Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

mark zwar ließen die meisten Prediger und Gemeinden den Bes fehl sich gefallen; die übrigen aber, so wie die in den andern Provinzen, thaten starke Vorstellungen dagegen. Vergeblich! Fries drich Wilhelm sah Alles, was dem einfachen Gottesdienste der res formirten Kirche zuwider war, für papistischen Aberglauben an, welcher eben so, wie die calvinische Prädestinazionslehre ausgerots tet werden müsse. In diesen Bestrebungen ermüdete der König auch nicht. Den 16. August 1737 befahl er durch einen Umlauf, den die Prediger unterschreiben sollten, Erkundigung einzuziehen, ob die alten, aus dem Pabstthume noch herrührenden Kirchenzeremos nien wirklich aufgegeben seien? Drei Prediger, welche Bedens ken dabei hatten, bekamen den Abschied. Schon 1642 hatte der Befehl, die Alben abzulegen, sehr viele Klagen und Beschwerden erregt. Nun starb Friedrich Wilhelm und schon den 3. Jul ließ der neue König bekannt machen, daß er aus eigener Bewegung den lutherischen Predigern in seinen gesammten Landen freistelle, ob sie die abgeschafften Kirchenkleidungen und Zeremonien wieder aufnehmen wollten. In Berlin machten nur die Kirchen zu St. Nikolai, St. Marien und St. Georg Gebrauch von dieser Erlaubniss1). Doch wurde, durch einen besonderen Fall, ein neuer Befehl vom 23. Nov. 1742 veranlasst, nach welchem es an den Orten, wo jene alten Gebräuche noch nicht wieder eingeführt worden seien, das bei verbleiben solle. Es hatte nåmlich die Dorfgemeinde zu Großs dedeleben im Halberstädtischen, aufgewiegelt von einigen unruhigen Köpfen, neun Monate nach der königlichen Erlaubniss, die Mittels dinge wiederbegehret. Der Prediger suchte durch vernünftige Vors stellungen von jenen Äußerlichkeiten abzulenken; die Gemeinde vers klagte ihn aber und die Sache gelangte zur Entscheidung des Kde nigs, welcher dem Konsistorium folgende Antwort gab: „Es ist mir ganz gleichgültig, ob die Gemeinde zu Großdedeleben sich Ges bete will abfingen oder ablesen lassen, und ob sie bei der Kommus nion, am hellen Tage, Lichter anzünden will oder nicht: da aber der Prediger, und auch der Inspektor Tauber solche vernünftige Gründe angeben, warum sie den alten Ritus wollen abgeschafft haben; so muss er gegen das ungestüme Zudringen der Gemeinde

1) Büsching's Karakteristik Friedrichs II. S. 168.

geschüßt und diesè belehrt werden, daß es beim Christenthum nicht auf äußere Gebräuche, sondern auf einen friedlichen und rechtschaf= fenen Lebenswandel ankomme.“ Zugleich bekamen alle Kirchenins spektoren den Befehl, die Prediger anzuweisen, aller Orten das Volk von Zeremonien, wie solche nur leere Rinden und Schalen wåren, fleißig zu unterrichten; dagegen zu einem ernstlichen Eifer im Christenthume zu ermahnen. Seitdem sind Friede, Einigkeit, mildes Entgegenkommen im Geleite der Aufklärung gegangen.

Am Pfingstsonntage, den 5. Jun, wurde der Regirungsans tritt in Berlin von den Kanzeln angekündiget, wobei der König, in schwarzer Kleidung, Vormittags im (reformirten) Dome die Predigt besuchte; Nachmittags hörte er in der Petrikirche den lutheris schen Probst Reinbeck: und bewies so beiderlei Glaubensgenoffen seine theilnehmende Anerkennung.

Die Gerichtshdfe bedurften einer großen Umwandlung. Friedrich Wilhelm, so sehr er das Recht liebte, hatte sie doch, aus mancherlei Gründen, so verabsäumt, daß er 1723, als der Kanzler und Präsident einer Provinzialregirung seinen Sohn nach Berlin sandte, um beim Könige sich eine Anstellung zu erbitten, dem Generaldirektorium eigenhåndig schrieb: sollen examiniren, ob er Verstandt und guhten Kop hat hat er das soll er in Kur Merck Kris Dom Kamer zu führen sind und soll da vleisich_habilitiren ist es ein Dumer Deuffel soll ihn in die Klev. Regi. Raht mas chen dazu ist er gutt genug ')." Bei solchen Ansichten war das Übel endlich sehr groß gewachsen; aber der junge König brachte eben auch für diesen heiligen Zweig seines Berufes den glühendsten Eifer. Vorläufig wurde den 3. Jun die Folter abgeschafft 2) ,, außer bei dem Crimen laesae Majestatis und Landesverråtherei, auch denen großen Mordthaten, wo viele Menschen ums Leben ges bracht, oder viele Delinquenten, deren Connexion herauszubringen nöthig, implicirt sind." —-- Aber, durch die Kabinetsbefehle vom 27. Jun und vom 4. August 1754) verschwand im Preußischen

[ocr errors]

1) Historische Schilderung. 4. Theiles 2. Bd. S. 14.

2) Die Kabinetsordre findet man in Behmeri Novum jus controversum. Lemgoviae 1771. Tomus II. p. 478; im Mylius steht sie nicht. 3) Beiträge zu der jurist. Lit. in den preuß. Staten. 4, Bd. S. 202,

die Tortur gänzlich, welche, sammt der Gerichtsheimlichkeit und der Aktenversendung an Oberhöfe, Schöppenstühle und Rechtsfakultäten, im Gefolge von Karls des Fünften peinlicher Halsgerichtsordnung aufkam, als diese die legten überbleibsel des altdeutschen Rechtes verfahrens verdrångte. Nach Friedrichs Beispiele 1) schaffte zuerst Baden 1767, die Folter ab, dann Mecklenburg 1769, Kursachsen den 2. Dezember 1770, Schweden den 27. August 1772, Toskana den 20. Nov. 1786; Ludwig 16. hob durch ein Edikt vom 24. August 1780 die peinliche Frage zu Ermittelung der Schuld (Question preparatoire) auf und im November 1789, auch die Question préalable, die höchsten Grade der Folter, wodurch dem Verbrecher unmittelbar vor der Hinrichtung noch das Geståndniss seiner Mitschuldigen abgezwungen werden sollte. Auch dem gelehrten Europa leuchtete Friedrich mit seiner milderen Gesetzgebung vor. Der Marquis Beccaria in Mailand beruft sich in dem unsterblichen Werke?), welches er auf Anlass der schauderhaften Justizmorde des Calas und Sirven in Frankreich schrieb, wo von der Folter die Rede ist, auf Friedrich,, einen der weisesten Monarchen in Europa, der die Philosophie auf den Thron erhoben und als ein Freund seinen Unterthanen Gefeße gegeben;" — ja noch zehn Jahre spåter, 1775, nennt ein österreichischer Professor, von Sonnenfels 3), König Friedrichs großartiges Beispiel in einer Vers

[ocr errors]

Auch spricht der König über die Unmenschlichkeit der Folter in seiner Dissertation sur les raisons d'établir ou d'abroger les loix. Noch muss man in v. Ledebur's Allgem. Archiv für die Ge schichtskunde des pr. Stats. 5. Bandes 1. Heft. S. 58. die merkwürdi= gen Befehle zur gänzlichen Abschaffung der Tortur in Schlesien, v. S. Aug. 1754 und v. 18. Nov., 1756 · einschen. In dem ersteren beruft der König sich darauf, daß er bereits hiebevor declariret, was maßen er die Tortur als ein grausames, und zugleich zur Herausbringung der Wahrheit sehr ungewisses Mittel, gänzlich abgeschaffet haben wolle; darum werde das auch in Schlesien bekannt gemacht: doch solle diese Verordnung nicht beim Publico eclatiren." Da aber die schlesischen Kriminalrichter die Tortur durch Schläge erfehten; so verbietet ihnen auch das die andere Urkunde.

N

1) England hat die Folter 1628 abgeschafft. Hume History of Great-Britain. 2) Dei delitti e delle pene. Napoli, 1764.

35. Die Vertheidigung des v. Sonnenfels findet man in „Des Herrn Mar

theidigung vor Marie Theresie, als man ihn verklagt, daß er, im Widerspruche mit dem theresianischen Gesetzbuche, auf die Abschaffung der Folter und der gehäuften Todesstrafe dringe.

Den 31. Jul verbot der König das Sacken der Kinder. mörderinnen, welche den ledernen Sack, in welchem sie ersäuft werden sollten, sonst selbst hatten nåhen müssen; sie sollten künftig enthauptet werden ').

"

Den 3. Jun erging auch an das geistliche Departement der Befehl: Da Sr. K. Maj. in Preußen, unser allergnädigster Herr, der Beförderung der Ehen in Dero Landen und der Peuplirung derselben nachtheilig zu sein erachten, daß für die königlichen Diss pensaziones in Ehefachen Geld gegeben werde; so haben Sie aus landesvåterlicher Vorsorge in Gnaden resolviret, dieses gånzlich zu abrogiren und jedermann frei zu geben, sich in denen Casibus, mo die Ehe nicht klar in Gottes Wort verboten, sonder Dise pensazion und Kosten, nach Gefallen zu verheirathen ')." Der Bevölkerung zu Gunsten wurde auch 1746 der Willkür, in den Mönchsstand zu treten, ein Ziel geseßt und eben deshalb in dem Project des Corpus Juris Fridericianum) die Trauung zur linten Hand nachgegeben.

Den 8. Jun erneuert und versichert der König die alten Landesrezeffe des 16. und 17. Jahrhunderts, wonach die Rechtsverwaltung dem Kammergerichte anvertraut und dem Gerichte und Rechte sein Gang ungehindert gelassen werden solle.

Auch das Kriegesheer empfand des neuen Gebieters Achtung.

quis von Beccaria unsterbliches Werk von Verbrechen und Strafen. Breslau 1788. Thl. 2. S. 182. über die Abschaffung der Tortur von J. v. Sonnenfels. Zürich, 1775.

1) Mylius C. C. Cont. I. p. 371.

2) Mylius C. C. Cont. I. p. 341; - des Stiefbruders Witwe zu heirathen dispensiret, d. 18. Sept. 1743. Mylius C. C. Cont. II. p. 151; Erlaubniss, seines Bruders Witwe zu heirathen, d. 12. Jan. 1748. Mylius C. C. Cont. IV. p. 21; Erlaubniss, der verstorbenen Frauen Schwestertochter zu heirathen, d. 14. Jan. 1748, a. a. Q.; Erlaubniss, der Schwester Tochter zu heirathen, d. 9. Jan. 1749. Mylius C. C. Cont. IV. p. 134.

3) Halle, 1749. Fol. p. 60.

Der von Friedrich I., ehe er noch Kurpring war, den 8. Mai 1667 gestiftete Orden de la Générosité, eine Nachahmung des französis schen kleinen Ludwigskreuzes, und das älteste brandenburgisch-preus Fische Kriegesverdienstzeichen, war nicht immer dem Würdigen zu Theil geworden; ja, zuleßt hatte man ihn für große Rekruten und für gutes Soldatenüben bekommen können. Ein solcher Schmuck war nun ohne Bedeutung und Friedrich seßte an seine Stelle, ohne irgend eine öffentliche Erklärung, den Orden pour le Mérite. Der Oberst und Generaladjutant von Hacke war der erste, welchem diese Auszeichnung zu Theil wurde1). Ursprünglich war dieser Orden für das Verdienst überhaupt bestimmt, wie ihn denn auch Voltaire, Maupertuis und Algarotti; von Zivilbeamten aber nur der Minister von Marschall und der Landrath von Eckwricht getragen haben 2).

Den Generalen, welche am 2. Jun Morgens früh in Charlottenburg den Eid leisteten, sagte Friedrich: „daß, da sie seine ehemaligen Kriegesgefährten und Zeugen dessen, was sein verstorbes ner Vater unablässig empfohlen habe, seien, sie mit desto größerem Eifer beitragen würden, die Ehre seiner Truppen zu befördern.

Das berühmte potsdamsche Grenadierregiment erschien bei dem feierlichen Leichenbegångnisse 3) seines Stifters, bei welchem der Fürst Leopold von Dessau und der Herzog von Holstein - Beck den jungen König in ihrer Mitte führten, Mittwoch den 22. Jun, zum letzten Male. Es wird mit Zuverlässigkeit behauptet, daß Fries drich Wilhelm seinem Thronfolger selber angerathen habe, dieses kostspielige Riesenkorps*) eingehen zu lassen, dessen bloße Erhals

1) Zeitung vom 23. Jun.

2) Versuch einer Geschichte des Ordens de la Générosité und des daraus entstandenen Ordens Pour le Mérite, v. Wohlbrück. Berlin, 1827. 4. 3) Graun's Trauerkantate auszuführen lieh d. K. v. Polen die Sånger Amarevoli, Monticelli und Annibali, die ersten Kastraten, welche in Berlin gehört worden, aus der Dresdener Kapelle, nach deren Muster Friedrich nun durch Graun und Benda die seinige einrichtete.

4) Über Friedr. Wilhelms 1. Garde vergleiche Faßmann's Leben ́und Thaten des K. Friedr. Wilh. Thl. 1. S. 723,

« ZurückWeiter »