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Treue brach die Königinn, welche bisdahin eine ruhige Haltung bes hauptet hatte, in Thrånen aus. Dies erhöhete die Begeisterung der Versammelten, und sie stimmten, nachdem sie in ihre verschies denen Såle sich zurückgezogen, für großen Beistand an Mannschaft und Geld.

Ein noch rührenderer Auftritt fiel vor, als die Abgeordneten fich, den 21., wieder am Fuße des Thrones versammelten, um den Schwur des Herzogs von Toskana, als Mitregenten, zu empfangen. Nach vollzogenem Brauche rief Franz aus:,,Mein Blut und mein Leben für die Königinn und für das Königreich Ungarn!" Da nimmt Marie Theresie den jungen Erzherzog Joseph, ihren Sohn, auf den Arm und zeigt ihn der Versammlung. Alle riefen wieder, Freudebegeistert:,, Moriamur pro Rege Nostro Maria Theresia 1)!"

In Ungarn aber folgt eine allgemeine Rüstung. Der Palas tin des Reiches, Graf Palfy, beschloss, seines hohen Alters unges achtet, selbst mit ins Feld zu ziehen; so die Esterhazy, Nadasdy, Bathiany, und viele andere Große. Franzosen und Baiern unter dem Grafen Ségur werden aus Österreich gejagt, dessen Waffen. an demselben Tage, den 12. Febr. 1742, in München einziehen, an welchem Karl 7. in Frankfurt prachtvoll gekrönt wurde.

Der preußische Adler verfolgt sein Ziel. Leopold Erbprinz von Dessau hat den 9. Januar Glaß erobert und den 20. Februar von der ganzen Grafschaft die Erbhuldigung eingenommen; Dieterich von Dessau ist in Ungarn eingefallen und hat das Landaufgebot zerstreut; General Lieutenant von Marwig empfängt zu Neiße den 6. Mai die Huldigung von Oberschlesien. Friedrich felbst war von Olmůß auf Brünn vorgerückt, welches General Seher voll Einsicht und Muth: vertheidigte. Vier Wochen hatte der König vergeblich die Einnahme erstrebt. Er hob die Einschliefung auf und eilte nach Böhmen, als Schlesien von den Ungarn bedroht war, die Sachsen zweideutig erschienen und die Franzosen heimlich unterhandelten, damit ihnen Baiern nicht zu wichtig werde.

Auch hier in Böhmen, in so entscheidenden Tagen, lebt Fries drich im Genusse der Musen; er bittet Algarotti in Dresden, den 1) Außer Core, Petzl Charakteristick Joseph's II. 3. Aufl. Wien 1803. S. 4 und Denis („Bardenfeuer am Tage Theresiens").

20. März, ihm die Arie All' onor mio rifletti aus der Oper Lucio Papirio zu schicken; er erfreut sich derselben und bittet seinen abwesenden Freund, den 18. April,, de feliciter il Sassone (Hasse), de ce qu'il en est auteur." Ja, in diesem letteren Briefe ersucht er Algarotti, den Sånger Pinti für die Berliner Oper zu erwerben und bis gegen 4000 Thaler zu bieten. Darauf kam ein neuer feindlicher Befehlshaber, Herzog Karl Alexander von Lothringen '), Franz Stephans Bruder, mit 40,000 Mann den Preußen entgegen. Friedrich schlug ihn, den 17. Mai, bei dem Dorfe Chotufig und der Stadt Czaslau. Hier zeigte der Sieger zuerst Spuren seines Feldherrngeistes, wenn auch die Ideen nicht ganz kunstgemäß ausgeführt wurden. Wie bei Molwiß die Garde; so ragte bei Czaslau das Regiment des Prinzen Leopold von Dessau, und in demselben der Feldprediger Segebarth 2), durch besonderen Heldenmuth hervor.

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Der König von Preußen hat durch zwei glückliche Schlachten und durch einige andere erfolgreiche Waffenthaten seine Aufgabe gelöst: Schlesien ist erworben; auch den von ihm gewålten Kaiser hat er in seiner Würde als Oberhaupt des Reichs befestigt3); Österreich aber darf eben sowenig in Ohnmacht gedrückt, als Frankreichs übermacht bestärkt werden. Das Haus Habsburg hatte seit Karls des 5. Zeiten das deutsche Reich zu unterjochen. getrachtet; der Passauer Vertrag und der westphälische Friede thaten ihm Einhalt. Nun bereicherten sich Frankreich und Schweden in

1) Geb. 1712, den 14. Dez.; gest. 1780 den 4. Jul; vermålt mit der Schwefter von Marie Theresie und von 1748 bis an seinen Tod Statthalter, der dsterr. Niederlande.

2) Die eigene Erzälung seiner Thaten s. Annalen des Krieges Bd. 3. S. 165.

3) Friedrich an Duhan, den 27. Mai 1742 „, C'est par notre dernière action, que l'Empereur est confirmé dans sa dignité de chef de l'Empire et de Roi de Bohême." Aus dem Briefe des Königs an Jordan, aus dem Lager von Schlep, d. 20. Mai 1742, erfichet man, daß der König auch die Relation de la bataille de Chotusitz. Berlin 1742. 4" verfasst. An Algarotti schreibt er, den 29. Mai 1742;,, La relation, que Vous lirez de la bataille de Chotusitz est de ma plume, et exacte, et conforme à la plus sevère vérité."

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Deutschland, dessen Freiheit zu schirmen sie vorgaben. Da erschien Friedrich als der wahre Hort der deutschen Erde gegen Frankreich, Schweden und Österreich. Sein Kabinetsminister Graf Podewils unterzeichnete vorläufig in Breslau mit Lord Hyndford, den Marie Theresie mit Vollmachten versehen, am 11. Jun den Frieden').

Der fieghafte König wurde mit großem Jubel, den 12. Jul, in Berlin) empfangen, wo er am 28. den Frieden genehmigte, in welchem beide Theile versprachen, kein Bündniss einzugehen, welches diesem Frieden entgegen wäre. Die Königinn überlässt mit völliger Souverainetait und Unabhängigkeit von der Krone Böhmen und ihrer Lehnsherrlichkeit an den König von Preußen und dessen Ers ben das Herzogthum Nieder- und Oberschlesien, nebst der Grafschaft Glaß und dem mährischen Distrikt Katscher; sie behielt aber von Schlesien das Fürstenthum Teschen, den jenseits der Oppa ge= legenen Antheil der Fürstenthümer Troppau und Jågerndorf und den südlichen Theil vom Fürstenthum Neiße, so daß 102 schlesische Quadratmeilen von Schlesien österreichisch blieben, während 841 schlesische oder 641 geographische Quadratmeilen preußisch wurden; welches Alles der Grånzrezess zu Ratibor den 6. Dezember nåher bestimmte ), König Friedrich entsagte in dem Berliner Frieden für sich und für seine Erben allen alten und neuen Ansprüchen an die Königinn von Ungarn. Die katholische Religion in Schlesien sollte in ihrer gegenwärtigen Verfassung bleiben; allen Einwohnern wurden ihre Privilegien zugesichert, mit Vorbehalt unumschränkter Gewissensfreiheit für die Protestanten, und der, dem Souverrain des Landes zustehenden Gerechtsame. Und, weil die katholische Kirche von Schlesien größtentheils zur breslauer Didzese gehörte, einige Bezirke ́ jedoch unter der geistlichen Gerichtsbarkeit anderer Bischöfe standen, namentlich die Grafschaft Glaß unter dem Pra

1) Der Breslauer Vertrag findet sich bei Wenc T. 1. p. 734; der Berliner Friede S. 739; die Renunciation der böhmischen Stände auf Schlesien, vom 16. Jul 1743, p. 778.

2) Schon den 30. Jun wurde auf den großen Plähen von Berlin der Friede ausgerufen. Das schlesische Wappen wurde dem preußischen einverleibt und in den preuß. Titel „Souverainer und oberster Herzog von Schlesien,

3) Büschings Magazin. Thl. 10. 6. 477.

eingeschaltet.

ger Sprengel, Troppau, Jågerndorf und Katscher unter dem von Olmüş, Pless sammt Beuthen unter dem von Krakau; so ånderte Preußen daran auch nichts '): ja, diese Verhältnisse sind selbst 1815 stehen geblieben hinsichtlich Schlesiens und Österreichs, während Russland, Frankreich und die Niederlande, als Nachbaren, beliebt haben, daß die Landes- und die Sprengelgrånze gleich seien.

Noch übernahm Preußen im Berliner Frieden das auf Schles sien versicherte Darlehn englischer Kaufleute, 1,700,000 Thaler, vom Jahre 1735 her, zu bezahlen; auch über die 4,800,000 Gula den sammt Zinsen, welche von der, 1734 bis 1737, auf Schlesien durch holländische Handelshåufer aufgebrachten Schuld noch übrig waren, wurden die Bestimmungen festgesett3).

In den Berliner Frieden wurden Georg II. als König und als Kurfürst, die russische Kaiserinn, das Haus Wolfenbüttel und Kursachsen eingeschlossen. Der König von England verbürgte nicht nur den Frieden durch eine Urkunde zu Kensington den 24. Jun, sondern schloss auch noch mit Preußen ein Vertheidigungsbündniss zu Westminster den 29. November 3).

Lord Hyndford, welcher die ganze Friedensunterhandlung in Breslau geführt, erbat sich von dem Könige, statt aller Belohnung, die Erlaubniss, sein Familienwappen mit dem preußischen Adler zu zieren, welcher, nach Friedrichs äußerst verbindlicher Bewilligung, im Gråflich Hyndfordschen Wappen so angebracht wurde, daß er

1) Bei aller Glaubensfreiheit wurde doch keinem fremden Geistlichen Einfluss im Lande gestattet; jede påbftliche Bulle bedurfte der königl. Genehmi gung, die Dispensazionen kamen zur Einsicht der Oberamtsregirungen; die Ordensgeistlichen machten, um unter keinem fremden Provins zial zu stehen, eigene Provinzen unter sich aus und die Prager, Olmüßer und Krakauer Prälaten bestellten in Schlesien Bevollmächtigte, an welche die landesherrlichen Befehle ergingen und welche, im Namen der fremden Bischöfe, die Diözesanrechte ausübten, und Benedikt 14. genehmigte das schlesische Generalvikariat.

2) Geschichte und Rechtsverhältniss der schlesischen Statsobligazionen aus den Jahren 1734-37. Mit Urkunden. Frft. a. M. 1828. 123 S. gr. 8. 12 Gr.

3) Alles bei Wenck. Bd. 1. S. 781; die Zutrittsakte der ruff. Kaiserinn vom 12. Nov. 1743 S. 782.

Friedr. d. Gr. I.

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mit ausgebreiteten Flügeln das Ganze umfångt, mit dem Wahlspruche,,Ex benemerito."

Als der König seinen Bundesgenossen die Friedensnachricht mitgetheilt; so antwortete der alte französische Premierminister den 20. Jun1), in großem Bedauern, daß so das Bündnisss zerfallen : ,,Ew. Majestät werden jetzt der Schiedsrichter von Europa, und dies ist die glorreichste Rolle, welche Dieselben jemals spielen können. Führen Sie dieselbe vollkommen aus, Sire, indem Sie Ihre Bundesgenossen und den Vortheil des Kaisers soviel als måglich zu schonen suchen. Dies ist Alles, was ich bei meiner jegis ・gen Niedergeschlagenheit Denselben vorzustellen die Ehre haben kann.“ Ganz eben so spricht es Horatio Walpole in einer, Georg dem 2. vorgelegten Statsschrift aus: „, that the King of Prussia at present holds in his hands the ba lance of Europe3).“

Es dünkt uns ndthig, ehe wir diesen Gegenstand verlassen, noch ein Wort über Friedrichs Politik, die Moral der Könige als solcher, in diesem Kriege beizubringen. Wir haben die Königinn von Ungarn von vielen Feinden bedroht gesehen: die meisten wollten Ansprüche giltig machen. Frankreich, für die pragmatische Sankzion erkauft, sann dennoch auf den Untergang seines alten Feindes Habsburg; Nymphenburg sollte der Heerd des Verderbens für den Wiener Hof werden. Auch Preußen wurde dem Bunde beigesellet; aber niemals ist es dieser Macht Absicht gewesen, für Frankreichs Vortheil zu wirken, oder, mit demselben vereint, Österreichs Untergang herbeizuführen. Wenn Friedrich jener Macht sich näherte, um desto bequemer den Besitz von Schlesien zu ers langen; so fügte er sich darin seinem Berufe als Landesvater. Was in dieser Rücksicht den Königen obliegt, hat er ein Beweis, wie viel Selbstverläugnung es ihm gekostet, nicht überall der kleinen Moral als Mensch folgen zu dürfen in den beiden Vorerinnes rungen zur Geschichte meiner Zeit" umständlich erdrtert.,,Unfre Pflicht fagt er in der 1746 geschriebenen Einleitung zu

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1) Hist. de m. t. T. 1. p. 274. 2) Memoirs. T. 2. p. 320.

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