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der Körper" erfunden zu haben glaubte. Nun erklärte König in den Leipziger Nova Acta eruditorum, Mårz 1751, er habe einen Brief von Leibnitz an Jakob Herman gesehen, in welchem jener ein ganz gleiches Prinzip aufgestellt; ja er theilte selbst ein Fragment jenes Briefes an dem bezeichneten Orte mit, fagte indess, daß er nur eine Abschrift davon besite. Dieser Angriff entrustete Maupertuis so gewaltig, daß er die gelehrte Fehde zur richterlichen Entscheidung brachte; die Akademie schloss den holländischen Professor unrühmlich von sich aus '). Da tritt Voltaire, långst von Schelsucht gequält, für König auf den Kampfplatz und schreibt im Oktober 1752,, La Lettre à un Academicien" und ,,Le Tombeau de la Sorbonne." In jenem schildert er den Präsidenten als ungerecht, in diesem macht er ihn lächerlich. Aber, das war nur ein gelinder Anfang. Denn, als Maupertuis feine „Lettres Philosophiques" drucken ließ, in denen er vorschlug: „, eine lateis nische Stadt zu bauen" ein Loch bis an den Mittelpunkt der Erde zu graben, um ihre innere Beschaffenheit kennen zu lernen “ nach der Meerenge Magelhaen zu gehen und das Gehirn von Patagoniern zu öffnen, um die Natur der Seele kennen zu lernen."alle Kranke mit Harz zu überziehen, um die Gefahr der Ausdünftung zu hindern und besonders um die Ärzte nicht bezalen zu dürfen;"da schrieb Voltaire, unter dem Namen eines Doktors Akakia (Sans - Malice), eine sehr empfindliche Stachelschrift gegen seinen Landsmann. Mochte dieser auch nicht ganz gediegen erschei nen; der König konnte doch den Präsidenten seiner Akademie der öffentlichen Verhdnung nicht preisgeben, wie die „Histoire du Docteur Akakia, Medecin du Pape, et du natif de St. Malo“ zur Absicht hatte. Er hatte im Jul 1740 eigenhåndig an Maupertuis, der in St. Malo geboren war, geschrieben: „ Mein Herz und meine Neigung haben von dem ersten Augenblicke an, da ich auf den Thron gelangt bin, das Verlangen in mir erweckt, Sie hier zu haben, damit Sie der Berliner Akademie diejenige Ges stalt geben, die sie nur von Ihnen erhalten kann. Kommen Sie

1) Vollständige Sammlung aller Streitschriften, die neulich zwischen Maupertuis und König gewechselt worden. Unparteiisch in's Deutsche überseht. Leipzig 1753, 508 S. 8.

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also und pfropfen Sie in diesen wilden Stamm das Reis der Wisfenschaften, daß er blühe. Sie haben der Welt die Gestalt der Erde gezeigt; kommen Sie, und zeigen Sie auch einem Könige das Vergnügen, einen solchen Mann, wie Sie sind, zu besißen“ 1). Und eben diesen Mann håtte er jetzt so empfindlich sollen geißeln Lassen? Friedrich las die beißende Handschrift mit Vergnügen; er bat den Verfasser, sie zu unterdrücken. Voltaire versprach es; aber, er hielt nicht Wort. Er hatte vom Könige die Erlaubniss bekommen, die Défense de Mylord Bolingbroke gegen Formen drucken zu lassen, welcher,, une sortie très vive contre les incrédules “2), namentlich gegen Voltaire und den König, gemacht hatte, was er auch selbst hernach als eine „, imprudence blamable" erkannte 3). Diese Genehmigung für die Défense nugte Voltaire, auch den Akakia in die Presse zu ges ben). Auf des Königs Verlangen unterdrückte er nun zwar diese Ausgabe; aber, es erschien unmittelbar darauf eine andere in Dresden (nicht in Leyden), über deren Dasein der Verfasser sich ganz erstaunt stellte, als das Ungewitter hereinbrach. Darüber spricht ein allerdings sehr hartes Billet des Königs vom Nov. 1752 3): "Ich erstaune über Ihre Uyverschämtheit. Nach Allem, was Sie gethan haben und was so klar ist, wie die Sonne, läugnen Sie noch, statt zu gestehen, daß Sie strafbar sind. Bilden Sie sich nicht ein, die Leute werden sich von Ihnen überreden lassen, schwarz sei weiß. Man sieht nicht immer, weil man nicht immer sehen will. Aber, wenn Sie die Sache auf das Äußerste treiben; so laffe ich Alles drucken, und es wird sich zeigen, daß Sie, wenn

1) Friedrich an Voltaire den 18. Def. 1746 ,, M Maupertuis se remet de sa maladie; toute la ville s'intéresse à son sort; c'est notre Palladium, et la plus belle conquête que j'aie faite de ma vie." Qeuvres compl. de V. T. 75. p. 350.

2) Souvenirs d'an Citoyen. T. 1. p. 266 sagt F. das selbst.

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3) Souvenirs. T. 1. p. 225.

4) S. Friedrich an Voltaire den 25. Nov. 1765.

5) Fr. 2. H. W. A. dem Fr. übers. N. verb. u. verm. Aufl. Berlin 1789. 9. Bd. S. 169.

Sie für Ihre Werke Statuen verdienten, für Ihr Betragen Ket ten werth wåren."

(L. S.)

Der Verleger ist befragt, er hat Alles gestanden."

Voltaire, welcher eben frank war, oder sich krank stellte, ants wortete dem Könige auf demselben Blatte: „Ach, mein Gott! Eire, in dem Zustande, worin ich bin. Ich schwöre es Ihnen noch einmal bei meinem Leben, auf welches ich gern Verzicht thue, daß es eine abscheuliche Verlåumdung ist. Ich beschwöre Sie, alle meine Leute confrontiren zu lassen. Wie? Sie wollen mich uns gehört verurtheilen? Ich verlange Gerechtigkeit und den Tod" ").

Voltaire schwört hier, daß der Akakia nicht gedruckt sei, ob. gleich der Beweis des Gegentheils wider ihn zeugte 2). Indess wusste er der Sache noch eine ziemliche Wendung zu geben. Der König bewies ihm nur einigen Kaltsinn und legte ihm folgenden, von ihm eigenhåndig geschriebenen Aufsatz zur Unterschrift vor; ,,Je promets a Sa Majesté que tant quelle me fera la Grace de me Logér aux chatau, je n'ecrirai contre personne, soit Contre le Gouvernement de france, Contre les Ministres soitcontre d'autres Souverains; ou contre des Gens de Lettre illustre envers Les Quels on me trouvera Rendre Les Egards qui leurs sont dus, je n'abuserai point des Lettres de Sa Magesté et je me gouvernerai d'une Maniere Convenable a un home de lettre qui a L'honneur d'etre Chambelan de Sa Majesté. et qui vit avec des honetes Gens

mon

ce 27. de Nov. 1752

fait a Potzdam"

Darunter schrieb Voltaire eigenhåndig genau wie folgt:
,, jexecuteray Sire tous les ordres de Votre Majesté. et
coeur n'aura pas de peine a luy obeir. je la suplie

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1) Fr. 2. H. W. 1. Bd. S. XXX der Vorrede.

2) S. Voltaire's Freude über den großen Absaß des Akakia in Paris, in dem Briefe an Formen, Potsdam den 17. Januar 1753. Supplément au Recueil p. 239. Ebenso schwur V. 1751 gewissenlos, daß er des Königs Palladion in Paris nicht bekannt gemacht.

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encor une fois de considerer que jamais je nay ecrit contre aucun gouvernement encor moins contre celuy sous lequel je suis né, et que je nay quitté que pour venir achever ma vie a vos pieds. j'ay eté historiografe de France. et en cette qualité jay ecrit lhistoire de louis 14 et celle des campagnes de Louis 15 que jay envoiée à Mr dargenson ma voix et ma plume ont eté consacrees a ma patrie, comme elles le sont a vos ordres. je vous conjure d'avoir la bonté dexaminer quel est le fonds de la querelle de Maupertuis, je vous conjure de croire que joublie cette querelle puisque vous me Lordonnez je me Soumets sans doute a touttes vos volontez. Si votre Majesté mavait ordonné de ne me point deffendre, et de ne point entrer dans cette dispute litteraire je luy aurais obei avec la meme soumission. je la supplie depargner un vieillard accablé de maladies et de douleur, et de croire que je mourai aussi attaché a elle que le jour que je suis arrive a sa cour.

Voltaire').

Damit, scheint es, müsste der arge Vorfall beendigt gewesen sein. Aber, dem war nicht so; sondern der König ließ, wie die spenersche Zeitung meldete, den Akakia am 24. Dezember Nachmittags auf den vornehmsten Pläßen von Berlin durch die Hånde des Henkers" verbrennen. Voltaire, welcher in der Nähe des Gensd'armenmarktes, Taubenstraße Nr. 20, in dem das maligen von Franchevilleschen Hause wohnte 2), war tief gekränkt, er mied den Hof und sandte Pensionspatent, Orden und goldenen Schlüssel mit folgenden Versen zurück:

,,Je les reçus avec tendresse;

Je Vous les rends avec douleur,

C'est ainsi qu'un amant, dans son extrême ardeur,

Rend le portrait de sa maîtresse" 3).

1) Des Königs Bedingungen vom 27. Nov. 1752 und Voltaire's Unterschrift sind hier urkundlich genau mitgetheilt.

2) Formey Souvenirs. T. 1. p. 271.

3) Voltaire hatte diese Verse auf das Packet geschrieben, welches Schlüf

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Unmittelbar darauf schreibt er dem Könige noch:,, Sire ce n'est, sans doute, que dans la crainte de ne pouvoir me montrer devant votre Majesté, que j'ai remis à vos pieds de bienfaits qui n'étoient que les liens dont j'étais attaché à votre personne. Vous devez juger de ma situation affreuse et de celle de toutte ma famille il ne me restait qu'a m'aller cacher pour jamais et deplorer mon malheur en silence. Mr. Fredersdorf, qui vient me consoler dans ma disgrace me fait esperer que V. M. daignerait ecouter envers moi la bonté de son caractere et qu'elle pourrait reparer par la bienveillance (s'il est possible), l'opprobre dont elle m'a comblé. Il est bien sur que le malheur de vous avoir deplu n'est pas le moindre que j'eprouve mais comment paroitre? comment vivre? je n'en sais rien. Je devrais etre mort de douleur dans cet état horrible, c'est à votre humanité, d'avoir pitié de moi. Que Voulez vous. que je devienne et que je fasse! je n'en sais rien, je sais seulement que Vous m'avez attaché à vous depuis seize années, ordonnez d'une vie que je vous ai consacrée et dont vous avez rendu la fin si amere. Vous étes bon, vous étes indulgent je suis le plus malheureux homme qui soit dans vos états, ordonnez de mon sort. Voltaire').

Dieser wehmüthige und schmerzvolle Herzenserguss verfehlte seine Wirkung nicht. Voltaire schreibt an Madame Denis den 13. Januar 1753, daß er durch Friedrichs,, grand Factotum de Fredersdorf" Orden und Kammerherrnschlüssel mit schmeis chelhaften Zusicherungen wieder erhalten 2); und in der spenerschen Zeitung vom 19. Januar las man:,,Der Herr von Voltaire ach

sel und Kreuz enthielt; s. Mon séjour auprès de Voltaire et Lettres inédites etc. p. Come Alexandre Collini. Paris chez L. Collin. 1807. p. 48.

1) Fac Simile de l'écriture de Voltaire calqué sur une lettre autographe inédite, écrite en 1752 au R. de Pr. A Paris chez Chevalier 1817.

2) Oeuvres de Voltaire. Basle. T. 84. P. 69.

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