kronprinz von der Cour kam; so warf er voll Årgers die große spanische Perucke ab und trat sie mit Füßen; als König führte er den Harzopf ein, der durch ganz Europa beliebt wurde, so großes Aufsehen er Anfangs auch, als eine sehr ungewöhnliche Königstracht, erregt hatte. Und alle diese verschies denen Zierden des männlichen Hauptes, die auf den Kanzeln, wie auf den Thronett, in den friedlichen Bürgerkreisen, wie in den Kriegesheeren als eine so wichtige Angelegenheit galten: wer möchte heute noch ihretwegen Unwillen hegen oder nåhren?

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In dem königlichen Hause zu Berlin wächst das Missverhälts niff. Der Kronprinz ist ernst, wenn der Vater lacht und scherzt; er rügt dessen grausame Hårte gegen die Soldaten, verachtet die rohen Jagd-Beluftigungen des Königs, welche den Bauer bedrücks ten, als einen geistlosen Zeitvertreib1); liebte den Buchladen 2), wie jener den Ererzierplak; bespöttelte die dürftigen Schauspiels künste, an welchen Friedrich Wilhelm sammt der Menge viel Behagen fand; der Sohn hatte das Schachbrett, Duhan's eingis ges Vergnügen, liebgewonnen: des Vaters Erholung war Tor kadiíle. Als die Prinzen noch kleiner waren, mussten sie im Tas backskollegium um den König sein, der sie gern_recht unterhaltend sahe, fie marschiren ließ und sonst noch auf andere Weise mit ihnen tåndelte. August Wilhelm war der folgsfamere, willigere und bald auch der Lieblingssohn, der nicht nur bei allen Gelegens heiten dem Vater zur Seite war, sondern bei Tafel auch den näch=" ften Plaß hatte, während der Erstgeborene wie dem Raume, so dem Herzen nach ihm immer mehr entfremdet wurde. Den beis den Brüdern dürfte man die Prinzessinnen Wilhelmine und Ulrike zur Seite stellen. Diese nachherige Königinn von Schwes den machte ihr sehr gesetztes Wesen zum entschiedenen Günstling des Vaters): fie lachte nie und war niemals unzufrieden,

1) fiehe z. B. Lettres inédites p. 24.

2) Friedrich sagte als König einmal zu Fr. Nicolai: „Ich bin in meiner Jugend oft in seines Vaters Laden gewesen." ́s. Gddicke Zeitschrift für Gesch. und Lit. Bd. 1, Berlin 1824. S. 211,

3) Morgenstern S. 197.

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während die ältere im Grundtone des Karakters, d. h. in der Freiheit sich selbst zu bestimmen, mehr des Kronprinzen Schicksal hatte.,,Fritz ist ein Querpfeifer und Poet, pflegte der König zu sagen, er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben!" Auch der Große Kurfürst war, wie sein Urenkel in den brandenburgischen Denkwürdigkeiten 1) erzählt, gegen seinen Sohn aus der ersten Ehe so erbittert, daß er die Nachfolge gern auf seinen zweiten Sohn Philipp würde haben übergehen sehen. Unser Kronprinz, sagt man, zeigte sich bereit, den wiederholten dringenden Anforderungen zu genügen und, zu Gunsten seines jüngeren Bruders, dem Thronrechte zu entsagen, wenn der König erkläre, daß er - unehelich geboren sei'). Mit solchen Bedingungen war der Vater, als keuscher und treuer Eheherr, leicht zurückgewiesen. Dennoch wuchsen über Friedrichs Haupte die Ungewitterwolken immer drohender zusammen und ein furchtbarer Gewitterstrahl fuhr nur so eben an seinem Dasein mit blog schreckhafter Erschütterung hernieder. Nächsten Anlass gab wieder die heimliche Sorge der Königinn, deren Lieblingsgedanke schon seit 1719 es war, ihre Tochter Wilhelmine mit dem Herzoge von Glocester, welcher 1727, als sein Vater König von England wurde, den Titel eines Prinzen von Wales annahm, und. dann auch ihren Sohn Friedrich mit der englischen Prinzess Amalie vermålt zu sehen. Der König war dieser Doppelheirath Anfangs sowenig abgeneigt, daß seine Gemalinn dieselbe mit ihrem Bruder Georg II. einzuleiten sogar Erlaubnisss bekam und daß beide Pärchen der am 9. November 1723 geborenen 3) Prinzess Amas lie als einzige Taufzeugen gegeben wurden. Da indess der englische Hof die Verbindung ungebürlich hinhielt; so nahm Friedrich Wils helm dies endlich sehr übel. Überhaupt hatten auch hier, wie im ganzen deutschen Reiche, die preußischen, fast gewaltsamen Wers bungen, das alte gute Vernehmen schon långst getrübt. Georg I. hatte immer große Rekruten nach Potsdam geschenkt; aber das genügte nicht. Preußische Werber entführten seit dem Jahre 1724

1) T. 2. gleich zu Anfange.

2) Büschings Charakter. S. 180.

3) Mémoires de la Margrave. T. 1. p. 81.

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große Leute von dem hannöverischen Gebiete, beredeten auch sogar schöne hannoverische Soldaten zum Entweichen in die preußischen Lande, also zum Meineide, welchen Friedrich Wilhelm als Christ doch verabscheuete. Aber die blinde Sucht nach großen Leuten überwand alle übrige Gefühle und Grundsäße, auch die vielbekannte gute Geldwirthschaft am Berliner Hofe, der, wie Fassmann') gewiss nicht zu hoch angiebt, in den Jahren 1713 bis 1735 zwölf Millionen Thaler Werbegelder in die Fremde geschickt hat. Doch, man muss die Denkwürdigkeiten der Markgråfinn von Bais reuth, Seckendorfs Lebensbeschreibung, Morgenstern's und Fassmann's Schriften eingesehen haben, um von den preußischen Wers behåndlen damaliger Zeit und von den tausendfåltigen Verdrüß. lichkeiten, welche dem Könige daraus erwuchsen, ein klares Bild zu haben. Zwischen Berlin und Hannover, zweien so nahe vers wandten Fürstenhäusern, gingen über die Werbehåndel Spans nungen und aus diesen offenbarer Hass hervor. Preußen nahm es übel, daß seine Werber im Hanndverischen verhaftet wurden; es verdross Friedrich Wilhelm, daß sein Schwager, dem stets beos bachteten Brauche des vorigen Königs von England entgegen, und, ungeachtet von Berlin aus daran erinnert wurde, es versäumt, ihn seine Ankunft in Herrnhausen, Anfangs Jun 1729, wiffen zu lassen. Andere kleine Neckereien, vielleicht gar feindselige Erins nerungen aus der frühesten Jugend kamen dazu; Österreich schürte den Funken zur Flamme: so drohete ein Krieg. Schon im Jun 1729 standen 44,000 Preußen unter Fürst Leopold von Dess sau auf dem Kriegesfuße, das Regiment Gensd'armes war bereits von Berlin' aus in Halberstadt eingerückt, drei Bataillone Garde folgten; Pontons und Geschüße standen zum Aufbruche fertig; so die ganze Besaßung der Königsstadt. Auch Georg, verstärkt durch dånische und hessische Hülfstruppen, ließ marschiren. Beide Theile machten der Welt ihre Gründe und Beschwerden kund. Da über nahmen, den 5. Septbr. 1729, die Herzoge von Braunschweig und von Gotha die Vermittelung, und die nach Braunschweig- ab. geordneten Bevollmächtigten erhielten, im April des folgenden Jahres, wenigstens die äußere Ruhe. Aber, alle freundliche Zus

1) Leben und Thaten. Theil 1. S. 723.

Friedr. d. Gr. I.

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