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z. B. aus dem schönen Gedichte auf Cåsarion's Tod athmet, hing die gemüthvolle Seele an den Herzen, die durch Mitgenuss in Freude und im Kummer ihr werth waren. Eine solche Seele wird das ganze folgende Leben nicht allein stehen wollen. Der Weise kehrt von der Ruheståtte geliebter Todten in's rustige Das sein zurück.

In Potsdam schafft die Kunst einen neuen Musensiß, ein Sorgenfrei in dem Sinne, in welchem der Kronprinz zu Rheinsberg,, der Ruhe" gepflegt. Von hieraus will der König wire ken, und zu den Herrschersorgen hier wieder Erholung und frohen Muth schöpfen. Dazu versammelt er sich einen Kreis von allerlei Geistern: den seltenen G. M. Freiherrn von der Golz,,, einer von denjenigen geschickten Köpfen, wie Friedrich in der Lobschrift auf ihn sagt, deren drei oder vier auf Einmal zureichend sind, eine ganze Regirung berühmt zu machen;" den liebenswürdigen G. M. Grafen v. Rothenburg, welcher, in Schlesien geboren, uns ter den spanischen Fahnen als französischer Offizier, 1732, in Afrika gegen die Mauren gefochten; den schwedischen Gesands ten Grafen von Rudenschöld '), der von 1739 bis 1748 in Bers lin lebte und hier vorzugsweise,, le Ministre favori" hieß; den ehemaligen französischen Feldarzt de la Métrie, der in seinem Vaterlande als Keßer verfolgt, hier seines aufgeweckten Geistes und seines edlen Herzens wegen, auch als lustiger Tischgenosse geachtet wurde. Dazu kam des Königs Privatsekretar Darget; und Algarotti, welcher bei der Huldigung in Preußen zum Grafen erhoben wurde, ganz und auf immer aber leider nicht gewonnen werden konnte. Aus der guten alten Zeit waren Chazot und Knobelsdorf liebe Gefährten; auch Baron Pöllniß erscheint, als eine Art lustis gen Rathes, welchem Geld zu leihen durch öffentlichen Ausruf bei Trommelschlag verboten war. Maupertuis, von Voltaire empfohlen 2), galt dem Könige für überaus gelehrt und wurde dess halb zum Präsidenten der Akademie ausersehen. d'Argens, als Verfasser der Jüdischen Briefe" namhaft, war in Gesellschaft

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1) S. Leben in Hiftor. Portefeuille. Mai 1785. S. 564; wo man das innige Verhältniss des Königs zu ihm sehr angenehm geschildert findet. 2) Friedrich an Voltaire den 6. August 1738.

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der verwitweten Herzoginn von Württemberg Marie Auguste im Dezember 1741 nach Berlin gekommen. Da trug der König, aus dem Feldquartier Selowik, den 17. März 1742, seinem Hephas stion auf, ihm zu schreiben wer Marquis d'Argens fej, ober den unruhigen, flatterhaften Geist seiner Nazion habe, ob er die Kunst zu gefallen verstehe, kurz, ob Jordan ihm Beifall gebe?" So wurde Friedrich mit einem Manne bekannt, der ihm bis ans Grab, ein volles Menschenalter, in Freuden und im Missgeschicke, wahrhaft Busenfreund gewesen ist. Merkwürdig, was Jordan dem Könige während der beiden ersten schlesischen Kriege war, eben das war d'Argens ihm im siebenjährigen: auch in sein treues Herz ers goff der erhabene Freund ohne Rückhalt Lust und Jammer; daher sein Briefwechsel mit Beiden für diese Zeiten eben so sehr wichtig zur innern Geschichte des Königs ist. 1747 gewann Friedrich die beiden ehrenwerthen Briten, deren ålterer unter dem Namen Lord Marishal bekannt genug ist und dessen jüngerer Bruder als Feldmarschall bei Hochkirch den Heldentod gefallen, beide sehr liebe Gesellschafter. Der åltere Bruder verließ 1746 Russland, wo er sich, trog seiner Bitten, in Rücksicht auf England, nicht långer aufhalten durfte; der General aber, von der russischen Res girung durch Kabalen beleidigt, erlangte erst nach vielen Krånkungen 1747 den Abschied, schrieb in Kopenhagen an Friedrich, fand schon in Hamburg eine huldvolle Antwort und wurde, zwei Tage nach seiner Ankunft in Berlin, den 18. September, vom Könige zum Feldmarschall ernannt, dann im Oktober 1749 zum Gouver nor von Berlin und zum Ritter des schwarzen Adlerordens. Dies ser nun schrieb, Potsdam, den 28. Oktober 1747 an seinen Bruder, George Graf Marishal von Schottland Lord Keith und Altree: „Ich habe jetzt die Ehre und, was noch mehr ist, das Vergnügen, bei dem Könige in Potsdam zu sein, wohin er mich, zwei Tage nachdem ich zum Feldmarschall ernannt worden war, berief. Ich genieße hier die Auszeichnung, fast tåglich mit ihm zu Mittag und zu Abend zu speisen. Er hat mehr Geist, als ich Geschick, Dir denselben zu schildern, spricht gediegen und kenntnissvoll über alle Arten von Dingen, und ich müsste mich sehr irren, wenn er nicht mit der Erfahrung von vier Kampagnen der beste Offizier seiner Armee ist. Er hat mehrere Personen um sich, die

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er fast mit der Familiaritåt eines Freundes behandelt, jedoch keis nen Favoriten; es ist ihm inzwischen eine sehr natürliche Höflichkeit gegen Jedermann, der sich ihm nåhert, eigen." Darauf folgte Lord Marishal seinem Bruder nach '). Auch der Frau müssen wir noch eigens gedenken, welche, wie sehr wenige ihres Geschlech= tes, sich immer ganz besonderer Theilname und Huld des Königs erfreut hat: der Witwe des 1741 verstorbenen Obersten von Ca= mas, einer Tochter des G. L. von Brand. Sophie Karoline von Camas war eine Frau von großem Geiste und von edlem Herzen, 22 Jahre älter als Friedrich, der sie im Jul 1742, an die Stelle der verwitweten Ministerinn von Katsch, zur Oberhofmeisterinn feiner Gemalinn, ernannte, sie in den Grafenstand erhob 2), mit ihr Briefe wechselte und ihr häufig freundschaftliche Geschenke machte. Wie innig und traulich der König an sie geschrieben, haben wie schon gesehen und wir werden noch Beweise davon beibringen. Es scheint beinahe, als habe Friedrich durch sie seine Gemalinn mittelbar, besonders von den wichtigeren Vorfällen seines Lebens uns terrichten wollen.

Der französische Mathematiker und Philosoph d'Alembert, nächst Voltaire der berühmteste Gelehrte in Europa, auch Tonkünstler, ließ sich auf keine Weise bleibend gewinnen. Er besuchte den König im Sommer 1763 auf drei bis vier Monate 3), nachdem er ihn zuerst im Jun 1755 einige Tage in Wesel gesprochen. Friedrich bot ihm 6000 Thaler Jahrgeld, und, nach Maupertuis' Tode, 1759, die Präsidentenstelle der Akademie; aber d'Alembert lehnte Alles ab*), auch, 1762, den schmeichelhaften Antrag der Kaiserinn Katharine, die Erziehung ihres Sohnes, des Thronerben

1) Lord Dover. Vol. 1.

2) Den 11. August 1742; f. (Konig's) Histor. Schilderung. S. 18. 3) Sehr rühmlich für den gekrönten Weisen spricht sich der dankbare Philosoph in den Briefen an Voltaire vom 7. Augúst und vom 8. Oktober 1763, zufrieden mit seiner Reise, aus; s. Oeuvres complètes de Voltaire. Edit. de Basle 1792. T. 97. p. 265. 269. Der König schenkte / d'Alembert sein Bildniss. d'Alembert war ein uneheliches Kind des Artillerickommissårs Destouches und der Frau von Tencin; von diesen ausgescht und von einer armen Glaserfrau erzogen.

4) E. Darget an Friedrich. Paris den 18. Sept. 1752.

zu übernehmen. Die Annehmlichkeiten von Paris, die enge Vers bindung von Freundschaft mit der geistreichen Julie de l'Espinasse, die an ihm einen ewig Getreuen hatte, während sie selbst glühend und hoffnungslos erst den spanischen Marquis von Mora, dann den bekannten Obersten Guibert liebte; auch ein frånklicher Körper hielt den Philosophen in der Heimath bei sehr beschränkter Lage fest, welche Friedrich seit 1754 durch 1200 Livres jährlich erleichterte 1). Aber, war seinem gebrechlichen Körper der vaterländische Himmel zuträglicher, zog das Gemüth süße Gewohnheit an; so sehnte der Geist sich mehr nach der freisinnigen Luft in der Nähe von Sans Souci. Der König und d'Alembert waren eins ander sehr werth und darum lebte ein beståndiger Gedankentausch zwischen beiden Månnern, den man nicht ohne segensreichen Nußen genießen kann. Wie begeistert d'Alembert von Friedrich gewesen, erhellet aus Dem, was Sturz, welcher 1768 in dem Gefolge des Königs von Dänemark in Paris war, von ihm erzålt: ``, Wenn er von seinem Aufenthalte in Sans-Souci redet, sagt er, so glänzt sein Auge und sein Ausdruck erwärmt sich. Man kennt, behauptet er, diesen König allein durch seine Thaten, die Geschichte wird sie nicht verschweigen; aber, was er für die Wenigen ist, die mit ihm leben, verkündigt sie nicht: wie er dann durch treffenden Wit entzückt, durch reine Vernunft unterrichtet, allen Gram und alle Bonne der Freundschaft theilt, zärtlich liebt und wieder geliebt wird. So ein König steht für die Menschen und für Menschenherrscher, wie die Regel des Polykletes, für alle Künstler da“ 2). Eben so huldigt Friedrich dem Freunde: Schlachten, schreibt er ihm 1780, haben viele Menschen gewonnen, viele haben Provinzen erobert; aber wenige haben ein so vollkommenes Werk, wie die Vorrede zur Enzyklopädie geschrieben. “

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Die meiste Aufmerksamkeit hat unter Friedrichs. Freunden Voltaire erregt. Aus Anhänglichkeit an die Marquise du Châtelet hatte er sich nicht entschließen können, nach Rheinsberg zu

1) Vergl. vier Briefe von Lord Marishal an den König, Paris im März, April, Jun 1754 geschrieben; Friedrich II. H. W. A. d. Fr. übers. Neue verb. u. verm. Aufl. Berlin 1789. 1. Bd. S. XXXVI.

2) Schriften von Sturz. Leipz. 1786, 1. Sammlung. S. 222,

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kommen. Aber, schon im Oktober 1740 erschien er, nachdem der König ihn nochmals durch eine poetische` Epistel eingeladen; nur auf einige Tage und mit dem geheimen Auftrage, den König auszuforschen, ob er sein Heer für oder gegen Marie Theresie brauchen wolle. Voltaire war nicht fein genug, seine Absicht, zu verbergen: darum machte er seinem hohen Verehrer nicht die Freude, welche er sonst gemacht haben würde. Daraus erklärt sich die Stelle eines Briefes von Friedrich an Jordan, Ruppin den 28. Nov. 1740: ,,Dein Geizhals - Voltaire soll die Hefen seis ner unersättlichen Habgier trinken und noch 1300 Thaler bekoms. men. Von den sechs Tagen, die er sich gezeigt hat, kostet mich jeder 550 Thaler. Das nenne ich einen Lustigmacher (Fou) theuer bezahlen; wohl niemals hat der Hofnarr bei irgend einem großen

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Herrn eine solche Bezahlung gehabt." über seinen zweiten Bes such, im September und Oktober 1743 fagt Voltaire in seinem Privatleben selbst: „er habe zur Absicht gehabt, mit dem Könige geheim eine Diversion zum Besten Frankreichs zu unterhandeln;" Friedrich aber spricht in der Geschichte meiner Zeit" 1) darüber so: „Wäh: rend dieser Zeit kam Voltaire nach Berlin. Da er einige Gönner in Versailles hatte; so hielt er dies für hinreichend, sich das Ansehen eines Unterhåndlers zu geben. Seine glänzende Einbildungss kraft erhob sich mit mächtigem Schwunge in das große Gebiet der. Statskunst. Er hatte kein Beglaubigungsschreiben und seine ganze Gesandtschaft wurde eine Spielerei, ein bloßer Scherz.' Wir werden unten sehen, daß Voltaire auch während des siebenjährigen und während des russisch - türkischen Krieges, der die Theilung Pos lens herbeiführte und die Griechen mit Freiheisgedanken erfüllte, sich in den Welthåndeln wichtig zu machen strebte, und, wie Fries drich manches Wort in seinen Briefen fallen ließ, welches auf Mittheilung an Richelieu, Choiseul oder Katharine berechnet war.

Es verdient hier im Allgemeinen bemerkt zu werden, daß Fries drich von Denen, die in seiner Nähe lebten, wesentlich Zweierlei vorausseßte: einmal, daß sie sich um politische und VerwaltungsAngelegenheiten durchaus nicht bekümmerten; und dann, daß sie mit ihm als Menschen zufrieden sein sollten, ohne von dem Kd

1) T. 2. p. 46.

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