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That nicht schwer zu begreifen. Schon die Bekanntmachung der pragmatischen Sankzion im Jahre 1724 hatte die Unzufriedenheit der Fürsten erregt, welche ihre Ansprüche dadurch gekränkt sahen, besonders Baierns. Aber, der Kaiser scheuete kein Opfer — und er erlangte so die schriftliche Gewähr der meisten europäischen Mächte; die deutsche Reichsversammlung nahm sie durch einen förmlichen Schluff an; Frankreich gewährleistete, nachdem es für sich Lothringen, und für Don Karlos beide Sizilien erhalten ').

Preußen war, wie wir schon wissen, von dem Grafen Seckendorf, durch die Zusicherung der jülichschen Erbschaft, gewonnen worden, die pragmatische Sankzion, im Falle der Noth mit gewaffneter Hand vertheidigen zu helfen. Zwar ist der Vers trag vom 12. Oktober 1726 in urkundlicher Gestalt nie zu Tage gekommen, und darum sogar (mit Unrecht2)) als ein Gegenstand des Zweifels erschienen. Doch es ist kein Wunder, wie man im dritten Bande von Seckendorf's Leben liest, wenn viele an dem Vertrage von Wusterhausen irre wurden, weil der Wiener Hof, aus Scham und bösem Gewissen beständig ihn für eine Fas bel ausgab, welches um so leichter begreiflich wird, wenn es wahr ist, daß der Kaiser kurz vorher dem Hause Sulzbach die jülichsche Erbschaft zugesagt hatte ).

Österreich, seit den neuesten Zeiten in wahrhafter Freundschaft dem Hause Brandenburg zugethan, hat früherhin immer mit eifers süchtigem Auge die aufstrebende Größe desselben beobachtet, und dem bescheidenen Kurfürsten Georg Wilhelm, wie dessen großem Sohne und dessen beiden åmsig weiter sehenden Nachfolgern, unter dem Scheine der Gewogenheit sogar, die hemmendsten Nachtheile bereitet; oft undankbar für die ihm ersprießlichsten Waffendienste

1) S. den Wiener Frieden v. 18. Nov. 1738 bei Wenck. T. 1. 2) S. oben S. 37. Anm. 3.

3) Der Vertrag von Wusterhausen wurde den 23. Dez. 1728 in Berlin wiederholt, mit der ausdrücklichen Bestimmung: daß er kraftlos sei, wenn das neuburgische Haus seine Lånder beim Erlöschen an das sulz. bachische übergehen lasse. Dennoch sprach Karl 6. Jülich und Berg in dem versailles'er Vertrage vom 13. Januar 1739 dem Hause Sulzbach zu; Frankreich übernahm gegen Preußen die Gewähr. S. Dohm v. Fürstenb. S.76.

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am Rhein, in Italien und in Ungarn gegen die Türken. Umståndlicher, als hier thunlich ist, hat Dohm') nachgewiesen, wie häufige und wesentliche Hülfe der berliner Hof dem Hause Österreich meist mit eigener Aufopferung geleistet. Als der große Kurfürst von 1675 an soviel für den Kaiser gethan und nun auch der Er füllung seiner eigenen Hoffnungen nahe zu sein glaubte; da trat grade der wiener Hof zuerst ihm entgegen und der Geheime Rath Paul Hocher sagte laut: „sein Kaiser wolle nicht Pommern an Brandenburg lassen, um einen neuen König der Wenden an der Ostsee empor zu heben 2).“ Österreich verließ Brandenburgs Sache; Friedrich Wilhelm konnte es gegen Frankreich und Schweden allein nicht aufnehmen; er musste in dem Frieden von St. Germain das theuer eroberte Vorpommern an Schweden abtreten: aber, mit weissagendem Munde rief er;,,Ein Rächer wird aus meinem Staub' erstehn!" Friedrich III., als er Schwiebus an Österreich zurückgeben sollte, sagte zu seinen Ministern: „Ich muss, will und werde mein Wort halten; das Recht aber in Schlesien auszuführen, will ich meinen Nachkommen überlassen, als welche ich ohnedem, bei diesen widerrechtlichen Umständen, weder binden kann, noch will. Giebt, es Gott und die Zeit nicht anderst, als jeßo, so můssen wir zufrieden sein: schickt es aber Gott anderst, so werden meine Nachkommen schon wissen und erfahren, was sie desfalls dereinst zu thun und zu lassen haben mögen 3).“

Und Friedrich Wilhelm I.? Er sahe die österreichischen Umtriebe wegen der jülichschen Erbfolge bald ein, seine Gerechts same wurden 1732 durch den Druck der Welt bekannt“). - und

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1) A. a. D. S. 88; vergl. auch Friedrich im Leben seines Vaters bei dem Jahre 1721.

2) S. Friedrich im Leben des größen. Kurfürsten.

3) (v. Ludewig) Rechtsgegründetes Eigenthum. (Berlin) 1740. 4. S. 38. 4) Kurze doch wahrhaffte Nachricht von dem Königl. Preuß. und ChurBrand. höchstgegründeten Successionsrechte an denen sämmtlichen Jůlich Cleve- und Bergischen Landen, und derselben Zubehörungen, mitgetheilt von demjenigen, welcher die Königlichen Gerechsamen beauget, In Treuester Wahrheit. s. 1. 1732. 2 Bogen. El. S. Ein großes Verzeichniss von Schriften über die Succession in den Herzogth. Jülich, Cleve, Berg und in den Grafschaften Mark und Ravensberg findet

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des Kaisers Würde konnte dabei unmöglich gewinnen. Da suchte Seckendorf das alte gute Einverständniss, d. h. Preußens Willfährigkeit, durch eine persönliche Zusammenkunft beider Fürsten wieder herzustellen. Der König willigte in die Reise zu Karl dem 6. nach dem Gestüte zu Kladrup in Böhmen, wohin er sich den 27. Jun 1732, von Seckendorf, Grumbkow, Buddenbrock, Schulenburg, Derschau, dem Hauptmann von Hacke und dem holländischen Minister Gyns kel begleitet, durch Schlesien aufmachte. Den 1. Jul traf er mit dem Kaiser zusammen. Der Besuch war ein rein freundschaftlis cher; dennoch hatten die kaiserlichen Minister und Hofbeamten sehr ernstlich berathschlagt, auf welche Art der König vom Kaiser zu empfangen sei. Der Beschluss fiel, wie man aus Seckendorfs Leben') ersehen kann, dahin aus, daß sie dem Reichshaupte erklårs ten, sie befånden vor gut, „zumalen doch des Königs in Preußen gefasste und durch den General von Seckendorf eröffnete Intention, Em. Kaiserlichen Majeståt eine Visite zu geben, nicht allerdings zu hemmen, anben aber hauptsächlich zu consideriren seie, daß allers höchst gedacht Selbe bei solcher Zusammenkunft die Hand Jhme umb so weniger geben könnten, als ein solches res summae consequentiae, und Dero allerhöchsten Kayserlichen Authorität nachtheilig, übrigens aber auch bei denen Königen von Frankreich und England eines großen Aufsehens Ursach wäre, daß Ihme Ew. Kays serl. Majestät die in gegenwärtigen Referat am Tage gelegte als lergnädigste Entschlüssungen candide und unverhollen zu dem Endè communiciret werden sollen, auf daß Er bey deren Ersehung im Gegentheil des fehrneren Entschlusses werden möge, ob Er solche Visite, nach Außmessung seines zu erwarten habenden Tractaments, zu thun, oder zu unterlassen habe." Friedrich Wilhelm ließ sich diese spanischen Armseligkeiten nicht hindern, den Kaiser von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Aber, er durchschauete es endlich recht tief, daß seine herzliche Zuneigung von dem habsburgischen Geschlechte nicht nach Gebür erwidert werde 2).

sich in der Literatur der Verfassung des Königl. Preuß. Hauses. Berlin 1824. S. 59-80.

1) Theil 3. S. 45.

2) Friedrich im Leben seines Vaters, bei dem Jahre 1733.

Friedr. d. Gr. I.

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Brandenburg hatte vom großen Kurfürsten her Ansprüche auf Ostfriesland, welche Kaiser Leopold'ihm, den 7. Mai 1686 für die Kriegeshülfe gegen die Türken und als,, Satisfaction wegen des durch den schwedischen Einfall erlittenen Schadens ')" verlies hen. Diese Anwärtschaft wurde den 10. Dez. 1694 erneuert, und, unter Einstimmung des Kurkollegiums, von den folgenden Kaisern 1706, 1715, 1732 bestätigt. Auf die in Kladrup wiederholte Zu sage nahm denn Preußen ohne Weiteres, den 12. August 1732, Titel und Wappen von Ostfriesland öffentlich an und that dies sowohl dem Reichsoberhaupte, als auch den übrigen europäischen Fürsten, den 27. Sept., kund, was in Wien freilich, wo es mit den Versicherungen kein Ernst gewesen, einen üblen Eindruck machte 2). Als der Kaiser dann auch weder die Wiener Friedenspråliminarien, noch die Verheirathung seiner Tochter mit dem Hers zoge von Lothringen, den 12. Febr. 1736, dem Berliner Hofe kund thun ließ, obschon Ersteres von Seiten des französischen Gesandten de la Chétardie in einer feierlichen Audienz am 11. Dez. 1735 geschahe; so sagte der aufrichtige, deutschgesinnte König zu dem österreichischgesinnten Grumbkow in einer Unterredung am 2. Mai 1736: Da stehet Einer, der wird mich råchen 3)!" — Das war Friedrich; und die Stunde, in welcher Vater, und Großvater, und Åltervater ihn volle Genugthuung und Ehrenrettung fordern hießen, ertönte, als man in Rheinsberg vernahm, daß Rudolphs von Habsburg lehter Sprössling sich zu seinen Ahnen versammelt.

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Während Spanien und Sardinien, Baiern und Sachsen mit der Feder ihre Ansprüche auf die reiche dsterreichische Erbschaft be wiesen, Frankreich aber, und England, Bürgen der pragmatischen Sankzion, ein zweideutiges Spiel mischten, stand Preußen für seine Forderungen schon bewaffnet da. Hatte Friedrich Wilhelm sich müssen bespötteln lassen, daß er immer den Han spanne, aber

1) Beantwortung der sogenannten aftenmäßigen und rechtlichen Gegeninformazion. Anno 1741. S. 77.

2) Seckendorf's Leben. Thl. 3. S. 51.

3) Journal secret. p. 139.

ihn nie losdrücke');" so bewies nun der große Sohn, wie der ehrenwerthe Vater, die rechte Zeit erwartend, diese Ehrenschuld ihm nicht eitel vertrauet.

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Långst entschlossen zu dem wichtigen Unternehmen: von dem Hause Habsburg Genugthuung zu fordern, schreibt er schon den 28. Oktober von Rheinsberg an Algarotti: Ich werde nicht nach Berlin gehen; eine Kleinigkeit, wie der Tod des Kaisers ist, fordert keine große Regungen. Alles war vorhergesehen, Alles vorbereitet; also handelt sich's nur um die Ausführung der Entwürfe, welche ich seit langer Zeit in meinem Kopfe bewegt habe." Eben so, im Oktober, an Voltaire: Der Tod des Kaisers zerstört alle meine friedlichen Ideen. Ich glaube, im Monat Jun wird es mehr auf Pulver, Soldaten und Trancheen ankommen, als auf Aktricen, Ballete und Schauspiele; die Zeit ist da, wo das alte politische System eine gänzliche Änderung leiden kann; der Stein ist losgerissen, der auf Nebukadnezars Bild von viererlei Metallen rollen und sie zermalmen wird 2)."

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Also unterbrach Waffenrüstung den Genuss der Winterfreuden in Berlin, welches der König, als Jegliches vorbereitet war, ob. gleich noch nicht ganz wieder erholt vom viertågigen Fieber, gegen welches er selbst sich China verordnete 3), verließ. Da der alte Fürst von Dessau, dem Kaiserhause ergeben, den Krieg ungern sahe; so ahnete er Unglück. Sein Missmuth konnte leicht anstecken; daher versammelte Friedrich, ehe er zur Armee ging, die vornehm ften Offiziere der Berliner Garnison und hielt ihnen folgende Anrede: Ich unternehme einen Krieg, meine Herren, in welchem ich keine andere Verbündete habe als Ihre Tapferkeit und Ihren guten Willen; meine Sache ist gerecht und meine Hülfsmittel lies gen im Glücke. Erinnern Sie sich immer des Ruhmes, den Ihre Vorfahren sich in den Ebenen von Warschau, bei Fehrbellin und auf dem preußischen Zuge erworben haben. Ihr Schicksal liegt in Ihren Hånden: die Auszeichnungen und Belohnungen warten,

1) Histoire de m. t. T. 1. p. 121.

2) Daniel 2, 31-45.

3) Histoire de m. t. chap. 2.

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